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BEETHOVENIANA.
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BEETHOVENIANA.
AUFSÄTZE UND MITTHEILUNGEN
VON
GUSTAV NOTTEBOHM.
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ItZHi UND WINTERTHDR.
VERLAG VON J. RIETER -BIEDERMANN.
1872.
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D(t8 Uebersetzungtrecht ist vorhehalien.
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VORBEMERKUNG.
Die folgenden Aufsätze und Mittheilungen sind gi'össten-
theils ein Ergebniss längerer Beschäftigung mit Handschriften
Beethoven's und betreffen zum grössten Theil einzelne Werke
Beethoven's oder darin vorkommende Stellen, zum Theil auch
gewisse von Beethoven angewendete Vortragszeichen, Studien
Beethoven's u. a. m. Sie erschienen mit einer Ausnahme
(XXni) zuerst in Zeitungen (I bis XXII und XXIV bis XXVU
in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung von 1869, 1870
und 1871; XXVm in der »Presse« vom 13. Februar 1868;
XXIX in der Allg. Musik. Zeitung von 1863 und 1864),
sind aber hier durchgesehen und zum Theil durchaus um-
gearbeitet worden. Mehrere Artikel (VI, Vin, XI u. s. w.)
und Bemerkungen hätten, da sie einen gemeinsamen Gegen-
stand, nämlich die Berichtigung falscher Stellen in gewissen
Ausgaben von Werken Beethoven's im Auge haben, in einen
Artikel zusammengezogen werden können; allein da die Zu-
sammenziehung und die damit verbundene Zurttckflihrung
unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu einer längeren
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VI
Abhandlung nnd zu schon anderwärts ^in 0. Jahns Aufsätzen
über Musik S. 305 ff.) gemachten allgemeinen Bemerkungen
geführt haben würde: so war es vorzuziehen, die Artikel
in ihrer Kürze und Getrenntheit zu lassen.
G. Nottebohm.
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INHALT.
S«itd
L Ein Satz im Septett Op. 20 und die Sonate Op. 49 Nr. 2. 1
II. Zur Geschichte einer alten Ausgabe (Op. 29) 3
III. Die Variationen Op. 44 7
IV. Die einundfünfzigste Sonate (Op. 54) 8
V. Skizzen zum Pianoforte-Concert in 6-dur (Op. 58j und zur
Symphonie in C-moll (Op. 67) 10
VI. Die ausgescbossenen zwei Takte im dritten Satz der
C-moll-Symphonie 17
VII. Das Tempo des zweiten Satzes der siebenten Sym-
phonie (Op. 92) 21
VIII. Eine Stelle im ersten Satz der achten Symphonie (Op. 93) 23
IX. Die Coda des ersten Satzes der achten Symphonie ... 25
X. Die Sonate Op. 96 26
XI. Eine Stelle in der Sonate Op. 102 Nr. 2 31
XII. Eine andere Stelle in der Sonate Op. 102 Nr. 2 33
XIII. Eine Stelle in der Sonate Op. 109 35
XIV. Die Ouvertüre Op. 115 37
XV. Die Bagatelle Op. 119 Nr. 12 45
XVI. Eine gefälschte Stelle in den Variationen Op. 120. . . . 47
XVII. Das Opferlied Op. 121b 50
XVIII. Der vierte Satz des grossen B-dur-Quartetts (Op. 130) . 33
XIX. Arbeiten zum Quartett in Cis-moll (Op. 131) 54
^X. Die Ouvertüre Op. 138 60
XXI. Beethoven's letzte Coraposition 79
XXII. Ein Stück aus einer unvollendeten Oper 82
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»
A^III
Seite
XXIII. Skizze zu Goethes Erlkönig 100
XXIV. cresc. 104
XXV. Punkte und Striche 107
XXVI. Metronomische Bezeichnungen 126
XXVII. Ein Stammbuch Beethovens 138
XXVIII. Beethoven und Weissenbach 145
XXIX. Generalbass und Compositionslehre betreffende Hand-
schriften Beethovens und J. R. v. Seyfried's Buch
»Ludwig van Beethovens Studien im Generalbasse,
Coutrapuncte« u. s. w 154
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1
1 i
L
Ein Satz im Septett Op. 20 und die Sonate
Op. 49 Nr, 2.
Der Hauptgedanke des dritten Satzes Tempo di Menuette^
im Septett Op. 20 ist in anderer Form aneh dem zweiten Satz
der Sonate in 6-dur Op. 49 Nr. 2 zu Grunde gelegt. Es
fragt sich min: Welche von beiden Formen ist die ältere?
Hat Beethoven das Stück aus dem Septett in die Sonate, oder
umgekehrt aus der Sonate in das Septett hinüber genommen?
Das Septett wurde öflFentlich aufgeführt aui 2. Ai)ril 1800 und
kann nicht viel früher fertig geworden sein. Die Sonate wurde
erst bei ihrem Erscheinen im Januar 1805 bekannt. Dass
ihre Entstehung aber in eine frühere Zeit zurückfällt, geht
aus einem Skizzenblatt hervor, welches auf den oberen Noten-
zeilen einer Seite den Anfang des dritten Satzes aus dem
Septett für Blasinstrumente in Es-dur Op. 71*), dann Arbeiten
zur Scene und Arie »Ah! perfido« Op. 05, endlich Entwürfe
zu beiden Sätzen der Sonate Op. 49 Nf. 2 enthält. Die Ent-
würfe zur Scene und Arie und zur Sonate sind so geschrieben,
dasg daraus nur auf ein gleichzeitiges Arbeiten an beiden
Werken geschlossen werden kann. Die Scene und Arie wurde
im Jahre 1796 componirt**). Folglich ist die Sonate auch
*] Das Vorkommen des in Partitur geschriebenen Bruchstücks aus
(lern Septett Op. 71 ist ein Beweis, dass es früher Entstand, als die
beiden anderen Werke.
**) Eine revidirte Abschrift hat die Ueberschrift von Beethoven's Haud :
»Une gründe Scene mise en Mmique par L. v. Beethoven a Vrayue 2 7ffß«.
Nottebohra, Ifeethovt^niana. i
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dem Jahre 1796 zuzaschreiben. Das »Tempo di Menuetto«
in der Sonate Op. 49 Nr. 2 ist also älter als das im Septett
Op. 20.
Dem erwähnten Skizzenblatte entnehmen wir folgende zu
beiden Sätzen der Sonate gehörende Bmchstttcke:
(Nr. 1.)
j,* j /j^ »TO^ j j j I j- j' j-^
^^
U. 8. W.
(Nr. 2.)
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_(Nr.3.)
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f^-.-^
E U. 8, W.
(Nr. 4.]
fT^3 =s^^iU ^ J' j ^?^^i^ r^
Digitized by
Google
u.
Zar Gesohichte einer alten Ausgabe.
Ferdinand Ries erzählt (Biogr. Not. 8. 120;: »Beethoven's
Vioiin-Quintett (Op. 29} in C-dur war an einen Verleger nach
Leipzig verkauft worden, wurde aber in Wien gestohlen und
erschien plötzlich bei A. und Comp. Da es in einer Nacht
abgeschrieben worden war, so fanden sich unzählige Fehler
darin : es fehlten sogar ganze Takte. Beethoven benahm sich
hierbei auf eine feine Art, von der man nach einem zweiten
Beisiriel sich vergebens umsieht. Er begehrte nämlich, A. sollte
die fünfzig bereits gedruckten Exemplare mir nach Haus zum
Verbessern schicken, gab mir aber zugleich den Auftrtig, so
grob mit Tinte auf das schlechte Papier zu corrigiren und
mehrere Linien so zu durchstreichen, dass es unmöglich sei,
ein Exemplar zu gebrauchen oder zu verkaufen. Dieses Durch-
.«itreichen betraf vorztlglich das Scherzo. Seinen Auftrag be-
folgte ich treu, und A. musste, um einem Processe vorzubeugen,
die Platten einschmelzen«.
Diese Mittheilung ist zum Theil nicht richtig. Es ist
richtig, dass das an Breitkopf und Härtel in Leipzig verkaufte
Quintett Op. 29 ziemlich gleichzeitig bei Artaria und Comp,
in Wien gedruckt wurde. Dass Beethoven an dieser Ausgabe
nicht l)etheiligt war, geht hervor aus zwei Erklärungen, die
er in der Wiener Zeitung vom 22. Januar 1803 und vom
31. März 1804 veröffentlichte und von denen die erste lautet:
An die Musikliebhaber.
Indem ich das Publikum benachrichtige, dass das von
mir längst angezeigte Originalquintett in C-dur bey Breitkopf
und Härtel in Leipzig erschienen ist, erkläre ich zugleich, dass
1*
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ich an der von dem Herrn Artaria und MoUo in Wien zu
gleicher Zeit veranstalteten Auflage dieses Quintetts gar keinen
Antheil habe. Ich bin zu dieser Erklärung vorzüglich auch
darum gezwungen, weil diese Auflage hi chst fehlerhaft, un-
richtig, und für den Spieler ganz unbrauchbar ist, wogegen
die Herren Breitkopf und Härtel, die rechtmässigen Eigen-
thtimer dieses Quintetts, alles angewendet haben, das Werk
so schön als möglich zu liefern. Ludwig van Beethoven.
Die andere Erklärung lautet:
Nachricht an das Publikum.
Nachdem ich Endesunterzeichneter den 22. Jänner 1803
in die Wienerzeitung eine Nachricht einrücken liess, in welcher
ich öflfentlich erklärte, dass die bey Hr. MoUo veranstaltete
Auflage meines Original-Quintetts in C-dur nicht unter meiner
Aufsicht erschienen, höchst fehlerhaft, und für den Spieler un-
brauchbar sey, so widerrufe ich hiermit öflFentlich diese Nach-
richt dahin, dass Herr MoUo u. Comp, an dieser Auflage
gar keinen Antheil haben, welches dem verehrungswürdigen
Publico zur Ehrenerklärung des Hm. MoUo u. Comp, anzu-
zeigen ich mich verbunden finde. Ludwig van Bethofen.
Es ist aber nun nicht wahr, dass, wie Ries sagt, die
Platten umgeschmolzen wurden. Im OegentheU: gedruckte
Exemplare kamen in den Handel, und die Platten gingen später
von Artaria an MoUo über, dem Beethoven die Ehrenerklärung
gethan hatte, und MoUo verkaufte (nach Whistling's Verzeich-
nissen) seine Ausgabe noch im Jahre 1828"^). Es Uegen vier
Exemplare aus verschiedener Zeit vor. Der Titel des ältesten
von diesen Exemplaren lautet:
Gran Quintette pour deux VioUms^ deux Altes, et Violon-
celle compose et dedie d Monsieur le Comte M^^ de Fries
par Louis van Beethoven. Nr. 3. ä Vienne chez Artaria
Comp, ä Münick chez F. Halm, ä FVancfort chez Oayl
et Hädler.
*) Eine dieser Wiener Ausgaben wird auch angeführt im Intelligenz-
Blatt zur Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom Januar 18o5.
1
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Eine Verlagsnummer fehlt. Der Stich ist schlecht. Auch
ist, nach Beethoven's Worten, die Ausgabe »für den Spieler
ganz unbrauchbar«, weil bei einigen Stellen auf das Umwenden
der Blätter gar keine Rücksicht genommen ist. Dass ganze
Takte fehlen, wie Ries behauptet, kann nicht bestätigt werden.
— Das zweite Exemplar unterscheidet sich von dem vorigen
dadurch, dass mit Rücksicht auf das Umwenden der Blätter
einige Seiten in allen Stimmen neu gestochen sind, und dass
auf dem Titel nach dem Worte » Beethoven « noch steht : » Ref)ü
et cortge par lui mSmea. — Das dritte Exemplar ist mit dem
vorigen übereinstimmend, nur hat es eine Verlagsnummer (1591)
bekommen. — Das vierte Exemplar endlich ist mit den beiden
vorigen übereinstimmend, nur hat es eine andere Firma (statt
Artaria Comp. : T. Mollo) und eine andere Verlagsnummer
1302) bekommen.
Das Vorhandensein dieser Drucke und dann der Beisatz
auf dem Titel: nüem^ et cortge par lui memea macht es wohl
unzweifelhaft, dass Beethoven später sich der Ausgabe annahm
und sie corrigirte ; denn es ist nicht denkbar, dass Artaria den
Beisatz ohne Grund und ohne Beethoven's Einwilligung hätte
machen können*).
Die ganze Geschichte wirft ein Licht auf das damalige Ver-
hältniss zwischen Componisten und Verlegern. Bei Beethoven's
Lebzeit seheinen sich diese Zustände nicht viel gebessert zu
haben. Thatsache ist, dass wenigstens bis zum Jahre 1823
die meisten und namentlich die nicht sehr umfangreichen Werke
(Sonaten u. s. w.) , deren rechtmässigen Betrieb Beethoven
einem Verleger im »Auslande« übergeben hatte, auch in Wien
gedruckt wurden. Es lässt sich hier ein Nachdruck namhaft
machen, an dessen Herstellung Beethoven selbst nicht unbe-
*] Beethoven schreibt am 1. Juni 1805 an Artaria und Comp. : »Ich
melde Ihnen hiermit, dass die Sache wegen des neuen Quintetts schon
zwischen mir und Gr. Fries ausgemacht ist, der Herr Graf hat mir
licutc die Versicherung gegeben, dass er Ihnen hiermit ein Gesclienk
machen wiU« u. s. w. Unter dem »neuen Quintett« kann schwerlich
das nachgedruckte Quintett Op. 29 gemeint sein. Vgl. Thayer's »L. v.
Beethoven's Leben«, Bd. 2, S. 27U f.
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6
theiligt war. Der Verleger Schlesinger in Berlin hatte das
Eigenthumsrecht der Sonate in C-moU Op. 111 erworben und
den Druck in Paris besorgen lassen. Wie den Sonaten Op. 109
und Op. 110, so stand es ihr bevor, bei ihrem Erscheinen auch
in Wien gedruckt zu werden. Schlesinger's Ausgabe war spä-
testens im Mai 1823 in Wien angekommen (eine Anzeige steht
in der Wiener Zeitung vom 27. Mai 1823) und Beethoven
ttbemahm es nun selbst, den von der Handlung Cappi und
Diabelli in Wien unternommenen Druck nach seinem Manu-
script und nach der in Paris gedruckten Originalausgabe zu
corrigiren*). Dies geht aus folgenden Briefstellen hervor.
Beethoven schreibt an Diabelli: »Ich habe gestern statt der
französischen Ausgabe der Sonate in C-moU mein Manuscript
in Zerstreuung geschickt und bitte mir dasselbe zurückzustellen«.
In einem anderen Briefe heisst es : » Ich rathe Ihnen die Sonate
in C-moll noch einmal selbst anzusehen, denn der Stecher ist
nicht musikalisch und die Geschwindigkeit entschuldigt Euch.
Zu dem Ende erhalten Sie noch einmal mein Manuscript« etc.
In einem dritten Briefe schreibt Beethoven: »Sobald die Cor-
rectur von der Sonate vollendet, senden Sie mir selbe sammt
französischen Exemplar wieder zu« etc. An Schindler wird
geschrieben: »Erkundigen Sie sich bei dem Erzflegel Diabelli
wann das französische Exemplar der Sonate in C-moll abge-
druckt. Zugleich habe ich mir 4 Exemplare fUr mich ausbe-
dungen davon, wovon eins auf schönem Papier ftir den ('ar-
dinal«. Als Beethoven dem Cardinal am 1. Juni 1823 ein
Exemplar schickt, bemerkt er: »Die Sonate in C-inoll ward
in Paris gestochen sehr fehlerhaft, und da sie hier nachge-
stochen wurde, so sorgte ich so viel wie möglich ftlr Correct-
heit<( etc.
*; Im Jahre 1847 liess man die Ausgabe oinp^ehen.
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m.
Die Variationen Op. 44.
Die 14 Variationen in Es-dur tür Kanoforte, Violine und
Violoncell erschienen im Jahre 1804. Innere Gründe sprechen
dafür, dass sie eine geraume Zeit früher entstanden und dass
sie vor den drei Trios Op. 1, deren Vollendung firühestens in
das Jahr 1794 zu setzen ist, eomponirt wurden. Diese Ver-
muthung wird durch Folgendes bestätigt. Auf der ersten Seite
eines von Beethoven's Hand beschriebenen Bogens kommt
eine auf die genannten Variationen zu beziehende Stelle vor,
welche so anfängt:
tr tr
tr
Dann erscheint auf derselben Seite ein zu dem Liede »Feuer-
fiurbV (Op. 52 Nr. 2) gehörender Entwurf Die zweite und
dritte Seite bringen das Lied »FeuerfarbV vollständig. Aus
der Stellung, welche jene Entwürfe unter sich und zum Liede
haben, geht hervor, dass die Variationen ziemlich gleichzeitig
mit dem Liede eomponirt wurden. »FeuerfarbV war um Neu-
jahr 1793 fertig*). Man wird also der Wahrheit nahe sein,
wenn man sagt, die Variationen Op. 44 seien im Jahre 1792
oder 1793 eomponirt.
*) Das Lied war in Bonn bekannt am 26. Januar 1793. Vgl. »Char-
lotte von Schiller und ihre Freunde«, 3. Band, S. 100. — Fast in allen
AuJBg^aben des Liedes ist im zweiten Takt ein Druckfehler. Die Note
auf dem fünften Achtel muss nicht h, sondern (eine Terz höher) d heissen.
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IV.
Die einundfünfzigste Sonate.
Die Sonate in F-dur Op. 54 wurde bei ihrem Erscheinen auf
dein Titel als die einundfünfzigste, und die in F-moU Op. 57 als
die vierundflinfzigste »Sonate« bezeichnet. Carl Czemy bemerkt
in seiner Pianoforte-Schule '4. Theil, S. 60) in Beti-eflF dieser
Bezeichnung, dass Beethoven alle Werke eingerechnet habe,
welche bis dahin (ISOGund 1807) in Sonaten-Form erschienen
waren, also auch die Trios, Quartette u. s. w. Nur auf diese
Weise ist jene Bezeichnung erklärbar. Beethoven hätte nach
der 51. Sonate ;0p. 54) die Sonate Op. 57 nicht als die vier-
undflinfzigste bearichnen können, wenn er nicht auch die Sym-
phonie Op. 55 und das Concert Op. 56 als Sonaten im weiteren
Sinne augesehen hätte. Andererseits kann Beethoven nicht alle
Werke eingerechnet haben, welche den Titel »Sonate« führten.
Er würde dann eine grössere Zahl als die angegebene erlangt
haben. Ausgeschlossen mag er zunächst diejenigen »Sonaten«
haben, welche aus irgend einem Grunde nicht ganz der Sonaten-
Form angehören, z. B. die Sonate Op. 26 mit den Variationen
zu Anfang; die Sonaten Op. 27, welche auch als Phantasien
bezeichnet sind; die r^Deux Sonates facile&v< Op. 49, welche
als Sonatinen zu betrachten sind u. s. w. Andere Erörterungen
und einige Zweifel bei Seite lassend, folge hier eine von einem
unserer Freunde versuchte Zusammenstellung derjenigen 50
Werke, welche Beethoven bei Abfassung des Titels der Sonate
Op. 54 als »Sonaten« angesehen haben mag.
Die Symphcmien in C-dur und D-dur 2 Werke
Das Septett Op. 2o I
Die Streichquiutette Op. 4 und 29 . . 2
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9_
Die Streichquartette Op. 18 . . . . ü Werke
Die Streichtrios Op. 9 *i
Die Pianoforte-Conc^rte in C-dnr, B-dar
und C-moU l\
Das Quintett für Pianoforte u. s. w. Op. 10 1
Die Trios Op. 1 und 11 4
Die Sonaten für Pianoforte und Violine
Op. 12, 23, 24, 30 und 47 .... 9
Die Sonaten für Pianoforte und Violoncell
Op. 5 2
Sonate fllr Pianoforte und Hörn Oj). 17 . 1
Die Pianoforte-Sonaten Op. 2, 7, 10, 13,
14, 22, 28, 31 und 53 10
Das sind zusammen 50 Werke oder
Sonnten. Die nächste Sonate, die in F-diir Oj». 54, konnte
also füglich als die einundftlnfzigste bezeichnet werden.
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Skizzen zum Pianoforte-Oonoert in G-dur und zur
Symphonie in G-moll.
Einige zusammengehfirende BlJitter, welche auf acht be-
schriebenen Seiten verschiedene Arbeiten und Entwürfe ent-
halten, geben Gelegenheit, zu beobachten: wie verschiedene,
gleichzeitig entstandene Conipositionen an gewissen Zügen Theil
nehmen; wie das Entstehen und Werden eines Werkes von
dem eines anderwi abhängig ist.
Das aus vier Noten bestehende Hauptmotiv des ersten
Satzes der Symphonie in C-moll ist, seiner rhythmischen Fonn
nach, auch in dem Hauptthema des ersten Satzes des Piano-
forte-Concertes in G-dur enthalten. Dort erscheint es als
Motiv in sich abgeschlossen, in einer primitiven Fassung; hier
als Glied eines gi-össeren melodischen Ganzen, üass nun jene
primitive Fassung die frühere war und der anderen, zusanmien-
gesetzteren vorherging, das zeigen uns die Skizzen. Auf der
zweiten Seite der erwähnten Blätter stehen folgende Anfänge
und Evolutionen:
^
^?^
EES
^
*^^
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11
-.&
t^ij»jU=-*' -^ -^^
(^ ^^^ ^^^
a, 8. w.
Sinfonia. All« l"»®.
h^^EHE^ä^^^m^^^
^-^-'-^-ri-
presto
^mä^^-
:?^-
X-
^^zM
J^znt
JE^E^
e5e^^^^.^-
--^-—
- : 1^5— »zai^r- z^-^rr: "iC—r-rzr:
i;e
u. s. w.
ariziiiz:^
U. B. W.
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12
und auf der Seite gegenüber beginnt folgender Entwurf:
Coiicert« (tempo modonito)
Cembalo,
tntti
•^«^
^i^piijr^
— f >
^::?-f
-^-Ä-
ef±:
^tt=ae^,t^.^^^-z£g^^'''''^
:#:^^]££f^-jf£2|^^:j=^_§=rt:
forte
^m
3ri--'^=i
♦ *
-p^-— ~
tElz:
-1=
^^
Z^IZI^Z^IßZ
-£5^1=^
Digitized by
Google
13
|gi-^H^-l
I I h I
•_^
^^f
Solo
#lr5
i^ii^f^^ft^
Man kann hier wohl fragen: Hätte Beethoven den ersten
Satz des G-dur-Concertes, so wie er ist, geschrichen, wenn
er nicht auch die C-moll-Symphonie geschriehen hätte?
In dem (S. 4 der Blätter) folgenden Entwurf berühren
sich zwei verschiedene Sätze:
2temal
Fagotto
Corno Oboe
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14
^ I ♦ 6) -i JlA }J. \ tut«
i j ji^^ =^
3^=
^^^#
in 8^»
1^
8v»
i^p^^^^^
■f£r-*
^l^fetpi.;
^Hä^Wü
Dieser Entwurf liefert den Beweis, dass die instrumentale
Figur, welche dem Chore der Gefangenen im ersten Finale
der »Leonore« zu Grunde liegt, ursprünglich fUr den letzten
Satz des G-dur-Concertes bestimmt war. Und hier kann man
fragen: Hätte Beethoven den Chor der Gefangenen, so wie er
ist, geschrieben, wenn er nicht auch das G-dur-Concert ge-
schrieben hätte?
Unmittelbar nach den zum ersten Satz der C-moU-Sym-
phonie gehörenden Skizzen erscheinen zwei andere abgebrochene
Sätzchen, von welchen das erste
Andante quasi Menuetto.
^^i^^ü^^i^^
a.i-i?73. j i^g .^Ea
^^mm^m
I
Digitized by
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15
quasi Trio
' ' #
^^ ^ff pf¥p^
etc.
j=i
^^
:Et
#
trombe
corni
ifj=^tit-»-fi ^ fe ^^3^E ^
£==^T*
FJii=£i
zum zweiten Satz der Symphonie gehört, und das andere
Tultimo pezzo.
i
(Sö
^SE ^^^S^
T^=^^^
&
^^s
EiLiz:^
^^H£
^^^^^^^^^
^
f^-r
rrr r; ir ^ri^ ^nrrf^
f
i
//
^
Digitized by
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IC)
oflfenhar zum Finale de« nämlichen Werkes bestimmt war.
Das Vorkommen des letztei*en ist wohl ein Beweis, dass von
dem letzten Satze der Symphonie, wie wir ihn kennen, damals
noch keine Note geschrieben war.
Die Blätter liefern noch ein anderes chronologisches Er-
gebniss. Seite 5 erscheint eine zum Terzett in F-dur (»Gut,
Söhnchen, gut«) im ersten Act der »Leonore« gehörende Stelle.
Die Composition der »Leonore« wurde begonnen frühestens
gegen Ende 1804*); beendigt war sie spätestens im Novem-
ber 1805. Nach der Beschaflfenheit jener zur »Leonore« ge-
hörenden Stelle sind die auf den Blättern befindlichen Arbeiten
in die erste Hälfte des Jahres 1 805 zu verlegen. Ist das richtig,
so kann man sagen: Beethoven begann die Composition der
fünften Syijiphonie und des Concertes in 6-dur im Jahre 1805.
Erstere, zu welcher damals nur die ersten Züge geschahen,
war fertig im Jahre 1808, vielleicht schon Ende 1807, letz-
teres im April 1807, vielleicht schon 1806.
♦) Vgl. Thaycr's »L. v. Beethoven's Leben« Bd. 2, S. 263 ff.
Digitized by
Google
\1.
Die ausgeschossenen zwei Takte im dritten Satz der
O-moU-Symphonie.
Es ist bekannt, dass die zwei ttberschüssigen Takte,
welche in der alten Leipziger Ausgabe der fünften Symphonie
Partitur S. 108) in folgender Stelle
arco
^^^^^^
r f . fit , I r 3
*
NB.
s
^
1=
7S^
zss.
U. 8. W.
vorkommen und welche wir hier mit NB. bezeichnet haben,
dadurch hineingekommen waren, dass in der zum Stich gege-
benen Abschrift nach jenen zwei Takten ursprünglich ein
Wiederholungszeichen gestanden hatte, welches aber später
beseitigt worden, und dass die zwei Takte, als zur erst beab-
sichtigten Wiederholung gehörend und mit der Ziffer I (prima
volta) bezeichnet, aus Versehen stehen geblieben waren. Dass
nun wirklich das später beseitigte Wiederholungszeichen früher
gültig war, und dass bei der ersten Aufführung der Symphonie
(am 22. December 1808) Haupttheil und Trio des dritten Satzes
nicht einmal, sondern zweimal gespielt wurden, bevor der
verkürzte und zum Rnale überleitende Haupttheil wieder-
kehrte : das geht aus den vorhandenen geschriebenen Orchester-
Stimmen, welche damals gebraucht wurden, hervor. In diesen
No-ttebohm, B«etlioT6iiiana.
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18
Stimmen*) sind Haupttheil und Trio zweimal (der erste Theil
des Trios jedesmal mit Wiederholimgszeiclien) **) vollständig
ausgeschrieben. Die Stelle, wo zur ersten Wiederholung von
Anfang an übergeleitet wird, lautet in der Violoncell- und
Bass-Stimme so:
arco
^
5
w
fe
1=
£
^m
-sr.
u. s. w.
Die Stelle, wo zur zweiten Wiederholung des veränderten
und gekürzten Haupttheils übergeleitet wird, lautet so:
arco
P^
±
s
pp
t^
t-
j-jj > i f^-if i -g
u. s. w.
Später wurde die vollständige Wiederholung des Haupt-
theils und Trios beseitigt. Die ungültigen Stellen wurden durch-
strichen oder mit Papier überklebt. Auf der Kückseite eines
dieser aufgeklebten Papiere findet sich eine Stelle aus einem
Arrangement der Symphonie in A-dur. Daraus ist zu ent-
nehmen, dass ^ die Kürzung des Satzes (in den geschriebenen
Stimmen nämlich) frühestens 1812, dem Compositions-Jahre
der siebenten Symphonie, vorgenommen wurde. Der Satz er-
hielt damit ganz die jetzige Form. Von einem Vorkommen
der eingangs erwähnten zwei überschüssigen Takte kann keine
Rede sein.
*) Die Stimmen befinden sich im Archiv der Gesellschaft der Musik-
freunde in Wien. Ebenda befinden sich auch Stimmen zu den meisten
anderen Symphonien und* zu anderen Werken. Ein Theil der Stimmen
ist von Beethoven revidirt worden. Sämmtliche Stimmen sind geschrieben
und älter, als die gedruckten. Die ganze Sammlung war in Beethoven's
Besitz und wurde bei der Versteigerung seines Nachlasses von der Ge-
sellschaft der Musikfreunde angekauft. Im Auctions-Verzeichniss sind
sie unter Nr. 190 ff. eingetragen. Einen Bericht über die Sammlung?
findet man in der »Deutschen Musikzeitung« vom 7. Juli 1862.
**^) Wenn man die Partitur der Breitkopf und Härtel'schen Gesammt-
Ausgabe zur Hand nimmt, so kann man sich nach dem 21. Takt auf
Seite 46 ein Wiederholungszeichen denken, welches auf ein nach dem
ersten Takte auf Seite 37 stehendes Wiederholungszeichen zurückweist. .
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19
Man hätte erwarten sollen, dass, als in die Leipziger
Allgemeine Musikalische Zeitung vom Jahre 1846 (S. 462) eine
Stelle aus einem Briefe eingerückt wurde, in welchem Beethoven
jene zwei Takte als ungültig erklärt, ihre Ungültigkeit allge-
mein anerkannt worden wäre. Anders dachte Schindler; er
opponirte. Es sind aber noch Andere gekommen (z. B. Marx
in seinem »Beethoven«) und es werden voraussichtlich noch
Andere kommen, die sich auf Schindler's Angaben stützen
und für die ausgeschossenen Takte ihre Lanze einlegen. Derent-
wegen greifen wir hier aus Schindler's grösstentheils aus leeren
Einwendungen bestehender Gegenschrift einige Behauptungen,
die durch bisherige Erörterungen noch nicht beseitigt sind,
zur Widerlegung heraus.
Schindler erzählt (Biogr., 3. Aufl., H. 339), Beethoven
habe mit ihm im Jahre 1823 die C-moll-Symphonie durchge-
nommen und keine Bemerkung über die zwei Takte gemacht.
Schindler bemerkt dabei: »Wie hätte vollends sein scharfes
Auge diesen grossen Bock in der erst um jene Zeit (An-
fangs der 20er Jahre) erschienenen Partitur übersehen und
nngerttgt lassen können? Dieser Umstand ist besonders wohl
zu beachten«. Nun erschien aber die Partitur, und das ist
die erste und einzige, in welcher die zwei Takte vorkommen,
erst im Januar 1826"^). Schindler's Erzählung kann also nicht
wahr sein.
Schindler appellirt schliesslich an die Wiener Tradition.
Er beruft sich S. 341) auf Musiker aus Beethoven's Zeit, die
im Jahre 1846 noch in Wien lebten, sagt, dass Umfrage bei
ihnen gehalten und dass ein »Ergebniss«, dahin lautend, dass
kein einziger der in den Concerts Spirituels thätig gewesenen
Musiker einer Aenderung in den gedruckten Orchester-Stimmen
sich habe erinnern können, in der »Wiener Zeitschrift 1846«
bekannt gemacht sei. Wir haben ein solches »Ergebniss« in
*) Eine Anzeige von dem bevorstehenden Erscheinen der Partitur
findet man im Intelligenzblatt zur Leipziger Allgemeinen Musikalischen
Zeitung vom December 1825. Als erschienen wird sie in dem Blatte
vom Januar 1826 angezeigt.
2*
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20^
genannter »[Wiener Zeitschrift« vom Jahre 1846 nicht finden
können. Was aber die Wiener Tradition im Jahre 1846 an-
betrifft, so lässt sich Folgendes entgegen halten. Die C-moU-
Symphonie wnrde am 7. und 11. November 1841 bei einem
\QSU der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien abgehaltenen
Musikfest aufgeführt. Die dabei gebrauchten und eigens dafür
geschriebenen Stimmen werden in zwei Packen im Archiv ge-
nannter Gesellschaft aufbewahrt, und in diesen Stimmen stehen
die zwei Takte nicht und haben auch von Anfang an nicht
darin gestanden. Das sind zwei Packe Beweise gegen Schindler.
Sie beweisen, dass in Wien die zwei Takte wenigstens fünf
Jahre früher als anderwärts ausgeschossen waren. Die Um-
frage, welche Schindler bei den Wiener Musikern halten Hess,
kann also keine genaue gewesen sein. Das Ergebniss wttrde
sonst gegen ihn ausgefallen sein.
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VII.
Das Tempo des ^zweiten Satzes der siebenten Symphonie.
(Eine Berichtigung.)
Beethoven hat dem zweiten Satz der Symphonie in A-dur
die Bezeichnung: »AUegretto J = 76« gegeben. Schindler
erzählt nun Seite 210 der ersten Ausgabe seiner Biographie:
»Bei einer der Aufführungen dieser Symphonie in den letzten
Lebensjahren Beethoven's bemerkte dieser mit Unwillen, dass
dieser Satz (Allegretto) ungemein rasch genommen, daher dessen
Charakter ganz zerstört wurde. Er glaubte dem Vergreifen
dieses Tempo dadurch abzuhelfen, wenn er es in Zukunft mit
Andante quasi Allegretto bezeichne, mit Beifügung des Metro-
noms J = 80, wie ich es in seinem Notaten-Buche angezeigt
besitze«. Schindler widerspricht sich hier selbst. Offenbar
bedeutet »Andante quasi Allegretto« ein langsameres Zeitmass,
als »Allegretto«; umgekehrt schlägt aber ein Metronom, wenn
er auf 80 gestellt wird, schneller, als wenn er auf 76 gestellt
\vird. Schindler scheint den Widerspruch später bemerkt zu
haben; denn in der dritten Ausgabe seiner Biographie hat er
die Sache anders dargestellt. Er sagt hier (I, S. 192) nämlich:
»Auf die ursprüngliche Benennung des zweiten Satzes dieser
siebenten) Symphonie mit Andante ist besonders auftnerksam
zu machen. Erst in den gedruckten Stimmen erschien dessen
Vertauschung mit Allegretto, das aller Orten Missverständnisse
zum Nachtheil des Charakteristischen erzeugt hat. In späteren
Jahren empfahl darum der Meister wieder die erstere Benen-
nung«. Aber auch die Behauptung, erst in den gedruckten
Stimmen habe der Satz die Bezeichnung »Allegretto« erhalten,
ist nicht richtig; denn in den vorhandenen geschriebenen
stimmen, welche älter «md als die gediudü^en und wdohe am
8. und 12. December 1813 bei den unter Beethoven's Leitung
stattgefundenen ersten Aufführungen der Symphonie gebraucht
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22
wurden*), steht und hat von Anfang an über dem zweiten
Satze kein anderes Wort gestanden als: »Allegretto«.
Wahr an der Sache mag sein, dass Beethoven sich den
Satz langsamer dachte, als er ihn in späteren Jahren aufführen
hörte, und dass er sich in diesem Sinne aussprach. Dass
Beethoven selbst den Satz in einem relativ* langsamen Tempo
nahm, geht ans einigen Mittheilungen hervor. Die Wiener
»Friedensblätter« vom 6. December 1814 berichten über ein
von Beethoven gegebenes Concert, in welchem die Symphonie
in A-dur zur Aufführung kam; und in diesem Bericht ist von
dem zweiten Satze genannter Symphonie als von »einem ein-
fachen Adagio aus A-moU« die Rede, was nicht zu erklären
wäre, wenn das Stück auf den Berichterstatter nicht den Ein-
druck eines Adagios gemacht hätte. In einem Bericht in
der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung, Bd. XVI,
Nr. 4, wird der Satz als »Andante« erwähnt. Auch nahm
L. Spohr, der bei den ersten Aufführungen der Symphonie unter
Beethoven's Leitung mitwirkte, den Satz in einem ziemlich
langsamen Tempo. In der »Neuen Zeitschrift für Musik« vom
Jahre 1840 wird (S. 180) das von ihm genommene Tempo
udt »M. M. J = 72« angegeben. Das ist die langsamste
von allen vorhandenen metronomischen Bezeichnungen. Die
schnellste Bezeichnung (M. M. j = 88) aber ist die in der
Ende 1831 bei T. HasUnger in Wien erschienenen Partitur,
von welcher Schindler (Biogr., 3. Aufl., n, 250) irrig behauptet,
die darin enthaltenen metronomischen Tempo -Bestimmungen
rührten von Beethoven her.
Was Schindler fälschlicher Weise von dem zweiten Satz
der siebenten Symphonie behauptet, trifft einigermassen bei
dem zweiten Satz der sechsten Symphonie zu. Dieser Satz
hatte nämlich anfangs die Bezeichnung: »Andante molto moto,
quasi Allegretto«. Später jedoch wurde das »quasi Allegretto«
beseitigt.
*) Vorhanden sind im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in
Wien 24 Stimmen. Auf einer Stimme liest man noch das von der Hand
eines Mitwirkenden bemerkte Datum: »Wien den 12. Decbr. 1813«.
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vm.
Eine Stelle im ersten Sat? der achten Symphonie.
Die Original-Manuscripte der Werke Beethoven's zeigen
die vielen Aenderungen, welche Beethoven bei einzelnen Stellen
vornahm, wenn auch ein Werk fertig oder im Ganzen abge-
schlossen war. Es kommt aber auch vor, dass derartige nach-
trägliche Aenderungen nicht im Original-Manuscript , sondern
andenvärts vorgenommen wurden, z. B. in einer zum Druck
oder zu einer Auflfllhrung bestimmten Abschrift. Dieser Um-
stand läßst nicht immer das Original-Manuscript als entschei-
dend erscheinen und erschwert nicht selten die Herstellung
einer endgültigen Lesart. Ein einschlägiger Fall lässt sich
hier vorlegen. Derselbe betrifft eine im ersten Satz der Sym-
phonie in F-dur Op. 93 (Takt 43 bis 45 von Anfang) vorkom-
mende Stelle. Diese Stelle lautet in einem Skizzenbuche so:
^^mw
Im Original-Manuscript ist sie der ersten VioUne so vorge-
schrieben: V
^^^^^^&i^
&
£
m
ritard.
a tempo.
(Die zweite Violine geht in der Unteroctave mit.)
hat also hier eine in der Skizze vorkommende
Achtel-Note in eine Pause verwandelt. In den bei
Aufführungen gebrauchten geschriebenen und von
Beethoven
gebundene
den ersten
Beethoven
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24
durchgesehenen Orchester-Stimmen*) erscheint die Stelle nun
wieder, wie im Skizzenbuch, mit der gebundenen Achtel-Note,
nämlich so:
ritard. a tempo.
Eben so findet sich die Stelle in der im Jahre 1816 bei
S. A. Steiner und Comp, in Yiien erschienenen, von Beethoven
corrigirten Partitur. Uebereinstimmend damit ist auch eine
geschriebene, von Beethoven verbesserte und später zum Druck
beförderte Bearbeitung der Symphonie für Pianoforte zu zwei
Händen. Man kann sich diese Uebereinstimmung nur durch
die Annahme erklären, dass besagte geschriebene und gedruckte
Exemplare nicht das Original-Manuscript , sondern eine Ab-
schrift, in welcher Beethoven die Stelle wieder so geändert
hatte, wie sie in der Skizze vorkommt, zur Vorlage gehabt
haben. Dass nun die Lesart der geschriebenen Orchester-
Stimmen u. 8. w., und nicht die des Original-Manuscripts als
die endgültige zu betraehten ist, kann keine Frage sein. Bei
der gegen Ende des Symphoniesatzes in anderer Tonart und
etwas anders vorkommenden Parallelstelle stimmen Original-
Manuscript, geschriebene Stimmen, gedruckte Partitur u. s. w.
überein.
*) Sie werden im Archiv der Gesellschaft der Musik -Freunde in
Wien aufbewahrt. Vgl. Seite 18.
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IX.
Die Goda des ersten Satzes der achten Symphonie.
Der erste Satz der Symphonie in F-dm* Op. 93 war ur-
sprünglich um 34 Takte kürzer, und es ist sehr wahrschein-
lich, dass er in dieser kürzeren Fassung zur ersten Aufführung
gelangte. Beethoven's spätere und vermuthlich in der erstep
Hälfte des Jahres 1814 vorgenommene Aenderung und Ver-
längerung beginnt mit dem neunten Takt auf Seite 22 der ibqi
Breitkopf und fiärtel erschienenen Partitur. Von dem früheren,
kürzeren Schluss kann uns augenblicklich ,nur eine alte ge-
schriebene Pauken-Stimnie eine annähernde Vorstellung geben.
Von dem bezeichneten Takte an (es ist der Takt mit der Fer-
mate) wQren den Pauken noch folgende acht Takte voige-
schrieben :
lEfc^ö
A *l äL^.
^
*/
//
^ _ J J _ -i — ^ U-
'f
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X.
Die Sonate Op. 96.
Die Compositionszeit der Sonate für Pianoforte und Violine
in 6-dur Op. 96 wird verschieden und zum Theil nicht richtig
angegeben. Sie wird aber durch folgende Erscheinungen sicher-
gestellt.
Auf den letzten Blättern eines Skizzenbuches*), welches
grösstentheils mit Arbeiten und Entwürfen zur siebenten und
achten Symphonie angefttUt ist, kommen Entwürfe zum zweiten,
dritten und vierten Satz der genannten Sonate vor. Ein Ent-
wurf beginnt so : •
(fö
iE
*
.^a?H-A^^ ^
i-*
1
s
^^^
^^=m^ ;,3 i /j t^\nYß
^
P==p:
sra j:ß^=^stT^^v^ -^
*) Im Besitz der Erben G. Petter's in Wien.
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27
||J'3j.3ljjjH3J|;
1
^ \
1
^J J I j|jM ijJljf J^ y fiN- gp^
d^l^
^^ESE i^^^ < JliLr 'y'TT^^ ^E^
i
¥
^T
feUp
^^^^E^^
iy rj> r f | j (> r£=g
fe^
^
:^*-
S^^E^E^ESi
^
Coda.
arJ I r r^ 1 ^ ^
^^
-P1-
::?*:
^^m-
B. W.
Ein darauf folgender Entwurf lautet :
3i
^
r r
^
ü
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28
J
-^m
IÄeÜ
(oder)
£ ^=r t#=^E |^= ^
(oder)
s^^p^i^^p
cre8c.
Aus der Stellung dieser Entwürfe geht hervor, dass sie
später gesehrieben wurden ^ als die zu den zwei Symphonien.
Djw Original -Manuscript der siebenten Symphonie hat das
Datum: »1812. 13ten Mai«: das der achten Symphonie ist
dativt: »Linz im Monath October 1812«. Folglich kann die
Sonate Op. 96 (mit Ausnahme des ersten Satzes, von dem wir
nicht beweisen können, ob er früher oder gleichzeitig oder
etwas später geschrieben wurde) nicht vor October 1812 ge-
schrieben oder fertig geworden sein*).
Nun steht in der Linzer »Musikalischen Zeitung« vom
*) Nach den Entwürfen zur Sonate erscheinen auf der letzten Seite
de8 Skizzenbuches Entwürfe zu dem Liede »An die Creliebte« mit dem
Text: »0 dass ich dir vom stillen Auge« u. s. w. (vgl. Thematisches
Verzeichniss der im Druck erschienenen Werke Beethoven's, 2. Auflage,
S. 183) imd zwar zu derjenigen Bearbeitung dieses Liedes, bei welcher
die begleitende Pianofortestimme Triolenbewegung hat. Aus den Daten,
die oben weiter mitgetheilt werden, geht hervor, dass diese Bearbeitung
frühestens im December 1812 entstanden sein kann, und dass sie also
nicht, wie irgendwo angegeben, von den zwei Bearbeitungen des Liedes
die frühere oder erste, sondern die zweite oder sp&tere ist.
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29
28. Januar 1S13 ein Bericht aus Wien, geschrieben am 4. Ja-
nuar 1813, welcher lautet: »Der grosse Violinspieler Herr
Ilode*) hat dieser Tage ein neues Duett für Pianoforte und
Violin mit Sr. k. Hoheit dem Erzherzog Rudolph bei Sr.
Durchl. dem Ftlrsten Lobkowitz gespielt. Die Composition
dieses neuen Duetts ist von Hm. Ludwig van Beethoven; es
läset sich von diesem Werke weiter nichts sagen, als dass es
alle seine ttbrigen Werke in dieser Art zurück lässt, denn es
ttbertriflt sie fast alle an Popularität, Witz und Laune«.
Dass das in diesem Bericht erwähnte Duett nichts Anderes
sein kann, als die Sonate in G-dur Op. 96, wird durch Her-
anziehung einiger Stellen aus dem Briefwechsel Beethoven's
mit Erzherzog Rudolph ausser Zweifel gestellt. Beethoven
schreibt einmal (Köchers 83 Briefe Nr. 4) : »Morgen in der
frühesten Frühe wird der Copist an dem letzten Stücke an-
fangen können, da ich selbst unterdessen noch an mehreren
anderen Werken schreibe, so habe ich um der blossen Pünkt-
lichkeit willen mich nicht so sehr mit dem letzten Stücke
beeilt, um so mehr, da ich dieses mit mehr Ueberlegung in
Hinsicht des Spiels von Rode schreiben musste; wir haben in
unseren Finales gern ranschendere Passagen, doch sagt dieses
R. nicht zu und — schenirte mich doch etwas. — Uebrigens
wird Dienstags alles gut gehen können«. — In einem anderen
Briefe (83 Briefe Nr. 5) schreibt Beethoven: »Roden anbe-
langend haben I. Kais. H. die Gnade, mir die Stimme durch
LFeberbringer dieses übermachen zu lassen , wo ich sie ihm so-
dann mit einem hillet doux von mir schicken werde. Er wird
das die Stimme schicken gewiss nicht übel aufnehmen« u. s. w.
— Femer schreibt der Erzherzog an Beethoven**) u. a. :
»Uebermorgen Donnerstags ist um */.26 Uhr abends wieder
*) Rode war im December 1812 nach Wien gekommen. Sein erstes
(•oncert gab er am 6. Januar 1813. Vergl. die Linzer masikalische
Zeitnng vom 21. Januar 1813, die Leipziger Allgemeine Musikalische
Zeitung vom 20. Januar und 17. Februar 1813.
♦• Das Original des Briefes ist im Besitz von Friedrich Amerling
in Wien.
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30
Mu8ik bei dem Fürsten Lobkowitz, und ich soll daselbst die
Sonate mit dem Rhode wiederholen« u. s. w.
Aus allen diesen Mittheilungen geht hervor erstens: dass
die Sonate Op. 96 gegen Ende des Jahres 1812 componirt
und wahrscheinlich zum ersten Mal am Dinstag den 29. De-
cember 1812 in einer Gesellschaft bei Ftlrst Lobkowitz gespielt
wurde ; zweitens : dass sie mit Rücksicht auf Rode's Spiel ge-
schrieben wurde*). So hat denn Carl Czemy Recht, wenn
er S. 87 des vierten Theils seiner Fianoforte- Schule sagt:
»Diese Sonate (Op. 96) wurde um 1812 für den berühmten
Violinkünstler Rode geschrieben«.
Auffallend ist die Aehnlichkeit des Anfangs des letzten
Satzes der Sonate mit dem Lied des Jobsen in J. A. fiiller's
Operette »Der lustige Schuster«, welches so anfängt:
Vivace.
m
^■
5^Eä
S^^^g
^^
m
Der
N-
Knie - riem
blei - bet, mei - ner Treu' I die
^
zrj:
al - ler - be - Bte Ar - »e - ney u. s. w.
Ob Beethoven das Lied gekannt hat'? —
*) In der Leipziger Allgemeinen MuBikalischen Zeitung vom Jahre
1801 (in, 558) wird gesagt, dass Bodens Spiel sich durch Grazie und
Delicatesse auszeichne, dass es immer angenehm, immer rein bleibe» aber
zuweilen etwas kalt werde u. s. w. Näheres über Rode's Spiel findet
man auch in L. Spohr's Selbstbiographie I, 68, 177 u. s. w. — Was
irgendwo mitgetheilt wird, Beethoven habe fOr Rode eine Romanze (une
(Uiicüuse rotnance) geschrieben, kann nur auf einer Verwechslung beruhen.
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XI.
Eine Stelle in der Sonate Op. 102 Nr. 2.
In der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom
Jahre 1866 Seite 128 wird auf eine Stelle in der Sonate für
Pianoforte und Violoncell in D-dur aufmerksam gemacht, welche
in der Breitkopf und HärteVschen Gesammt-Ausgabe anders
lautet, als in anderen Ausgaben. Es lässt sich darüber Fol-
gendes mittheilen. Die Stelle (es ist der vierte Takt des
zweiten Satzes) lautet in dem bei Artaria in Wien befindlichen
Original-Manuscript genau so, wie in der Gesammt-Ausgabe,
nämlich :
Violoncell.
Pi»noforte.
Jedoch stand früher vor dem \^ ein t| und vor dem ff ein |}.
Beide Zeichen sind wegradirt, und hiess die Stelle also ur-
sprünglich so:
Keine von diesen Lesarten ist aber die endgültige. Ueber-
hanpt kann das Autograph im vorliegenden Falle nicht mass-
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32
gebend sein. Beethoven hat, nameptlich in späterer Zeit, bei
den meisten Werken nicht das Original-Manuscript , sondern
eine von ihm durchgesehene Abschrift zum Druck gegeben.
Die revidirte Abschrift, welche der alten Artaria'schen Aus-
gabe als Vorlage diente und auf welcher sich noch die Ver-
lagsnummer (2580) befindet, hat sich, nachdem die Breitkopf
und HärteFsche Gesammt-Ausgabe vollendet war, vorgefunden,
und hieritt heisst und hiess die Stelle von Anfang an (denn
Spuren einer Aenderung sind nicht bemerkbar, — ein Beweis,
dass die Abschrift nach einer anderen Vorlage als nach dem
Autograph gemacht ist) so:
Violoncell.
Pianoforte.
^^^E
5"e^^
Eben so lautet die Stelle in der Simrock'schen Ausgabe,
welche älter ist als die Artaria'sche, und welche wieder eine
Midere Vorlage hatte. Dass nun die tibereinstimmende Lesart
der ersterwähnten Abschrift und der beiden alten Ausgaben
als die endgültige zu betrachten ist, kann keinem Zweifel
unterliegen. Die gegenwärtige Lesart des Autographs lässt
sich dadurch erklären, dass Beethoven die Aenderung später
eintragen wollte, sie aber nicht ganz ausführte.
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xn.
Eine andere Stelle in der 8onate Op. 102 Nr. 2.
Das Fugenthema, welches dem letzten Satz der Sonate
Up. 102 Nr. 2 zu Grunde liegt, ist nicht den strengen Regeln
der Fuge gemäss beantwortet. Das Thema, welches so anfängt :
*t-i^^i
*
iRzzr?!
U. 8. W.
wird folgendermassen beantwortet:
T ^ r — - u. 8. w.
Beethoven hat später an eine andere Beantwortung, an
eine regelmäßsigere Einrichtung des Gefährten gedacht. Der
Gedanke ist aber nicht zur Ausführung gekommen. In einem
Skizzenheft, welches grösstentheils Arbeiten zum letzten Satz
der neunten Symphonie enthält und etwa vier Jahre nach dem
Erscheinen der Artaria'schen Ausgabe jener Sonate geschrieben
wurde, findet sich folgende Bemerkung:
— in den Violonschellsonaten zu verbessern
Stt^^^
E2
^g^
E£
Nottebohm, BeethoTenian».
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34
Es lässt sich von dieser Andeutung, wenn man wollte,
nicht Gebrauch machen, da Beethoven die nöthigen weiteren
Aenderungen in den Gegenstimmen (Takt 7, 8, 19, 20 u. s. w.)
nicht angegeben hat.
Unmittelbar nach obiger Andeutung findet sich noch Fol-
gendes bemerkt:
in der Sonate in As ist auch etwas welches in der
geschriebenen vom Erzherzog anders ist.
Das hier gemeinte Werk ist die Pianoforte-Sonate Op. HO,
von welcher der Erzherzog eine von Beethoven durchgesehene
Abschrift besass, die aber in Verlust gerathen ist, so dass sich
nicht angeben lässt, welche Stelle Beethoven meinte und welche
Aenderung oder Abweichung er im Sinne hatte. Vermuthlich
ist die Stelle im letzten Satz gemeint, wo das in G-dur und
in entgegengesetzter Bewegung eintretende Fugentheum zum
ersten Mal beantwortet wird.
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xm.
Eine Stelle in der Sonate Op. 109.
Das Variationen-Thema in der Sonate in E-dur Op. 109
enthält im sechsten Takt einige verzierende Noten, bei denen
man in Zweifel sein kann, wie Beethoven sich die Ausführung
dachte: ob sie zwischen dem zweiten und dritten Taktviertel,
oder erst mit dem Eintritt des dritten Viertels gespielt werden
sollen. Es lässt sich eine Erscheinung vorlegen, die darüber
Anfschluss giebt.
In einem Skizzenbuch, welches unter anderen Entwürfen
auch Arbeiten zum zweiten und dritten Satz der Sonate ent-
hält, kommt das Variationen-Thema zuerst in etwas anderer
Gestalt und ohne jene verzierende Noten vor. Später hat dann
Beethoven genau über dem dritten Viertel des sechsten Taktes
eine Verzierung dieses Taktviertels in ordentlichen Noten an-
gebracht, so dass der erste Theil des Themas ungefähr so
aussieht :
Oon molto sentimento ed espresslvo.
3*
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36
^
^
U. 8. W.
^E
n
it:
Die hinzugefügten Noten sind etwas undeutlich geschrieben,
so dass man sie auch so :
toder so:
oder vielleicht noch anders lesen kann. Jedenfalls lässt ihre
Stellung und Hchreibweise keinen Zweifel übrig, dass sie nur
auf das dritte Taktviertel 2h beziehen und mit dem Eintritt
desselben auszuftihreo sind. Den fttnflen Takt hat Beethoven
Qpät^r mit Bleistift so geändert: -
I--J
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XIV.
Die Ouvertüre Op. 115.
In Verzek^hnisfien und auf Goncert-Programmen findet man
die OuTertnre Op. 115 zuweilen als »Ouvertüre zur Namens-
feicr« angegeben. Eg Ksst sich hier die Frage aufwerfen:
hat die Ouveifure auf den Beiname« »zur Namensfeier« An-
spruchs
Dae in der Hofbibliothek m Wien befindliche Original-
Manuscript hat die Ueberschrift: »OtiTerture von LvBthven
am ersten Weiumonath 1814 — Abends zum Namenstag unsers
Kaisers«. Hiernach scheint es^ dam die Ouvertüre zur Feier
des Namenstages gesehriebea wurde und anfgelbfart w^dett
sollte. Sie wurde aber nicht am 4. oder 3. October 181*4,
dem Namenst^ des Kaisers ^ranz U. und seinem Vorabend,
sondern erst am 25. December 1815 aufgeführt in einem zum
Besten des Bttrgerspitals zu St. Marx im grossen Redouten-
Saiale gegebenen Coneerte. Auf dem Zettel waor sie nur als
»Ouvertüre« bezeichnet, also ohöe jeden Beisatz, der eitle
Deutung auf ein Namensfest zutiesse*). Die zweite und dritte
AufiTtthrung fand Statt am 16. und 23. April 1818 in zwei von
Moscheies, Giuliani und Mayseder gegebenen »musikalischen
*) In der Anzeige der »Akademie« heiMt es u. ». . »Die daM vor-
kommenden Mneikstttcke sind sSmmtUch von der Gom|ioftltioa des BAtrn
Ludwig van Beethoven und bestehen 1) aus einer neuen' Ouvertnre,
'2] aus einem neuek (Jhor über Goedhd's €K»dtelit: die Meet^stftaie, und
3) aus dem grossen Ovatovium: Ghrüftus mn* OMbOrge<r. Die Wiener
Zeitung vom 6. Januar 1816 berichtet u. a. über die AuiTOhrunR:
»Wranizky dirigirte, Umlauf hatte den Platz aim Klavier«. (Warum*
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38
Unterhaltungen«*). Hchindler erzählt Biogr. 3. Aufl., I, 248:
vgl. auch II, 153): »Am 10. Mai 1818**; erschien diese
Ouvertüre (Op. 115) in zweiter Aufführung im Concerte der
Herren Mayseder, Moscheies und Giuliani mit dem Beisatze :
»« la Chasseii. Beethoven frug nach dem (irund solcher Be-
nennung, und wer sich dies erlaubt. Es war jedoch nichts
zu ermitteln, weil ein Theil die Schuld auf den andera ge-
schoben. Der Breitkopf und Härtersche Katalog benennt diese
Ouvertüre »Namensfeier«, vielleicht, weil sie am Christtag zur
erstmaligen AuffUhning gekommen«. Aus letzterer Bemerkung
ist zu entnehmen, dass Schindler von der Ueberschrift des
Autographs keine Kenntniss hatte. Dann wurde die Ouvertüre
aufgeführt am 6. December 1818 in einem Concerte der Ge-
biüder Wranizky. In den Berichten Über dieses Concert wird
sie » Jagdouverture« genannt f). Endlich gab Beethoven das
Werk heraus unter dem Titel : »Grosse Ouvertüre in C-dur ge-
dichtet ftlr grosses Orchester und Seiner Durchlaucht dem Fürsten
und Herrn Anton Heinrich Radzivil .... gewidmet« u. s. w.ff)
hatte Umlauf den Plate am Giavier'O Schindler erzählt (I. 248), daHs
Op. 112 und Op. 115 fnebst Christus am Oelberg) am 25. December IHlf)
»unter Leitung des Meisters zum ersten Mal aofSgefÜhrt wurden«, lieber
die Aufführung berichtet auch die Leipziger Allgemeine Musikalische
Zeitung vom Jahre 1816, S. 78.
♦) Die Wiener Allgemeine Musikalische Zeitung vom Jahre 1^1 s
berichtet (S. 150) über das Concert vom 16. April: »Zum Anfang hörten
wir eine neue Ouvertüre von Herrn L. van Beethoven, welche nur ein-
mal bisher öffentlich gegeben wurde«. Später (S. 174) wird über beide
Concerte u. a. berichtet: »Die sehr schöne geistvolle neue Ouvertüre des
Herrn L. v. Beethoven entzückte die Kenner«.
**) Jedenfalls eine Verwechslung des Datums.
jr) Die Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung vom Jahre IS 11)
lässt sich (Seite 72) aus Wien berichten: »Beethoven's sogenannte Jagd-
Ouvertare entzückte, wie immer, seine zahlreichen Verehrer«. — In
Paris soll die Ouvertüre erschienen sein unter dem Titel: »Zn Chasse,
grande Ouvertüre en ütn u. s. w.
H) Die Ouvertüre erschien im Jahre 1825. Eine Besprechung findet
man im 17. Heft der »Cäcilia«, ausgegeben im Juli 1826. Dies als Be-
weis, dass die Ouvertüre nicht, wie Schindler (Biogr. II, 153) sagt, nach
Beethoven's Tode erschienen ist.
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39
Aus allen diesen Daten geht hervor, dass, wenn Beethoven
die Ouvertüre auch ursprünglich für ein Namensfest geschrieben,
er doch später jede Hindeutung auf eine solche Bestimmung
vermieden hat. Die Ouvertüre an und für sich kann also auf
den Beinamen »zur Namensfeier « keinen Anspruch machen.
Es bleibt nun noch die Frage übrig: kann die Ouvertüre
ihrer Entstehung nach auf den Beinamen »zur Namens-
feier « Anspruch machen? Ist sie eine Gelegenheits-Composition,
oder nicht?
Auf einigen zerstreuten Blättern, welche , wie sich später
zeigen wird, wenigstens drei Jahre vor der Composition der
Ouvertüre Op. 115 beschrieben wurden, finden sich Ansätze
zu einer Arbeit, in welcher ein Thema vorkommt, welches
uns als das Thema der Mittelpartie der Ouvertüre Op. 115
bekannt ist. Beethoven hat die Arbeit ausführen wollen und
angefangen, sie in Partitur zu schreiben. Was fllr ein Werk
es werden sollte, ist zweifelhaft. In der angefangenen Partitur
ist nur die oberste Zeile, welche die erste Violin-ötimme ent-
hält, ausgeschrieben. Hierin kommt folgende Stelle vor:
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40
Die unteren, leer gebliebenen Zeilen hat Beethoven später
' zn anderen Arbeiten benutzt. Es fisden sich da Entwürfe zum
Schlusschor aus »König Stephan«, dann zu der Ouvertüre und,
mit Ausnahme des türkischen Marsches und der Harmonie-Musik
hinter der Scene, zu allen Sätzen der »Ruinen von Athen«*).
Aus dem Vorkommen dieser Entwürfe ist zu schliessen, dass
die Arbeit, zu welcher die mitgetheilte Stelle gehört, spätestens
im Jahre 1811, der Compositionszeit des »König Stephan« und
der »Ruinen von Athen«, unternommen wurde. In welch an-
derer Weise Beethoven die liegengebliebene Arbeit später wieder
aufgenommen hat, werden wir gleich sehen.
Fischenich schreibt am 26. Januar 1793 aus Bonn an
Charlotte von Schiller über Beethoven: »Er wird auch Schillers
Freude und zwar jede Strophe bearbeiten«**). Beethoven ging
also schon früh mit dem Gredanken um, Schiller's Hymne an
die Freude in Musik zu setzen. In Skizzenbttchem aus ver-
schiedener Zeit finden sich wiederholt Ansätze zur Composition.
In einem Skizzenbuche f) , welches grösstentheils Arbeiten zur
*) Ein Bmchstttok fnag hier eme Stelle finden
hmoll.
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•*) »Charlotte von Schiller und ihre Freunde«, Bd. IH, S. 100.
f ) Das Skizzenbuoh i9t schon Seite 26 erwähnt.
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41
Riebenten und achten Symphonie enthält und welches Beethoven
mit sich herumführte, als er im Sommer 1812 in den böh-
mischen Bädern war, findet sich (umgeben von Arbeiten zum
ersten und vierten Satz der Symphonie in F-dur Op. 93) die
Bemerkung :
»Freude schöner Götterfunken Tochter
Overture ausarbeiten« —
und zwei Seiten später folgender Entwurf:
Freu
Presto.
de
ßchö - ner
Göt
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abgerissene Sätze wie Fürsten sind Bettler u. s. w. nicht das
ganze
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Text
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42-
abgerissene Sätze aus Scliillers Freude zu einem ganzen ge-
bracht
vielleicht su anfangen
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Fun
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ken
In diesem Entwurf finden wir die zwei Themata , welche
uns als die Themata der. Haupt- und Mittelpartie der Ouver-
türe Op. 115 bekannt sind. Es ist also kein Zweifel, dass
Beethoven jene Themata, die Grundbestandtheile der Ouver-
türe Op. 115, mit dem Text des Schiller'scheu Gedichtes zu
einem Ganzen verweben wollte, und dass das Ganze die Fomi
einer Ouvertüre erhalten sollte. Aus einigen innerhalb des
Entwurfs stehenden Bemerkungen geht hervor, dass Beethoven
nieht das ganze Gedicht in Musik setzen wollte. Es ist aber
nun einerseits nicht einzusehen, wie Beethoven diejenigen
atrophen, in denen der Dichter den Ton des Erhabenen an-
schlägt (z. B. »Ihr stürzt nieder, Millionen? Ahndest du den
Schöpfer, Welt?«;, mit den anderen, welche einen rein dithy-
rambischen Zug haben, einheitlich verbinden und in den Rah-
men einer Ouvertüre bringen wollte: andererseits ist nicht
einzusehen, wie er, ohne dem Gedicht zu schaden, jene, dem
engen Rahmen der Ouvertüre widerstrebenden, gewichtigeren
Strophen hätte weglassen können. Dann ist nicht klar, wie
bei dem überwiegend instrumentalen Charakter der beiden The-
mata das vocale Element und damit der Text zur Geltang
gebracht werden sollte. Ob nun Beethoven solche oder ähn-
liche Bedenken hatte, wissen wir nicht. Genug, das Stück
wurde nicht so ausgeführt, wie es entworfen war. Der Ent-
wurf löste sich gleichsam in zwei Theile auf. Der Text fand
ungefähr zehn Jahre später im Finale der neunten Symphonie
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43
die cyklische Form, welche auf einfachen, breiten Grundlagen
eine ausgedehnte Anwendung der Variationen-Form und des
doppelten Contrapunktes gestattete und dadurch eine Herbei-
führung der durch den Text bedingten Gegensätzlichkeit und
Mannigfaltigkeit ennögUchte. Die dem instrumentalen Theil
eingeborene »Freude« zur Entfaltung zu bringen, bedurfte es,
so scheint es, einer äusseren Anregung. Diese Anregung
scheint der (am 1. September 1814 eröffnete) Wiener Congress
gebracht zu haben. Beethoven nahm die liegengebliebene Ar-
beit in anderer Form auf im September 1814. In einem
Skizzenbuch aus dieser Zeit erscheint das Hauptthema des
AUegro-Satzes der Ouvertüre anfänglich, wie in der Skizze
vom Jahr 1812, im 74-Takt, nämlich so:
g^ ^ff f ^^^^^ ^
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^
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u. s. w.
Später hat Beethoven den %-Takt angenommen. Unmit-
telbar vor der Ouvertüre hatte er zur Feier der Anwesenheit
der beim Congi-ess versammelten Monarchen einen unge-
druckten Chor: »Ihr weisen Gründer glücklicher Staaten« etc.
geschrieben." Unmittelbar nach der Ouvertüre entstand die
Congress-Cantate : »Der glorreiche Augenblick«. Das sind zwei
Gelegenheits-Compositionen. Die Ouvertüre Op. 115 aber,
mögen auch die Festlichkeiten des Congresses, das heran-
nahende Namensfest des österreichischen Kaisers, die Aussicht
auf eine Aufführung u. a. m. das Werk gezeitigt oder die
Arbeit beschleunigt haben, ist darum doch keine Gelegenheits-
Composition. Sie wurzelt in ihrem thematischen Bestand in
einem anderen Boden. Sie ist die Ausführung eines Entwurfs
aus früherer Zeit, und dieser Entwurf hätte eben so gut früher
oder später und bei einer anderen Gelegenheit zur Ausführung
kommen können. Die Ouvertüre Op. 115 kann ihrem Ursprung
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44
und ihrer Cooception naeh auf den Beinamen »snr Namem-
feier« keinen Anspruch machen. Sie ist der Ansfluss einer
Vorarbeit a^um Finale der nennten Symphonie.
In sich selbst zerfällt nun auch eine Wiener Tradition,
nach welcher Beethoven in dem oft wiederkdirenden MotiT
i
"J ? mit Beziehung auf den Namenstag des Kaisers
das Wort y>mvah habe ausdrücken wollen.
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XV.
Die Bagatelle Op. 119 Nr. 12.
Die letzte oder zwölfte Nummer der jetzigen (mit der
Firma Ant. Diabelli et Comp, versehenen) Wiener Ausgabe
der Bagatellen für Pianoforte Op. 119 (oder Op. 112) fehlt
in den älteren Original- Ausgaben. Erwiesen ist, dass das
Stttck erst nach Beethoven's Tode (frühestens 1828) in die
Sammlung kam. Es lässt sich also nicht annehmen und es
ist auch nicht zu beweisen, dass Beethoven selbst die nach-
trägliche Aufnahme und Veröifentlichung veranlasst habe. Mau
würde nun das eingeschobene Stück auch für ein unterge-
schobenes halten können, wenn nicht ein vorhandenes Skizzeu-
blatt für die Echtheit einträte. Es erscheint aber hier niefajt
als Ciavierstück, sondern als Lied für eine Singstimme mit
Begleitung des Pianoforte. Folgende Stellen, welche einen
Theil des zu Grunde liegenden Textes am zusammenhängend-
sten wiedergeben, kommen auf dem Skizzenblatte vor.
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te
£
^g OTF jl^^^^E^
um - blö - he dich auf al - len
We-^en
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schö-ner als sie je die Un - schuld
fand
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See- len- ruh
des Ilim-mels be - ster
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46
{■>)
Se-gen wal - le dir wie Früh- lingshaiich ent-ge
.liJ:=£iT -^r=pl±— WtT-*r -d
det letz - te dei
lT^:3¥m
ü. S.W.
Ta-ge
<"
Der Entwurf ist nicht vollständig. Der Anfang des Liedes
fehlt. Näheres lässt sich also nicht angeben. Der Handschrift
nach gehört der Entwurf spätestens dem Jahre 18o() an. Ob
nun Beethoven selbst oder ein Anderer (z. B. der Verleger
Anton Diabelli) das Lied als Clavierstllck bearbeitet und wer
es so der Sammlung beigeftlgt hat, muss dahingestellt bleiben.
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XVI.
Eine gefälschte Stelle in den Variationen Op. 120.
Die Variationen ober Diabelli's Walzer erschienen im Juni
1823 bei »Cappi und Diabelli« in Wien. Ungefähr ein Jahr
später änderte die Verlagshandlung ihre Firma, und es er-
hielten die Exemplare, die dann gedruckt wurden, die Firma
»)A. Diabelli u. Comp.«. In sehr vielen Exemplaren nun, welche
mit dieser neuen Firma versehen sind, zählt der erste Theil
der 4. Variation 16 Takte, während derselbe Theil in den
älteren, mit der Firma »Cappi und Diabelli« versehenen Exem-
plaren nur 15 Takte zählt. Der hier fehlende und dort ste-
hende sechste Takt lautet:
Dieser Takt, welcher also später einge-
schoben wurde, fehlt auch im Origimil-Ma-
nuscript. Es fragt sich nun: Wer hat den
m
\r\*-^ * ^f?1~~l "^^^^ eingeschoben? Kann nicht Beethoven,
der, wie wir aus dem Briefwechsel mit
Diabelli wissen*], die Original- Ausgabe selbst corrigirt hat,
nachträglich eine Aenderung vorgenommen haben 1 Ein gering-
scheinender Umstand hat über letzteren Punkt Glewissheit ver-
schafft. Es hat sich ein mit der Firma »A. Diabelli u. Comp.«
versehenes Exemplar vorgeftmden, in welchem jener Takt nicht
steht, und nach Untersuchung des dazu benutzten Papieres hat
*) In einem Briefe an A. Diabelli aus de m Jah re 1823 heisst es u. a. :
»Die noch die Variationen betreffende Oorrectur ersuche mitzuschicken«.
In einem anderen Briefe, ebenfalls aus dem Jahre 18*23, schreibt Beethoven:
-»Der Rest der Correctur der Variationen wird wohl vollendet sein, nur
bitte ich Sie mir selben zn meiner Ueberzeugnng gefälligst mitzu-
senden« u. s. w.
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48
sich herausgestellt, dass dasselbe nicht vor dem Jahre 1830
ans der Papierfabrik gekommen sein kann. Die Aendemng
wurde also erst nach dem Jahre 1830 vorgenommen. Das ist
aber eine zu lange Zeit nach Beethoven's Tode, als dass man
annehmen könnte, die Aenderung sei vom Componisten ausge-
gangen. Man wird ihren Urheber vielmehr anderwärts und
näher zu suchen haben. Wenn man nun weiss, wie Anton
Diabelli, der Mitbesitzer der genannten Verlagshandlung und
selbst Componist, Werke von Franz Schubert geändert und in
welch unverantwortlicher Weise er sie mit Kürzungen und Zu-
thaten zum Stich gegeben hat. so kann man gar nicht zwei-
feln, dass er auch fähig war, in einer Composition Beethoven'»
eine vermeintliche Verbesserung vorzunehmen, zumal wenn der
Composition, wie es hier der Fall ist, ein Thema von ihm zu
Grande liegt. Offenbar hat Beethoven wissentlich dem ersten
Theil der Variation eine ungerade Anzahl von Takten gegeben.
Wir erklären uns diese Ungleichheit durch Zusammenziehuug
zweier Takte iii einen. Dass man aber solche Zusammen-
Ziehung sich nicht da, wo in der Diabelli'schen Ausgabe die
Aenderung vorgenoiumen ist, sondern zwei Takte früher zu
denken hat, mag folgender Auszug aus einem Skizzenbuch
beweisen, wo der erste Theil in einer regelmässigen Bildung
von 16 Takten vorkommt.
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49
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In der Breitkopf und HärteFschen Gesammt-Ansgabe hat
die Stelle ihre ursprüngliche und echte Lesart wiedererhalten.
Mottebohra, Bei^ihoveniana. '
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XVII.
Das Opferlied Op. 121^
Man kann die Bemerkung machen, wenn man manche
SkizzenbUcher Beethovens durchsieht, dass gewisse Gedichte
wiederholt und zu ganz verschiedenen Zeiten zur Composition
vorgenommen wurden. In früher Zeit begegnen wir wieder-
holten Ansätzen zu W. Ueltzen's Liedchen von der Ruhe (»Im
Arm der Liebe ruht sich's wohU), welche um 1795 in der
durch den Druck bekannt gewordenen Composition ;0p. 52
Nr. 3) ihren Abschluss gefunden zu haben scheinen. Einem
wahrscheinlich im Anfang des Jahres 1795 bei Albrechtsberger
geschriebenen Kanon sind auch Worte jenes Gedichts zu Grunde
gelegt. Der früh gefasste Vorsatz, Schiller's Hymne an die
Freude in Musik zu setzen, der erst im Finale der neunten
Symphonie zur Ausführung kam, hat auch auf die Composition
der Ouvertüre Op. 115 gewirkt*). Matthisson's Opferlied »Die
Flamme lodert«) ist in zwei Bearbeitungen bekannt: die eine
für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte (ohne Opus-
zahl) , die andere für eine Singstimme mit Chor und Orchester-
Begleitung (Op. 121 b). Ein anderes Lied Matthisson's, »Wunsch«
(«Noch einmal möcht' ich, eh' in die Schatteuwelt« u. s. w.),
ist zu verschiedenen Malen in Angriff genommen , aber nicht
fertig geworden. Eben so ging es mit Goethe's »Heidenrr>s-
lein« (»Sah' ein Knab' ein Röslein stehn«). Ein Gedicht vou
Tiedge an die Hoffnung ist zweimal eomponirt worden (Op. 32
und Op. 94).
•) V^l. S. 40 ff
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51
Auf keines dieser Gedichte ist Beethoven so oft zurück-
gekommeo, wie auf das Opferlied. Es muss ihn dauernd
interessii-t haben, und es scheint für ihn ein Gebet zu allen
Zeiten gewesen zu sein. Beethoven hat das Gedicht wenigstens
zu vier verschiedenen Zeiten zur Coniposition vorgenommen.
Der erste Entwurf, welcher in's Jahr 1794 zu setzen ist*;,
lautet (mit einer Variante) :
Opferlled.
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z^r:^-:-.:^
^=^
-•^^
T^^sm^im
Die Flam-me
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lo - dert
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'^^Mmmm^'^:JM:s^
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'^^^z^m ^^.
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3|5^^:
Im Jahre 1801 oder 1802 wurde das Lied zum zweiten
Male**), und wiederum einige Jahre später (wahrscheinlich
am 1807, frühestens 1805) zum dritten Male vorgenommen.
*) Dem Entwürfe folgen Arbeiten zum ersten Satze des Trios in
G-diir Op. 1 Nr. 2. Danach lässt sich die Zeit, welcher jener Entwurf
angehört, ziemlich sicher bestimmen. Das Trio wurde frühestens gegen
Ende 1794 fertig.
**) Näheres dariiber findet man in des Verfassers »Ein Skizzenbuch
von Beethoven«. Einige darin angegebene Data sind nach den obigen
zu berichtigen. Als der Verfasser die Schrift herausgab, war ihm die
Skizze vom Jahre 1791 nicht bekannt.
HARVARD UNIVERSITY ^*
EDA KUHN LOEB MUSIC LIBRÄMT'^^°°Sle
CAMBRIDGE 38 MASS.
52
Die letzten Entwürfe fallen in die Jahre 1822 und 1823 •).
Aus diesen ist Op. r21b hervorgegangen**).
Zwischen den ersten und letzten Entwürfen liegt ein Zeit-
raum von beinahe 30 Jahren. Merkwürdig ist, dass Beethoven
jedesmal, bei jeder neuen Vornahme des Liedes, auf den aller-
ersten Entwurf zurückkam, während alle anderen oben ge-
nannten' Gedichte bei wiederholter Vornahme eine von Grund
aus neue Weise erhielten. Dort finden wir verschiedene Be-
arbeitungen einer Composition ; hier verschiedene Corapositionen
eines Gedichtes. Die erste Skizze zum Opferlied vom Jahre
1794 lässt sich auch als die erste Skizze zu der beinahe 30
Jahre später fertig gewordenen Composition Op. 121b betrachten.
Aber die erste Skizze gehört dem jüngeren, das letztere Werk
dem älteren Beethoven an. Man erkennt den älteren Beethoven
an der sorgsameren grammatischen Betonung, an dem Eingehen
auf den Sinn einzelner Wörter, an der Neigung zum Charak-
terisiren (z. B. bei dem Worte »wallen«) und an anderen Zügen,
welche den letzten Vocal-Compositionen Beethoven's überhaupt
eigen sind, nicht aber den früheren, zu welchen die erste Be-
arboitiing des Opferliedes geli(>rt.
*) Beethoven pflegte um und nach dieser Zeit die letzten Worte des
Gedichtes: »Das Schöne zu dem Guten a! (eigentlich ein vorchristlicher
Spruch, den Matthisson aufnahm) auch auf Gedenkblättem anzubringen.
*♦) Skizzen der vierten Vornahme befinden sich an fünf verschie-
denen Orten; ein Beweis, dass sie nicht gleichzeitig geschrieben wurden.
Solche Erscheinungen erschweren eine genaue chronologische Bestinininiig.
Jedenfalls ist Schindler's Angabe, Op. 121 ^ sei 1822 coniponirt, nicht
aufrecht zu halten. Das Werk wurde, wie es gedruckt vorliegt, nicht
vor 1S23 geschrieben; es ist auch qiOglich, dass es erst zu Anfang des
Jahres 1824 fertig wurde.
In den gedruckten Ausgaben des Opferliedes Op. 121 ^ fehlen an
einer Stelle einige Noten. Der siebente Takt der zweiten Strophe (Takt
44 von Anfang) muss in der Solostimme so heisscn:
Er - - - - de.
So steht die Stelle im Autograph. Zu verweisen ist auch auf einen in
der Cjicilia v. J. 182s (Bd. 8, S. 66 f.) veröffentlichten Brief Beethoven's.
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xvm.
Der vierte Satz des grossen B-dnr-Qnartetts.
Der nAUa danza tedescaa überschriebene Satz im grossen
B-dur-Quartett Op. 130 sollte ursprünglich in anderer Tonart
dem Quartett in A-moU Op. 132 angehören. In einem kleinen
Skizzenheft, welches in eine Zeit fällt, wo das Quartett in
B-dur noch nicht in AngriflF genommen war, und welches auf
den ersten Seiten Arbeiten zum dritten Satz des Quartetts in
A-moU enthält, kommt gleich nach diesen Arbeiten ein in A-dur
stehender und auf den genannten Satz zu beziehender Entwurf
vor, welcher so beginnt
Allegro.
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u. s. w.
Schindler, welcher in seiner Biographie Beethoven's (3. Aufl.
II, 1 1 6) eine übereinstimmende Ansicht ausspricht, scheint den
in A-dur ausgeführten Satz besessen zu haben.
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XIX.
Arbeiten zum Quartett in Gis-molL
Dass Beethoven während der Conception eines Werkes
vielfach Umwandlungen eines durchzuftihrenden Themas vor-
genomnuen hat, ist etwas BdcMintes. Aber noch wenig bemerkt
mag es sein, dass er, nachdem ein Werk der Conception nach
fertig und in seinen Grundztigen festgestellt war, einzelne
Stellen in Bezug auf Klangwirkung, Stimmenftlhning , Ver-
theilung der Instrumente u. s. w. wiederholt umgestaltet hat,
bevor sie die endgültige Form erhielten. Besonders reich an
derartigen Umarbeitungen und Versuchen neuer Gestaltung sind
einige der letzten Streichquartette.
Von allen Quartetten macht am meisten das in Cis-moll
(Op. 131) seiner Form nach den Eindruck einer Improvisation.
Dass es aber der Arbeit nach keine Improvisation ist, das
zeigen, ausser den zur Conception gehörenden Skizzen, die
Arbeiten, welche zwischen Conception und Reinschrift fallen.
Thatsache ist, dass diese Vorarbeiten wenigstens dreimal mehr
Raum einnehmen, als die Reinschrift, nämlich als die auto-
graphe Partitur. Besonders fein und oft ausgemeisselt sinü
die letzten Takte der Variationen. In den ersten Entwürfen
erscheinen sie in drei verschiedenen Gestalten:
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55
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l^3:^H
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in allen J^
Stimmen
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ohne
Vorschlag
ur S , 1^, «y V -J. Vorschlag
' ^ pizz.
jü-
Von den späteren, hier und da zerstreuten und meistens
auf einzelnen losen Blättern und Bogen vorkommenden Umar-
beitungen derselben Stelle ist eine ziemliche Ansahl zusammen-
gestellt worden, die wir hier folgen lassen. Die Stellen aijid,
so gut es ging, ehronologisch geordnet und der Uebersicht*
lichkeit wegen numerirt.
Nr. 1.
Nr. 2.
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Digitized by
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XX.
Die Ouvertüre Op. 138.
Es wird angenommen, dass die Ouvertüre zu »Leonore«
in C-dur, welche die Opuszahl 138 bekommen hat, im Jahre
1805 geschrieben und von den Leonore-Ouverturen der Reihen-
folge der Entstehung nach die erste sei. Sehen wir zu, worauf
sich diese Annahme gründet.
Eine autographe Partitur der Ouvertüre ist nicht vorhanden.
Vorhanden sind eine alte Partitur-Abschrift und einzelne ge-
schriebene Orchester-Stimmen. Partitur und Stimmen sind von
Beethoven dUTChgesefaen und corrigirt worden. Eine Zeit der
Composition ist nirgends angegeben. Die erste Violin-Stimme
war vom Copisten überschrieben:
Ouvertura
Violino I"^,
Später hat Beethoven einige Wörter (in C Charakteristische
Overture) hinzugefügt, so dass die Ueberschrift jetzt lautet :
Ouvertura in C
Charakteristische
Overture
Violino I^^.
Partitur und Stimmen wurden bei der Versteigerung des
musikalischen Nachlasses Beethoven's im November 1827 von
Tobias Haslinger gekauft und sind gegenwärtig im Besitz der
Kunsthandlung Carl Haslinger qm. Tobias in Wien. Der
Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom Jahre 1828
wird (S. 111) über den Ankauf berichtet, dass Tobias Has-
linger »unter andern für einen Spottpreis ein Päkchen Tänze,
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61
Märsche u. dgl.« erstand und darin fand »die Partitur nebst aus-
gezogenen Orchesterstimmen einer ganz unbekannten, grossen
charakteristischen Ouvertüre, welche der Meister, wie sich
Schuppanzigh erinnert, wohl vor einigen Jahren probiren liess,
was auch die eigenhändig mit Rothstift verbesserten Schreib-
fehler bezeugen. Der glückliche Finder wird davon Auflagen
in 10 verschiedenen Arrangements veranstalten«. Zu Anfang
des Jahres 1828 zeigt Tobias Haslinger (in der MUnchener
Musikzeitnng vom Jahre 1827 — 1828) das bevorstehende Er-
scheinen des Werkes unter dem Titel an: »Grosse charakte-
ristische Ouvertüre, 138. Werk«. Dieser Titel stimmt im
Wesentlichen tiberein mit der Aufschrift, welche Beethoven der
erwähnten Violin-Stimme gegeben hat. Die Ouvertüre erschien
aber, wie wir sehen werden, unter einem anderen Titel.
Die Ouvertüre wurde nach ihrer Auffindung zum ersten Mal
aufgeführt in einem von Bernhard Romberg am 7. Februar 1828
in Wien gegebenen Concerte. Die Leipziger Allgemeine Musi-
kalische Zeitung vom Jahre 1828 berichtet (Seite 225) u. a.
über das Concert : » Grosses Interesse erregte Beethoven's letzte
Ouvertüre, welche die Haslinger'sche Handlung m» der Ver-
lassenschaft im Manuscripte an sich brachte« u. s. w. UngefiUir
dasselbe sagt die Wiener »Theater-Zeitung« vom Jahre 1828,
Seite 68 und 82. »Der Sammler« vom 28. Februar 1828 be-
richtet u. a. : »In dem Concerte wurde eine Ouvertüre aus
Beethoven's Nachlass gegeben ; ein Werk, das in der früheren
Periode des verewigten Meisters geschaflFen sein mag, wie aus
dem ruhigeren Gange zu erhellen scheint — a u. s. w. Ein
zweites Mal wurde die Ouvertüre aufgeführt in Wien am
13. März 1828 in einem Concert spiriiueL Auf dem Programm
stand : » Grosse charakteristische Ouvertüre von Beethoven (Ma-
nnscript)«. Berichte, die aber nichts Näheres sagen, findet
man in der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom
Jahre 1828, S. 296; in der Berliner Allgemeinen Musikalischen
Zeitnng vom Jahre 1828, S. 215; in der Wiener Theater-
Zeitung vom Jahre 1828, S. 151 u. a. a. 0.
Ans allen diesen Mittheilungen und Daten geht hervor,
dass man bis zum März 1828 nicht wusste, wann die aufge-
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62
fandene Ouvertüre geschrieben wurde. Es fehlt auch jede
Andeutung^ aus der sich entnehmen liesse, da£is man in ihr
eine Leonore-Ouverture erkannt habe.
Nun erschien das Werk im Jahre 1832 bei Tob. Has-
linger unter dem Titel: »Ouvertüre in C, componirt im Jahr
1805 zur Oper Leonore« u. s. w. Femer bezeichnet A. Schindler
in der im Jahre 1840 erschienenen ersten Ausgabe seiner »Bio-
graphie von L. V. Beethoven« (S. 58) die Ouvertüre als die
erste von den vier Leonore-Ouverturen und bemerkt, sie sei
früher geschrieben als die sogenannte zweite Ouvertüre, mit
welcher die Oper zuerst (im Jahre 1805) in Scene ging. Auf
diese Angaben, welche darin ttbereinstimmen, dass die Ouver-
türe im Jahre 1805 componirt worden, lassen sich alle späteren
Angaben und die eingangs erwähnte Annahme zurückführen.
Es lässt sich aber nun diesen Angaben ein Ergebniss ent-
gegenstellen, welches aus der Betrachtung eines Skizzenblattes
und einer grösseren Skizzensammlung hervorgehen wird.
Auf der ersten Seite eines Skizzenblattes*) kommen fol-
gende sechs, zum zweiten und dritten Satz der Symphonie in
C-moU gahOfende Stellen vor:
*) Das jetzt lose Blatt war früher mit anderen Blättern zusammen-
geheftet. Das zeigen die von der Heftung an der linken Seite zurück-
gebliebenon Lücher. Eben diese Löcher geben den Beweis, dass die
Seite, welche wir als die erste bezeichnen, auch die erste oder Vorder-,
und nicht die liückseite des Blattes ist.
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63
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Auf den obersten Zeilen der Rückseite desselben Blattes
steht rechts ein auf den Uebergang zum Finale der Symphonie
zu beziehende« Broefastttek, welches so lautet:
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und weiter unten erscheinen folgende, zur Ouvertüre Op. 138
gehörende Entwürfe:
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65
(Nr. 1.)
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(Nr. 2.) £ %^
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Moitekobm, BeethovenUna.
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=etc.r
'~ß"
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a. 8. w.
Wir nehmen nun eine grössere, aus vier zusammengehö-
renden Bogen bestehende und 10 Seiten umfassende Skizzen-
sammlung vor*). Auf der ersten Seite erscheinen unter anderen
folgende zur Symphonie in C-moU gehörende Stellen:
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£nde.
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ife^^E^^^
8€mpre forte
Auf der zweiten Seite beginnt eine 1 2 Seiten fortlaufende
Arbeit zur Ouvertüre Op. 138, welcher wir folgende, auf den
Anfang und auf die Hauptthemata zu beziehende Stellen ent-
nehmen :
*) Sie wird im Archiv der üesellschaft der Musikfreunde in Wien
aufbewahrt.
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(Nr. 1.)
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(Nr. 2.)
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(Nr. 3.)
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(Nr. 4.)
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U- 8. W.
Nach den Arbeiten zur Ouvertüre erscheint ein zum ersten
Satz der Sonate für Pianoforte und Violoncell Op. 69 gehö-
render Entwurf, welcher beginnt wie folgt:
!•:
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pi^^^^l^Ü
^d^-^S^
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gg^ ^^s^^^^
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|r:jrfcii&K^|^^^^^.
"Cembalo.
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69
Vdl. f?'^«''
^^^3g^pgii:^J
(entweder)
tr
^^s^ ^m^m^tM
#;:=*:
^
i^^§l^^
TZI U. S. W.
AuB der Stellung und BeschaflFenheit der erwähnten und
niitgetheilten Skizzen geht hervor, dass die Ouvertüre Op. 138
begonnen wurde, als die Symphonie in C-moll ihrem Abschluss
ziemlich nahe war, und dass sie im Entwurf fertig da stand,
als die Sonate Op. 69 noch im Entstehen begriffen war.
Man wttrde die Zeit, in 'welcher die Ouvertüre begonnen
wurde, annähernd bestimmen können, Vemi man wttsste, wann
die Symphonie beendigt wurde oder ihrem Abschluss nahe war.
Davon ist man jedoch nicht genau unterrichtet. Auf dem
Original-Manuscript der Symphonie ist die Zeit der Composition
nicht angegeben. Schindler sagt S. 69 der ersten Ausgabe
seiner Biographie, die vierte, fünfte und sechste Symphonie
seien in den Jahren 1806, 1807 und 1808 geschrieben; Seite
1 53 des ersten Bandes der dritten Ausgabe sagt er, die Xl-moU-
Symphonie sei in Heiligenstadt geschrieben, wo Beethoven im
Jahre 1808 wohnte. Wir können uns aber auf Schindlers An-
gaben nicht immer verlassen. Thayer (Chronol. Verz. S. 74)
nimmt, übereinstimmend mit der letzten Angabe Schindler's,
1808 als das Jahr der Composition an, macht aber ein Frage-
zeichen dazu. In dem am 20. April 1807 mit M. Clementi
abgeschlossenen Verlagsvertrag*) ist die Symphonie nicht an-
geführt, was zu der Vermuthung berechtigt, dass sie damals
*) S. Schitidlefs Biogr. I, 14?.
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noch nicht fertig war. Aufgeführt wurde sie zum ersten Mal
am 22. December 1808. Das ist das erste Datum, welches
einen sicheren Anhaltspunkt bietet und, wenigstens nach einer
Seite hin, die Zeit der Composition abgrenzt. Aber auch nach
der anderen Seite hin lässt sich die Zeit der Composition ab-
grenzen. Ganz gewiss wurde die fünfte Symphonie später
componirt, als die vierte. Nun wurde die vierte Symphonie,
nach Angabe des Original-Manuscripts , im Jahre 1806 com-
ponirt; folglich kann die fünfte Symphonie und mit ihr die
Ouvertüre Op. 138 nicht vor r806 geschrieben sein*). Es
steht also fest, dass die Ouvertüre Op. 138 nur in den Jahren
1806 bis 1808 entstanden sein kann. Will man nun noch
das Datum des mit Clementi abgeschlossenen Vertrags berück-
sichtigen, imd lässt man die darauf gebaute Vermuthung gelten,
so kann man sagen : die Symphonie in C-moU und die Ouver-
türe Op. 138 wurden componirt in der Zeit zwischen April 1807
und December 1808.
Die Sonate Op. -69 kann weniger einen Anhaltspunkt
bieten, weil sie später geschriebÄi wurde, als die Ouvertüre.
Sie erscMöÄ im ApTil fSOS, war aber (aus Gründen, deren
Anftthrung hier zu w^eitläufig sein würde) wahrscheinlich schon
Im Januar 1808 fertig. Diese Daten stehen mit den vorhin
angegebenen nicht im Widerspruch.
Das aus den Skizzen gewonnene Ergebniss wird nun
durch folgende Mittheilungen bestätigt und genauer bestimmt.
Das in Weimar erschienene »Journal des Luxus und der Moden«
bringt im Januarheft vom Jahre 1808 einen Auszug aus einem
•Briefe aus Wien, in welchem es u. a. heisst: »Mit dem
grössten Vergnügen gebe ich Ihnen die Nachricht, dass unser
Beethoven so eben eine Messe vollendet hat, welche am
Feste Maria bei dem Fürsten Esterhazy aufgeführt werden
soll. Beethoven's OperFidelio, welche trotz aller Widerrede
ausserordentliclie Schönheiten enthält, soll nächstens in Prag
*) Ich beziehe das Wort »geschrieben« auf die autographe Partitur,
verbinde also damit den Begriff der Vollendung. Dass die Symphonie
in C-moll schon im Jahr 1805 begonnen wurde, ist früher (Seite 16) be-
merkt worden,
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71
mit einer neuen Ouvertüre aufgeführt werden. Die Symphonie
von ihm ist im Stiche« u. s. w. Die erwähnte Messe ist die
in C-dur Op. 86 , welche zum ersten Mal in Eisenstadt, dem
Wohnsitz des Fürsten Esterhazy, am 13. September 1807, dem
Namensfest Maria, aufgeführt wurde. Aus diesen^ Datum er-
giebt sich, dass der Wiener Brief im August oder anfangs
September 1807 geschrieben wurde. Dass unter der für die
Prager Bühne bestimmten neuen Ouvertüre zum »Fidelio«
keine andere, als die mit der Opuszahl 138 versehene, gemeint
sein kann, geht aus Folgendem hervor. J. R. v. Seyfried
sagt Seite 9 im Anhang seines Buches »L. van Beethoven's
Stndien«, nachdem er von dem Erfolge des im Jahre 1806
wieder aufgeführten Fidelio gesprochen, u. a. : »Für die
Prager Bühne entwarf Beethoven eine neue, minder schwierige
Ouvertüre, welche Haslinger in der Auction erstand und wahr-
scheinlich bald der Publizität überliefern wird«. Der Verleger
Haslinger macht hierzu die Anmerkung: »Diese Ouvertüre ist
bereits in Partitur und Orchesterstimmen gestochen und wird
nebst andern Arrangirungen hiervon noch im Laufe dieses
Jahrs (1832) erscheinen«.
Das Verhältniss ist nun klar. Beethoven schrieb ftor die
in Prag zu Anfang Mai 1807 eröffnete deutsche Oper*), wo
Fidelio (oder Leonore) aufgeführt werden sollte, statt der
grossen und schwer auszuführenden Ouvertüre, mit welcher
die Oper im Jahre 1806 in Wien gegeben worden war, eine
andere, kürzere und leichtere Ouvertüre. Und diese Ouvertüre
ist die mit der Opuszahl 138 erschienene. Sie wurde im
*) Die Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung vom 2. September
1S07 enthält einen Bericht aus Prag, worin es u. a. heisst: »Mit dem
Monat April endete hier die italienische Oper und eine Gesellschaft
deutscher Sänger trat an ihre Stelle. Die erstere war in den letzten
Jahren so sehr gesunken, dass es« u. s. w. Liebich war Director der
Gesellschaft, Wenzel Müller Kapellmeister, Die erste Oper, welche »in
den ersten Tagen des Mays« gegeben wurde, war Cherubini's »Faniska«.
Später folgten : »Fanchon«, »Das unterbrochene Opferfest«, »Der Wasser-
trager«, »Die beiden Füchse« u. a. m. Beethoven's »Fidelio« scheint
aber nicht zur Aufführung gekommen zu sein, wird wenigstens bis Kndc
1810 nicht erwähnt.
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72
Jahre 1807 componirt, ist also der Reihenfolge nach nicht die
erste, sondern die dritte von den Leonore-Ouverturen ; die bis-
herige oder sogenannte zweite vom Jahre 1805 ist die erste,
nnd die sogenannte dritte vom Jahre 1806 ist die zweite.
Die vierte (in E-dur) vom Jahre 1814 bleibt an ihrer Stelle,
wäre aber, was sich später zeigen wird, beinahe zur fünften
geworden*).
Unerklärlich bleibt es, wie Tob. Haslinger, dem doch
Seyfried's Mittheilung bekannt war, dazu kommen konnte,
auf dem Titel seiner Ausgabe das Jahr 1805 als die Zeit der
Composition anzugeben. Man kann darüber nur eine Ver-
muthung haben. In dem bei T. Haslinger in Wien erschie-
nenen »Allgemeinen Musikalischen Anzeiger« vom 17. März 1831
heisst es: »Am 10. d. M. wurde im dritten Cancer t 9piri-
tuet Beethoven's lange nicht gehörte Ouvertüre zur Oper Leo-
nore (später Fidelio benannt) aufgeführt. Bekanntlich hat
Beethoven diese Ouvertüre später selbst mit einer neuen ver-
tauscht, weil sie für den dramatischen Effect zu lang und für
ein gewöhnliches Orchester zu schwer ist«. Die Wiener Theater-
zeitung vom Jahre 1831 berichtet (S. 135) über dasselbe Concert
und lobt bei der Ouvertüre die Ausfllhrang des letzten i^Preslo,
ein Satz, der wohl schwerlich den Violinen oft so gelingen
möchte« u. s. w. Der »Allgemeine Musikalische Anzeiger«
vom 21. April 1831 berichtet: »Dem Vernehmen nach wird
im Hofopemtheater bei den künftigen Aufführungen des Fi-
delio mit den beiden von dem Tondichter zu dieser Oper
geschriebenen Ouvertüren abgewechselt werden«. Femer be-
richtet dasselbe Blatt vom 12. April 1832: »Bei Gelegenheit,
als die Oper Fidelio zum Benefice der Mad. Fischer-Achten
auf dem Hofopemtheater wieder aufgeftlhrt wurde, wählte man
dazu die erste ursprünglich zu dieser Oper von dem Tonsetzer
componirte, aber später von demselben ihrer grossen Schwierig-
*] In dem bei Breitkopf und Härtel in Leipzig herausgekommenen
thematischen Verzeichniss der im Druck erschienenen Werke Beethoven's
musste selbstverständlich, auch wenn damals das hier mitgetheilte chrono-
logische Ergebniss eben so sichergestellt gewesen wäre wie jetzt, die
ttbliche Numerirung der Ouvertüren beibehalten werden,
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73
keiten wegen wieder bei Seite gelegte Ouvertüre«. Aus diesen
Berichten geht hervor, dass in Wien zur Zeit, als die Ouver-
türe Op. 138 veröffentlicht werden sollte, nur zwei Leonore-
Ouverturen bekannt waren; diese waren: die (eigentliche)
zweite (in den Drucken mit Nr. 3 bezeichnete] aus dem Jahre
1806, und die vierte in E-dur aus dem Jahre 1814. Nun
konnte es nicht unbekannt sein, dass Beethoven mehr als zwei
Leonore-Ouverturen geschrieben hatte, und dass bei der Auf-
führung der Oper im Jahre 1805 eine andere Ouvertüre gespielt
worden war, als im Jahre 1806. Von der wirklichen ersten,
dem Jahre 1805 angehörenden Ouvertüre hatte man jedoch
keine nähere Kenntniss; denn diese wurde erst in Folge der
Aufführungen im Leipziger Gewandhause im Jahre 1840 be-
kannt*) und im Jahre 1842 als die zweite veröffentlicht. Da
nun das blosse Vorkommen einer Stelle aus Florestan's Arie
in der aufgefundenen und mit Op. 138 bezeichneten Ouvertüre
keinen Zweifel übrig lassen konnte, dass sie eine von den
Leonore-Ouverturen sei : so konnte man leicht zu der Meinung
verleitet werden, man habe in eben dieser aufgefundenen
Ouvertüre die erste vom Jahre 1805 vor sich. Auf diese Weise
mag die Entstehung des Beisatzes »componirt im Jahre 1805
zur Oper Leonore« auf dem Titel der Haslinger'schen Ausgabe
zu erklären sein. Schindler, der von dem Vorhandensein dieser
Ouvertüre keine Kenntniss hatte, hat dann das von Haslinger
angesetzte Datum als richtig hingenommen, und unseres Wis-
sens zuerst (in der ersten Ausgabe seiner Biographie) die vier
Ouvertüren in die bisher angenommene chronologische Ordnung
gebracht. Es ist aber nun zu bemerken, dass Haslinger und
Schindler ihre Angaben in Betreff der Compositionszeit der Ouver-
türe nicht begründet haben. Es ist auch nicht gelungen, die
Quellen, aus denen sie geschöpft haben können, ausfindig zu
machen, oder irgend eine Mittheilung zu finden, welche einiger-
massen ftlr die Richtigkeit ihrer Angaben einstände. Wir
*) S. Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung vom Jnhre 1840,
Seite 54 und 975; Neue Zeitschrift für Musik vom November 1840,
Seite 160.
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74
haben in ihren Angaben ein Datum vor un8, welches weder
begründet, noch zu begründen ist. Solche Angaben kann man
nur auf sich beruhen lassen.
Was Schindler weiter erzählt, klingt geradezu unglaublich.
Er sagt nämlich ;Biogr., 3. Ausg., I, 127) über die Ouver-
türe Op. 138: »Kaum beendigt hatte der Coniponist selber
kein rechtes Vertrauen in diese Arbeit. Gleiches meinten seine
Freunde. Man veranstaltete demnach bei Fürst IJchnowsky
eine Probe davon mit kleinem Orchester. Da ward sie ihrem
Gesammtinhalte nach für nicht entsprechend befunden, dem
Werke als Einleitung vorauszugehen. Idee, Styl und Charakter
wollten dem darüber zu Gericht sitzenden Areopag nicht ge-
fallen. Sie ward also beseitigt«. Da kann man doch fragen:
wer hatte den musikalischen Gerichtshof eingesetzt, dem sich
Beethoven zu fügen hatte? Und wer hat je gehört, dass er
sich einem gefügt hätte? Das Wahre an der Geschichte kann
höchstens sein, dass die Ouvertüre bei Fürst Lichnowsky probirt
wurde, und dass Beethoven selbst Schwächen in dem Werke
fand und an Aenderungen dachte. Diese Ansicht verträgt sich
mit einigen Erscheinungen, die jetzt noch vorzulegen sind.
Als Beethoven i. J. 1814 seine Oper einer dritten Be-
arbeitung unterzog, sollte die Ouvertüre aus dem Jahre 1807
von Grund aus umgearbeitet werden. Ihre Haupt<bemata sollten
beibehalten, das Ganze in eine andere Tonart (E-dur) gesetzt
werden u. s. w. Dass die Ouvertüre auch in dieser Umar-
* beitung für den »Fidelio« bestimmt war, kann nicht bezweifelt
werden. In den auf diese Arbeit bezüglichen Skizzen kommen
die Hauptmotive der Ouvertüre untermischt mit Stellen aus
der Arie Florestan's zu Anfang des zweiten Acts vor. Auf
einem losen Bogen finden sich folgende Stellen:^
ich Bch ^ • ein Eu -
gel Le-ü-no-re trü-stend zur Sei - te mir stel-let
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75
I^^Ül
- IJHfejg^l^:
^=^ T-
M
^^ g-^ feS^^^j^ g^feij
;g= s^=^ ^^^^^g^§^t^i
e£
X oder
^ jfj^^ jf ^ ^Wfp fp^
^
^:^T-Sffef-f-'^
Clar.
i^ rfi^i
^
f^^ ^ r ^rP -
P} ^=M4^ 4#J^
X oder länger in E ausgeführt.
3±fa£B
£^
?^
N^
^ ^7»— T ::=> g ^ :
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76
'ifMiM
Pi^^iügg^^F^j^
^
j^^^^
ip"3^-£Fg=£|^gb g^P^
etc.
— .-/s^ # -- — ^
sich tröstend sich tröstend zur
'?*)
^_:?S^^^^:^^i^^^^^^
Sei - te
£n-gei im ro-si - gen Liclit sich
2# — # -,-f — ß — ß -ß..^
-•— ^
tro-stend
Beethoven hat den Entwurf nicht ausgeführt. Er schrieb
statt dessen die bekannte Ouvertüre in E-dur. Hätte er den
Entwurf ausgeführt, so hätten wir vielleicht fünf Leonore-Ouver-
turen; wir würden dann die (wirkliche) dritte Ouvertüre vom
Jahre 1807 ungefähr eben so als den Vorläufer der (unter-
drückten) vierten ansehen, wie wir gegenwärtig die (wirkliche)
erste als den Vorläufer der zweiten Ouvertüre ansehen. Man
kann nun noch fragen: hätte Beethoven i. J. 1814, bei der
letzten Bearbeitung seiner Oper, an die Umarbeitung der Ouver-
türe Op. 138 denken können, wenn diese Ouvertüre i. J. 1805
geschrieben und die erste der Leonore-Ouverturen wär^?
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77
In der eingangs erwähnten geschriebenen Partitur hat
Beethoven nachträglich bei vielen Stellen Aenderungen vorge-
nommen und versucht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass
diese Aenderungen ins Jahr 1814 und in die Zeit fallen, in
welcher Beethoven seine Oper zur gänzlichen Umgestaltung
vornahm. Als er von der Ausführung der vorhin erwähnten
und zum Tbeil mitgetheilten Entwürfe zu einer Ouvertüre in
E-dur abgestanden war, mag er auch dem Werke die eingangs
angeführte Ueberschrift : »Charakteristische« Ouvertüre gegeben
haben. Besagte Aenderungen sind zum Theil nur angedeutet
und nicht ausgeführt, zum Theil sehr eingreifend. Dabei ist
überall die ursprüngliche Lesart stehen geblieben. Das Manu-
script kann seiner BeschaflFenheit nach keineswegs als eine
üruckvorlage, und das Werk selbst nach dieser Vorlage keines-
wegs als druckfertig betrachtet werden *) . Einige Aenderungen
lassen sich verschieden «auslegen und konnten bei der Heraus-
gabe des Werkes wohl Schwierigkeiten bereiten und Zweifel
erregen. In den bei Haslinger in Wien und bei Breitkopf
und Härtel in Leipzig erschienenen Ausgaben sind die ausge-
führten und brauchbaren Aenderungen berücksichtigt worctea.
Zur Vergleichung mit diesen Ausgaben folge hier (auf zwei
Notenzeilen zusammengedrängt) eine Stelle aus der Einleitung
(Takt 23 ff, von Anfang) in ihrer ursprünglichen Fassung^
♦) Schindler behauptet (Biogr., 3. Ausg., II, 42), Beethoven habe
im Jahre 1823 von der Handlung Steiner u. Comp, (später Tob. Has-
linger) die nnverztigliche Herausgabe der seit Jahren im Besitze dieser
Handlung befindlichen Ouvertüre Op. 138 gefordert. Diese Behauptung
ist unrichtig. Wie konnte Beethoven die Herausgabe eines nicht druck-
fertigen Werkes fordern? Unrichtig ist auch die Angabe Schindlers
(Biogr., I, 127), die Yerlagshandlung Steiner u. Comp, habe »alsbald«
(nach 1S05?) das Eigen thumsrecht der Ouvertüre erworben. Die Firma
»Steinern. Comp.« entstand erst im Jahre 1S15. In dem im Jahre 1815
mit Steiner abgeschlossenen Vertrage, in welchem Beethoven das Eigen-
thumsrecht von 13 grösseren und kleineren Werken abtritt, ist die
Ouvertüre Op. 138 nicht angeführt. Beiläufig kann man bemerken, dass
in diesem Artikel fast allem entgegen getreten wird, was Schindler in
Betreff der Ouvertüre Op. 138 mittheilt.
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78
^= g ^^^^^gi^^^^
cresc.
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gHEj;^fe3jH-^<g:g^3ji|i£fe
f^g ^^Tz^^ s Eg^fei
»/
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f
u. s. w.
i
welche Beethoven später auf verschiedene Weise geändert und
um einen Takt gekürzt hat.
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XXI.
Beethoven's letzte Gomposition.
Drei verschiedene Compositionen Beethoven's werden als
die letzten bezeichnet. Zuerst ist zn nennen ein kleines Stück
für Pianoforte in B-dur (vergl. Thematisches Verzeichniss der
iin Druck erschienenen Werke Beethoven's, 2. Auflage, S. 152),
welches im Jahre 1840 mit der Ueberschrift nDemiere pensee
mtmcaleii bei Schlesinger in BevUuv^rschien. Beethoven ii«brieb
es für ein Stammbuch hn August 1818, gleichzeitig mit deni
letzten Satz der Sonate in B-dur Op. 106. Selbstverständlich
kann es nicht als »letzter Gedanke« gelten. Anders verhält
es sich mit dem letzten Satz des Quartettes fttr Streichinstru-
mente in B-dur Op. 130. Dieser Satz wurde nach glaub-
würdigen Angaben fertig im November 1826, also ungefähr
vier Monate vor Beethoven's Tode. Jedenfalls ist dieser Satz
von den in ihrer Original-Grestalt bekannt gewordenen Com-
positionen die zuletzt entstandene. Die dritte zu erwähnende
Composition ist ein Stück in C-dur für Pianoforte zu zwei
und vier Händen (vergl. Thematisches Verzeichniss S. 152
und 153), welches um 1838 bei A. Diabelli u. Comp, in Wien
erschien mit der Ueberschrift und Bemerkung: »Ludwig van
Beethoven's letzter musikalischer Gedanke, aus dem Original-
Manuscript im November 1826. Skizze des Quintetts, welches
die Verlagshandlung A. Diabelli u. Comp, bei Beethoven be-
stellt, und aus dessen Nachlasse käuflich mit Eigenthumsrecht
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80
an sich gebracht hat«"*). Das von der Verlagshandlnng er-
standene Manuscript ist im LicitatioBS-Verzeichniss so angeführt:
»Nr. 173. Bruchstück eines neuen Violinquintetts vom No-
vember 1826, letzte Arbeit des Compositeurs«. Seite 28 der
Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom Jahre 1828
wird u. a. ttber den Ankauf berichtet: »Der Compagnon des
Hm. Diabelli kaufte Beethoven's letzte Arbeit, ein im No-
vember 1826 angefangenes Quintett, von welchem jedoch leider
kaum 20 bis 30 Takte im Entwürfe zu Papier gebracht sind«.
Diese Angaben widersprechen sich in einem Punkte ; denn nach
einer Angabe soll das Stück ein Bruchstück, also bis zu einem
gewissen Punkte ausgeführt, nach den anderen aber nur im
Entwürfe vorhanden gewesen sein. Dartiber lässt sich jetzt
nichts entscheiden, da dsis Original-Manuscript nicht vorhanden
ist. Jedenfalls ist uns das Stück nicht in seiner ursprünglichen
Form als Quintett-Satz, sondern nur in zwei Uebertragungen
bekannt. Alle Angaben stimmen aber darin überein, dass das
Stück im November 1826 componirt wurde. Nun wurde das
Finale des Quartetts in B-dur Op. 130 aber auch im No-
vember 1826 componirt. Maa kann also fragen: welches von
den beiden Stücken wurde zuletzt componirt? Antwort giebt
uns ein Blatt, welches anfänglich zur Partiturschrift des Fi-
nales des Quartetts in B-dur bestimmt war, dann aber von
Beethoven zu anderen Arbeiten benutzt wurde. Die zum Fi-
nale gehörenden Stellen sind mit Tinte geschrieben , und auf
*; Dass Beethoven versprochen hatte, ein Quintett zu schreiben,
geht aus seinen Briefen an Diabelli hervor. In einem frühestens i. J.
1S24 geschriel)enen Briefe heisst es: »Ich konnte nicht eher antworten,
ih\ ich noch keine Zeit bestimmen konnte , jetzt unterdessen verspreche
ich ihnen, das quiniett etwas über 6 Wochen einhändigen zu können —
ihre Wünsche werde ich beachten, ohne aber meiner künsteirischen
Freiheit Eintracht zu thun — Mit dem Honorar von 100 Dukat. in
Gold bin zufrieden« u. s. w. In einem anderen Briefe, ebenfalls frühe-
stens 1824 geschrieben, heisst es u. a. : »auch das quirUett filr Flöte
bringe ich ihnen Montags alles aufgeschrieben«. Ob dieses »Quintett flir
Flöten mit dem obigen »Quintett« identisch ist, IKsst sich jetzt nicht
entscheiden.
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81
mehreren leer gebliebenen Zeilen finden sich mit Blei geschrie-
bene Entwürfe zu jenem Quintettsatz in C-dur, von denen der
erste so anfangt :
5tett
^
M=i —
a^iHS^
?H^
=»iH»'
ÖE
u. s. w.
Es ist also der Quintettsatz in C-dur später geschrieben, als
der letzte Satz des Quartetts in B-dur. Auf dem nämlichen
Blatte finden sich weiterhin Entwürfe zu einem andern Satze,
welcher wahi-scheinlich auch zu jenem Quintett bestimmt war.
Ein Entwurf lautet, so weit er leserlich und mittheilbar ist :
Moderato.
u. s. w.
Dass Beethoven diesen Entwurf ausgeführt habe, ist nicht
bekannt. Vielleicht ist er nur durch den Tod an der Aus-
führung verhindert worden.
ffottebohm, BeetboTeniana.
e
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XXII.
Ein Stück aus einer unvollendeten Oper.
Es soll jetzt berichtet werden über eine (ungedruckte)
Composition Beetboven's, welche schon deswegen merkwürdig
ist, weil sie eine Stelle enthält, welche fast eben so und nur
mit anderen Worten in der Oper »Leonore« (Fidelio) vor-
kommt. Die anklingende Stelle ist geeignet, Betrachtungen
und Vergleichungen anzuregen.
Gedachte Composition befindet sich autograph im Archiv
der Gesellsehaft der Musikfreunde in Wien*). Eine Ueber-
schrfft, welche Aufklärung gäbe über Zweck, Bestimmung,
Zeit der Entstehung des Werkes u. a. m., fehlt. Dem Text
und der Anlage nach kann das Stück kaum etwas anderes
sein, als das Finale einer Oper oder eines Singspiels. Ge-
schrieben ist es für vier Singstimmen und Orchester. Die
singenden Personen sind:
Porus (Bass) ;
Volivia, dessen Tochter (Sopran);
Sartagones, Liebhaber der Volivia (Tenor); und ein
Ungenannter, Nebenbuhler des Sartagones (Tenor).
Die Stimmen des begleitenden Orchesters sind in der Par-
titur nicht vollständig ausgeführt ; namentlich zeigen die Blas-
instrumente manche Lücken. In den Singstimmen ist keine
*) Das Manuscript zählt 81 beschriebene, im Ganzeu 84 Seiten.
Im Verzeichniss des musikalischen Nachlasses Beethoven's ist es unter
Nr. 67 angeführt als »Gesangstück mit Orchester, vollständig, aber nicht
gänzlich instnimentirt«.
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83
Lücke bemerkbar. Wo die Singstimmen gcbweigen , sind
immer einige Orcbesterstimmen hinreicbend angedeutet, so dass
nirgends eine Unterbrechung eintritt und sich der Gang des
ganzen Stückes wohl Überblicken lässt.
Das ganze Stück theilt sich, was Form, Takt- und Ton-
art betriflft, in vier verschiedene, aber modulatorisch mit ein-
ander verbundene Sätze. Den Anfang macht ein rascher Satz
(ein Tempo ist nirgends angegeben) in 6-moll und im C-Takt.
Der Text ist folgender:
Ungenannter. Blick o Herr durch diese Bäume , ;
Sieh die Tochter Hand in Hand
Mit Sartagones dort stehen.
Porua. Ist es Wahrheit? Sind es Träume?
Hast du sie genau erkannt?
Ungenannter. Hab' erkannt und hab' gesehen
Beide Arm in Armen gehen.
Porus. Ha! Verflucht sei diese Stunde!
Wenn die Tochter sich vergisst!
Kann sie hörn aus meinem Munde
Dass Verstössen sie nun it^t.
Ungenannter. Still! Sie kommen näher an.
Forus. Ja! Sie kommen näher an.
Beide. Lauren wollen wir im Stillen,
Und dann sollen beide fühlen
Dass der Vater strafen kann.
Nun folgt ein langsamer Satz in Es-dur, 78"Takt, mit
folgendem Text:
Sartagones. Liebe Freundin, lebe wohl!
Sieh, schon fängt es an zu tagen.
Voll via. Ach! wie ist mein Herz so voll,
Voll von Ahndung, voll von Zagen.
Sartagones. Zagheit kennt die Liebe nicht,
Treu zu sein ist unsere Pflicht.
Voll via. Dies schwörst du mir?
Sartagones. Dies schwör ich dir.
Voll via. Nun zum Vater, meinem Freund,
Um seinen Segen lass uns flehen.
Sartagones. Ach, er hasst mich, ist mein Feind,
Mit welchem Aug' wird er mich sehen?
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84
Voll vi 8. Er ha88t niemand, glaube mir,
Theilt mit jedem Freud und Schmerz.
Bürgen will ich dir dafür,
Dass uns beiden schlägt sein Herz.
Sartagones. Das schwörst du mir?
Volivi'a. Das schwör ich dir.
Beide. Lass uns zum Vater eilen,
Lass länger uns nicht weilen;
Komm, wir wollen gehen.
Ein kurzes Nachspiel führt zu folgendem Recitativ:
Porus. Dein Vater war mein Feind,
Schwur Hass und Fluch mir ewig.
Sartagones. Ach sei dem Sohne Freund!
Hit ihr fühl' ich mich selig.
Volivia und Sartagones. Ach, trenn uns beide nicht,
Wir lieben uns zu sehr.
Porus. Und du vergisst die Pflicht;
Ich kenne dich nicht mehr.
Du aber weich von hier.
Denn ich verachte dich.
Sartagones. Wie, du verachtest mich?
Porus. Ja, ich verachte dich.
Sartagones. Wenn du mir nicht vergibst.
So strafe mich dein Schwert.
Sag an, wird sie nicht mein?
Porus. Nein, niemals wird sie dein.
Sartagones. Nicht mein?
Volivia und Porus. Halt ein!
Porus. Warum soll Vaters Schuld er büssen,
Da er das Licht der Welt nicht kannte?
Volivia und Sartagones. Hier liegen wir zu deinen Füssen,
Reich uns des Vaters Segenshand.
Porus. Weil du sie wahrhaft liebst.
So sei sie dir beschert.
Steh auf, ich bin dein Freund.
Sartagones. Und so sind wir vereint.
Ungenannter. Weh mir, sie ist dahin.
Für mich ist sie ewig hin.
Hieran schliesst sich der letzte und ausgefllhrteste Satz,
ein Terzett, von mehr als 120 Takten, in 6-dur. Die Worte
lauten :
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85
Volivia und SartagoneB. Nie war ich so froh wie heute,
Niemals ffihlt' ich diese Freude.
Perus. Gute Götter blickt herab,
Segnet ihre reinen Triebe.
Ewig treu sei ihre Liebe,
Ewig treu bis in das Grab.
Volivia und Sartagones. Gute Götter, blickt herab,
Segnet unsre reinen Triebe.
Ewig treu sei unsre Liebe,
Ewig treu bis in das Grab.
Das ist der ganze, von Beethoven componirte Text. Der
Verfasser des Textes ist nicht genannt. Vielleicht bringt uns
folgende Notiz auf die richtige Spur. Die »Zeitung flir die
elegante Welt« vom 2. August 1803 enthält einen am 29. Juni
geschriebenen Bericht aus Wien, in welchem es u. a. heisst:
»Aber woran liegt es, dass wir Deutschen gar so wenige gute
Opemtexte haben, und uns immer mit Uebersetzungen begnügen,
oder dass unsere Eompositeurs sehr mittelmäs'sige Bücher kom-
poniren müssen? So schreibt jetzt der Abb6 Vogler eine
Oper von H., und Beethoven eine von Sohikaaeder«*).
Dass nun das vorliegende Quartett zu der von Schikan^r
gedichteten Oper gehöre und im Jahre 1803 componirt worden
sei, ist nicht unwahrscheinlich. Die letztere Annahme verträgt
sich mit der Beschaffenheit der Handschrift, nach welcher das
Stück ganz gut im Jahre 1803 geschrieben sein kann.
Wir legen nun den Anfang des Schlusssatzes (mit den auf
zwei Notenzeilen zusammengedrängten Orchesterstimmen) vor.
*) Herr A. W. Thayer hat mich auf diese Stelle aufmerksam gemacht.
Hier lässt sich noch Folgendes anführen. Der Leipziger Allgemeinen
Musikalischen Zeitung vom du. März 1803 wird aus Wien Ende Februar
berichtet: »Beethoven und Abt Vogler componiren jeder eine Oper flir
das Theater an der Wien«. Beethoven schreibt am 2. November 1803
an Macco in Prag, dass er jetzt erst an seiner Oper anfange u. s. w.
Damit kann nur die Schikaneder'sche Oper gemeint sein, nicht «Fidelio«,
welcher später entstand. Schikaneder war (J803] Director des Theaters
an der Wien. Vogler's Oper war wahrscheinlich »Samori«, gedichtet
von F. X. Huber. Vergl. Thayer's Biogr. II, 220, 241, 245, 263 f.
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86
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87
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Lio-be, e - wig treu bis in das Grab,
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U. 8. W.
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Göt-ter, blickt her - ab.
Viol. 1 u. 2
U. S. W.
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92
Die Aehnlichkeit des Anfangs dieses Terzetts mit dem
Anfang des Duetts: »0 namenlose Freude!« zwischen Leonore
und Florestan in der ersten Bearbeitung der »Leonore« vom
Jahre 1805 springt in die Augen. Erwähntes Duett beginnt
in dieser Bearbeitung so*) :
(Allegro.)
i
m
^^m.
Viel. 1
Viel. I u. 2.
li^^nä^^^Ö
Ües^^
Bassi
*) Dieser Anfang ist einer alten, von Beethoven revidirten Abschrift
entnommen, welche sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfrennde
in Wien befindet. Zu verweisen ist auch auf den von 0. Jahn bei
Breitkopf und Härtel in Leipzig herausgegebenen Ciavierauszug der
» Leonore oc. Ein ebenda im Jahre 1810 erschienener (vergriffener) Cia-
vierauszug ist nach der zweiten Bearbeitung vom Jahre 1806 gemacht.
Hier ist das Duett bedeutend (von 213 auf 12« Takte) gekürzt and
geändert; die Hauptpartie, die in der ersten Bearbeitung dreimal vor-
kommt, kommt hier nur zweimal vor; im Anfang, etwa bei den ersten
50 Takten, stimmen beide Bearbeitungen ziemlich überein. In der dritten,
unter dem Namen »Fidelio« bekannten Bearbeitung erstrecken sich die
Aenderungen auch auf den Anfang des Duetts und auf das Hauptthema,
so dass diese Bearbeitung am wenigsten zu einer Vergleichung ge-
eignet ist.
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93
^A=r.
Viola cresc.
^fs*=^&;
P cresc.
T--rg^
-•-#-
s^iJ^^^feg::^--^
^ni^^I^
na- men
'imm
rrn i^~^f j--j
^
-cgf-ffrfVrfrr^fe--
3.i
1
na-men-lo - se Fren-del
ipr.__..^:
Viol. J.
Viol. 2 in Sva.
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94
^
^^^m^^^^^^m
-0 #-
na-men-na-men-lo - se Freu -de! Mein Mann an
-ß — ß-
±:::^f,^i^'^^^^5^^^^^^^^^^:^
Z^E^j^^3^?^J~^^^f:^^^3^'¥r^J¥i
■*• J « (*>*! • r>*i r>«i „ r>^ _ .
U^ I i I i I i I i I i ^
m^M:<^^^
— ♦ ^-
mei- ner Brust !
U. R. w.
Mein Weib an niei- ner Brust!
U. 8. W.
w^^gi--g^4^^gmm
13;
V.2.
U. 8. W.
Die Hauptthemata beider ötUcke stimmen, eine Note aus-
genommen und abgesehen von der Begleitung, in allen Theilen
und in allen Elementen, die als wesentlich zu betrachten sind
(Takt- und Tonart, zu Grunde liegende Figuren und Motive,
melodische Tonfolge u. s. w.), überein. Der einzige Unter-
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95
schied betrifft die im Duett anf die kurze Silbe »0« fallende
Note rf, welche das Terzett nicht hat. Doch ist dieser Unter-
schied nicht so bedeutend, dass dadurch die Melodie eine
andere würde. Es ist eine metrische Verschiedenheit, die sich
lediglich dnrch die äussere Beschaffenheit des Textes erklärt
und die im rhythmischen Zusammenhange schwindet.
Auch im weiteren Verlauf zeigt sich Uebereinstimmendes.
So finden wir das Motiv,
S'l^iiä^öf:^
welches Leonore und Florestan singen, erst zur Hälfte, dann
aber vollständig, jedoch in anderer Lage und durch Wechsel-
uoten etwas verändert, im Terzett bei den Worten »Gute
ilötter, blickt herab« u. s. w. wieder.
Vergleicht man die Hauptthemata beider Stücke, wie sie
sieh zu den ihnen unterliegenden Worten, diese nur nach ihrer
äusseren Beschaffenheit betrachtet, verhalten : so kann man be-
merken, wie natürlich und wie von selbst im Terzett die Worte
*^Nie war ich so froh wie heute« n. s. w. sich ihrer M^odie
unterlegen; dass aber die ungewöhnliche Wiederholung einer
Worthälfte (»namen-namenlose«) und die Hervorhebung einer
nebentonigen Silbe (die dritte Silbe im Worte »namenlose«)
im Duett nicht ftir eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit
von Melodie und Wort sprechen. Diese Erscheinung bekräf-
tigt die Annahme, dass das Terzett (oder Quartett) früher
geschrieben wurde, als das Duett; denn dass Beethoven die
Stelle aus der »Leonore« in ein anderes Werk hinüberge-
nommen habe, ist nicht denkbar'^).
Andere Unterschiede betreffen die rhythmische Ordnung
und das Verhältniss zum Text in seinem Zusammenhange.
Im Terzett wird das Thema nur von den Singstimmen
gebracht und einmal wiederholt. Im Duett aber wechseln
wiederschlagartig Orchester und Singstimmen in der Wieder-
holung des Themas ab, so dass letzteres viermal vorkommt
*) Zu verweisen ist auch auf Thayers Biographie II, 281, 39b f.
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96
und den Singstimmen, nachdem sie es einmal gehabt und
bevor sie es wiederholen, eine Pause znfUllt. Im Terzett ist
die Pause nicht. Die Liebenden singen hier ohne Unter-
brechung zwei ihrem Inhalte nach zusammengehörende Verse:
dann schweigen sie. Im Duett wiederholen Leonore und Flo-
restan mit dem Hauptthema auch die erst gesungenen Worte
»0 namenlose Freude!«: dann theilen sie sich im Text; dann
vereinigen sie sich wieder.
Die beiden Stücken gemeinsame Form ist die Rondoform.
Das Terzett ist im Ganzen primitiver und einfacher gestaltet,
als das Duett. Im ersten Theil des Terzetts entwickelt sich
alles, was dem ersten Solo des Porus bis zum Wiedereintritt
des Themas folgt, hauptsächlich aus vorhergegangenen Motiven
und Sätzen. Im Duett treten neue Zwischensätze und Motive
ein. In den folgenden Theilen beider Stücke ist hauptsächlich
der thematische Inhalt ihrer ersten Theile verwendet; wesent-
lich Neues tritt weder hier noch dort hinzu. Das Duett ist
in Folge der grösseren Ausdehnung seines ersten Theils auch
länger, als das Terzett.
Betrachtet man nun die Sttt^e im Ganzen, vergleicht man
sie nicht nur nach ihrem äusseren Wesen, sondern #auch nach
ihrem musikalischen Inhalte: so wird man nicht anstehen,
dem Duett den Vorzug zu geben. Beiden Stücken liegt eine
Empfindung zu Grunde: die Freude. Aber diese Empfindung
hat im Duett einen leidenschaftlicheren Ton und stärkere Aus-
drucksmittel gefunden, als im Terzett*). Die Ausdrucksmittel
*) Lesens werth ist, was einige ältere Schriftsteller über den Aus-
druck der Freude durch musikalische Mittel geschrieben haben. Die
Stellen, an die wir hier denken, sind geschrieben, als wenn ihre Ver-
fasser das Duett aus Beethoven's »Leonore« vor Augen gehabt hätten.
Mattheson schreibt S. 16 seines Vollkommenen Capellmeisters : »Die
Natur-KUndiger wissen zu sagen, wie es mit unsern GemUths-Bewegungen
eigentlich, und so zii reden cörperlich zugehe, und es ist einem Com-
ponisten ein grosser Vortheil, wenn er auch darin nicht unerfahren ist.
Da z. E. die Freude durch Ausbreitung unsrer Lebens-Geister em-
pfunden wird, so folget vernUnfftiger und natürlicher Weise, dass ich
diesen Affect am besten durch weite und erweiterte Intervalle aus-
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97
des Duetts sind derart, sie sind der Lage der Singenden und
dem Inhalt der Worte so angemessen ^ dass wir uns nicht
denken können, wie sie in gleicher Weise im Terzett hätten
znr Anwendung kommen können. So mag man die Pause
bedeutsam finden, welche eintritt, nachdem Leonore und Flo-
restan die Worte »0 namenlose Freude!« einmal gesungen
haben. Soll man darin den Ausdruck einer die Gatten bis
zur Athemlosigkeit überwältigenden Freude erkennen? Der
Lage angemessen erscheint es femer, dass Leonore und Flo-
restan wenig Worte singen und die einmal gesungenen Worte
wiederholen. Wahre Freude braucht wenig Worte, denn —
Gedanken stehen zu fem. Die im weiteren Verlauf bei dem
Worte »Lust« eintretende Fermate und dann das Uebergeheu
in ein langsames Zeitmass können als Ruhe- und Sammel-
punkte der die Gatten beherrschenden Empfindung betrachtet
werden. Alle diese Ausdracksmittel hat das Terzett nicht.
Die Liebenden wiederholen keins von den Worten, mit denen
sie ihre erste Freude kundgeben. Nach ihrem Gesang bittet
Poms die Götter um ihren Segen, worttbei* die Liebenden,
indem sie in Porus' Worte einstimmen, ihre Freude vergessäi.
Ein Ruhepunkt tritt nirgends ein: die einmal eingeschlagene
Bewegung geht gleichmässig fort.
Zeichnet sich nun das Duett vor dem Terzett durch einen
höheren Schwung im Ausdmck der Empfindung aus, so folgt
von selbst, da.«is das Duett anders gesungen und vorgetragen
werden muss, als das Tei-zett. Die Verschiedenheit des Vor-
drücken könne. Weiss man hergegen , dass die Traurigkeit eine Zii-
sammenziehung solcher subtilen Theile unsers Leil)e8 ist, so stehet
leicht zu ermessen, dass sich zu dieser Leidenschaft die engen und
engesten Klang-Stuffen am fuglichsten schicken«. In Marpurg's Kri-
tischen Briefen (Band 2, S. 271^) steht : »Es kommen alle Tonlehrer, von
welchen besonders der braunschweigische Patriot nachgelesen werden
kann, in der Vorschrift der Art des musikalischen Ausdrucks, darinnen
überein, dass . . . . die Freude eine geschwinde Bewegung, eine leb-
hafte und triumphirende Melodie, in welcher die weitern Rlangstuffen
vorzüglich gebraucht werden , und einen lierrachenden consonirenden
(rrund der Harmonie erfordert«.
Nottebohm, BeethoTenUna. '
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trags muss sich nun auch auf das beiden Stücken gemeinsame
Hanptthema erstrecken. Man wird für das Hauptthema des
Duetts einen leidenschaftlicheren, einen mehr accentnirteu,
anschwellenden, für das des Terzetts, bei gleich schnellem
Tempo, einen mehr gleichmässigen Vortrag verlangen. Wo-
durch wird aber die Verschiedenheit des Vortrages und der
Auffassung bewirkt? Die verschiedene Wirkung kann nicht
ausgehen von den Eigenschaften, welche den Anlangen beider
Stücke gemeinsam sind; sie kann nur ausgehen von den Be-
sonderheiten, welche das eine Stttck hat, das andere nicht hat.
Die Anfänge der Stücke unterscheiden sich aber nur in zwei
Dingen: 1) in den erwähnten musikalischen Ausdrucksmitteln,
und 2) im Text. Nun sind aber erstere, nämlich die Aus-
drucksmittel, welche das Duett vor dem Terzett auszeichnen,
nicht so beschaffen , dass sie der im Duett zur Darstellung
gelangenden höheren Freude ausschliesslich eigen wären, son-
dern es sind musikalische Ausdrucksmittel überhaupt. Ebeu
dieselben Mittel sind zur Symbolik anderer und anderartiger
EmpfinduBgen berechtigt. Leonore und Florestan wiederholen
die einmal gesungenen Worte und theilen sich dann im Text :
das thun Papageno und Papagena aueh. Leonore und Flo-
restan wiederholen nach einer Pause ein Thema in gleicher
Lage und mit gleichen Worten: das kommt in komischeu
Singduetten häufig vor*j u. s. w. Der besondere Vorti-ag,
den wir für das Hauptthema des Duetts verlangen, kann also
nicht von jenen Mitteln der musikalischen Gestaltung, sondern
nur von dem andern, übrigbleibenden Factor ausgehen. Dieser
Factor ist der Text; die Worte sind es, deren Inhalt und die
Vorstellungen, welche sie hervorrufen. Im Terzett sehen wir
ein Pärchen, das ohne viele Mühe zum Heirathen gelangt und
uns ziemlich gleichgültig lässt. Im Duett sehen wir vor einem
tragischen Hintergrunde ein Ehepaar, welches nach langer
*) Von andern Beispielen können genannt werden: die letzte Arie
der gläubigen Seele in J. S. Bach's Matthäus-Passion: »Mache dich mein
Herze rein«; der Chor der Priester Dagon's in Händel's Samson : »Er-
schallt Trompeten hehr und laut«; die dritte Arie der Constanze in
Mozart's Entführung u. s. w.
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Trennung sich wiederfindet und unsere Theilnahme an seiner
Freude erregt. Die Freude, gehoben durch den Gegensatz
der Leiden Florestan's und durch die aufopfernde Liebe Leo-
norens, ist hier ihrem Grade nach eine höhere, ihrer Art nach
eine reinere, als dort im Terzett. Die Vorstellung von der
Lage, in welcher sich Leonore und Florestan befinden, wirkt
ein auf unser Auffassungsvermögen und bestimmt uns, der
Melodie den jener Lage gemässen Ausdruck zu geben. Und
so hat uns die Parallelstelle Gelegenheit gegeben, die Ab-
hängigkeit des musikalischen Ausdrucks von dem Inhalt eines
Textes zu beobachten.
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xxm.
Skizze zu Ooethe's Erlkönig.
Der folgende Entwurf befand sich früher im Besitz des
Componisten Dessauer und ist jetzt im Archiv der Gresell-
schaft der Musikfreunde in Wien. Der Handschrift nach mag
er der Zeit zwischen 1800 und 1810 angehören.
Erlkönig.
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r-zKt-
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i^P
-■4=^^i
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Wer rei - tet so spät durch Nacht und Wind? £s.
^^i^^l^^^^^i
ist der Va - ter mit sei - nem Kind ; er hat den Kna - ben wohl
in dem Arm, er fasst ihn si - eher, er hält ihn warm. Mein
Sohn, was birgst du so bung dein Gresicht? Siehst, Vater, du den Erl-
kö - nig nicht? den Er- len - k(J - nig mit Krön' und Schweif ? Mein
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101
m ^T^ ji jj=^ =^^ ^
Sohn, mein Sohn, es ist ein
Ne - bei - streif, mein
^ti-
^ -f^^ T"^^
i^m
Sohn, es ist ein Ne - bei- streif.
i.
=i^-
U. ß. w.
m^m
g
^
I I I i i
Du lie - bes
Kind
Mein
Va-ter,mein Va-ter, und hO-rest du nicht, was Er- len-kö - nig mir
V j t'j=:.£ & ^r^.m i$^m^f^
lei - se verspricht ?Sey ru^hig, blei-be ru - hig, mein Kind; in .
dür - ren Bl»t-tem säu - seit der Wind. Willst, fei - ner Kna - be, du
m
-^^mm^^^^mm
mit mir gehn?Mei - ne Töch - ter sol - len dich war - ten
schön; meine Töchter füh - ren den nächtli-chenReihnundwie-gen und
U. 8. W.
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tan - zen und wie - gen dich ein.
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102
U. 8. W.
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be dich, mich reizt deine
Mein
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^ *? f ? f ?
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Va - ter, mein Va - ter, jetzt fasst er mich an ;
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S^^rE E^P^E^g ^
kö - nig
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U. 8. W.
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103
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XXIV.
oreBO. . •
Beethoven schreibt ^um 1816) an den Verleger T. Has-
linger :
Bester I
m^ ^-^s^M^^^T^f-R
To - Ittt - 18 To - bi
Ftfllet den Zwischenraum aus, wenn ihr mich aber schänd-
lich loben werdet, so werd ich mit der Wahrheit herausrücken
— Beifolgend die Correct. Ich bitte gefälligst nachdem die
Fehler corrigirt sind mir noch morgen zuzuschicken. Ich bitte
allzeit nach eres = ==== diese Art 8trichelchen nicht zu
vergessen. Gehabt euch wohl
Euer etc. etc. etc.
Beethoven.
[Adresse:]
An des Herrn Tobias
Hass u. die Herren lin
wie auch ger
wohl u. übel gebohren
allhier.
Dieser Brief liefert den Beweis. da«s die nach einem rresr.
stehenden kurzen Striche, wie man sie häufig in Beethovens
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105
Coinpositionen (ungefähr vom Jahre 1806 oder von Op. 59 an*
findet, mit Absicht gemacht sind. £b scheint^ dass Beethoven
von den Strichlein Gebranch machte , um bei längeren Stelleu
theils ein allmähliges und gleichmässiges Schwellen des Tones
anzudeuten, theils das Ende des Stärkerwerdens genau zu be-
zeichnen. Sehr oft mündet das er esc. in einem /oder j^.
Dann ist die Bezeichnung gleichbedeutend mit einem crescendo
poco a poco sin al forte u. s. w. Zur Veranschaulichung folgen
hier aus den früher (S. 18) erwähnten geschriebenen Orchester-
Stimmen einige Stellen, wo Beethoven die vom Abschreiber
weggelassenen (einfachen oder Doppel-) Striche selbst hinzu-
gefügt hat.
Aus der 6. Symphonie,
i . Flöte.
is
ite
^S^
txeA.
ff
Aus der 7. Symphonie.
I.Violine.
m^^^^^^^mM
cree.
^pg^^E^jjg^^i
mM-^ m Mk
— — - //
*) In den zwei ersten rbisher mit Nr. 2 und 3 bezeichneten) Leonore-
Ouverturen v. J. 1805 und 1806 finden wir die Striche noch nicht;
wohl aber in der dritten, mit Op. 138 bezeichneten, von der früher (S. 60 f.)
nachgewiesen wurde, dass sie nicht, wie bisher angenommen, im Jahre
1805, sondern im Jahre 1807 geschrieben wurde.
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106
Aus der 9. Symphonie.
Violoncell.
eres. = = SS =
iiJrit-lf^ügiS^^
Zuweilen geht das cresc. in ein plötzliches p über,
z. B. ganz am Schluss der Sonate Op. 90. Das blosse cresc.
(ohne Striche- kommt meistens bei kürzeren Stellen vor und
bezieht sich dann oft nur auf einige Noten, so dass es einem
rf frinforzandoj gleich kommt. Man kann aber bemerken,
dass sowohl in früheren als in späteren Compositionen die
blosse Bezeichnung if>cresc.i<i es oft zweifelhaft lässt, bis zu
welcher Note das Crescendo gehen soll. Beispielsweise kann
verwiesen werden auf einige Stellen im Trauermarsch der
Sonate Op. 26, im Adagio der Sonate Op. 106 u. a. m.
D»»0 die Strichlein, wenn auch seltener, auch nach einem
diminuendo vorkommen, ist selbstverständlich. Im 3. Satz
der 7. Symphonie vermitteln sie z. B. den Uebergang von
einem p zu einem ppp.
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XXV.
Funkte und Striohe.
Wenn man ältere Original-Ausgaben Beethoven'scher Werke
durchsieht und sie mit neueren Ausgaben vergleicht, so wird
man bemerken, dass in der Regel dort zwei verschiedene
Zeichen des 'kürzeren; Abstossens der Töne, nämlich durch-
gehends sowohl Punkte . . . . ) als Striche (»'''<, hier
aber durchgehends entweder nur Punkte oder nur Striche vor-
kommen. Dieser Erscheinung, dass in den neueren Ausgaben
jene Versehiedenartigkeit in der Bezeichnung aufgehoben ist,
mag die Ansicht zu Grunde liegen : es sei eine Unterscheidung
der Punkte und Striche zum Verständniss oder zur genauen
Ausführung Beethoven'scher Musik nicht n5thig. Diese Ansicht
steht und fällt mit dem Beweise, das» Beethoven einen Unter-
schied machte zwischen Punkt und Strich, und dass er damit
eine verschiedene Spiel- oder Vortragsweise andeuten wollte.
Zur Führung dieses Beweises ist zunächst Folgendes mit-
zntheilen.
In den im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in
Wien befindlichen geschriebenen, von Beethoven durchgesehenen
und corrigirten Orchester - Stimmen zur Symphonie in A-dur
finden sich nicht wenige Correcturen, welche Spielart, Bogen-
bezeichnung und dergl. betreflen*). In einer ersten Violin-
*) Beethoven hatte ein waclisames Auge auf die Stimmen. In einer
ersten Violin-Stimme hatte Jemand bei zwei Stellen Zeichen (xx) ge-
macht. Beethoven bemerkt mit Rothstift und in grosser Schrift das erste
Mal: »NB. Dies sind x von einem Esel, wo man jedoch die Spuhr von
hat«. Das andere Mal bemerkt er: »Dieses x hat wieder ein Esel ge-
macht«. Wem Beethoven die langen Ohren zutraute, ist nicht bekannt.
Die Stimmen wurden bei den ersten Aufführungen der Symphonie im
December 1^13 gebraucht. Vgl. S. 21.
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108
Stimme hatte der Copist eine Stelle de« zweiten Satzes so
geschrieben :
ten. ^"^^ '"'^ • .''*"• • •
cresc.
Beethoven ändert mit Bleistift; die über den Achtel-Noten
stehenden Punkte in Striche um, so dass die Stelle nun so
ausBieht :
ten.
J T^ftf^t- T^ ^ P^'^ :^':^
cresc.
Dann macht er, wahrscheinlich zur Notiz fhr seine collatio-
nirenden Gehülfen , durch einige Zeichen am Rande ( + * * )
anf die Aenderung auftuerksam. In einer Viola-Stimme kommt
derselbe Fall vor.
Der Copist hatte (Takt 5 ff.) geschrieben:
^ ^ffl-ih^
u. s. w.
Beethoven ändert:
-#-#-
u. s. w.
und macht am Rande die Zeichen : -f- * « . Später (Takt 1 9 ff.
schreibt der Copist:
»:
PP
m^^ß^^m'4 "■
8. W.
Beethoven ändert die Stelle so:
4-
:1-^^^i "•«•"•
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109
Am Rande bemerkt er:
und :
+ weg den ^„^^
Aehnliche Aenderungen finden sich bei andern Stellen und
in andern Stimmen.
Nun i&t Folgendes zu erwähnen. Beethoven schreibt im
Jahr 1825 an Carl Holz, welcher die Durchsicht einer Ab-
schrift des eben vollendeten Quartettes in A-moll übernommen
hatte, u. a. :
»Wo über der Note • (ein Punkt;, darf kein » Strich
statt dessen stehen und so umgekehrt — es ist nicht
( t t • • •
gleichgültig ••* und **^ — « u. s. w.*
Aus jenen Correeturen und aus dieser Briefstelle geht
hervor, dass Beethoven, wenigstens vom Jahre 1813 an, einen
Werth auf die Unterscheidung der Punkte und Striche legte.
Gleich authentische Beweise, dass das schon früher geschehen,
lassen sich jetzt nicht beibringen. Wenn man nach einigen
alten Drucken urtheilen darf, so kann man nicht zweifeln, daSs
Beethoven schon um 18<M) die Zeichen unterschied.
Nun ist zu fragen: welchen Unterschied in der Aus-
führung verband Beethoven mit der verschiedenen Bezeichnung ?
Beethoven konnte die Zeichen nicht andei:8 nehmen, als sie
ihm geboten wurden ; seine Deutung konnte keine andere sein,
als die zu seiner Zeit in Wien und anderwärts übliche. Um
diese zu erfahren, wird es rathsam sein, solche Schriften zu
Käthe zu ziehen, welche entweder damals ein allgemeines
Ansehen hatten, oder deren Verfasser in Wien lebten und in
einem näheren Verhältniss zu Beethoven standen.
Wir lassen zuerst einige Ciavierspieler sprechen. Clementi
sagt in seiner im Jahre 1801 erschienenen y> Introduction a
Vart de Umcher le Piano-Forte a^ dass man die Noten, die mit
") Der Brief ist im Besitz der Erben Gustav Petter's in Wien. Zu-
erst veröffentlicht wurde er in Gassner's » !2eitschrift für Deutschlands
Musik-Vereine«, Bd. 4, S. 361.
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110
Strichen oder mit Punkten bezeichnet sind, abstossen solle
[quSl faut les poinler ou piquer,^ jedoch die letzteren weniger
als die ersteren. In der von Friedrich Starke um 1820
herausgegebenen »Wiener Pianoforte-Schule«, zu welcher auch
Beethoven Beiträge lieferte *) , werden dreierlei Arten des
»Stossens oder Staccatosa unterschieden: 1) der kurze scharfe
Stoss, welcher mit Strichen bezeichnet wird, und wo jede
Note den vierten Theil ihrer Geltung erhalten soll; 2) der
halbscharfe Stoss, wo die Noten mit Punkten bezeichnet wer-
den und die Hälfte ihrer (reltung erhalten sollen; 3) der tra-
gende Stoss [appoggiato] , welcher mit Punkten unter oder über
einem Bogen { .'TT". ) bezeichnet wird, und wo jede Note
den dreivierten Theil ihrer Geltung erhält. Carl Czemy, der
mit Beethoven von 1801 an in musikalischen Dingen viel ver-
kehrte, sagt mit andern Worten ganz dasselbe wie Fr. Starke.
Ein Citat aus seiner Pianoforte-Schule wird nicht nöthig sein.
Anders wie die Ciavierspieler, welche Punkt und Strich
direct auf die Dauer oder Kürzung der Noten beziehen, nehmen
die Spieler von Streichinstrumenten Punkt und Strich zunächst
iÜB Zeichen einer gewissen Strichart, und die Spieler von Blas-
instrumenten sie als Zeichen eines gewissen Zungenstosses,
woraus sieh dann der Grad der Kürzung d^ Noten abnehmen
lässt. So schreibt z. B. Johann Adam Hiller Seite 41 seiner
im Jahre 1793 erschienenen »Anweisung zum Violinspielen t« :
»Soll dieses Abstreichen mit einem raschern, mehr getrennten
Bogenstriche geschehen, so werden Striche » » » » über die
Noten, oder das Wort staccato (das man insgemein durch ge-
stossen verdeutscht) unter dieselben gesetzt. Eine andere Be-
zeichnung über den Noten mit Punkten • • • • fordert, wenn
nicht etwann diese Punkte Striche bedeuten sollen, einen ganz
anderen Vortrag, der in der Kunstsprache punto dtarco ^Stoss
mit dem Bogen) heisst. In diesem Falle werden mehrere so
bezeichnete Noten auf einen Bogenstrich genommen, und durch
^) Es sind 5 kleine Stücke mit Fingersatz, welche später mit o
andern Stücken von Beethoven unter dem Titel : »Noumliss Baga-
teilest u. s. w. und mit der Opuszahl 112 (auch 119) herauskamen.
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111
einen Ruck mit dem Bogen kurz herausgebracht. Mit diesem
a punto (Tarco kommt ttberein , wenn über den Punkten noch
ein Bogen steht .^TT^. ; da dann der Unterschied darinne
steckt, dass jene Noten mehr getrennt, mit hüpfendem Bogen,
diese aber mehr gebunden, mit festem Bogen, und einem
gelinden Drucke desselben vorgetragen werden«. In ähnlicher
Weise, wenn auch nicht gleichlautend, werden die Zeichen in
fast allen andern Schulen erklärt*). Solche Erklärungs weise
kann Zweifel erregen, wenn man weiss, dass die Spiel- oder
Strichart in den letzten achtzig Jahren sich nicht gleich ge-
blieben ist**), und dass, abgesehen von der verschiedenen
Spielart, die Schulen in der Bezeichnung nicht übereinstimmen.
Jedes Bedenken schwindet aber, wenn man eine andere, ein-
fachere Erklärungsart gelten lässt und der Wiener Tradition
Glauben schenkt, welche dahin lautet, dass Beethoven, ohne
Rücksicht zu nehmen auf Bogenstrich und Zungenstoss, Punkte
und Striche in Stücken, die für Streich- oder Blasinstrumente
geschrieben sind, nur zur Bezeichnung der Dauer der Töne
gebraucht habe, und dass femer der Strich ( » ; als Zeichen
für ein scharfes, kurzes Abstossen, der Punkt ( •,) als Zeirfien
für ein weniger kurzes Abstossen zu nehmen sei. Auf Tradi-
tionen ist allerdings nicht viel zu geben; allein jene Mit-
theilung erscheint in doppelter Beziehung glaubwürdig. Erstlich
glauben wir gern, da^s Beethoven nie ein Blasinstrument im
Munde gehabt und sich wenig um Zungenstoss bekümmert
habe ; dann wird von anderen Seiten versichert, dass er es im
Violinspielen nie sonderlich weit gebracht, und dass er bei
den Aufführungen seiner letzten Streich-Quartette sich gar nicht
um Bogenffthrung und Strichart der Spieler bekümmert habe.
*) Z. B. Leopold Mozart's »Violinschale« (1770) Seite 39 ff.; J. J.
Quantz' »Versuch einer Anweisung die Fl()te traversiere zu spielen«
S. 64 ff., 193 ff. u. s. w.
**) So bemerkt z. B. die Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitnng
V. J. 18u4, S. 730, dass man »früher das Staccato (den scharfen Strich t )
mit der Seite des Bogens« ausgeführt habe und »jetzt die Mitte des
Bogens« brauche.
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112
Nach allen Mittheilungen ht nicht zu zweifeln, dass eine
in Compositionen Beethoven'» mit einem Strich bezeichnete
Note spitzer oder kttrzer |ä:eHpielt werden boIL alß eine mit
einem Punkt bezeichnete.
Man kann nun an keine Ausgabe der Werke Beethoven^
die Forderung stellen, die Bezeichnung mit Punkten und
Strichen überall genau so wiederzugeben, wie sie Beethoven
gewollt oder vorgeschrieben hat. Diese Forderung wäre aus
verschiedenen (rründeu nur zum Theil und nur annäherungs-
weise eiltillbar*). Ob nun erfüllbar oder nicht: zur Erhaltung
der Echtheit der Werke Beethovens gehört die Beachtung:
alles dessen, was Beethoven beachtet hat, und sei das auch
so geringfügig, wie der Unterschied zwischen Punkten und
Strichen.
Man hat versucht, Stellen aus verschiedenen Werken
Beethoven's mit der ursprünglichen Bezeichnung, wie sie in
Handschriften, alten Ausgaben u. s. w. vorkommt, zu sammeln.
Aus dieser Sammlung lassen sich folgende Stellen mittheilen.
Aus der dritten vSymphonie.
A1te;2n*o con brio.
^ ^ J.VioI. /7'T r : IT
- -ä
^ my .
cresc.
*
-X-
J
'" , Wir reclmen zu diesen Gründen: die Unsui^uaglichkeit vieler
Orißfinal-Handschriften, die Ungenaui^keit und Ungleichheit der Be-
zeichnung in vielen alten Drucken u. a. in. — Von den alten (vergrif-
fenen) Wiener Ausgaben, welche Beethoven selbst corrigirt, sind am
sorgfältigsten in Betreff d«»r Bezeichnung (He vom Bureau dnrts; weniger
genau sind die von J. Cappi und Eder; am wenigsten die von Artaria.
Mollo und Steiner.
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113
^
k=^M4-M^U4
1. FlOte
*/
*/
1^
~ir
*/
a
Msrcia fimebre.
1. Viol. ^ ^^ — • • cresc. J^
cresc.
Scherzo. All. vivace,
sempre f>p e
Eb.=3
B*»"- l.Vlol?^ * "'-
staccato
1. Viol. 7
• ^ I ^ t ^ 4 ^ 4
^üj^^^ ^s-i ^ei^
114 4 4t
1. Flöte.
/ »f
§=^
i
M
fE tJTj jir^ y
i
*/
/ //
Finale.
2. Viol.'' '^ * •
Ans der vierten Symphonie.
AUegro vivace.
^^
': ^i,'M[; ^:3±x7 g=T^S=y^=^SE ^ f=f^ f^ ^^ ::
Bässe.
Nottebohm, Beethoveniana.
I 4 4
8
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114
Aus der sechsten Symphonie.
Andante molto moto.
^
m
Et^^Ejm^
..ii g
I.Flöte.
Allegro.
cresc.
f f I ff I
-fB^
pp
Violinen.
Ans der siebenten Symphonie.
Poco soBtenuto. l
5^a3^i?
4 14 4 1
TT« Tf ^ "^
l.Viol. Ptl^-^' * •'* •
Vivace.
f f f f I
;f^
t fti: h'^f
:£=tS
J-^-
^==:
1. Flöte.
Viola. *n^^ ^^r4 4 4 4
Viola.
1 . Clarinette in A.
•^ P 4 4 4 ^
Presto.
ä:f^=£ Ffe^
H
I. Flöte.
Allegro con brio.
1. Violine. */
^^^
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115
Ans der Onverture Op. 124.
Vcll.
Aus »Fidelio«. (Part. S. 131.)
Allegro ma non troppo.
sempre staccato.
I.Fagott.
Ans dem Violin-Concert.
Larghetto. _ ^ — ^ , , ' -
^^0eL^M^S3^0
delicatamente.
c^GJri^p ij
ten. 1 £:- (Tutti.) ten. ^ ten --
ZT-
Aus dem Streichquartett Op. 59, Nr. 1.
AUegretto vivace etc.
8*
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f
116
Ans dem Quartett Op. 59, Nr. 2.
Allegro. I '
i' Vi
'1. Viol. f>
m^^^m
4^
¥
g ^^ i f ^ t fjL^fj^ m-^
ü^^f=H-^^i^^i^y^
Ä«..^ ^LÄ.
^Mk^kk^^^^
Aus dem Quartett Op. 59, Nr. 3.
Allegro vivace.
^^^^
oresc.
1. Viol.
Allegro molto.
^
ü
:^--#'^^^#
Aus dem Quartett Op. 95.
Allegro con brio.
?^
^^^^^^m
1. Viol.
non ligato
Aus der Fuge Op. 133.
Allegro.
^ g^^^^^ ^ ]i|!j_/_^
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117
Allegro molto e con brio.
r|in"^"Tffi^-r ^
^
p^^=äp=^ ^^^
Ans dem Pianoforte-Concert in C-moll.
f*
f^
^i
n
ben marcato.
cresc.
^
i
9
aenza sordino
i
i—i—J-
-zirEg^
^
r r ^
r-T"
f
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e pianiBSimo.
p
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118
Rondo. AllegroL
*/ «/
Aus dem Piauoforte-Concert in G-dur.
Allegro moderato.
^m^m^^m^M
-it-öi-i©
*/ p
^ß^
*
^
w
^■^m
¥
dolce
jj^^g^a^^^
Aus dem Trio Op. 70, Nr. 2.
Allegretto.
fe:
dolce
^^^^^m
^ci
Ans dem Trio Op. 97.
Allegro moderato.
^^i^W
*fp
*
ww^^
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119
Scherzo. Allegro.
^^im^^^^^m
cresc.
s/p
S^^iEifSE&EH-^äJ^ifM^
Aus der Sonate für Pianoforte Op. 7.
Largo. ,
Bempre tenuto.
*
w»
^
J— J-.
l?«=f=^
V
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^
irrwff
teE^E^
bür
sempre staccato.
Aus der Sonate Op. 10, Nr. 2.
Allegretto.
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1
J2£.
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-X-.
^
I
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120
Au8 der Sonate Op. 26.
Andante.
Var. 3.
g^^^ B ^Ss^^
Var. 4.
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%^
*c
^m
El
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sempre stac-
Aus der Sonate Op. 27, Nr. 1
^ AUegR) molto e vivace.
gaf^-^ gL ^-^-^^S ^gf j^
^ sempre ligato.
^^
^
Ä
sempre staccato.
Aus der Sonate Op. 27, Nr. 2
Presto agitato.
cato.
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Ans der Sonate Op. 28.
AUegro.
Andante.
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Scherzo. Allegro vivace
^N- #4^ ^^^
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122
Aus der Sf>nate Op. »H, Nr. 1.
Allegro vivÄce. Adiigiu ^idiioso.
'll^i
h h ^-i^ yri vifi
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Aus der Sonate Op. 53.
Allcgro con brio.
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123
»It ««: ^
decresc.
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Aus der Sonate Op. 54.
In Tempo d'un Menuetto
S-T-^T
ÖJ^ ^ t'A ♦
sempre forte e staccato
Ans der Sonate Op. 57.
Allegro ma non troppo.
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124
Aas den 32 Variationen in G-moU
Thema. Allegretto.
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V»r. 21.
^^^^^^
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E^
Var. 24.
staocato.
pp
^^m
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I«
Aus den Variationen Op. 76.
Thema. Allegro risoluto.
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3s
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125
Var. 2.
^^^P^H^
t ^nife
^m
^m
:? '/
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XXVI.
Metronomische Bezeidmungen.
Als im Jahre 1815 der Mechaniker Johann Nepomuk
Mälzel mit seinem verbesserten Taktmesser, dem Metronom,
hervortrat, war Beethoven für dessen Einftthrung und Ver-
breitung thätig. Er erklärte sich nicht nur bereit, fortan das
Zeitmass seiner Compositionen nach MälzeFs metronomischer
Scala zu bestimmen"^), und versah auch wirklich einen Theil
der bis dahin erschienenen Werke und fast alle in den Jahren
1817 und 1818 geschriebene Compositionen mit metronomischen
Bezeichnungen, fi<mdem er empfahl den Metronom sogar zum
Gebrauch beim Unterricht**). Dass Beethoven noch in den
letzten Jahren seines Lebens Werth auf eine metronomische
Terapobezeichnung legte, kann man aus einem Briefe sehen,
*) In der Wiener AHgemeinen Masikalischen Zeitung vom 6. Fe-
bruar 1817 finden wir Beethoven's Namen unter den Namen anderer
»berühmter Meister, welche diese Erfindung gutgeheissen « und sich »ver-
pflichtet« haben, »ihre künftigen Compositionen nach der Scala des
Mftlzerschen Metronoms zu bezeichnen«.
**) Die Wiener Allgemeine Musikalische Zeitung vom 14. Februar
1818 enthält eine von Ludwig van Beethoven und Anton Salieri unter-
schriebene Erklärung, welche beginnt: »Mälzeis Metronom ist da! —
Die Nützlichkeit dieser seiner Erfindung wird sich immer mehr bewähren ;
auch haben alle Autoren Deutschlands, Englands und Frankreichs ihn
angenommen; wir haben aber nicht fttr unnöthig erachtet, ihn zufolge
unserer Ueberzeugung auch allen Anfängern und Schülern, sey es im
Gesänge, dem Pianoforte oder irgend einem andern Instnimente, als
nützlich, ja unentbehrlich anzuempfehlen. Sie werden durch den Ge-
brauch desselben auf die leichteste; Weise den Werth der Note ein-
sehen« u. 8. w.
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127
den er im Deeember 1826 an den Verleger Schott schrieb,
und worin es u. a. heisst: »Die Metronomisirung (der Messe)
folgt nächstens. Warten Sie ja darauf. In unserm Jahrhun-
dert ist dergleichen sicher nöthig; auch habe ich Briefe aus
Berlin, dass die erste Aufführung der (neunten] Symphonie
mit enthusiastischem Beifall vor sich gegangen ist, welches
ich grossentheils der Metronomisirung zuschreibe«.
Beethoven's Bemühungen um eine metronomischc Tempo-
Bezeichnung seiner Werke sind nun namentlich durch Schindler
in ein falsches Licht gebracht worden. Von dem, was Schindler
vorbringt, kann Einiges wahr sein; aber auch nur Einiges.
Das Meiste davon ist unwahr und auf so lockerem Grunde
gebaut, dass man veranlasst wird, das Wenige, das wahr
sein kann, nur mit Vorsicht aufzunehmen. Schindler sagt
(Biographie, 3. Aufl., Th. 11, S. 249), dass Mälzel zweierlei
verschieden construirte Metronome angefertigt habe, welche
bei gleichen Zahlen verschiedene Tempi angeben; dass ein
Metronom von der ersten oder grösseren Gonstruction, welcher
z. B. auf 60 gestellt werde, langsamer schwinge, als ein auf
die gleiche Zahl gestellter Metronom von der zweiteH od^r
kleineren Gonstruction. Diese Behauptung ist unrichtig. Die
MälzeVschen Metronome, mögen sie nun klein oder gross oder
wie immer sein, sind alle nach einem und demselben System
gebaut. Dieses System besteht darin, dass die Eintheilung
der raetronomisehen Scala auf die Theilung einer Minute be-
gründet ist, d. h. dass die Maschine in einer Minute genau
so viel Schläge macht, als die Zahl angiebt, auf welche der
Pendel gestellt wird*). Macht er mehr oder weniger Schläge,
so geht er nicht richtig, oder es ist kein Mälzerscher Metro-
nom. Wenn also nun Schindler weiter sagt, die metronomischen
*) »Die metronomische Scale ist auf die Eintheilung der Zeit in
Minuten gegründet. Alle diese Nnmmem (50, 52, 54 u. s. w. bis 160)
beziehen sich auf eine Zeitminute; befindet sich das Gewicht bei der
Zahl 50, so wird man in einer Minute 50 Schläge erhalten, wenn bei 00,
6U Schläge« u. 8. w. (Wiener Allgemeine Musikalische Zeitung vom
Jahre 1817, S. 42, 50). — »C*?« ftumeros indiqtietd le tiotnbre de mlmiimui
du balancier datis une niiniUe. ConseqtiemmetU lea ftufnet'fta 50, 00, 80, 100 etc.
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128
Tenip(HBe8timmungen bei Beethoveu'schen Werken seien theils
nach der »langBamer«, theils nach der »schneller« schlagenden
Maschine gemaeht, nnd dass in Folge dessen »die Tempi sieh
nicht mehr genau bestimmen Hessen ohne Beisatz^ nach welcher
der beiden Constmctionen die Metronomisirung stattgefunden«:
so zerfällt eine solche Behauptung ganz in sich selbst. Schindler
führt als Beispiel »die im 3. Jahrzehend bei Steiner u. Comp,
erschienene Partitur von der A-dur-Symphonie« an, welche
»metronomische Tempo-Bestimmungen von des Autors Hand«
enthalte, die »durchweg langsamer« seien, als andere aus
früherer Zeit. Nun, eine solche Partitur hat es nicht gegeben.
Bei Steiner u. Comp, erschien von der A-dur-Symphonie nur
eine Partitur. Sie erschien im Jahre 1816, und hat keine
metronomische Bezeichnungen. Als diese Partitur vergriffen
war, veranstaltete T. Haslinger eine neue oder zweite Aus-
gabe. Diese erschien im Jahre 1S31*j ; sie hat metronomische
Bezeichnungen, die aber nicht von Beethoven herrühren und,
nach Schindler's Worten, desshalb nicht von ihm herrühren
können, weil sie nicht durchweg langsamer, sondern zum
Tbeil fiH^hneller sind, als die anderen aus früherer Zeit. Zu
solchen Unrichtigkeiten gesellt sich noch ein Widersprach.
S. 250 sagt Schindler: »In der That finden sich nur zwei
Werke von ihm (Beethoven) selber metronomisirt , und zwar
die grosse Sonate Op. 106, dann noch die neunte Symphonie«
— und eine Seite früher heisst es, die metronomische Be-
zeichnung der ersten acht Symphonien sei von Beethoven
gemacht "^"^j. Schindler erzählt nun, wie Beethoven veranlasst
indiquent que si le contre-poids est mis au niveau ifun de ces numh-os, le
Metronome donne 50, 60, SO, 100 etc. vibraOons ou coups par minuU^i.
(Notiee mr le MMronome de J. Maekel. Mai 1818, P. 5.) — üebrigens
meinen wir überall den laut schlagenden Metronom, den von der besseren
Art. Einen solchen besass auch Beethoven.
*) Angeführt ist sie in Hofmeister s Monatsbericht vom November
und December 1831.
**) In der ersten Ausgabe seiner Biographie nennt Schindler (S. 213}
wieder andere Werke, darunter die Sonaten Op. 109, HO und 111, welche
aber nicht von Beethoven bezeichnet sind. Jedenfalls haben wir hier
wieder einen Beweis von Schindler's Unsicherheit.
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129
worden, die schon einmal metronomisirte neunte Symphonie
ein zweites Mal zu metronomisiren , und dass er, als er Ab-
weichungen zwisclien beiden Aufoahmen bemerkt, voll Unwillen
ausgerufen habe: »Gar kein Metronom! Wer richtiges Gefllhl
hat, braucht ihn nicht, und wer das nicht hat, dem nützt er
nichts , der läuft doch mit dem ganzen Orchester davon ! «
Dass das Resultat der zweiten Metronomisirung ein anderes
war, als das der ersten, ist glaublich und wahrscheinlich;
jedoch kann bei ' sorgsamer Aufnahme der Unterschied nicht
gross gewesen sein. Auch den Beethoven in den Mund ge-
legten Worten, in ihrem Zusammenhang genommen, lässt sich
wenig oder nichts entgegensetzen. Wenn man aber daraus
den Schluss ziehen wollte, Beethoven habe sich damit gegen
jede Metronomisirung erklärt: so würde man durch die blosse
Thatsache widerlegt werden, dass Beethoven noch acht Tage
vor seinem Tode, also jedenfalls eine ziemliche Zeit später,
als jene Aeusserung geschehen sein kann, eine metronomische
Bezeichnung der neunten Symphonie nach London schickte*).
Gewiss, wer kein Gefühl hat, dem hilft kein Metronom,
and dem hilft auch manches Andere nicht. Der Metronom hat
es nicht mit dem Gefühl zu thun. Der Metronom ist nur ein
Htilfsmittel zur Sioherstellung eines vom Coraponisten gedachten
Tempos. Subjective und geistige Auffassung eines Tonstücks,
Nüancirungen in der Bewegung, auf den rhythmischen Bau
eines Tonstücks begründete Abweichungen vom absoluten oder
noimalen Zeitmass u. dgl. können nicht von einem seelenlosen
Schlagwerk abhängig gemacht, noch weniger dadurch bestimmt
werden. Beethoven hat sich selbst über die begrenzte Sphäre
des Metronoms ausgesprochen. In einem im Jahre 1817 an
Mosel geschriebenen Briefe heisst es u. a. : »Was mich angeht,
so habe ich schon lange darauf gedacht, diese widersinnigen
Benennungen: Allegro, Andante, Adagio, Presto aufzugeben:
*) In einem am 18. März 1S27 dictirten Briefe an Moscheles heisst
es : »Die metronomisirte neunte Symphonie bitte ich der philharmonischen
Gesellschaft zu übergeben. Hier liegt die Bezeichnung bei«. Vergl.
Schindler's »Biographie« II, 141.
Not|fcebohm, Beethovemana. ^
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130
Mäl^^ers Metronom giebt uns hiezu die beste Gelegenheit. Ein
Anderes ist es mit den den Charakter des Stückes bezeichnen-
den W()rtem; solche können wir nicht aufgeben, da der Ti^t
eigentlich mehr der Körper ist, diese aber schon selbst Bezug
auf den Geist des Stückes haben«'*'). Was man gegen den
Metronom geltend machen kann, das ist die Unverträglichkeit
seiner gleichen Schläge ^mit eigentlich musikalischem Takt,
und die daraus erwachsende Schwierigkeit, das Tempo einer
Composition nach einer gleichmässig fortschlagenden Maschine
zu bestimmen. Es sind bekannte Erscheinungen, dass e8
schwer ist, ein Stück durchweg nach einem schlagenden Me-
tronom im Takte zu spielen, und dass wiederholt und zu ver-
schiedener Zeit vorgenommene Metronomisirungen eines Stückes
selten ganz übereinstimmen. In diesen Erscheinungen mögen
manche Einwendungen, die man gegen den Metronom machen
kann und die zum Theil auch Schindler macht, begründet
sein. Alle Einwendungen können uns aber nicht so weit
führen, dass wir mit Schindler von »des Meisters geringer
Werthschätzung des Metronoms« überzeugt werden und uns
»vor allen Metronomisirung^i warneu« lassen ^'^j. Im Gegen-
theil, wir lassen uns die Meinung.nicht nehmen, dass Beethoven
den Metronom nicht unter-, aber auch nicht überschätzte, and
dass die von ihm herrührenden metrononüschen Bezeichnungen
der Erhaltung und einiger Beachtung werth sind.
f Wir wollen nun die Werke namhaft machen, welche
Beethoven mit metronomischer Bezeichnung versehen hat.
Im Jahre 1817 erschien bei S. A. Steiner u. Comp, in
Wien ein kleines Heft unter dem Titel: »Bestimmung des musi-
kalischen Zeitmasses nach MälzeFs Metronom. Erste Lieferung.
Beethoven. Sinfonien Nr. 1 — 8 und Septett von dem Autor
selbst bezeichnet«. (Verlagsnummer: 2811.) Das Heft ent-
hält die Bezeichnung aller Sätze der Werke Op. 20, 21, 36,
55, 60, 67, 68, 92 und 93. Sämmtliche Bezeichnungen sind
in die Breitkopf und HärteFsche Gesammt- Ausgabe der Werke
♦) Vgl. Schindler a. a. 0. II, 247.
♦*) Schindler a. a. 0. II, 250 fT. ,
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131
Beethoven's aufgenommen worden. Die Tempo-Bezeichnungen
der ersten acht Symphonien sind auch abgedruckt in einer
Beilage zur Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom
17. December 1817 mit der Ueberschrift : »Die Tempo's sämmt-
licher Sätze aller Symphonien des Herrn L. v. Beethoven,
vom Verfasser selbst nach Maelzels Metronom bestimmt«.
Eine Angabe der Tempi ist also hier übei*flUssig.
Bald darauf (spätestens 1819) erschien als Fortsetzung
ein zweites Heft. Ein Exemplar davon war nicht zu erlangen.
Wir haben davon nur Kenntniss durch ein von Steiner u. Comp,
im Jahre 1823 ausgegebenes Verlags- Verzeichniss , und dann
durch Andeutungen, die sich an verschiedenen Orten zerstreut
finden. In erwähntem Verlags- Verzeichniss sind beide Hefte
unter der Rubrik »Zeitmass- Verzeichnisse nach MälzeFs Me-
tronome« angeführt wie folgt:
»Beethoven, L. v., Sinfonien Nr. 1 — 8,
1. Lieferung . . . 10 x.
— , Quartetten u. Quin-
tetten Nr. 1—11,
2. Lieferung . . . 10 x.«
Das zweite Heft enthielt demnach die metronomische Be-
zeichnung der Streichquartette Op. 18, 59, 74 und 95, wahr-
scheinlich auch die der beiden Quintette Op. 4 und 29. Einiges
aus beiden Heften wurde aufgenommen in ein »Thematisches
Verzeichniss (1 der Instrumental - Compositionen Beethoven^s,
welches im Jahre 1819 bei Friedr. Hofmeister in Leipzig
erschien mit dem Beisatz: »Mit dessen eigenen Tempobezeich-
nungen nach Mälzl's Metronome«. Die metronomischen Be-
zeichnungen, die sich hieraus und aus andern, zum Theil
geschriebenen Vorlagen gewinnen Hessen, stellen wir, wenn
auch unvollständig und mit Zweifeln an der Richtigkeit einiger
Angaben, hier zusammen.
1) Quartett in F-dur, Op. 18, Nr. 1. Erster Satz:
Allegro <5on brio, J == 54.
2) Quartett in G-dur, Op. 18, Nr. 2. Erster Satz:
Allegro. j = 96.
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132
3) Quartett in D-dur, Op. 18, Nr. 3. Erster Satz:
Allegro, J = 120.
4) Quartett in C-moU, Op. 18, Nr. 4. Erster Satz:
Allegro ma non tanto, J = 84.
5) Quartett in A-dur, Op. 18, Nr. 5. Erster Satz:
Allegro, J^ = 104.
6) Quartett in B-dur, Op. 18, Nr. 6. Erster Satz:
Allegro con brio, ^ i= 80.
7) Quartett in F-dur, Op. 59, Nr. 1. Erster Satz:
Allegro, J = 88. Zweiter Satz: Allegretto vivace e sempre
scherzando, j = 56. Dritter Satz: Adagio molto e mesto,
^^ = 88. Vierter Satz: Allegro (beim Thöme russe) j = 126;
Adagio ma non troppo (Takt 19 vor Schluss) ^^ = 69; Presto
(Takt 9 vor Schluss) J = 92.
8) Quartett in E-moU, Op. 59, Nr. 2. Erster Satz:
Allegro, J = 84. Zweiter Satz: Molto Adagio, j = 60.
Dritter Satz: Allegretto, J^ = 69. Vierter Satz: (Finale)
Presto, ^ = 88.
9) Quartett in C-dur, Op. 59, Nr. 3. Erster Satz: (In-
tioduzione) Andante con moto, j=:69; Allegro vivace, J = 88.
10) Quartett in Es-dur, Op. 74. Erster Satz: Poco
Adagio, j = 60; Allegro, J = 84. Zweiter Satz: Adagio
ma non troppo, ^^ = 72. Dritter Satz: Presto, J; = 100;
Piü presto quasi prestissimo, ^. = 100. Vierter Satz: Alle-
gretto con Variazioni, J = 100; Un poco piü vivace (zu An-
fang der letzten Variation) J = 76 ; Allegro (die letzten 1 1
Takte) J = 84.
11) Quartett in F-moU, Op. 95. Erster Satz: Allegro
con brio, J = 92.
Von andern gedruckten Werken lassen sich nun noch
folgende namhaft machen.
1) Neunte Symphonie, Op. 125. Beethoven schickte dem
Verleger die metronomische Bezeichnung, als die Partitur schon
erschienen war, am 13. October 1826. VeröflFentlicht wurden
die Tempi in der »Cäcilia« vom December 1826 (Bd. 6,
S. 158).
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t
133
2) Fuge flir fünf Streichmstrumetote, Op. 137. Das Auto-
graph hat die metronomigehe Bezeiehfnung : J= 63.
3) Sonate ftir Pianoforte in B-dii^.r, Op. 106. Beethoven
versah die 1819 bei Artaria in Wien evrschienene Ausgabe mit
raetronomischer Bezeichnung. Auch theult er sie F. Ries mit
in einem Briefe vom 16. April 1819. , (S. Wegeler's und
Ries' »Biographische Notizen« Seite 148.)
4) Meeresstille und glückliche Fahrt, Op. 1 12. Eine revidirte
Abschrift hat metronomische Bezeichnungen von Beetls^yen's
Hand. (Beim S^stenuto: J = 84; beim Allegro vivace:
l = 138.)
5) Opferlied, Op. 121b. In einer im Archiv der Gesell-
schaft der Musikfreunde in Wien befindlichen geschriebenen
Partitur findet sich zu Anfang von fremder Hand die Be-
merkung: j)M. M. j = 66 nach des Verfassers Angabe«.
6) Gesang der Mönche (:Rasch tritt der Tod u. s. w.}
für drei Männerstimmen. Das Autograph hat angeblich die
Bezeichnung: M. M. ^ = 126.
7) Resignation (: Lisch aus, mein Licht u. s. w.}^ Lied
für eine Singstimme mit Pianoforte -Begleitung. Der erste
Druck hat die metronomische Bezeichnung: J^ = 76.
8) Abendlied unter'm gestirnten Himmel (:Wenn die Sonne
niedersinket u. s. w.) ftlr eine Singstimme mit Pianoforte-
Begleitutig. Das Original-Manuscript ist bezeichnet: »MälzeFs
Metronom j = 76«.
9) Kanon auf Mälzel (:Ta ta ta ta u. s. w.). Schindler
hat (vgl. seine »Biographie«, 3. Aufl. I, 195) diesen Kanon
mit der Bezeichnung »M. M. 72 = J>« und mit der Be-
merkung veröffentlicht, Beethoven habe ihn im Frühjahr 1812
nimprovisirt«. Das kann nicht ganz richtig sein. Im Text
des Kanons kommt das Wort »Metronom« v^^iederholt vor;
auch kann jene Tempo-Bezeichnung nur auf MälzeVs Metronom
gedeutet werden. Nun gab es aber im Jahre 1812 noch keinen
»Metronom«: wenigstens hiess der Taktmesser, mit dem sich
Mälzel damals beschäftigte, nicht so. Der Taktmesser, mit
dem er sich damals beschäftigte, hiess »Chronometer«. Der
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• 134
Metronora und gein Narüe kam erst im Jahre 1815 auf*).
Nun ist es wohl möglich, dass der Kanon i. J. 1812 entstand:
dann kann aber das Wort »Metronom« nicht darin vorge-
kommen sein. So, wie wir den Kanon kennen, kann ihn
Beethoven frühestens. 1815 geschrieben haben. Damit lässt
sich Schindler's Angabe (S. 197), er sei um 1818 durch Ab-
schrift in den Besitz des Kanons gekommen, in Einklang
bringen. J)\^ angegebene metronomische Bezeichnung aber
schehit' 'Schindler dem zweiten Satz der achten Symphonie
> — Entnommen zu haben.
Beethoven wollte auch die zweite Messe metronomisch
bezeichnen. Er schreibt wiederholt davon an den Verleger
Schott in Briefen vom October 1826 bis Februar 1827, scheint
aber nicht zur Ausführung seines Vorhabens gekommen zu
sein. Auch einige andere Werke, z. B. einige der letzten
Pianoforte-Sonaten , sollten eine metronomische Bezeichnung
erhalten. Es scheint aber auch daraus nichts geworden zu sein.
Die Anzahl der von Beethoven metronomisirten Werke ist,
wie unsere Zusammenstellung zeigt, an sich nicht unbeträcht-
lich. Dass bei weitem nicht alle Werke bezeichnet sind, ist
wohl zum Theil aus der besonderen BeschaflFenheit mancher
f Compositionen, bei denen des oft wechselnden Tempos wegen
eine Metronomisirung nicht gut durchführbar ist, zum Theil
aus der ganzen künstlerischen Natur Beethoven's zu erklären.
Es wird berichtet, dass Beethoven seine Compositionen mit
einer gewissen Taktfreiheit vortrug und vorgetragen haben
wollte**). Da ist es denn wohl denkbar, dass es ihm nicht
*) In der Wiener Modenzeitung vom October 1816 findet sich S. 506
eine Correspondenz aus Paris, worin es heisst : »Herr Mälzcl arbeitet
an einem neuen Instrument, welches er Metronom^} nennt«. In der
Wiener Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom 23. October 1817 werden
»Mälzersche Metronome« als eine »neue Erfindung« zum Verkauf ange-
zeigt. In der früher angeführten kleinen Schrift »Notdce mr le Metro-
nomen heisst es S. 4: »Z« Metronome est connu depttis 1815«. Auch ist
auf allen Mälzel'schen Metronomen , die wir gesehen haben, die Jahres-
zahl 1815 angebracht.
♦*) Schindler erzählt (Biogr., 1. Ausg. S. 228): »Was ich selbst
von Beethoven vortragen hörte, war mit wenig Ausnahme stets frei
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135
immer zusagte, fttr etwas Schwankendes eine feste Formel zu
suchen, und dass er aueh mit Absicht bei manchen Werken
eine metronomische Bezeichnung wcgliess.
Man wird einen Theil der metronomischen Tempo-Be-
stimmungen Beethoven's dem Charakter der bezeichneten Stücke
nicht ganz angemessen finden. So erscheinen uns namentlich
einige symphonische Sätze zu schnell metronomisirt*). Viel-
leicht ist die Erscheinung durch die Annahme erklärbar,
Beethoven habe die Metronomisirung am Claviere vorgenommen
und sei hier zu Angaben gekommen, die er im Concertsaal
schwerlich vertreten würde. Immerhin können die vorhan-
denen Bezeichnungen vor Missgrififen schützen und in zweifel-
haften oder streitigen Fällen einen Anhaltspunkt bieten. Wenn
wir z. B. über das Tempo des zweiten und dritten Satzes der
achten Symphonie in Zweifel sind und meinen, der zweitq
Satz müsse, als eigentliches Scherzo der Symphonie, verhält-
nissmässig rasch, der dritte Satz aber, als Oegensatz des
Scherzos, langsam genommen werden: so verschafft uns der
Metronom den schlagenden Beweis, dass Beethoven sich die
Viertelnoten im zweiten Satz (Allegretto scherzando j^ = 88 t
beinahe dreimal langsamer dachte, als die Viertelnoten im
dritten Satz (Tempo di Menuetto J = 126), dass also der zweite
Satz der langsamere ist. Beethoven's Bezeichnung des ersten
Satzes der Symphonie in C-moU, (AUegro con brio J == 108)
entkräftet auch eine Mittheilung Schindler's (Biogr., 1. Ausg.
S. 241), nach \Vekher Beethoven für die ersten fünf Takte
ein langsameres, nämlich »dieses Tempo: J = 126, ungefähr
ein Andante con moto«, festgesetzt habe. Beethoven würde
alles Zwanges im Zeitmasse; ein Tempo rubato im eigentlichsten Sinn
des Worts .... Seine älteren Freunde versicherten, dass er diese
Vortragsweise erst in den ersten Jahren seiner dritten Lebensperiode
[also in der Zeit nach Erfindung des Metronoms] angenommen«. Vergl.
auch 3. Ausgabe von Schindlers »Biographic« II, 226 f. ; Ries' »Notizen«
S. 106.
*} Bei der gar schnellen Bezeichnung des letzten Satzes der vierten
Symphonie (Allegro ma non troppo ^ = 80) ist wohl ein Fehler an-
zunehmen.
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136
gewiss das wechselnde Tempo, wenn er es gewollt, bei der
Metronomisirung angegeben haben.
Von den von Beethoven metronomisirten Clavier-Compo-
sitionen lässt sich nur die Sonate Op. 106 namhaft machen.
Wenn dieser Mangel fühlbar sein sollte, so kann die von
C. Czemy im vierten Theil seiner Pianoforte - Schule unter-
nommene Bezeichnung der Werke für Pianoforte mit und ohne
Begleitung einigermassen Ersatz bieten. Wenn auch nicht
auf authentische Gültigkeit, so kann diese Bezeichnung doch
Anspruch auf einiges Vertrauen machen, namentlich bei den-
jenigen Werken, von denen wir wissen, dass Czemy sie ent-
weder von Beethoven spielen hörte oder unter seiner Leitung
studirte*). Czemy sagt (S. 35 u. 121), er habe sich bestrebt,
nach seiner besten Erinnemng tiberall durch den MälzeFschen
Metronom »das Zeitmass zu bezeichnen, welches Beethoven
selber zu nehmen pflegte«. Wer C. Czerny persönlich gekannt
hat, wer seine vorzüglich auf das Praktische gerichtete Natur
zu beobachten Gelegenheit hatte, der wird ihm die Fähigkeit,
sich ein gehörtes Tempo fest einzuprägen, zugetraut, und die
Sichei'h^t bemerkt haben ^ die er in derartigen, von aussen
^assbaren musikalischen Dingen hatte.
Auch der Erfinder des Meti'onoms kann als Bezeichner
herangezogen werden. Beethoven hat bekanntlich im Jahre
1813 für MälzeVs Panharmonikon ein mechanisches Orchester,
aus 720 Pfeifen bestehend u. s. w.) ein Stück Schlacht-Sym-
phonie (genauer : Sieges-Symphonie) geschrieben **) . Später
hat er das Stück für Orchester bearbeitet und in seine »Schlacht
bei Vittoria« (Op. 91) aufgenommen, wo es mit einer vorge-
setzten kurzen Einleitung von acht Takten die zweite Abthei-
lung (oder Sieges-Symphonie) bildet. In dem Manuscript,
♦) Zu diesen Werken gehören die Sonnten Op. 13, Op. 14 Nr. I
und 2, Op. 31 Nr. 2, Op. 101; das Andnnte der Sonate Op. !28; das
Trio Op. 97; die Concerte in C-dur, C-moU, 6-dur und Es-dur; die
Phantasie mit Chor u. a- m.
r: ♦♦) Vgl. Schindler's »Biographie«, 3. Aufl. I, 235; II, 341; »Thema-
tisches Verzeichniss der im Druck erschienenen Werke Beethoven's«,
2. Aufl. S. 89.
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137
k-^'-'
1 Li
^^
welches die für Mälzet bestimmte Bearbeitung enthält, finden
sich von fremder, aber ohne Zweifel von MälzeVs Hand fol-
gende, auch auf die Bearbeitung fttr Orchester anwendbare
metronomische oder vielmehr chronometrische*) Bezeichnungen:
beim AUegro con brio (Breitkopf und Härtel'sche Partitur
der »Schlacht bei Vittoria« S. 49): J = 128.
- Andante grazioso (Partitur S. 56): J = 92.
- Tempo di Menuetto moderato (Part. S. 65): j= 96.
- Allegro (Part. S. 68): ^ = 120.
Unwahrscheinlich ist es nicht, dass diese Tempi nach
Beethoven's Angabe beigefügt wurden.
^) Zur Zeit der Bezeichnung (1S13) hiess, was schon oben bemerkt
wnrdc, MälzeFs Taktmesser noch Chronometer. Die Scala des Chrono-
meters war aber ebenso wie die des spätem Metronoms auf die Theilung
einer Minute begründet. Eine Bezeichnung nach der einen oder andern
Maschine ist also gleichbedeutend. Eine Beschreibung des MälzeVschen
Chronometers findet man in der Leipziger Allgemeinen Musikalischen
Zeitung vom Jahre 1813 8. 785 und in der Wiener Allgemeinen Musi-
kalischen Zeitung vom Jahre 1813 S. 623.
A /' •
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XXVII.
Ein Stammbuch Beethoven's.
Vor einiger Zeit ist ein Stammbuch zum Vorschein ge-
kommen*), in welches sich Freunde und Freundinnen Beet-
hoven's kurz vor dessen Abreise von Bonn nach Wien im
Jahre 1792 eingeschrieben haben. Wir entnehmen. ihm, das»
Beethoven am 1. November 1792 noch in Bonn war, und dass
an diesem Tage seine Abreise ganz nahe bevorstand. Bestätigt
wird, dass Beethoven die Absicht hatte, nach Bonn zurück zu
kehren. Dagegen sind in einigen der eingeschriebenen Denk-
sprüche Dinge berührt, die der Aufklärung bedürfen, viel-
leicht abw auch anderwärts Aufschluss geben können. Die
eingezeichneten Namen sind grösstentheils bekannt, zum Theil
nicht. Dagegen vermissen wir mehrere bekannte Namen.
Freund Koch hat das Buch vorn mit einer Zeichnung
geziert. In der Mitte stehen die Worte: »meinen Freunden«.
Am untern Rande steht : »Ludwig Beethoven u, und an andern
Orten finden sich die Namen »Degenhardt« und »Kocha.
Um den Inhalt des Buches zu vergegenwärtigen, gentigt
eine annähernd vollständige Wiedergabe der Sprüche, d. h.
eine Wiedergabe mit Weglassung einiger ganz gleichgültiger
Stellen, wie solche als Ballast auch in andern Stammbüchern
vorkommen. Ich werde solche Stellen mit Punkten (
bezeichnen. Ich numerire ferner die Blätter und beginne:
I.
— Wer alles was er kann
Erlaubt sich hält, und auch, wenn kein Gesetz ihn bindet.
*) Gegenwärtig befindet es sich in der Wiener Hofbibliothek.
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1^9_
Der Güte groBses Gesetz in seinem Herzen nicht findet
Und war er Herr der Welt — mir ist er ein Tirann.
Der Himmel, mein Inniggeliebter,
knlipfte mit unauflöslichem Band
unsere Herzen — und nur der Tod
kann es trennen. — Reich mir Deine
Bonn den 24^ 8br 1792. Hand, mein Trauter, und so zum
Lebensziel.
Dein Malchus*).
n.
Gehört die süsse Harmonie, die in
Dem Saitenspiele schlummert, seinem Käufer,
Der es mit taubem Ohr bewacht? ....
Bonn den It*» obr 1*^^^ wahre Freundin
1792. Wittib Koch^*).
Am Abend unseres
Abschiedes.
HI.
Ach! der Sterblichen Freuden, sie gleichen den Blüthen des
Lenzes,
Die ein spielender West sanft in den Wiesenbach weht,
Bonn den 24te" Oktober Ihre Freundin Mariane Koch.
1792.
*) Karl August Freiherr von Malchus [später Graf von Marienstadt),
Privat-Secretair des österreichischen Gesandten am churfUrstlichen Hofe,
Verfasser eines Werkes über Finanz Wissenschaft. Vgl. Wegeler's »Notizen«
S. 56, 59, Nachtrag S. 15; Thayer's Beethoven-Biographie I, 218.
♦*) Wittwe Koch, Besitzerin eines Wirthshauses am Markte in Bonn.
Sie hatte zwei Töchter und einen Sohn. Eine Tochter hiess Barbara
(später Gräfin Belderbusch) ; ihr Name kommt im Stammbuch nicht vor.
Die andere Tochter hiess Mariane; sie ist die Schreiberin des nächsten
Blattes und soll später an einen Universitäts-Professor verheirathet ge-
wesen sein. Vielleicht ist der Schreiber des drittfolgenden Blattes, der
auch das Titelblatt gezeichnet hat, der Sohn. Vgl. Wegeier a. a. 0.
S. 56, 5S; Thayer a. a. 0. S. 218; »Allgemeine Musikalische Zeitung«
1871, S. 266. Thayer nennt (I, 157) auch einen Organisten Willi-
bald Koch.
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140
IV.
Prüfe und wähle.
Bonn den 211'« im ^bcr Dein ewig- treuer
1792. Richter'^).
V.
Die Unsterblichkeit
Ist ein grosser Gedanke,
Ist des Schweisses der Edlem werth!
i
Die Wahrheit ist vorhanden für den Weisen,
Die Schönheit für ein fühlend Herz.
(Mit einer Zeichnung.]
Bonn den 24*«" Itn Oktober Dein Freund Koch.
1792.
VI.
Prüfe Alles und das Gute behalte.
So wandle hin du guter Junge!
Und Gottes Segen gehe dir voran!
Nun ziehe hin! Sey bieder stets
Und gut und wahr! —
Dann sollst du mich (und brach' auch alles dir)
Und unsem trauten Kreis
Mit offnen Armen, wahrer Liebe
Auf deine Rückkunft harren sehn!
Bonn am 25teu Meinem lieben Betthoven zur
H»'rc 1792. glücklichen Reise von seinem
ihn liebenden Freunde
Joh. Jos. Eichhoff**).
*) Wahrscheinlich der Hofchinirg Joh. Heinrich Richter. Vgl. All-
gemeine Musikalische Zeitung 1871, S. 266.
*'^] Joh. Joseph Eichhof, churfUrstlicher Mundkoch, später Rhein-
Bchifffahrts-Director. Vgl. Allgemeine Musikalische Zeitung a. a. O.
u. Thayer II, 410. In Deiters' Beiträgen zu Thayer's Beethoven wird
(I, 356) erwähnt: »Eichhof, früher Beisitzer in Paris« u. s. w.
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141
vn.
i^Schattenriss eines schönen männlichen Kopfes, wahr-
scheinlich der des Grafen Waldstein, welcher das gegen-
überstehende, folgende Blatt geschrieben hat.]
vin.
Lieber Beethoven.
Sie reisen itzt nach Wien zur Erfüllung Ihrer so lange be-
strittenen Wünsche. Mozart's Genius trauert noch und beweinet
den Tod seines Zöglinges. Bei dem unerschöpflichem Haydn
fand er Zuflucht, aber keine Beschäftigung ; durch ihn wünscht
er noch einmal mit jemanden vereinigt zu werden. Durch
ununterbrochenen Fleiss erhalten Sie: Mozart's Geist aus
Haydn's Händen.
Bonn den 29* Octbr Ihr wahrer Freund Waldstein*).
1792.
IX.
Es bedarf nicht der Inschrift,
Dass wir, einer des andern, in Liebe gedenken:
Freundschaft grübe mit Feurschrift
Dich mir tief, unauslöschlich in's Herz; und wie würd' ich .
dich kiünken,
Dächt' ich anders von deinem gleichfllhlendem Herze?
Ja, stäts denk' ich mit Innbrunst
An dich Theurster! bald, wie du die Liebe, den Zorn und
die feinem Scherze,
Mächtiger Meister der Tonkunst!
Leidenschaften nach Willkühr
Und mit Wahrheit der Saite entlockest, dass Feinde
Selbst dich schätzen; ich denk' mir
Bald, wie du vom berauschenden Beifall im traulichen Kreise
der Freunde
Aufschnaufst. — Bringst du ein Thränchen dem nahen uns
heiligen Tage,
*) Ferdinand Graf Waldstein, der bekannte Beschützer Beethovcn's.
Vgl. Wegeier a. a. 0. S. 13 f.; Thayer I, S. 229. Obiges Schreiben ist
auch veröffentlicht in Schindler'» Biographie I, 18.
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142
Dann gar denk ich mich mit dir
Am Arm wandelnd zum Hügel, der blslier den £dlen bärge
Unbesuchet vom Freund. Hier
Seufz' ich mit dir bis K — hört
Und erhörend im lichtnen Gewände hernieder sich schwinget.
Er kömmt schwebend daher; stört
Das Tüdblümchen auf, das hingebücket ein Opfer der Trauer
ihm bringet. —
Sieh, es richtet sich auf. Das Epheu
Bonn den 30" sber 1792. Degenhart*).
X.
Bestimmung des Menschen.
Weisheit erkennen, Schönheit lieben,
Gutes wollen, das Beste thun.
Bonn den .Wen October ^^""^ ' "^""^ ^^™^ ' ^^^^"^^ ^^^^^
1 792 wahren aufrichtigen Freundes H e i n r.
iMit einer Zöichnnng nebst Struvc aus Regensburg, in Russisch
Symbol.] Kaiserl. Diensten.
XI.
Freundschaft mit dem Guten
Wachset wie der Abendschatten,
Bis des Lebens Sonne sinkt.
(Herder.)
Bonn den 1. November Ihre wahre Freundin Eleonore
1792. Breuning**;.
*) Vielleicht Job. Anton Degenhard, Wiichtschreiber am Gouverne-
ment KU Bonn. Beethoven schrieb am 23. August 1792 für »Freund
Degenharthft ein (ungedrucktes) Stück flir zwei Fluten. Vgl. Allgemeine
Musikalische Zeitung a. a. 0.; Thayer I, 233. — Wer mag der gestor-
bene Freund Beethoven's und Degenhart's sein? (Kügelgen? — Vgl.
Wegeier S. 59; Thayer S. 137, 140, 219, 227.)
**) Eleonore von Breuning wurde später die Gattin Wegeier' s.
Beethoven schickte ihr Briefe und Musikalien von Wien aus, widmete
ihr auch ein Heft Variationen. Vgl. Wegeier a. a. 0. S. 10, 54 flf.
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143
XII.
Sieh! es winket, o Freund, lange dir Albion.
Sieh den schattigen Hain, den es dem Hänger beut.
Eile denn nngesänmet
Ueber die flutende See,
Wo ein schönerer Hain beut seine Schatten dir,
Und so freundlich die Hand reichet ein Barde dar.
Der von unsren Gefilden
Floh* auch in Albions Schutz.
Dort ertöne dein Lied stark und des Sieges voll
Halle wild durch den Hain, über das Seegewtthl,
Hin in jene Gefilde,
Denen du freudig entflohst.
Bonn, 1. 9bre 1792. Denk an deinen Freund
Ed. Breuning*;.
XHI.
Handle, die Wissenschuft, sie nur, machte nie Glückliche.
Bonn, den peu 9«»r n92. Dein Freund P. J. Eilender**).
*) Die Unterschrift ist hinsichtlich des Vornamens zweifelhaft.
Statt »Ed.« kann man auch »E. v.« lesen. Räthselhaft ist der Inhalt
des Gedichtes. Wollte denn Beethoven nach England reisen? Und
wer war der »Barde«, der vom Rhein nach »Albion« zog? Vielleicht
dachte der Schreiber an den Geiger J. P. Salomon, ein gebomer Bonner,
der damals in London lebte und der auch J. Haydn znr Reise nach
England veranlasst hatte. Neefe theilt in der Berliner Musikalischen
Zeitung vom 26. Octbr. 1793 mit, dass Haydn l)ei seiner zweiten Reise
nach London Beethoven mitnehmen wollte. Vielleicht war das schon
eine beschlossene Sache, als Beethoven noch in Bonn war.
**} P. J. Eiländer hiess ein Sacristan an der churfUrstlichen Hof-
kapelle. Vgl. Allgemeine Musikalische Zeitung 1871, S. 260. Deiters
erwähnt in Thayer's Beethoven I, '^hf> einen »Eilender, nachher Notar«.
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r
144
XIV.
Freund, wenn einst bei stiller Mitteniaijht,
Fem von nns, der Tonkunst Zaubermacht
Dich in sanfte Phantasien senkt,
Hochgefühl dein Wesen ganz durchbebt,
Mozart's Genius dich überschwebt
Und dir lächelnd seinen Beifall schenkt.
Wenn der Einklang schön gewählter Töne
Dann dein Herz erfreut — o lass das schöne
Einst so gut gestimmter Freundschaft dich noch IVeun,
Denk der Femen, Guten — Kömmst du einst zurücke,
(Froh sehn wir entgegen diesem Augenblicke)
wie wollen wir uns Herz an Herz dann wieder freun.
Bonn den l^en Oct. J. J. Crevelt
1792. Arzt.
Ihr Verehrer und Freund*).
XV.
Sägen Sie ihm, dass er fllr die Träume seiner Jugend
Soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird,
Nicht öfifnen soll dem tödtenden Insekte
Gerühmter besserer Vemunft das Herz
Der zarten Götterblume — dass er nicht
Bonn den 1^" 9vembre Dein Freund Klemmer**).
1792.
*) Crevelt, der Arzt, wird erwähnt bei Wegeier a. a. 0. S. 59,
Thayer a. a. 0. S. 219. Das Datum (1. Octbr.) ist wohl ein Schreib-
fehler. Man kann nicht annehmen, dass das Stammbuch lange vor dem
24, October, an welchem Tage sich Freund Koch einschrieb, fertig ge-
worden sei.
**) Jakob Klemmer hiess ein Unter-Bereiter in der churfiirstlichen
Reitbahn. Vgl. Allgemeine Musikalische Zeitung a. a. 0.
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XXVIII.
Beethoven und Weissenbaoh.
Alois Weisseubach, der Verfasser des Textes zu der von
Beethoven für den Wiener Congress i. J. 1814 componirten
Cantate »Der glorreiche Augenblick« (Op. 13ü), machte sich
im August oder September 1814 von seinem Wohnorte Salz-
burg auf »nach Wien aus reiner Lust — wie er sagt — zu
schauen vor allem die kronentragenden Häupter alle, die sich
hier zusammenfinden«, und die Festlichkeiten, die ihnen beim
Congress bereitet würden. In Wien machte er die persönliche
Bekanntschaft Beethoven's. Weissenbach hat die Erlebnisse
und Erinnerungen seiner Reise in einem Buche niedergelegt,
welches i. J. 1816 in Wien herauskam unter dem Titel:
»Meine Reise zum Congress. Wahrheit und Dichtung. Von
Dr. A. Weissenbach«. In diesem Buche kommt ein über
Beethoven handelnder Abschnitt vor, der der Aufbewahrung
werth ist.
Was dieser Abschnitt bietet, ist nicht geeignet, das Ma-
terial zu einer Biographie Beethoven's um bisher unbekannte
Data sonderlich zu bereichem. Weissenbach schreibt auch
nicht über Beethoven den Componisten; er schreibt haupt-
sächlich über Beethoven den Menschen. Er schildert seine
Persönlichkeit; er giebt, wie er es nennt, »charakteristische
Züge Beethoven's«; darunter sind aber Züge, die porträtartig
Nottebolini, BaethoYenlan». 10
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146
wirken und die unwillkürlich an gewisse, ziemlieh ans gleicher
Zeit stammende Bildnisse Beethoven'» erinnern. Wir denken
dabei gerne an den Kupferstich nach Letronne's Zeichnung aus
dem Jahre 1814 und an Schimon's Oelgemälde aus dem
Jahre 1819. Fordern wir nun bei solchen Schilderungen vor
allen Dingen Wahrheit in Bezug auf den Gegenstand, so
räumen wir doch gerne ein, dass wir überall, wo das Aeussere
eines Menschen nicht nur an sich, sondern auch als Ausdruck
eines Inneren aufzufassen ist, angewiesen sind auf das Auf-
fassungsvermögen des Darstellenden, und dass wir da, nicht
nur bildlich, sondern auch wirklich, das Auge eines Andern
brauchen, um selbst zu sehen. Wie bei andern Zeitgenossen
Beethoven's, die mit ihm verkehrt und über ihn geschrieben
haben, so werden wir auch bei dem Verfasser der »charakte-
ristischen Züge« die Schranken zu berücksichtigen haben, über
welche hinaus das leibliche und geistige menschliche Auge
nicht reicht. Um nun einen Standpunkt zu gewinnen, von
dem aus die erwähnte Mittheilnng au^Kufassen ist, muss Einiges
zur Biographie und Charakteristik ihres Verfassers vorgebracht
werden, wobei vnr denn so viel als möglich dessen eigene
Worte und das oben genannte Btieh gebrauchen werden.
Alois Weissenbach, geboren 1766 zu Telfs im Ober-Inn-
thal in Tyrol, begann »seine Studien in Klöstern«, widmete
sich der Chirurgie und erhielt seine Ausbildung in der medi-
cinisch- chirurgischen Josephs -Akademie in Wien, wo unter
Anderen Johann Adam Schmidt (der Arzt Beethoven's, dem das
Trio Op. 38 gewidmet ist)' sein Lehrer war. Im Jahre 1788
trat er als Unterarzt in die k. k. österreichische Armee, war
im Tttrkenkriege und später im Franzosenkriege bei der Be-
lagerung von Schabacz, bei Belgrad, Novi, Berbir, Valen-
ciennes, Mastricht u. s. w. Im Jahre 1804 verliess er als
Oberarzt die österreichische Armee und ging nach Salzburg,
wo er 1821 als Doctor der Medicin, Pi-ofessor der Chirurgie
und Ober-Wundarzt des St. Johannes-Spitals starb. Nebenbei
beschäftigte er sich mit schriftstellerischen Ai*beiten. Namhaft
lassen sich machen einige dramatische Werke und eine Anzahl
Uedichte, die theils patriotischen Inhalts sind, theils dem Oe-
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biet der bescbreibenden Poesie angehören. Sehen wir nun,
dass WeisBenbach bei einem nicht unbewegten Leben wohl in
der Lage war, fremde Bildungs-Elemente in sich au&unehmen,
AO können wir auf der anderen Seite doch wahrnehmen, das»
er die Seholle, die ihn geboren, nirgends verleugnet. Er ist
ein Lobredner der tyrolischen Mundart , hebt die Bedeutsam-
keit des Johltons hervor und spricht mit Vorliebe von der
Yolkspoesie seines Heimathlandes, von den Passions- und welt-
lichen Spielen herab bis zu den kurzen Liedern, die man im
Salzburgischen Schnatter- oder Steghüpfer nennt. Die Erziehung
in den Klöstern hat auch nachgewirkt. »In den herrlichen
Stiftern Oesterreichs — sagt er — haben sich Welt und Kloster
wechselseitig nicht aufgehoben, sondern einander organisch ein-
gebildet. Wissenschaft, Literatur und Kunst grüssen uns von
den Altären, von den Wänden und Gewölben der Kirche,
Bibliotheken herab, und aus dem Gemtithe und Worte der
Religiösen. Züchtigkeit der Sitte, der Rede und Geberde hat
sich in diese geweihten Hallen geflüchtet. Und wo ftlnde das
beschauliche Leben, das die Wissenschaft in der höchsten
Potenz fordert , * eine heimathlichere Sttttte ? Wo das junge,
überhaupt das menschliche Gemüth, das sich der Weihe der
höheren Bildung hinzugeben bestimmt wird, eine gedeihlichere
Abgeschiedenheit von den irdischen Berührungen, als in der
Mitte dieser Kreise? Und ich möchte es gerade jetzt in die
Welt hineiniTifen , und in die hohe Versammlung, welche die
umgeworfene Weltkugel wieder auf ihren Ruhepunkt zu stellen
zusammentritt: der alte heilige Glaube muss wieder erstehen
in dem Menschengeschlechte , wenn es selig werden soll hier
und dort«. Wir entnehmen diesen Zeilen, dass Weissenbach
eines der theuersten Güter, welches die deutsche Geschichte
kennt, nicht theilhaftig geworden war. Andererseits geht aus
andern Aeussermigen hervor, dass er ein starker Patriot, ein
Feind alles fremdländischen Wesens und seiner Gesinnung
nach ganz der Mann war, den Text zu einer Congress-Cantate
zu schreiben. Napoleon nennt er den »Leichentreter«, den
»Wtttherich«. Als der Kaiser von Russland und der König
von Preussen (25. September IS14 in Wien einziehen und
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der Kaiser von Oesterreich ibnen entgegen fährt, schreibt er:
»Die Sonne geht den Dioskuren entgegen. Weit hinab ver-
folgten alle >Blicke den schimmernden Zug. Mein Herz ging
noch weiter mit, als der Blick Aller; es war dabei, als die
sechs Arme, die den Weltball aus dem Blutmeer herausgezogen
hatten, die drei Polarsterne Europas durch ihren Ring gehen
Hessen. Der Kanonenschuss verkündigte die senhehren Augen-
blick; mein Herz feierte ihn mit diesem Gebete: Gott der
Welt ! sieh und höre die Völker alle , die jetzt auf die drei
Herzen schauen, die da aneinander schlagen! Alle haben sie
ihr Gut und Blut auf diesen Dreier eingesetzt: sie hoffen
Alle« u. 8. w.
Mit diesen Auszügen mag es genug sein. Wir sehen in
Weissenbach einen Mann, der mit einem lebhaften Gefühl für
Natur und Kunst begabt, durch äussere Einflüsse aber in die
Schranken einer engherzigen Weltanschauung gebannt ist, und
der die unversöhnbaren Gegensätze, welche ihm das Leben
zuführt, mit Zähigkeit festhält und pflegt. Es ist also begreif-
lich, dass, wenn er von seiner ärztlichen Thäti^keit zur Poesie
jind zu schriftstellerischen Arbeiten flüchtet, er leicht in einen
falschen Enthusiasmus, in eine gewaltsame Ausdrucksweise
geräth und schwülstig oder gespreizt wird. Da ist es nun
merkwürdig, dass das, was er über Beethoven schreibt, von
solchen Eigenschaften ziemlich frei ist und, den meisten an-
dern Abschnitten seines Buches gegenüber, sich durch grossere
Klarheit, durch mehr Ruhe und Objectivität in der Darstellung
auszeichnet. Es scheint, dass Beethoven ihn ganz in Anspruch
nahm, und dass es ihm ging wie manchen Menschen, die,
wenn sie sich selbst überlassen sind, gar leicht dem Verstände
den -Laufpass geben, kommen sie aber in Gesellschaft oder
tritt ihnen etwas Reales, Bedeutendes entgegen, sofort ihre
fünf Sinne beisammen haben. Sollte sich dennoch in dem
nun folgenden Auszuge irgend eine selbstgefällige Gespreiztheit
zeigen, so möge man sie nicht dem Menschen, sondern dem
Autor zuschreiben.
Weissenbach hörte (am 20. oder 26. September 1814) im
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Kämtnerthortlieater Beethovens »Fidelio« und sehreibt nach
einer Schilderung der empfangenen Eindrücke weiter*):
»Ganz von der Herrlichkeit des schöpferischen Genius dieser
Musik erfüllt, ging ich mit dem festen Entschluss aus dem
Theater nach Hause, nicht aus Wien wegzugehen, ohne die per-
sönliche Bekanntschaft eines also ausgezeichneten Menschen ge-
macht zu haben; und sonderbar genug! als ich nach Hause kam,
fand ich Beethoven's Besuch-Karte auf dem Tische mit einer
herzlichen Einladung, den Kaffee morgen bei ihm zu nehmen.
Und ich trank den Kaffee mit ihm, und seinen Kuss und
Händedruck empfing ich! Ja, ich habe den Stolz, öffentlich
sagen zu dürfen : Beethoven hat mich mit dem Zutrauen seines
Herzens beehrt. Ich weiss nicht, ob diese Blätter je in seine
Hände kommen werden ; er wird sie (ich kenn^ ihn und weiss,
wie sehr er auf sich selbst beruht) sogar nicht mehr lesen,
wenn er erfährt, dass sie seinen Namen lobend oder tadelnd
aussprechen. Aber sein Name gehört nicht ihm allein mehr,
er gehört dem Jahrhundert an, und die Nachwelt fordert von
der Mitwelt das Bild ihrer Herrlichen. Ich glaube in die
*] In dem folgenden Auszüge sind einige Stellen, die nur Abschwei-«
fangen sind und nicht zur Sache gehören, weggelassen worden. Aus
demselben Grunde konnte das Gedicht am Schluss verkürzt gegeben
und das, was Weissenbach über den aufgeführten »Fidelio« schreibt,
übergangen werden. Als Ersatz möge hier des Urtheils eines Anderen
gedaeht werden.. Wenzel Johann Tomaschek aus Prag, welcher 1814
(ziemlich gleichzeitig mit Weissenbach) im Kärntnerthortheater den
•Fidelio« hörte, hat über die aufgeführte Oper geschrieben und sein Ur-
theil ungefähr 30 Jahre später in der »Libussa« (v. J. 1SI6) drucken
lassen. Darin kommt folgende sonderbare Stelle vor : »Würde Beethoven
als Jüngling noch mehr über sich gewacht, und sich von jeder Ueber-
achätzung fem gehalten haben, so wäre er des Mangelhaften an seiner
Bildung bald inne geworden, er hätte gewiss ernstlich daran gedacht,
durch Nachholung des bis dahin Versäumten seinem übergrossen Genie
einen feineren Schliff zu geben, wodurch seine Werke bei ihrem oft
riesigen Bau mancher Unzier entgangen wären. Er hätte das wunder-
schöne Duett zwischen dem Kerkermeister und Fidelio im Beisein des
vor Schwäche in Schlaf gesunkenen Florestau, wo Alles geräuschlos,
damit er nicht aufgeweckt werde, vor sich gehen muss, gewiss ganz
anders aufgefasst« u. s. w.
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Natur meines Geweihten geseliaut und charakteristische Ztige
erfasst zu haben.
Beethoven'« Körper hat eine Rtlstigkeit und Derbheit, wie
sie sonst nicht der Segen ausgezeichneter Geister sind. Aus
seinem Antlitze schaut Er heraus. Hat Gall, der Kranioskop.
die Provinzen des Geistes auf dem Schädelbogen und -Boden
richtig aufgenommen, so ist das musikalische Genie an Beet-
hoven's Kopf mit den Händen zu greifen*). Die Rüstigkeit
seines Körpers jedoch ist nur seinem Fleische und seinen
Knochen eingegossen: sein Nervensystem ist reizbar im höch-
sten Grade und kränkelnd sogar. Wie wehe hat es mir oft
gethan, in diesem Organismus der Harmonie die Saiten des
Geistes so leicht abspringen und verstimmbar zu sehen. Er
hat einmal einen furchtbaren Typhus bestanden; von dieser
Zeit an datirt sich der Verfall seines Nervensystems, and
wahrscheinlich auch der ihm so peinliche Verfall des Gehörs**,.
Oft und lange hab' ich darüber mit ihm gesprochen: es ist
mehr ein Unglück für ihn als fllr die Welt. Bedeutsam ist
es jedoch , dass er vor der Erkrankung unübertrefflich zart-
Hnd feinhörig war und dass er auch jetzt noch allen Uebellaut
schmerzlich empfindet: wahrscheinlich darum, weil er selbst
nur der Wohllaut ist. Uebrigens ist die Ertödtung dieses
hohen Sinnes von einer andern Seite kläglich für ihn. Die
Natur hat ihn ohnehin nur durch zarte und sparsame Fäden
mit der Welt in Berührung gesetzt; der Mangel des Gehör-
sinns isolirt ihn noch mehr, wodurch dann er auch noch mehr
auf sich zurückgewiesen und in die Nothwendigkeit gedrängt
*] An einer anderen Stelle (S. 23a) bemerkt Weissenbach, dass Oall
in seinen ersten Vorlesungen über Schädellehre, die er in Wien gehalten,
Mozart's Schädel mit dem Kopf der Nachtigall verglichen habe. »Beet-
hoven möchte ich — sagt Weissenbach — den Passer aoUtariua nennen,
nicht nur weil er allein zieht, sondern auch weil er einzig ist (mithin
solus et solUarius). Die Lerche ist Joseph Haydn. Sie singt nur dealo
mächtiger und süsser, je näher sie dem Himmel kommt.«
♦*) In welche Zeit diese Krankheit fällt, ist ungewiss. Beethoven
war mehrmals krank. Vgl. Thayer's Biographie, Bd. II, S. 18, 91, 251.
und Schindler*s Biographie, Bd. I, S. 85.
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wird, den ewig heitern Genius der Kunst von dem hypo-
chondrischen Hunde anbellen zu lassen. Sein Charakter ent-
spricht ganz der Herrlichkeit seines Talents. Nie ist mir in
meinem Leben ein kindlicheres Gemüth in Gesellschaft von
so kräftigem und trotzigem Willen begegnet. Inniglich hängt
es an allem Guten und Schönen durch einen angebornen Trieb,
der weit alle Bildung überspringt. In dieser Hinsicht haben
mich oft Aeusserungen dieses Gemüths wahrhaft entzückt.
Entheiligung dessen, was es liebt und ehrt, durch Gesinnung,
Wort und Werk kann es zu Zorn, Wehre und auch Thränen
bringen. Darum ist es mit der gemeinen Welt auf ewig zer-
fallen. Für das moralische Recht ist es so heiss erglüht, dass
es sich dem nicht freundlich mehr zuzuwenden vermag, an
dem es eine böse Befleckung erschauen hat müssen. Nichts
in der Welt, keine irdische Hoheit, nicht Keichthum, Bang
und Stand bestechen es ; ich könnte hier von Beispielen reden,
deren Zeuge ich gewesen bin. Diese hohe Reizbarkeit des
Gemüths und der mächtige Trieb des Kunstgenius in ihm
machen sein Glück und sein Unglück aus. Ich brauche wohl
nicht zu bemerken, dass das Geld keinen andern Werth äir
ihn hat, als den der Nothwendigkeit. Nie weiss er, wieviel
er bedarf und wieviel er hingiebt. Er könnte reich sein oder
reich werden, umgab' ihn nur ein Aug' und ein Herz, das
liebend auf ihn sähe und redlich mit ihm theilte. So sehr
ihn also sein Humor vor der Welt warnt und davon wegtreibt,
so giebt ihn doch in vielen Fällen die Unschuld des Gemüthes
bösen Streichen preis. Er hat mit seinem Lose durch bittere
Erfahrungen hindurch müssen; aber so sehr ist seine Natur
abgewendet von allem Getriebe der Welt, unerfahren darin
und aller Sorge ledig, dass er in alle Tücke derselben wie
ein Kind arglos und unbefangen hineinlächelt.
Dieses Gemüth hat jedoch nicht weniger Tiefe als Kind-
lichkeit. Seine Ansichten von dem Wesen, den Formen, den
Gesetzen der Musik, ihren Beziehungen zu der Dichtkunst,
zum Herzen u. s. w. haben nicht weniger das Gepräge der
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Originalität, als sein Tonsatz *) . Sie sind bei ihm im wahrgten
Sinne eingeborne Ideen, nicht einstudirte Aphorismen. Ich
weiss, dasg Goethe, dessen persönliche Bekanntschaft er in
Karlsbad TTeplitz?] machte, ihn auch von dieser Seite schätzen
gelernt hat.
In Hinsicht auf die Sünde der Lust ist er unbefleckt,
dass er wohl Bürger's Lied von der Manneskraft allen Män-
nern der Haupt- und Residenzstadt zurufen kann. Seine
sogenannte Weltsitte hat man als roh ansgeschrien, wahrschein-
lich darum, weil er seinen Genius nicht beim Tanzmeister
geholt und ihn nicht den Grossen in die Vorzimmer schickt,
weil — er sein will, der er ist. — Uebrigens wird es wohl
auf die Nachwelt kommen , dass diesen Meister die Zeit er-
kannt, und die Besten geehrt haben. Ich nenne einen seiner
Schüler, der für alle gelten mag: Erzherzog Rudolph von
Oesterreich. Immer spricht Beethoven diesen Namen mit kind-
licher Verehrung, wie keinen anderen aus. — Von den Grossen,
in deren Kreisen er in früheren Jahren mehr gewesen, nahm
er einen Vertrauten in seine Zurückgezogenheit mit : den Grafen
Lietnowsky (Moritz Graf Lichnowsky) , einen Edlen in der
edelsten Bedeutung. Sie lieben sich und erwärmen sich beide
an dem ewig heissen Busen der Kunst.
Seine Lebensweise, insofeme dabei auf die Eintheilung
der Tagesstunden, an die Abfertigung der Bedttrihisse und
*) Ohne Zweifel war zwischen Beethoven und Weissenbach die Rede
über den Text zur Cantate (»Der glorreiche Augenblick«), mit deren
CompoBition Beethoven zu jener Zeit beschäftigt war. Schindler, der
Augenzeuge sein konnte, erzählt (Biogr. I, 199} : Beethoven habe den
Entschluss, die Cantate in Musik zu setzen, »einen heroischen ge-
nannt, weil die Versification schlechterdings einer musikalischen Bear-
beitung entgegen war. Nachdem er selber (Beethoven) im Vereine mit
dem Dichter daran geändert und gefeilt, der letztere aber nur die Verse
»verbössert« hatte, ward das Gedicht dem Karl Bernard zu gänzlicher
Ueberarbeitung gegeben«. Vielleicht sind in Folge dieser Ueberarbeitung
die im Autograph und in den Ausgaben stehenden fehlerhaften Worte
im Schlusschor der Cantate: »Vindobonal Dir und Glück« entstanden.
Die Worte müssen nach dem bei der ersten AuffUhnmg ausgegebenen
Textblatt lauten: »Vindobona! Heil und Glück«.
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Geschäfte gedaeht wird, ist allerdings etwas regellog. Von
der Zeit scheint er kaum eine andere Notiz zu nehmen, als
die ihm die Sonne oder die Sterne mittheilen. Diese Regel-
losigkeit erreicht den höchsten Grad in der Zeit der Production.
Da ist er oft mehrere Tage abwesend vom Hanse, ohne dass
man weiss, wohin er gegangen. Ich schrieb ihm bei solcher
Gelegenheit folgendes Lied auf die Thtire:
Wo ist er, sagt mir, hingegangen,
Der Meister hoher Tön' und Lieder?
Die Thür ist zu drei Tage schon,
Ich hOre nicht der Saiten Ton,
Der sonst die Kommenden empfangen;
Er ist nicht da! er ist davon 1
Die Stiege ruf ich auf und nieder :
Wo ist der Meister hin der Lieder?
Schon dreimal komm* ich anzufragen -.
Wo ist er hin? Wann kommt er wieder?
Ach ' ist er zu den Sternen hin,
In's Reich der ew'gen Harmonien?
Der Diener weiss nur das zu sagen:
seiet nicht besorgt um ihn.
Er gehet fort, und kehret wieder,
Und bringet sttsse Tun' und Lieder.
Wo ist das schöne Land gelegen?« u. s. w.
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(
XXIX.
ßeneralbasB und Gompositionslehre betreifende HandBchriften
Beethoven's und J. B. v. Seyfried's Buch »Ludwig van Beetho-
ven's Studien im Generalbässe, Gontrapuncte « u. s. w.
Das genannte, i. J. 18H2 bei Tobias Haslinger in Wien
erKchienene Buch hat sehr verschiedene Ansichten und Urtheile
hervorgerufen. Auf der einen Seite wurde es als ein authen-
tisches Werk gläubig hingenommen ; auf der andern aber für
ein untergeschobenes, jeder authentischen Vorlage entbehren-
des Werk erklärt. Beide Ansichten sind falsch. Sicher kann
das Buch keinen Anspruch auf Authenticität machen; aber
eben so sicher ist, dass bei der Abfassung authentische Vor-
lagen benutzt wurden. Wie nun die Authenticität der Vor-
lagen mit der Unauthenticität des Buches zusammenhängt,
das soll hier gezeigt werden.
Bei der Versteigerung des musikalischen Nachlasses Beet-
hoven's im November 1827 kamen unter Nr. 149 des Licita-
tions- Verzeichnisses zum Verkauf: »Contrapunktische Aufsätze,
5 Pakete«. Käufer derselben war Tobias Haslinger in Wien,
der sie für 74 Gulden erstand. Diese »contrapunktischen Auf-
sätze« wurden Seyfried zur Bearbeitung übergeben, und das
Ergebniss seiner Bearbeitung war das von ihm herausgegebene,
oben angeführte Buch. Dies geht nicht nur aus einigen No-
tizen in dem bei T. Haslinger erschienenen allgemeinen musi-
kalischen Anzeiger (v. J. 1829 und 1830) i), aus Berichten in
I) Der aUgemeine musikalische Anzeiger vom 11. April 1S29 berich-
tet: »Die aus Boethovcn's Nachlass käuflich an sich gebrachten reich-
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der Leipziger allgemeinen musikalischen Zeitung ^Bd. XXX,
S. 27, Bd. XXXII, S. 297, Bd. XXXV, S. 101), aus der vom
I. Juli 1830 datirten Subseriptions- Anzeige des Verlegers T.
Haslinger u. s. w. hervor, sondern Seyfried sagt es auch selbst.
Zu verweisen ist deshalb auf Seite 5 und 43 des Anhangs
der »Studien«, auf Seyfried's Vorwort. Titel u. s. wJ). Als
Tobias Haslinger starb, erbte dessen Sohn, Carl Haslinger,
die »contrapunktischen Aufsätze«. Jetzt sind sie im Besitz der
Wittwe des Letztgenannten, Frau Josephine Haslinger. Die
Handschriften, aus denen Seyfried sein Buch zusammenstellte,
sind also noch vorhanden. Es sind sogar noch die ftlnf Um-
schlagbogen von der Auction her vorhanden*^ . Der einzige
Unterschied gegen früher besteht darin, dass die Sammlung
gegenwärtig etwas weniger vollständig ist, als vor 40 Jahren.
Er fehlen hier und da Blätter, die frtther vorhanden waren.
Dieser Abgang kann jedoch auf das Ergebniss unserer Arbeit
keinen wesentlichen Einfluss haben. Ich werde nun ttber die
vorhandenen Handschriften, deren genaue Durchsicht die Be-
sitzer in entgegenkommendster Weise ermöglichten, eingehend
berichten, und, wo es nöthig oder rathsam ist, Auszüge dtinitt&
bringen. Es wird sich dann zeigen, wie Seyfried bei seiner
Bearbeitung zu Werke ging.
haltigcn Materialien zum Studium der Composition und des Contrapunk-
tes (bestehend in 5 Packen Handschriften Beetlioven's und seines Leh-
rers Albrechtsberger) hatte der hiesige Musikverlei^cr Haslinger bereits
vor geraumer Zeit dem Hm. Oapellmeister Ritter von Seyfried zur Aus-
arbeitung zum Behufe der öflfentlichen Herausgabe derselben ttber-
geben« u. s. w. — Am 9. Januar 1S30 wird mitgetheilt, »dass das Un-
ternehmen ziemlich weit vorgerückt, und die gänzliche Vollendung noch
im gegenwärtigen Jahre zu hoffen sei« u. s. w. — Spätere Notizen spre-
chen von einer Verzögerung des Druckes.
1) Selbstverständlich kann bei den Citaten und Verweisungen auf
Seyfried's Buch nur die Wiener Ausgabe gebi-aucht werden.
^ Die fünf Umschlagbogen haben folgende fttnf Aufschriften : »Con-
trapnnktische Aufsätze, manches wahrscheinlich Original. Nr. 149 c. —
»Uebungen im Contrapunkt mit eigenhändigen Zusätzen von Beethoven. «
— »Beethoven's Materialien zum Contrapunkt.«— »Fugirte und contra-
punktische Aufsätze.« — »Aufsätze Über Fuge.«
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r
1 56
Die vorliegende Sammlung »contrapunktischer AnfsiUzc«'
ißt grösstentheils von Beethoven's, kleinstentheils von anderer
Hand geschrieben. Sie besteht aus mehreren Heften, aus vie-
len losen, theils zusammengehörenden Bogen und Blättern,
und umfasst zusammen ungefähr 600 Seiten in Folio.
Ihr Inhalt betriiFt aber nicht nur Contrapunkt, sondern
auch andere Gegenstände der Compositionslehre , z. B. Gene-
ralbiiss, Fuge u. s. w. Um ttberall eine Vergleichung mit S§y-
fried's Buch zu ennöglichen oder zu erleichtem, ist es nöthig,
die Schriften nach Fächern zu ordnen, und sie in der Keihen-
folge, wie sie die Sache und die Eiutheilung der Composi-
tionslehre mit sich bringt, zu betrachten. Wir nehmen also
zuerst den Generalbass vor.
Ueber Generalbass oder Harmonielehre handeln drei
Hefte. Sie sind durchgängig von Beethoven's Hand auf liniir-
tem Notenpapier in Querformat (mit 1 6 Systemen auf der Seite}
geschrieben. Nach ihrer ganzen äusseren Beschaffenheit (Pa-
pier, Heftung, Einfassung u. s. w.) zu urtheilen, wurden sie
ziemlich zu einer und derselben Zeit geschrieben. Ein Heft,
jvi»Uhe8 44 nicht paginirte Seiten umfasst, ist überschrieben:
»Materialien zum Generalbass«. Eine ähnliche oder entspre-
chende Ueber Schrift fehlt bei den andern Heften. Man ist
daher geneigt, jenes für das zuerst geschriebene Heft und fttr
dasjenige zu halten, welches von den dreien den Anfang machen
sollte. Das andere Heft umfasst 20 Seiten und ist paginirt
von 1 bis 20. Das dritte Heft zählt 22 Seiten, von welchen
nur die beiden ersten mit 23 und 24 beziffert sind. Diese
beiden Hefte gehören zusammen. Wir nehmen nun das erst-
erwähnte Heft vor und schreiben die ersten Seiten der Hand-
schrift Beethoven's wörtlich nach, jedoch mit Ausnahme der
Notenbeispiele, welche, wie sich später zeigen wird, ttbergangen
werden können. Beethoven schreibt:
lateiialien »■ fieneralliasg.
Alle vorkommende Zeichen, welche die Begleitung angehen,
heissen Signaturen. Intervallen. [Folgt eine Tabelle derselben
von der reinen Prime bis zur übermässigen None.] Die Decimen, Un-
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decimen und Terzdecimen sind in Absicht auf ihren Standort nichts an-
ders als Octaven von der 3., 4** und 6*®. Sie werden durch 10, II,
12^) angedeutet und kommen mehr der Melodie wegen als der Har-
monie zum Vorschein. [Folgen 5 Beispiele.] Wenn bei den Intervallen
Versetzungszeichen vorkommen, welche beim System nicht vorgezeich-
net sind, so wird's besonders angedeutet. Das Intervall ist natürlich
gross, wenn es so ist, wie anfangs beim System vorgezeichnet, zufällig
gross aber wird's durch die neu hinzugeft^ten Versetzungen. Ein
Strich durch die Ziffer, oder ein j| darneben erhöht um einen halben
Ton. [Folgen 2 Beispiele.] Ein \? durch die Ziffer oder dabei eniie-
drigt das Intervall um einen halben Ton. [Folgen 2 Beispiele.] Ein fa
durch die Ziffer oder darneben setzt das Intervall in seinen natürlichen
Platz. [Folgen 2 Beispiele.] Zwei Striche, zwei \ oder ein einfaches x
durch die Ziffer oder dabei erhöhen um einen ganzen Ton. [Folgen 3
Beispiele.] Bei den Been um einen ganzen Ton tiefer das Intei-vall zu
'erniedrigen zwei bb ^^^ ^^^ grosses ^. [Folgen 2 Beispiele.] Die
Zeichen der Wiederherstellung sind jj!? ^ nach der doppelten Versetzung.
Einige setzen auch in der Zerstreuung zuweilen Bee und Striche durch
die Ziffern, statt des Bequadrats oder viereckichten Be |;| z. B. [Fol-
gen 5 Beispiele.] Von der falschen 5*® auch von der kleinen und ver-
minderten Septime ist man es eher gewohnt, dass sie mehrentheils itltt>
einem Be erscheinen. — NB. Das Versetzungszeichen wird am gewöhn-
lichsten und besten durch die Ziffer gezogen. [Folgen Beispiele.] Statt
des H bedient man sich des Striches durch die Ziffern. [Folgen Bei-
spiele.] — Die Terz kann durch blosse Versetzungs- und Wiederher-
stellungszeichen angedeutet werden. [Folgen 5 Beispiele.] Man pflegt
überhaupt das erforderliche Versetzungszeichen dicht vor die Ziffer zu
setzen, z. B. t?2 t^4 bo oder ^ i;j4 ^ö tj7, desgleichen ^i ^\ auch wohl
so 2*^ ^ 2*^ 4* etc. Doch noch besser durch die Ziffer gezogen. [Fol-
gen Beispiele.] Statt des V') eines Strichs durch die Ziffer. [Folgen
Beispiele.] Bei der 1 8 9 kommt der Strich seltener vor, man schreibt
gewöhnlich jti Jt8 M oder auch das J{ neben der Note rechts. Bei zwie-
fachen Erhöhungen 4-h u. s. w. Steht ein Versetzungszeichen allein
ohne dass es zu einer Ziffer gehört über einer Note so bezieht's sich
1) Schreibfehler Beethovens. Statt 12 muss es 13 heissen.
«) Hier fehlen im Manuscript ungefähr die Worte: »bedienen sich
die Franzosen«.
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auf die 3, aUo j|b X t^^) kann die 3 mit angedeutet werden. Immer
setzt man die Ziffern ttber '^) die Noten, weil dahin die Zeiehen deß/oru
und piano gehAren, doch manchmal, wenn zum Beispiel zwei Stimmen
übereinander stehen, eine fttr das Violonschell, die andere für das Kla-
vier. Bei Fugen, wo der Eintritt der Thematum in der Orundstimme
vorkommt, so spielt man naeh der Vorsehrift und sdilägt nicht eher
Akkorde an bis Ziffern kommen. Auch wo die rechte Hand etwas obli-
gates hat, welches man in kleinen Noten ausdrückt. [Folgt ein Bei-
spiel.] Die Akkorde oder einzelnen Intervalle, deren Ziffern nicht ge-
rade über der Note, sondern etwas rechts stehen, werden nieht mit dem
Tone des Basses zugleich sondern nach Umständen erst bei der zweiten
Hälfte der Note oder noch später angeschlagen. [Folgen einige Bei-
spiele mit kurzen Bemerkungen.] Jede bezeichnete Harmonie gilt so
lange, als die Bassnote unverändert dieselbe bleibt. Folglich behält
man bei a) auch noch im zweiten Takte den Sextenakkord so lange,
bis über Fis der Quintsextenakkord eintritt. Auch wenn die Bassnote*
eine Oktave tiefer oder höher versetzt worden b) und wenn durch-
gehende c) oder harmonische Nebennoten eingeschaltet sind d) . [Fol-
gen mit a) b) c) und d) bezeichnete Beispiele.] Stehen 2 Ziffern über
einer Note, welche in zwei gleiche Theile getheilet werden kann , ne-
ben einander, so bekonmit jede dadurch bezeichnete Harmonie die
Hälfte der Dauer der Note. [Folgt em Beispiel.] Bei 3 nebeneinander
stehenden Ziffern über einer solchen Note erhält die dadurch bezeich-
nete erstere Harmonie den halben Werth, die übrigen beidmi Akkorde
aber bekommen zusammen nur die zweite Hälfte von dw Geltung der
Note. [Folgt ein Beispiel.] Durch 4 nebeneinander stehende Ziffern
wird angedeutet, dass jede bezeichnete Harmonie den vierten Theil
von dem Werthe der Note bekommen soll. [Folgt ein Beispiel.] Fünf
Ziffern werden so eingetheilt [folgt ein Betspiel] . Von zwei neben ein-
ander stehenden Ziffern über einer dreitheiligen (punktirten) Note be-
kommt die bemerkte erstere Harmonie zwei Theile, fitr die zweite Zif-
fer bleibt also bloss der noch übrige Theil von dem Werthe der Note
übrig. [Folgt ein BeisjHcl.] Nur in triplirten Takten ( || , Ji) bekommt
jede Ziffer die Hälfte. [Folgt ein Beispiel.] Stehen 3 Ziffern über einer
^] liier scheint ein Komma und das Wort »auch« zu fehleu.
2) Beethoven hat hier die Worte »und nicht unter« vergessen. An-
dere UnKenauiKkeiten über^eliou wir.
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159
solchen Note so erhält jeder Akkord ein Drittel von dem Werthe der-
selben. [Folgt ein BeiBpiel.] Bei 4 Ziffern kommt auf jede der beiden
erstem ein Drittel, so daas fUi* die folgenden beiden Ziffern ;ui8ammen
nnr ein Drittel übrig bleibt. [Folgt ein Beispiel.] Ftlnf Ziffern setzen
diese Eintheilong voraus. [Folgt ein Beispiel.] Die Punkte nach Zif-
fern könnte man mehr brauchen, [folgen 3 Beispiele] doch thut der
Querstrich — beinahe die selbigen Dienste. Stehen ttber ehiem Punkte
Ziffern, so gibt man die dadurch bezeichnete Harmonie während des
Punktes an, und zählt die Intervalle von der vorhergehenden Note ab.
[Folgen 5 Beispiele.] Eben dies gilt auch von den längeren Pausen.
[Folgt ein Beispiel.] Die Ziffern, welche über emer kurzen Pause
stehen, werden zur Pause angeschlagen und beziehen sich auf die fol-
gende Note. [Folgen 2 Beispiele.] Die Ziffern über langen Pausen
werden zwar auch zur Pause augeschlagen, sie beziehen sich aber auf
die vorhergehende Note. [Folgen 2 Beispiele.] Alle Wechselnoten,
die der unregelmässige Durchgang heissen, bekommen einen Quer-
strich *^. — Die Noten aber, wdlche der reguläre Durchgang heissen,
bekommen einen geraden Querstrich ^ oder keinen. [Folgen Beispiele.]
Ein Querstrich « zeigt an, dass man in den begleitenden Stimmen den
vorhergehenden Akkord oder ein einzelnes Intervall desselben unver-
ändert beibehalten soll. Dessen ungeachtet kann der Akkord oder dto
Intervall nach Umständen aufs neue angeschlagen werden. [Folgen
Beispiele.] Sind zwei übereinander stehende Ziffern vorhergegangen,
so folgen gewöhnlich zwei Querstriche , wenn nämlich beide vorher-
gehende Töne unverändert beibehalten werden sollen. [Folgt em Bei-
spiel.] Nach 3 Ziffern bedient man sich ähnlicher ^= ^= . Wenn
man in Rücksicht der gegebenen Regeln der Eintheilung der Ziffern
abweichen soll, so wird dieses auch durch Querstriche bestimmt. [Fol-
gen Beispiele.] Durch einen schrägen Strich ^ wird angedeutet, dass
man beim Eintritt deijenigen Note, über welcher dieser Strich stehet,
den jedesmal bezeichneten Akkord der folgenden Note im voraus an-
schlagen s(^. [Folgen Bdspiele.] Vermittelst eines ^^ bezeichnen
manche Componisten den verminderten Dreiklang, gewisse unvollstän-
dige Akkorde , Vorhalte , durchgehende Harmonien und andere nur
2weistimmig zu begleitende Stellen. [Dazu 5 Beispiele.] Bei den mit
unisono (tm. , aU unisono, aU oitava) bezeichneten Stellen spielt man in
der rechten Hand und zwar die nächstliegende höhere Oktave mit; wo
der Begleiter wieder ganze Akkorde angeben soll, setzt man wieder
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160
Ziffern hin. [Folgen 2 Beispiele.] Auch vermittelst der Zahl S S S
oder abgektlrzt 8—. [Folgen Beispiele.] T, 8, zeigt an, dass man
nur die vorgeschriebene Taste ohne alle weitere Begleitung anschlagen
solle, bis wieder Ziffern kommen. [Folgt ein Beispiel.] Wo die besei-
tenden Stimmen pausiren, könnte man solches wie hier beEeichnen.
nämlich durch 0> wodurch der Generalbassspieler gezwungen wttrde,
so lange mit der rechten Hand zu pausiren, bis wieder Ziffern eintreten.
[Folgen mehrere Beispiele.]
Da» ißt oder war die Vorlage zu Seyfried*s erstem Ca-
pitel. Eine Eintheilung in Capitel hat Beethoven nicht. Doch
das wäre das Wenigste. Wenn der Leser unsem Auszug mit
dem Text Seyfried's von Wort zu Wort vergleicht, so wird er
finden, dass Seyfried keinen Satz ungeändert gelassen hat.
Und wie den Text, so hat Seyfried auch die Notenbeispiele
geändert. Er hat aus Viertelnoten Achtelnoten gemacht, hat
Noten weggelassen, hinzugefügt u. s. w.
Bevor wir in dem Text der Handschrift fortfahren, haben
wir von einigen Randbemerkungen Kenntniss zu nehmen.
Auf der ersten Seite des Heftes, welchem der obige Aus-
zug entnommen ist, stehen am äussersten linken Rande fol-
gende Worte von Beethoven's Hand:
»Von 101 bis 1000 fl. ein Viertheil — alle Einwohner
oder IMüethparteien ohne Unterschied«.
Diese Randbemerkung lässt sich auf folgende Weise deu-
ten. Am 28. Juni 1809, als die Franzosen Wien besetzt hat-
ten, erschien (nach Geusau's »Geschichte der Haupt- und Re-
sidenzstadt Wien«, VI, S. 243) ein »Girculare, wodurch ein
Zwangsdarlehen auf die Häuser in der Stadt und den Vor-
städten, und zwar fllr die Hausinhaber durchaas der vierte
Theil des Zinsertrages, ftir die Einwohner oder Miethpartheien
aber a] von 101 bis 1000 Gulden Zins ein Viertheil, b) Ton
1001 bis 2000 Gulden Zins ein Drittheik u. s. w. ausgeschrie-
ben wurde. Beethoven, als ein Mitbetroflfener , konnte sich
leicht veranlasst sehen, jene Stelle abzuschreiben. Seine Rand-
bemerkung ist uns nicht unwichtig. Es ist aus ihrem Er-
scheinen und aus ihrer Stellung zu schliessen, dass wenig-
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161
stens die erste Seite des Heftes geschrieben sein musste, als
die Bemerkung gemacht wurde. Also musste die erste Seite,
wenn nicht mehr, Ende Juni 1S09 oder spätestens Anfang Juli
1809 geschrieben sein.
Eine zweite Bemerkung steht auf der 17. Seite desselben
Heftes mitten. in einer Abhandlung ttber den Dreiklang, auf
welche wir später kommen werden. An dem obem Rande
dieser Seite, mit welcher zugleich ein neuer Bogen beginnt,
stehen folgende Worte:
»Druckfehler in der Sonate für Klavier mit obligatem
Violonschell — «
Erst nach und unter dieser Stelle beginnt die Fortsetzung
des Textes der Abhandlung über den Dreiklang. Beethoven
hatte also das Blatt ursprünglich zur Aufiiahme von Druck-
fehlem bestimmt, und es ist selbstverständlich, dass die So-
nate, in wefcher die Druckfehler vorkommen, schon gestochen
sein musste, als Beethoven dem Blatte eine andere Bestim-
mung gab. Welche Sonate kann Beethoven gemeint haben'/
Wenn man die Worte »in der Sonate« beachtet und wörtlich
nimmt, so kann man nicht zweifeln, dass er die Sonate in
A-dur Op. 69 gemeint habe. Beethoven hat fünf Sonaten für
Ciavier und Violoncell drucken lassen: die zwei Sonaten Op. 5,
die zwei Sonaten Op. 102, und die eine Sonate Op. 69.
Die ersten Anzeigen von dem Erscheinen der Sonate Op. 69
linden wir in der Wiener Zeitung vom 29. April 1809 und in
dem Intelligenzblatt der Leipziger Allgemeinen Musikalischen
Zeitung vom Monat April 1809. Wenn, was sich mit Sicher-
heit annehmen lässt, die Sonate kurze Zeit nach ihrem Druck
augezeigt wurde: so kann Beethoven die erst zu Druckfehlern
bestimmte Seite nicht vor April 1809 zu einer theoretischen
Abhandlung gebraucht haben. Stellt man dieses Ergebniss
mit dem aus der ersten Randbemerkung gewonnenen zusam-
men, so lässt sich das zweite Viertel des Jahres 1809 als die
Zeit bezeichnen, in welcher die ersten 16 Seiten der »Mate-
rialien zum Generalbass« geschrieben wurden. Hieraus folgt,
dass die Schriften über Generalbass u. s. w. nicht in Zusam-
menhang mit Beethoven'» Unterricht bei J. Haydn oder Al-
Mottebobm, fieethoTeniau. 11
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162
brechtsberger gebracht werden kOnnen. Albrechtsberger starb
am 7. März 1809, erlebte also nicht das Erscheinen der So-
nate Op. 69. Ueberdies weiss man, dass Beethoven's Unter-
richt bei Albrechtsberger 15 Jahre früher fällt.
Damit eröffnen sich nnn neue Fragen. Es sind die Fra>
gen: Welche Bestimmung hatten die Schriften?- War Beetho-
ven vielleicht der Verfasser?
In Betreff der ersten Frage ist nicht zu zweifeln, dass
die »Materialien« für den Unterricht bestimmt waren. Wir
werden hierauf später zurückkommen.
Leicht ist die andere Frage zu beantworten. Um es kurz
zu sagen: bis auf einige wenige Stellen, welche Beethoven
hinzufügte, ist alles Abschrift; es sind Auszüge aus gedruck-
ten Werken, und Beethoven eigenthümlich bleibt nur die Zu-
sammenstellung der ausgezogenen Stellen, die Art der Zusam-
mentragung. Auch hat Beethoven sich nicht selten verschrie-
ben und oft Wörter und Wortfolgen geändert. Die Aenderun-
gen sind zum Theil charakteristisch. Er vermied z. B. einige-
mal das Wort »galant« und wählte einen andern Ausdruck
dafllr.
Es ist gelungen, wenige Zeilen ausgenommen, überall die
von Beethoven benutzten Vorlagen aufzufinden. Diese sind bei
den Schriften über Generalbass oder Harmonielehre folgende:
C. Ph. E. Bach's »Versuch über die wahre Art das Ciavier zu
spielen«, 2. Theil, 2. Auflage; D. G. Tttrk's »Kurze Anweisung
zum Generalbassspielen«, t. Ausgabe v. J. 1791; J. 6. Al-
brechtsberger's »Gründliche Anweisung zur Composition«, 1 . Aus-
gabe V. J. 1790; Kimberger's »Kunst des reinen Satzes«^).
») Von C. Ph. E. Bacb's »Versuch«, 2. Theil, liegen zwei verschie-
dene Ausgaben vor: die erste vom Jahre 1762 (Berlin) und eine »zweite
verbesserte Auflage« vom Jahre 1797 (Leipzig). Beethoven kann nur
die zweite Ausgabe gebraucht haben. Das ist zu erkennen an mehreren
von Beethoven ausgezogenen Stellen, welche sich in der ersten Aasgabe
nicht finden, wohl aber in der zweiten. Man vergleiche Seite 161 der
t. Ausgabe mit Seite 130 der 2. Ausgabe u. s. w.
Von Türk's »Anweisung« liegen sechs Ausgaben vor: Die älteste
voui Jahre ITtU mit dem Titel »Kurze Anweisung« u. s, w. ; die •«weite
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1()3
Die Stellen nun in diesen Werken, welche Beethoven bei
den »Materialien zum Qeneralbas^a von Anfang an bis zu dem
Punkte, wo der früher mitgetheilte Auszug abbrach, als Vor-
lagen gebraucht und abgeschrieben oder ausgezogen hat, sind
der Reihe nach folgende: Bachs »Versuch«, 2. Theil, 1. Ca-
pitel, §. 8; die Intervallen-Tabelle ist auch nach Bach §. 10,
nur hat Beethoven die Primen hinzugefUgt; TUrk's »Kurze An-
weisung« §. 7; Bach, wie vorhin, §. 22, 27 bis 35; Tttrk §.14;
Bach §. 36; Ttirk §. 14, 15; Bach §. 41, 42: Türk §. 17 bis
22; Bach §. 44, 45; Albrechtsberger's »Anweisung« Seite 187;
Türk §. 23 bis 27.
Indem wir nun den Faden in Beethoven's Handschrift da,
wo wir ihn verliessen, wieder aufnehmen, wird es nicht nöthig
sein, den Text immer vollständig mitzutheilen. Es wird ge-
nügen, wenn da, wo ein neuer Abschnitt oder eine neue Vor-
hige beginnt, die Anfangsworte oder die ersten Sätze hergesetzt
verbesserte und sehr vermehrte Auflage« vom Jahre ISOO mit dem lltel
^Anweisung« u. s. w. ; die dritte, nach dem Tode Türk's erschienene,
verschlechterte (auf dem Titel steht »verbesserte«) Ausgabe vom Jahre
1816 u. s. w. Die von Beethoven gebrauchte Ausgabe ist keine andere,
als die vom Jahre 1791. Dies kann nachgewiesen werden' an vielen
Steilen, welche in der ersten Ausgabe anders lauten, als in allen spä-
teren Ausgaben. Man vergleiche §. 7 der 1. Ausgabe mit $. 5 der 2. Aus-
j^abe u. s. w.
Von Albrech tsbergers »Anweisung« liegen die drei ältesten Ausgaben
vor: die älteste, in Grossquart, vom Jahre 1790; eine spätere, in Grosa-
octav, ohne Jahreszahl; die dritte, »verbessei'te und vermehrte«, auch
ohne Jahreszahl. Nur an einigen verschiedenen Wortschreibungen (z. B.
»hervorbringen« statt »vorbringen«) und verschieden stilisirten Stellen ist
zu erkennen, dass Beethoven die Ausgabe vom Jahre 1790 gebraucht hat.
Beethoven besass Kimberger's Schriften in der Ausgabe von der
chemischen Druckerei in Wien. Sein Exemplar ist vorhanden. Es ent-
hält einige Bemerkungen von seiner Hand. Zu einem Beispiel im 5. Ab-
schnitt des 2. Theiles der »Kunst des reinen Satzes«, wo vom doppelten
Contrapunkt die Bede ist (in der Wiener Ausgabe ist es das mit Fig. 10
bezeichnete Beispiel; in der Berliner Ausgabe steht es mit seiner Ver-
setzung Seite 17 oben), wird, Kimberger beistimmend, bemerkt: »ver-
steht sich von selbst sehr miserabel". Andere Bemerkungen sind ähn-
icher Art.
11*
1
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(
164
und dabei die von Beethoven benutzten Vorlagen angegeben
werden. Beethoven fährt fort wie folgt:
Man vorbereitet nnd löset die Dissonanzen auf, d. h. dass sie vor-
her als Konsonanzen schon da sind, uud nachher wieder zu Konsonan-
zen werden. [Folgen 2 Beispiele.] Ueber liegenden oder in einem
Tone bleibenden Bassnoten können alle Dissonanzen unvorbereitet an-
geschlagen werden . . . . n. s. w. ^] .
Vorausnähme der obern Stimmen. [Folgt ein Beispiel.] Voraus-
nähme des Basses. [Folgt ein Beispiel.] Bei der Vorausnahme der
obern Stimmen pflegt man auch den Quersti'ich ^ so wie bei den an-
schlagenden Wechselnoten zu machen . . . . u. s. w. ^j.
Wenn man vor der Resolution den Ton der Grundstimme uiit
einem andeiii in der rechten Hand verwechselt, so ist dieses eine Ver-
wechselung der Harmonie . . . . u. s. w.
Bei gewissen Gelegenheiten, welche an ihrem Orte vorkommen,
pflegt man . . . . u. s. w.
Wenn das Accompagnement bloss auf die dem innerlichen Werthe
nach lange Noten fällt, so ist der Durchgang regulär . . . . u. s. w.
Die Dissonanzen, welche in beiderlei Durchgängen vorkom-
men . . . . u. 8. w. •') .
Ungetheilt heisst die Begleitung, wenn man, ausser dem Basse,
^ aile Stimmen mit der rechten Hand spielt . . . . u. s. w.
Grundakkorde sind diejenigen, von welchen andere abstammen.
Solcher Grundakkorde sind nur 2, der Dreiklang und Septimen -Ak-
kord. Alle die übrigen von diesen hergeleiteten Akkorde heissen Ver-
setzungen oder Nebenakkorde . . . . u. s. w.
Die Dissonanz resolvirt gewöhnlich eine diatonische Stufe ab-
wärts . . . . u. s. w.
Bei den durchgehenden Noten sind noch harmonische Nebennoten
zu bemerken . . . . u. s. w. "*).
Vom Dreiklang. Dieser Akkord wird zwar ohne Andeutung
gegriffen. Wenn man aber die Ziflem, welche seine Intervallen an-
«) Beethoven'B Vorlage: Ph. E. Bach's »Versuch«, 2. Theil, 1. Cap.,
§. 58, 59, 61 bis 65.
2) Albrechtsberger's »Anweisung« (Ausg. v. J. 1790), S. 18^ u. 189.
8) Bach, wie vorhin, §. 66 bis 69, 71, 73—79.
*) TUrk'8 »Kurze Anweisung*., §. 30, 31, 33, 35—37 und 56.
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165
zeigen, einzeln oder zusammen über Noten antrifft, so hat es seine
guten Ursachen. Bald sind Dissonanzen . . . . u. s. w. *) .
Der Sexten-Akkord. Die gewöhnliche Bezeichnung dieses
A. ist eine 6 allein ; ausserdem findet man zuweilen die übrigen Inter-
vallen aus gewissen Ursachen mit angedeutet. Die unmelodischen
Fortschreitungen werden durch Verdoppelung vermieden. . . . u. s. w. 2).
Von dem uneigentlichen verminderten harmoni-
schen Drei klänge. Er wird entweder gar nicht oder durch die
gewöhnliche Signatur der falschen Quinte (5 ^) angedeutet . . . . u. s. w . 3) .
Weil aber auch der ^-Akkord mit der falschen 5. häufig nur
durch 5^ oder b^ bezeichnet wird, so fügen manche . . . . u. s. w.^).
Vom uneigentlichen vergrösserten harmonischen
Dreiklange. Dieser hat ausser der übermässigen oder vergrösser-
ten 5^ bei der 4stimmigen Begleitung noch die grosse 3. und 8^^ bei
sich . . . . u. s. w. *).
Vom Sextquarten- Akkord. Die Signatur J ist hinlänglich,
diesen A. anzudeuten. Die verminderte 4^ hat eine Vorbereitung
nöthig . . . . u. 8. w.
Wenn bei dem Sexten -Akkord die 3. durch die 4. aufgehalten
wird . . . . u. s. w.
Wenn man die Auflösung der falschen 5^ durch eine Verwech-
selung dem Basse überlässt, und bei dem ^-Akkord die 6. verdoppelt,
so ist es besser, als wenn man so verfährt, wie es eigentlich sein sollte,
dass nemlich die falsche Quinte bei der zweiten Note in die 8.
ginge . . . . u. s. w. ®) .
Vom4 ^''-Akkord. Er wird durch die Signatur ^ angedeu-
tet .... u. s. w. '').
Vom ?**"-Akkord. Dieser Akkord besteht aus 6., 5. und 3.
Er wird durch die Signatur g . . . . u. s. w. ») .
«j Bach, 2. Cap., 2. Abschnitt, §. 8, 5 und 6.
2) Bach, 3. Cap., 1. Abschnitt, §. 2, 13, 14, 16, 17, 20-22; 2. Ab-
schnitt, §. 3, 7, 12-14.
3) Bach, 4. Cap., §. 2 und 3.
♦) Türk, a. a. 0., §. 109.
ft) Bach, 5. Cap., §. 1 bis 6.
«) Bach, 6. Cap., 1. Abschnitt, §. 2, 4, 7—11, 13 und 2. Abschnitt,
§. I, 4-6.
^) Bach, 7. Cap., 1. Abschnitt, §. 2, 3, 6, 8—12 und 2. Abschn. §. 3—5.
8) Bach, 8. Cap., 1. Abschn., §. 1—3, 5, 7—9 u. 2. Abschn., §. 1—7.
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r
166
Vom 2^«**- Akkord. Dieser A. besteht aus 2., 4. und 6. Die
Signatureu davon sind . . . . a. s. w. i) .
Vom Sekundquinten-Akkord. Dieser A. besteht ans der
2. und 5. Zur 4*®" Stimme wird eines von beiden Intervallen ver-
doppelt . . . . u. 8. w. 2).
Vom Seeundquintquarten-Akkord. Dieser Akkord be-
steht aus 2., 5., 4. Seine Signatur ist .... u. s. w. =*).
Vom Secundterz-Akkord. Dieser Akkord besteht aus der
kleinen 2., grossen 3. und reinen 5. Seine Signatur . . . . u. s. w. ^j.
Der Septimen-Akkord ist dreierlei; er besteht 1) aus der
7., 5. und 3. ; 2} aus der 1., 3. und 8. ; 3) aus der 7. und doppelten
3. Er wird durch 7 oder | angedeutet . . . . u. s. w. *).
Vom Sextseptimen-Akkord. Dieser A. ist zweierlei. Er
besteht . . . . u. s. w. <^).
Vom Quartseptimen-Akkord. Seine Signatur ist J. Er ist
zweierlei . . . . u. s. w.*^).
Vom Akkord der grossen Septime. Er besteht ans der
grossen 7., der reinen 4., der grossen 2. Seine Sign u. s.w. ^ .
Vom Nonen-Akkord. Dieser A. besteht aus der 9., 5., 3.
Seine Signatur . . . . u. s. w. ®).
Vom Sextnonen-Akkord. Dieser A. besteht aus 9., 6., 3.
Die Signatur . . . . u. s. w. i<^).
Vom Quartnonen-Akkord. Dieser A. besteht aus der 9..
5. und 4**. Die Signatur . . . . u. s. w. >^J.
') Bach, 9. Cap., 1. Abschnitt, §. J— 7, 10, J2, 13 und 2. Abschnitt
§. 1-3.
2) Bach, 10. Cap., §. 1-4, 7.
3) Bach, 11. Cap., §. 1-3.
*) Bach, 12. Cap., §. 1—3, 5.
5) Bach, 13. Cap., 1. Abschnitt, §. 1—4, 11—13, 15, 18—20 und 2. Ab-
schnitt, §. 2—6.
ö) Bach, 14. Cap., §. 1-5, 8.
7) Bach, 15. Cap., §. 3, 4, 8—12, 15.
8) Bach, 16. Cap., 1. Abschnitt, §. 1-3, 9, 10 und 2. Abschnitt §. 2.
ö) Bach, 17. Cap., 1. Abschnitt, §. 1—4, 7, 8 und 2. Abschn. §. 2 u. 3.
JO) Bach, 18. Cap., §. 1-3.
ii) Bach, 19. Cap., §. 1—5, 7.
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167
Vom Septimennonen-Akkord. Dieser A. besteht aus 9.,
7., 3. Seine Signatur . . . . u. s. w. i].
Vom Qnintquarten-Akkord. Der |ten A. besteht aus 4.,
5., 8. Seine Signatur ist 4 3 oder | 3, wenn die 4. gleich aufgelöset
wird ; geschieht diese erst in der Folge, so ist 4 oder \ genug. Die
reine, falsche 5., reine 4. und 8. sind die vorkommenden Intervalle
unseres A. Die 4. ist allzeit vorbereitet und tritt bei der Auflösung
herunter. [Folgen Beispiele.] 2)
Dies war die Vorlage zu Seite 14 bis 51 des Seyfried-
schen Buches. Seyfried hat überall geändert. Was bei ihm
(Seite 51 unten und S. 52] folgt, lässt sich handschriftlich
nicht belegen. Es mag das letzte Blatt des Manuscripts ver-
loren gegangen sein, was, nach der Vorlage zu schliessen,
sehr wahrscheinlich ist. Beethoven's Vorlage wäre wiederum
gewesen: Bach's »Versuch«, 2. Theil, 21. Capitel, §. 7.
Nun ist Einiges zu sagen über das andere, 20 Seiten um-
fassende Heft. Es handelt hauptsächlich von der Bezifferung
der Accorde, und ist wiederum ein Auszug aus dem 2. Theil
von Ph. E. Ijach's »Versuch«, Cap. 2 bis Cap. 21. Der In-
halt ist zum Theil mit dem in den »Materialien zum General-
bass« übereinstimmend; zum Theil ist er, was Bezifferung an-
geht, vollständiger. Es ist nicht nöthig, Auszüge zu bringen.
Bach's zwanzig Accorde werden der Reihe nach vorgeführt;
auf der linken Seitenhälfte sind die Namen und Bestandtheile
der Accorde angegeben, auf der rechten steht ihre Bezifferung.
Das letzte Blatt des Heftes ist abgerissen. Nach einer nähe-
ren Mittheilung, welche wir Herrn L. Nohl verdanken, be-
findet es sich in Zürich 3). Es ist paginirt mit 21 und 22.
Auf Seite 21 steht die Fortsetzung des auf der letzten Seite
des Heftes abgebrochenen Auszugs aus Ph. E. Bach's »Ver-
sach« (2. Theil, 21. Cap., §. 7) über den Quintquarten-Akkord.
Auf Seite 2^ schreibt Beethoven:
1) Bach, 20. Cap., §• 1—7.
2) Bach, 21. Cap., §. 1—4.
3) Vgl. Briefe Beethoven's Nr. 71,
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168
Lieben Freunde ich gab mir die Mühe bloss hiermit, um recht
bezüTem zu können, und dereinst andere anzuführen. Was Fehler
angeht, so brauchte ich wegen mir selbst bemahe dieses nie zu lernen,
ich hatte von Kindheit an ein solches zartes Gefiihl , dass ich es aus-
übte, ohne zu wissen dass es so sein müsse oder anders sein könne.
Seyfried hat diese Zeilen seinem Buche (Seite 74) in Fac-
simiie beigegeben. Sonst hat er das Heft nicht benutzt.
Das dritte Heft verdient mehr Beachtung und eine Mit-
theilung des Inhaltes in kurzen Auszügen (mit Angabe der
Anfangsworte u. s. w.) wie früher. Beethoven schreibt:
Orgelpunkt. Wenn über langen aushaltenden Noten im Basse
allerhand harmonische Veränderungen, welche mehrentheils aus Bin-
dungen zu bestehen pflegen, vorkommen, so nennt man dieses Orgel-
punkt (point d^orgne). Die Harmonie darüber ist oft auch ohne den
aushaltenden Bass vollständig. Wenn man . . . . u. s. w.
Diese Beispiele, wobei die Ziffern gesetzt sind, sollen einen deut-
lichen Begriff von der Einrichtung der Harmonie geben*). [Folgen
Beispiele von Eberlin und Ph. E. Bach aus Türk's »Kurze Anwei-
sung« §. 195.] Lässt man den Bass weg, und beziffert daftlr die in
der zw*eiten Notenreihe tiefste Mittelstimme . . . . u. %. w. ^) .
Das ganze System der Akkorde. Zwei Grundakkorde:
der Dreiklang und Septimen - Akkord. Tabelle der konsonirenden
Akkorde 3). [Folgt die 1. und 2. Tabelle aus Kimberger's »Kunst
des reinen Satzes« I, S. 33.]
Die jetzt hergestellten dissonirenden Akkorde heissen wesentliche
oder nothwendige Dissonanzen , weil sie nehmlich jedesmal ihre Stelle
behaupten . . . . u. s. w.^).
Akkorde mit einem Intervalle , wodurch der Dreiklang aufgehal-
ten wird. Der Nonen- Akkord . . . . u. s. w. J^).
Akkorde mit einem Intervalle, wodurch der Sexten-Akkord aufge-
halten wird. Der Nonsexten- oder Sextnonen-Akkord . . . . u.s. w. <^).
1) Beethovens Vorlage : Bach's »Versuch«, 2. Theil, 24. Cap,, §..1, 3, 4, 6.
2) Türk's »Kurze Anweisung« §. 195.
3) Ttirk, §. 69.
*) Türk, §. 72-74.
6) Ttirk, §. 144, 145, 148—161.
«) Türk, §. 153-156.
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169
Akkorde mit eiaem Intervalle, wodurch der *l Akkord aufgehal-
ten wird. Der Sextquartnonen - Akkord oder Nonquartsexten - Ak-
kord . . . . u. 8. w. 1).
Akkorde mit einem Intervalle, durch welches der Septimen- Ak-
kord aufgehalten wird. Der Sextseptimen-Akkord . . . .u. s. w. ^) .
Akkorde mit einem Intervalle, wodurch der ^ten, ']ten und 24en Ak-
kord aufgehalten wird. Die 6. durch die 7. aufgehalten im ?ien Ak-
kord . . . . u. 8. w. 3) .
Akkorde, welche durch Aufhaltung zweier Intervalle entstehen.
Der Dreiklang mit 2 Intervallen aufgehalten. Der Quartnonen- oder
Nonquarten-Akkord . . . . u. s. w. ^) .
Sexten -Akkord durch 2 Intervalle aufgehalten. Nonseptimen-
Akkord . . . . u. s. w. 5) .
Der ^-Akkord durch 2 Intervalle aufgehalten, durch die 9 und
7, durch die 7 und 5, durch die 7 und 3.
g^ ^FH ^ ^^P^
^m
m
galante Schreibart <0-
Lachet Freunde über diese Galanterie.
Der 7-Akkord durch 2 Intervalle aufgehalten, durch die 9 und 4,
durch die 6 und 4, durch die 9 und 6 . . . . u. s. w. ').
i) Türk, §. 158—162.
2) Türk, §. 164-167.
3) Türk, §. 169— ni.
*) l^rk, §. 173-175.
5) Türk, §. 176.
«) Türk, §. 177.
^) Türk, §. 179—182.
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170
Der Dreiklaiig aufgehalten durch 3 oder 4 Intervalle. Der Ak-
kord der grossen Septime . . . . u. s. w. i).
Akkorde, durch die Verzögerung des Basses entstehend. Schlecht-
hin werden diese auch VorauNiahmen (Anticipationen] genannt. Vor-
ausgenommener Dreiklang . . . . n. s. w. 2) .
Andere nehmen den Dreiklang und Septimett-Akkord als Grund-
akkorde vom ersten Rang, folgende aber als Grundakkorde vom zwei-
ten Rang.
Der Nonen- Akkord entsteht durch das Hinauf ügen der Terz un-
ter den Grnndton eines Septimen-Akkordes . . . . u. s. w.
Der Ündeeimen-Akkord entsteht durch . . . . u. 9. w.
Der Terzdecimen- Akkord entsteht durch das Hinzufügen ....
[u. s. w. bis :] in der weichen Tonart auf der Tonika selbst wie hier
[Beispiel] gebraucht •<) .
Das war die Vorlage zu Seyfried's Buch von Seite 53 bis
Seite 73 Zeile 3.
In voratehendem Auszuge ist eine den 2- Akkord betref-
fende Stelle der Handschrift vollständig nachgeschrieben wor-
den, weil sie eine Bemerkung Beethoven's (»Lachet Freunde
über diese Gtilanteriea) enthält, welche zu verschiedenen Deu-
tungen Anlass geben kann. Nach unserer Ansicht bezieht sie
sich nicht auf das Beispiel, sondern auf das Wort »galant«.
(Türk versteht unter der galanten Schreibart die freie, im
Gegensatz zur strengen oder gebundenen Schreibart.) Wenn
man Sejrfried's Buch zur Hand nimmt und seine Vorrede nach-
liest, so glaubt man, sie gelte einem Beispiel von Albrechts-
berger. Das Falsche einer solchen Deutung liegt auf der
Hand. Das ist ttbrigens die einzige ironische Bemerkung
Beethoven's, welche in den vorliegenden Schriften vorkommt.
Ferner hat Seyfried (S. 70) mit Unrecht die letzten Stel-
len des Auszugs, die doch dem Inhalte nach zusammenge-
hören, getrennt. Beethoven will (mit Ttirk) nichts Anderes
sa^en, als dass es ausser dem einen, zuerst vorgetragenen
») Ttirk, §. 184-189.
2) Türk, §. 191—194.
3 Türk, Anmerkung zu §. 80.
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171
System noch ein anderes giebt, welches vom ersten darin ab-
weicht, dass es die Nonen-, Undedmen- und Terzdecimen-
Accorde nicht als Vorhaltsbildungen erklärt, sondern durch
Terzenzusätze unter den Grundton eines Septimen -Accordes
bildet.
Was Seyfried Seite 73 Zeile 4 bis Seite 74 bringt, fehlt
im Manuscript. An letzterem ist aber ein Blatt abgerissen.
Es ist daher wohl möglich, dass die betreffende Stelle ur-
sprünglich vorhanden war. Beethoven's Vorlage wäre gewesen :
Kimberger's »Kunst des reinen Satzes«, I, S. 129 — 132.
Es folgen nun die Schriften, welche den einfachen Con-
trapunkt betreffen. Diese mUssen nach zwei und mehr Sei-
ten unterschieden werden. Anders wie beim Generalbass, wo
die Schriften einer und derselben Zeit angehören, gehört ein
Theil der contrapunktischen Schriften dem Cursus Beethoven's
bei J. Haydn und Albrechtsberger an; der andere Theil aber
reiht sich nach seiner ganzen äusseren Erscheinung, nach
Handschrift, Papier, Einfassung n. s. w. an die Schriften über
Generalbass aus dem Jahre 1809.
Der Unterricht Beethoven's bei Joseph Haydn mag bald
nach Beethovens Ankunft in Wien (im November 1792) be-
gonnen und bis kurz vor Haydn's Abreise von Wien nach
England (am 19. Januar 1794) gedauert haben. 'Dann begann
der Unterricht bei Albrechtsberger. Der Unterricht bei J. Haydn
kommt also zuerst.
Dem Unterrichte Beethoven's bei J. Haydn gehört an eine
Anzahl loser, aber zusammengehörender Bogen und Blätter,
welche zusammen 54 Seiten in Querfolio ausmachen. Das
Manuscript ist nicht mehr ganz vollständig; es mögen unge-
fähr 10 Blätter verloren gegangen sein. Auf der ersten Seite
steht von Beethoven's Hand: »Uebungen im Contrapunkt«.
Vorhanden sind 245 Uebungen in fast allen ftinf Gattungen
des zwei-, drei- und vierstimmigen strengen Contrapunkts.
Die Uebungen bewegen sich sämmtlich innerhalb der Grenzen
der sechs alten Tonarten, wie solche von Fux in seinem »Crra-
dtis ad Pamassum» erklärt und angenommen werden. Die den
\
^
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172
Uehungen zu Grunde liegenden sechs Cantus fimii sind fol
gende .
^: — ^Ä — ^ ya -^ «• — AT —
I.Ton. D. ^
izlaiz
2. Ton. E. ^:
ZZZZffiT
^
S.Ton. F.
W
zsiz
p
4. Ton. G. ^=^E^
221
=B
5. Ton. A. ^
-^-
I22I
isz:
PI
6. Ton. C. ^
-9-
-9-
-^-
si
Die Uebungen sind, wenn auch ohne Taktzeiehen, im
alten oder grossen AUabreve-Takt geschrieben. Von Beetho-
ven's Hand findet sich, ausser den Uebungen selbst und den
dazu gehörenden Ueberschriften (z. B. »2stimmiger Contra-
punkt. Nota contra Notama — »2** Gattung des zweistimmigen
C.« — »3*« Gattung des zweistimmigen C.« u. s. w.), nirgends
eine Bemerkung vor. Haydn hat hier und da Noten geändert,
manche Stellen mit einem Kreuz (fj oder mit einem »NB.«
bezeichnet, jedoch nirgends ein erklärendes Wort beigefügt y.
Seyfried hat von diesen Uebungen manche aufgenommen.
Sie stehen bei ihm:
Seite 107 und 108; sieben Uebungen. Die Zwischenbe-
merkungen Seyfried's (Seite 107 unten und S. 108; stehen je-
doch iiicht im Manuscript. Auch hat Seyfried hier und in
allen folgenden Uebungen Taktzeichen und Wörter (»Ausfül-
lung« u. 8. w.j vorgesetzt und Zififern eingefügt, die nicht in
der Handschrift stehen.
1) Dass, wie in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom 4. No-
vember 1863 gesagt wurde, die vorliegenden Uebungen mit dem Unter-
richte Beethoven'g bei Schenk zusammenhangen können, ist nicht wahr-
scheinlich.
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173
Seite 111 unten bis S. 113 oben; 3 Uebungen. Im vor-
letzten Takt der 2. Hebung muss das untere A im Bass weg-
fallen.
Seite 116 bis S. 118 oben; 4 Uebungen. Im 5. Takt
der ersten Hebung muss im Alt die erste Note h statt d heis-
sen. Die Bemerkung S. 117 vor der letzten Hebung steht
nicht im Manuseript.
Seite 120 und 121 ; 3 Uebungen, Die Bemerkungen, welche
Seyfried S. 120 und S. 121 bis 122 oben bringt, stehen nicht
im Manuseript.
Seite 124 bis 125 oben; 4 Uebungen.
Seite 127 bis 128 oben; 4 Uebungen. In der ersten He-
bung muss die zweite Note im Bass (a) eine Octave tiefer
stehen. Die Bemerkung zwischen der 2. und 3. Hebung steht
nicht im Manuseript.
Seite 132 bis 134; 4 Uebungen. In der letzten Hebung
muss im Sopran, statt der ersten Note, eine Pause stehen.
Seite 138 bis 139 oben; 4 Uebungen. In der letzten He-
bung muss die 8. Note im Bass eine Octave höher stehen.
Die Bemerkung S. 138 y>N(yca Cddenza^^ steht nicht im Ma-
uuscript.
Seite 142 bis 145 oben; 4 Hebungen. In der ersten He-
bung muss die 13. Note im Sopran d statt g heissen. In der
2. Hebung muss die 8. Note im Tenor eine Octave tiefer stehen,
so dass ein Septimen-Sprung darauf folgt. In der 3. Hebung
uiuss die letzte Note im Tenor eine Quinte tiefer [e statt h)
stehen. Die Bemerkungen vor der ersten und nach der letz-
ten Hebung (S. 142 und 145) stehen nicht im Manuseript.
Beethoven's Hebungen im einfachen Contrapunkt bei Al-
brechtsberger sind in zwei Gruppen zu sondern. Zuerst kom-
men Hebungen in allen Gattungen des zwei-, drei- und vier-
stimmigen strengen Contrapunkts. Sie nehmen einen Raum
von 16 enggeschriebenen Seiten ein. Das Manuseript ist aber
nicht vollständig und es mögen 4 Seiten fehlen. Den Hebun-
gen liegen zwei feste Gesänge zu Grunde, der eine in Fdur,
der andere in DmoU. Von Albrechtsberger's Hand sind ge-
sehrieben einige allgemeine Kegeln und verschiedene auf Beet-
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174
hoven'g Uebungen sich beziehende Bemerkungen. Regeln^
welche aaf die einzelnen Gattungen eingehen , sind nicht vor-
handen. Es ist daher wahrscheinlich, dass ein gedrucktes
Lehrbuch gebraucht wurde. Dies konnte, nach einer später
mitzutheilenden Bemerkung, kein anderes sein, als Albrechts-
berger's »Anweisung zur Composition« in der Ausgabe vom
Jahre 1790. Von Beethoven's Hand finden sich einige Be-
merkungen vor. Bei einer Uebung der zweiten Gattung des
dreistimmigen Contrapunkts bemerkt Beethoven: »Der Nieder-
streich soll vollstimmige Akkorde haben, der Aufstreich kann
leere haben«. Beim vierstimmigen Satz findet sieh zu Anfang
die Bemerkung: »Die Licenzen [nämlich erlaubte verdeckte
Quinten und Octaven] abwärts sind besser als aufwärts. Die
Licenzen dürfen in der obem Stimme höchstens einen Quin-
tensprung, im Basse und in den Mittelstimmen können sie
auch einen 4*«", 6**" und 8^«"-8prung haben. Bei dem 4**'''
Sprunge hinauf und bei dem ß^'' Sprunge hinauf sind in der ge-
raden Bewegung verdeckte Quinten und 8^«*^ zu machen«. Bei
einer unvorbereiteten Septime, welche Beethoven nicht in einer
Uebung sondern «m Rande anbringt, fragt er: »ist es erlaubt?«
Andere und anderartige Bemerkungen finden sich nicht vor.
Bemerkt kann noch werden, dass, ähnlich wie in Albrechts-
berger's »Anweisung«, auch Uebungen in andeni Taktarteu.
als im gewöhnlichen (|^-Takt, vorgenommen wurden. Sey-
fried hat von allen Uebungen keine aufgenommen.
Nun ist die zweite Gruppe der contrapunktischen Uebun-
gen zu erwähnen. Sie fallen 8 Seiten. Da« Manuscript kann
aber unvollständig sein, und es mag etwa ein Blatt fehlen.
Die Uebungen sind theils im strengen, theils im freien Satze
geschrieben. Allen liegt folgender Cantus firmus zu Grunde:
g^E^^^^^^^^^^g iiB
Die Uebungen sind von Albrechtsberger corrigirt und mit Be-
merkungen versehen. Eine Bemerkung lautet: »Nebst der
wesentlichen Septime sind noch im freyen Satze frey anzu-
schlagen erlaubt die kleine über dem 4. grossen Ton, die
verminderte auf dem 4. und 7. grossen Touu. Von Beethoveu's
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175
Hand findet sich ausser Ueberschriften n. dgl. keine Bemer-
kirag vor. Seyfried hat aus dieser Sammlung das Material
zn seinem 15. Capitel genommen. Alle Beispiele oder Ue-
bnngen, welche darin von Seite 146 bis 154 vorkommen, sind
von Beethoven gesetzt und geschrieben. Jedoch ist zu be-
merken, dass Seyfried mehrere Stellen in den üebungen ge-
ändert hat, und dass die Bemerkungen, welche bei ihm von
Seite 146 Zeile 7 bis Seite 149 unten vorkommen, nicht in
der Handschrift stehen. Mit dem letzten Beispiel Seite 154
bricht das Manuscript ab. Ueber das Folgende lässt sich also
nichts sagen.
Das wären nun Beethoven's eontrapunktisehe Üebungen
bei Haydn und Albrechtsberger. Es ist aber noch eine vierte
Sammlung zu erwähnen, welche sich unter Beethoven's Nach-
lass vorfand. Sie besteht aus einigen Heften, umfasst Über
1 20 Seiten und enthält Üebungen in allen Gattungen des zwei-,
drei- und vierstimmigen Contrapunkts von fremder Hand, und
Regeln, Anmerkungen u. dgl. von Albrechtsberger's Hand*
geschrieben. Allem Anschein nach sind es Üebungen eines
andern, unbekannten Schülers Albrechtsberger's. Von Beetho-
ven sind sie gewiss nicht. Beethoven's Handschrift ist nir-
gends zu finden^). Gl^hwohl hat Seyfried die Sammlung
benutzt. Doppelt sehlimm aber ftlr ihn, dass er sich gleich
an einigen Beispielen , welche dem » Crradus ad Pamassumm
von Fux entnommen sind und welche dem Schüler nur als
Muster dienen konnten, vergrifif und sie änderte. Es sind die
bei ihm Seite 87 bis 91 stehenden Beispiele des zweistimmi-
gen Contrapunkts. Im Manuscript sind sie (von der Hand des
Scbtiters) genau so geschrieben, wie sie in der lateinischen
Ausgabe des »Crrarfew«, Seite 53 — 55, 59 und 60, gedruckt
■^
1} Albrechtsberger bemerkt bei einer Uebung: »Nova Cttdewxa; Am
Schlosd eines Heftes steht von des Schülers Hand : »Finis. Omnia ad ma-
forem Dei Ohriam*. Diese Worte konunen bei Seyfried S. 138 und 155 vor.
2] Schindler erzählt (Biogr. II, 309) von einem Heft , welches er bei
Beethoven gesehen, und welches eontrapunktisehe Arbeiten Albrechts-
berger's fttr seine Schiller enthalten habe. Könnte das nicht ein Heft von
der obigen Sammlung gewesen seinV
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176 •
sind. Auch die dabei stehenden, meifttens in lateinisdier
Sprache geschriebenen nnd mit Fux übereinstimmenden Be-
merkungen hat Seyfried geändert. Dass Seyfried hier die
vorliegende Sammlung und nicht eine andere, später zu er-
wähnende benutzt hat, geht u. a. auch daraus hervor, dass
die Beispiele, welche er Seite 89 bringt und fälschlieh auf
den Leitton bezieht, welche aber eigentlich nur die mit einem
verminderten Septimen- Accord vorzunehmenden enharmonischen
Verwechselungen zeigen sollen, in derselben Folge auch in
der Handschrift zwischen dem letzten Beispiel der ersten Gat-
tung und dem ersten Beispiel der zweiten Gattung vorkommen.
Jedoch stehen sie hier, ohne Zusammenhang mit dem Vor-
hergehenden, am untern Ende einer Seite, wo sie von Al-
brechtsberger hingeschrieben wurden, augenscheinlich, weil er
hier zur Anbringung einer spätem, beiläufigen Bemerkung
eine leere Stelle fand.
Ausser den angeführten Beispielen sind folgende Uebun-
gen bei Seyfried der Sammlung entnommen:
Seite 94, 2 Uebungen.
Seite 95 unten bis S. 99 oben, 8 Uebungen.
Seite 101, 2 Uebungen.
Seite 110—111, 3 Uebungen.
Seite 114 — 116 oben, 3 Uebungen.
Seite 118 und 119, 3 Uebungen.
Seite 129—131, 4 Uebungen.
Dem theoretischen Theil der Sammlung sind folgende
Stellen bei Seyfried entnommen : Seite 95 Zeile 1 ff. ; Seite
104 unten bis Seite 106 oben; Seite 109, 113 und 114 oben.
Sowohl in den Uebungen als bei diesen Stellen hat Seyfried
geändert. Folgende Textstellen bei Seyfned kommen nicht
im Manuscript vor: Seite 91 Zeile 4; Seite 96 mitten; Seitt*
99 Zeile 1—14; Seite 99 unten bis Seite 101 oben; Seite 105
Zeile 3 und 4; Seite 114 unten; Seite 115 mitten; Seite 131
bis 132 oben. Dies mag genug sein, um Seyfried's Verfah-
ren bei der Benutzung einer unechten Handschrift au's Licht
zu stellen.
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177
Es sind nun die contrapunktischen Schriften vorzunehmen,
welche sich den Schriften tlber Generalbass ans dem Jahre 1809
anschliessen. Beethoven's Auszüge stehen in einem (62 Seiten
in Querfolio umfassenden) Heft, welches überschrieben ist:
»Materialien zum Kontrapunkt«. Zuerst erscheint ein Auszug
ans Kimberger's »Gedanken über die verschiedenen Lehrarten
in der Komposition«. Seyfried hat diesem Auszug nur eine
Stelle entnommen, deren Anfang nach Beethoven's Handschrift
lautet :
Zwei Noten gegen eine werden auf eine zweifache Art behandelt.
Einmal kann die erste Note eine Konsonanz und die zweite eine Dis-
sonanz sein, das heisst bekanntermaassen der reguläre Durchgang.
Zum andern kann die erste Note dissoniren und die zweite konso-
niren, . . . . u. s. w. ^).
Seyfried bezieht (Seite 93 — 94 oben) die Stelle unpassen-
der Weise auf die freie Schreibart. Ueberdies hat er durch-
weg Wörter geändert.
Nach dem Auszug ans Kimberger's »Gedanken« schreibt
Beethoven: »Von hier geht man zu dem Blatte wo die Lehre
von dem Fuxischen Kontrapunkt anfängt«. Diese Lehre be-
ginnt mit einer Einleitung, überschrieben: »Einleitung zur
Fnxischen Lehre vom Kontrapunkt«. Beethoven's Auszug ist
sehr eingehend, enthält auch einige eigene Bemerkungen.
Er füllt, so weit er vorhanden ist (denn im Manuscript fehlen
einige Blätter) , wenigstens 36 Seiten. Eine gekürzte Wieder-
gabe des Auszugs (wie bei den Schriften über Generalbass)
mag hier genügen. Beethoven schreibt:
EiDleitmg nr fvxischeii Lehre ?•■ ÜMtrapviikt
Die Bewegung ist die Fortschreitung von einer Stimme zur andern.
Sie ist dreierlei : gerade Bewegung (motus rectus) , wenn zwei Stimmen
zugleich fallen oder steigen . . . . u. s. w. '^) .
1) Beethoven'B Vorlage bei dieser Stelle: Kirnberger's »Gedimken«,
Seite 7 Zeile 9 v. u. bis Seite 8.
2) Beethoven's Vorlage: 'l^rk's »Kurze Anweisung zum Generalbass-
spielen«, §. 2S.
Nottebohm, Beethovemana. 12
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178
Der Gebrauch dieser Bewegungen ist in folgenden 4 Regeln ent-
halten. 1) Von einer vollkommenen Konsonanz zu einer andern voll-
kommenen geht man, entweder durch die widrige oder Seitenbewe-
gung . . . . u. 8. w.*).
Bigentlich nur 2 Regeln: 1) von einer vollkommenen K. zu einer
andern kann man nur durch die widrige oder Seitenbewegung ge-
hen. . . . u. 8. w. 2).
Hierbei wird die widrige oder Seitenbewegnng deswegen ange-
rathen, weil sonst verdeckte 5**" und 8'*" entstehen . . . . u. s. w. ^ .
Der Querstand (unharmonischer böser QuerstAnd) , relaiio tum
harmomca, bedeutet . . . . u. 8. w. *).
Jedoch in dieser Fortschreitung dürfte man die 8'** nicht ver-
doppeln . . . . u. s. w. ^).
Vm tieii (SatUmgeii des KMtrapmkts.
Erste Gattung. Note gegen Note (de nota cmitra notam) . * Hier-
bei sind erstens die 4 Regeln zu beobachten, dann soll man mehr
unvollkommene als vollkommene Konsonanzen anbringen . . . . u. 8. w.^) .
Die alten Tonlehrer verbieten diese 8^^, Ottava baiitiia . . .
u. s. w.
7^
Dieae 8^* ist erlaubt . . . . u. s. w. s).
Zweite Gattung des Kontrapunkts. 2 Noten gegen eine.
Hierbei das Niederschlagen (i/iem) und das Aufschlagen (arsts) zu be-
trachten . . . . u. s. w. ^) .
<} Fux' »fjfradus ad Parnassutn^ in Mizler's deutscher Uebersetzung,
8. 60 und 61.
'^j (?} Kirnberger's »Kunst des reinen Satzes«, erster Band, S. 143.
3) Ph. E. Bach's »Versuch«, 2. Theii, 2. Capitel, 1. Abschniu,
§. 18—23.
*) Türk, a. a. 0., §. 40. Dazu Beispiele aus Kirnberger's »Kunst
des reinen Satzes«, I, S. 139 und 140.
5) Ph. E. Bach, a. a. 0., 2. Capitel, 1. Abschnitt, §. 35.
6) Fux, a. a. 0., S. 64-72. Dazu die Beispiele Tab. H, Fig. 3— ü
und 9—13.
'') Albrech tsberger's »Anweisung zur Composition «, Ausgabe vom
Jahre 1790, Seite 28.
8) Fux, a. a. 0., S. 72 und 73. Dazu die Beispiele Tab. H, Fig. 16
und 17 und Tab. III, Fig. 1.
») Fux, a. a. 0.. S. 74 bis 77; Tab. 11, Fig. 21 ; Tab. III, Fig. 2-17 ;
Tab. IV, Fig. 1-6.
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179
Der Tropfen Wasser durchlöchert endlich einen Stein ....
u. 8. w. M-
Unter dem strengen Satze versteht man tlberhaupt alle 5 Gat-
tungen des Kontrapunkts. Zu ihm gehören . . . . u. s. w. 2).
Dritte Gattung des Kontrapunkts. 4 Notengegen eine.
Von diesen 4 Noten muss die erste eine Konsonanz . . . . u. s. w. ») .
Vierte Gattung des Kontrapunkts besteht ans zwei halben
Schlägen gegen einen ganzen . . . . u. s. w. *) .
Von der Au fl ÖS nngder Dissonanzen. De Dtssonantiartan
Resobiäone, Eine gebundene Note ist nichts anders, als eine Verzöge-
rung der folgenden Note . . . . u. s. w. ^).
Fünfte Gattung des Kontrapunkts. (Conirapunctum ßo-
ndimi.) Der verblümte K., da schon nach damaliger Zeit allerlei
Zierrathen, fliessende Bewegungen , verschiedene Veränderungen des
Gesangs statt finden . . . . u. s. w. ^').
.^Von der Note gegen Note in 3 Stimmen. Bei dieser
Komposition ist in acht zu nehmen, dass bei jedem Takt der harmo-
nische Dreiklang anzubringen sei .... u. s. w. ^) .
Vom Kontrapunkt mit zwei halben Noten gegen eine
ganze. Es gilt hier alles was im 2stimmigen S. gelehrt worden ....
u. s. w. "»). ,
Mit vier Noten in 3 Stimmen. Alles gilt was vom zwei-
stimmigen in dieser Gattung . Hauptsächlich muss auf die
Noten gesehen werden, die in Thesi stehen . . . . u. s. w. ^) .
In 3 Stimmen mit Bindungen Vieles ist durch die *
Regeln in der Höhe verboten, was in derTiefe erlaubt ist ... . u. s. w. ^^) . 1
») Fux, S. 77. Vgl. Seyfried S. 92.
'^: Albrecbtsberger's »Anweisung«, S. 18, 17 und 67.
3} Fux, S.' 78 und 79; Tab. IV, Fig. 7—17; Tab. V, Fig. 1~:}.
* Fux, S. 80; Tab. V, Flg. 4 und 5.
'») Fux, S. 80-83; Tab. V, Fig. 6 bis 20; Tab. VI, Fig. 1.
«: Fux, S. 83—85; Tab. V, Fig. 21 ; Tab. VI, Fig. 2-16.
7; Fux, S. 86—94; Tab. VII, Fig. 2, 3, 6-11, 14—23; Tab. VIII,
Fig. 1-9.
«) Fux, S. 96, 97; Tab. VIII, Fig. 10-12; Tab. IX, Fig. 1-7.
»; Fux, S. 98; Tab. X, Fig. 1—5.
H») Fux, S. 99—104; Tab. XI, Fig. 1-10: Tab. XII, Fig. 1-7;
Tab. XIII, Fig. 1 und i>.
12^
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ISO
D er bunte Kon tr ap n n k t. De ronirapimcinßorido in 3 Stim-
men. Dieser ist eine Zosammensetzun; aller 5 Gattungen u. s. w. *) .
Vom Kontrapunkt mit 4 Stimmen. Wo man wegen feh-
lerhafter Gänge, welches öfters geschieht, die 8. nicht haben kann,
wird die 3., sparsamer aber die 6. verdoppelt . . . . n. s. w.^).
Zwei Schläge auf einen ganzen Takt, 4 Stimmen.
[Folgen ohne Weiteres Beispiele^).]
Von Vierteln gegen einen ganzen Schlag. [Folgen
Beispiele mit den dazu gehörenden Bemerkungen^). Bei einem dieser
Beispiele, welches an zwei Stellen verdeckte QumtenfortscbreitangeD
enthält, findet sich eine Bemerkung Beetlioven's. Beethoven sehreibt:]
^
1«=
1
C. f.
^^mmmm^^^^m
1) Fux, S. 105; Tab. XIII, Fig. 3-7; Tab. XIV, Fig. 1.
2) Fux, S. 107, lOS; Tab. XIV, Fig. 2, 3, 5-7; Tab. XV. Fig. l--ß;
Tab. XVI, Fig. I.
3j Es sind die Beispiele bei Fux Tab. XVI, Fig. 2—5.
«) Fux, S. 112-114; Tab. XVII. Fig. 1-5; Tab. XVIll, Fig.
1-4; Tab. XIX, Fig. I.
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181
EgzjL J I ^-i^f=nh=}=i=M^^^^ =^i
^eI
mz
-^^
m
^^
:?*
Fux entschuldigt + « dieses sehr und scheint auch manchmal mit
Fleiss solche Beispiele gewählt zu haben, wo der Schaler solche Fehler
machen musste. ^ Das letztere würde jedoch für mein Ohr nie zu ent-
schuldigen sein. Es lassen sich schon Choräle streng rein setzen *} .
Von dem Kontrapunkt mit Bindungen in 4 Stimmen.
Die Regel, dass die Harmonie zu den Bindungen beständig aus 3 Schlä-
gen bestehen soll, kann nicht so genau beobachtet werden . . . . u. s. w.
bis : Daher ist diese Fortschreitung so anzusehen, als wenn man
YOD einer vollkommenen Konsonanz zu einer unvollkommenen in der
geraden Bewegung fortgehe 2).
i) Vgl. Seyfried. S. 128.
2) Fux, S. 115, 116; Tab. XIX, Fig. 2-7.
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r
182
Mit diesen Worten bricht das Manuscript ab. Seyfried
hat dem Auszug entnommen:
Seite 103—104, 4 Beispiele:
- 106, 2 Beispiele;
- 122—123, 4 Beispiele:
125 unten und S. 126, 4 Beispiele;
ferner ^mit Aenderungen) die Textstellen : Seite 92 Zeile 6 v. o. :
S. 96 Z. 13 V. u.; S. 101 u. f.; S. 104; S. 109 oben: S. 113
Z. 8 V. u.; S. 122 u. s. w.
Albrechtsberger lässt in seiner »Anweisung« auf die Lehre
vom einfachen Contrapunkt die von der Nachahmung folgen.
Es ist zu vermuthen, dass bei dem Unterrichte Beethovens
Albrechtsberger denselben Weg nahm. Jedoch findet sich
unter den Papieren aus Beethoven's Nachlass nichts, das
näheren Aufschluss und Gewissheit geben könnte. Ausser
einer der späteren Zeit angehörenden Abschrift der in Albrechts-
berger's »Anweisung« (S. 163 bis 167) enthaltenen Beispiele
der Nachahmung vom Einklang bis zur Unteroctave sind drei
länger ausgeführte Stücke namhaft zu machen, welche zur
Form der Nachahmung gerechnet werden können. Diese drei
Stücke hat Beethoven bei Albrechtsberger componirt.
Das erste Stück, E-moll, V4-Takt, liegt dreimal in Beet-
hoven's Handschrift vor: einmal entwurfartig, ein andermal in
Reinschrift u. s. w. Seyfried hat es aufgenommen S. 167 — 171.
Er hat aber Stellen geändert und am Schluss 6 Takte hinzu-
geftlgt. Beethoven lässt das Stück um so viel Takte früher
auf der Dominante schliessen. In der erwähnten Reinschrift,
welche übrigens Seyfried nicht kannte, ist es ftlr zwei Violinen
und Violoncell bestimmt. Es hat hier die Ueberschrift : »Adagio.
Quasi Preludio a tre voci«. Am Schlüsse steht: »attacca Fuga«.
Die Fuge, welche folgen sollte, hat Seyfried S. 197—203
aufgenommen.
Das zweite Stück, F-dur, 74-Takt, liegt in einer unvoll-
ständigen, viel geänderten Handschrift vor. Es ist für Streich-
quartett geschrieben. Bei Seyfried steht es S. 172 — 181.
Das dritte Stück, C-dur, Vs-Takt, hat Seyfried nicht
gekannt.
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183
Die hei Seyfried S. 160 — 167 abgedruckten Stücke liegen
auch in Beethoven's Handschrift vor. Die Stücke sind aber
nicht von Beethoven. Beethoven, hat sie nur abgeschrieben.
Sie sind von Ph. E. Bach und stehen in dessen Ȁet Sonate
per Cembalo^ Op. 2«. (Das Stück in G-moU ist der 2. Satz
der 4., das in Es-moll der 2. Satz der 5. Sonate.} Zu be-
merken ist, dass Beethoven die Stücke nicht, wie Ph. E. Bach,
auf zwei, sondern auf drei Linien-Systeme geschiieben hat.
Die bei Seyfried Seite 156 bis 159 stehenden acht Nach-
ahmungssätze sind handschriftlich nicht vorhanden, lassen sich
aber gedruckt nachweisen. Sie finden sich nämlich der Reihe
nach und nur in anderer Form (in andern Ton- und Takt-
arten u. s. w.) in der von Seyfried herausgegebenen »Wiener
Tonschule« von Joseph Preindl (2. Theil, S. 36 f.)*). Das
dritte Stück steht auch in Albrechtsberger's »Anweisung«
S. 164. Eine Vergleichung der Stücke, wie sie in der »Wiener
Tonschule« und wie sie in den »Studien« erscheinen, ergiebt,
dass ihre Form in ersterem Buch die ursprüngliche ist. Es
hat allen Anschein, dass Seyfried die Stücke aus dem einen
Buch in das andere hinübergenommen und, um sie unkennt-
lich zu machen, verändert habe. Wir theilen aus Preindri*
Buch, welches wenigen Lesern zur Hand sein wird, das letzte
oder achte Stück zur Vergleichung mit Seyfried (S. 159) mit.
Nachahmung in der Octave.
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>) Schindler sagt (Biogr. I, S. 79 f.) in Bezug auf Preindl' s »Wiener
Tonachule«: »Wie viele Geisseihiebe hat nicht dieses Tonsetzlehrbuch
des alten Reichs -Componisten von Beethoven auszuhalten gehabt!«
Nun erschien abar die »Wiener Tonschule« erst im Jahre 1827 um die
Zeit, als Beethoven schon todt war. Eine andere Ausgabe, als die von
Seyfried nach dem Tode Preindl's herausgegebene, hat es nicht gegeben.
Seite 126 im Anhang (der Wiener Ausgabe) von Seyfried's »Studien«
findet man eine Anzeige des Werkes. Becensirt ist es in der Leipziger
Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom 19. März 182S und in der Ber-
liner Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom 4. Juni 1828.
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184
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Was Theoretischeß über die Fuge vorhanden ist, gehört,
mit einer kleinen Ausnahme, der spätem Zeit an. Der
früheren Zeit gehört an ein von Albrechtsberger geschriebenes
Verzeichniss von 30 Fugenthemas, welches die Ueberschrift
hat: y^Fugarum Themata ad Semirestrictianem et Restrictionem
aptan, Seyfried hat das Verzeichniss ziemlich genau aufge-
nommen S. 204 unten bis 206; nur das 17. Thema muss
nicht in Es-dur, sondern in D-moU stehen.
Vorhanden sind 29 vollständige einfache Fugen, welche
Beethoven bei Albrechtsberger componirt hat und deren Themas
sämmtlich jenem Verzeichniss entnommen sind. Seyfried hat
mehrere aufgenommen. Diese sind:
Seite 185 bis 188, 3 zweistimmige Fugen in B-dur, C-dur
und G-dur. Alle Anmerkungen bei Seyfried innerhalb der
Systeme und unmittelbar vor, zwischen und nach diesen Fugen
stehen nicht im Manuscript. Nur das »Lic.« (Licenz) im 14.
Takt der ersten Fuge ist echt und eine Anmerkung Albrechts-
berger's.
Seite 192 — 197, 3 dreistimmige Fugen in D-moU, B-dur
und 6-dur. Auch hier findet sich von den Anmerkungen,
welche Seyfried innerhalb der Systeme und zwischen den
Fugen bringt, keine Spur im Manuscript. Die Bemerkungen,
welche Albrechtsberger hier und da gemacht hat, hat Seyfried
weggelassen.
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185
Seite 206 — 217, 3 vierstimmige Fugen in A-moll, C-dnr
und B-dur. Bei Seyfried finden sich Aenderungen. Die zweite
Fuge z. B., welche zweimal handschriftlich vorliegt, soll vier
Takte früher mit einem Dreiklang auf C, und die dritte Fuge
einen Takt frtther mit einem Dreiklang auf B schliessen.
Ausser diesen Fugen über gegebene Themas gehören dem
Unterrichte bei Albrechtsberger an die zwei bei KSeyfried 8. 1 97
bis 203 und S. 217 bis 227 stehenden Fugen in E-moll und
F-dur. Die letztere ist jedoch schon mit Benutzung des dop-
pelten Contrapunkts in der Octave geschrieben.
Albrechtsberger lässt in seinem Lehrbuch auf die einfache
Fuge die Umkehrung [Nachahmung in der Gegenbewegung)
folgen. Es ist denkbar , dass dieser Gegenstand in gleicher
Folge auch beim Unterrichte Beethoven's berührt wurde. Theore-
tisches darüber und Uebungen von Beethoven finden sich
jedoch nicht vor. Das Stück, welches Seyfried S. 302—307
bringt, liegt zwar in einer Handschrift Beethoven's vor; es ist
aber nicht von ihm componirt, sondern es gehört zu einer
Composition von Händel, zu welcher auch die bei Seyfried
Seite 349 — 352 und Seite 348 unten vorkommenden und eben-
falls in Beethoven's Handschrift vorliegenden Stücke gehören ^) .
Nach der Umkehrung wird in Albrechtsberger's »An-
weisung« die Fuge mit einem Choral (der fugirte Choral) ^
gelehrt. Unter Beethoven's Arbeiten finden sich drei Fugen, j
die hier zu nennen sind. Sie stehen theils zwischen einfachen '
Fugen, theils zwischen Arbeiten zum doppelten Contrapunkt
in der Octave, mögen also den Uebergang gebildet haben von
der einen Form zur andern. Zwei davon hat Seyfried aufge-
nommen Seite 233 — 245, jedoch sind wieder Stellen geändert
und Albrechtsberger's Anmerkungen weggelassen. Die Fugen
liegen zwei-, zum Theil dreimal in Beethoven's Handschrift vor.
1) In Betrefif der verschiedenen Bearbeitungen, in welchen die Stücke
in Händel's Ouvertüre zu Esther und in dessen »Six Sonatas for Ttco
Violins, Two Hautboys« u. s. w. vorkommen, lässt sich verweisen auf
die Leipziger »Allgemeine Musikalische Zeitung« vom 3. Februar 1869.
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186
Das wären also die Fugenarbeiten Beethoven's bei Albrechts-
berger. Jetzt sind die Schriften aus der späteren Zeit zu
nennen, zunächst diejenigen, welche sich den früher ange-
fahrten Schriften aus dem Jahre 1809 anschliessen.
In dem Heft, welches die Ueberschrift »Materialien zum
Kontrapunkt« hat, beginnen zwei getrennte Auszüge wie folgt :
¥•■ äer Pnge.
Die Tonart wird durch den Umfang der Quarte und 5^, die inner-
halb der 8. liegen^ bestimmt, nach welchen Gränzen sich die [Sätze
der] Fuge richten müssen. Nemlich wenn die erste den Bezirk der 5**
einnimmt so darf die folgende die Gränze der Tonart oder der S.
nicht Überschreiten, sondern muss im Bezirk der Quarte bleiben und
so auch im Gegentheil . . . . u. s. w. [Dazu Beispiele und Fugen.] ^)
Bei zweistimmigen Fugen wenn die zweite Stimme mit dem Thema
eintritt, macht die erste einen Gegensatz (Contrathema) darzu, jedoch
nicht mit gleichlangen Noten nach der ersten Gattung , sondern mit
andern, die einen contrapunctischen , meistentheils nach der ftinften
Gattung verfertigten Schwung führen . . . . u. s. w. [Folgen Beispiele
und Fugen.] 2)
Auf einigen losen Blättern und Bogen [zusammen to
Seiten), welche auch dem Jahre 1809 angehören und wahr-
scheinlich ursprünglich mit andern, verlorenen Blättern zusam-
men ein Heft bildeten, finden sich folgende Stellen:
Für die gewöhnliche Modulation —
Haupttonart. Nebentonarten. Haupttonart. Nebentonarten.
- ^ ^ -T_^_-| L_- il. ± ^^1
Cdur. Amoll.
') Vorlage : Fux' » Gradus ad Pamasstifnn in der Uebersetzung von
Mizler, S. 123—126. Dazu die Beispiele Tab. XXII, Fig. 12—14;
Tab. XXIII, Fig. 1—4; Tab. XXIV, Fig. 1—3; ferner die zweistimmige
Fuge in Albrecht8berger*8 »Anweisung« (Ausg. v. J. 1790] Seite 17«
und 177.
*) Albrechtsberger a. a. 0. Seite 175 und 176. Dazu die zwei-
stimmigen Fugen bei Albrechtsberger S. 178 bis 180, die Beispiele und
Fugen bei Fux, Tab. XXV, Fig. 1, 2, 4-7 und Tab. XXVI, Fig. 1 bis
Tab. XXIX, Fig. 1.
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187
nur fünf Nebentonarten welche in Durtönen hinauf in Molltönen herab,
sammt ihren natürlichen Terzen Bich liier befinden. Dienlich zu einer
langen Fuge, Konzert, Sinfonie: Die angezeigte Ordnung wie diese T.
aufeinander folgen, ist nicht immer zu beobachten. C-dur und A-moU
haben gleiche Verwandte, eben so 6-dur und E-moll und so fort alle
Durtöne mit ihren kleinen Unterterzen . . . . u. s. w. M.
Von ier hge.
Die ant wogende Stimme ahmt in der Oberquinte oder Unterquarte
oder auch in der Ober- oder Unteroktave das Thema nach. Bleibt
sich der Gegensatz in allen Stimmen gleich, so kann er auch das zweite
Thema heissen, dann ist's eine Doppelfuge. Behält er nicht den nehm-
liehen Gesang eine einfache Fuge. Geht der Satz vom Haupfton in
seine Ober 5, so geht die Antwort von der 5 in den Hauptton ....
u. 8. w. [Folgen Beispiele.] ^j.
Nach altem Gebrauch hat eine regelmässige Fuge 5 Tonarten zu
verwandten, die schon oben angegeben. Da man bald dieser, bald
jener Stimme den Hauptsatz, oder den Gegensatz, oder bald diesem,
bald jenem Paar Stimmen eine Nachahmung in den verwandten Ton-
arten gibt . . . . u. 8. w. 3) .
Die Eintritte sind die schönsten zu Anfange sowohl 3- als mehr-
stimmiger Fugen, wo die Stimmen in der Ordnung hinauf oder herab
sich beantworten . . . . u. s. w. *).
Es gibt auch Fugensätze welche in der 2, 3, 1, 6, 7 der Tonica
anfangen . . . . u. s. w. [Mit Beispielen.] ^) .
Was dem Hauptsatze {thema) wenn die zweite Stimme damit ein-
tritt^ entgegen gestellt wird, heisst der Gegensatz . . . . u. s. w. ^>).
Seyfned hat diese Auszüge benutzt, aber sehr verändert
in seinem Buche Seite 181 bis 185 und Seite 189 (Zeile 8
von unten; bis Seite 192. Was er übrigens Seite 185 (Zeile
1
*; Albrechtsberger Seite U bis 10 oben.
*^i Albrechtsberger Seite 171—175 und 189—194 (mit Beispielen der
Beantwortung, Vergrösserung, Verkleinerung u. s. w.).
3j Ebenda Seite 195, 196.
*) Ebenda Seite 197.
5} Ebenda Seite 197—199.
0} Ebenda Seite 171.
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r
188
4 bis 7, 13 und 14) und Seite 192 (Zeile 6 flf.i sagt, davon
steht kein Wort im Manuscript.
Ausser einem Blatte, welches die 5 Bestandtheile der
Fuge kurz erklärt und welches von SeyMed S. 189 benutzt
wurde, sind noch vier Auszüge zu erwähnen, welche verschie-
denen Zeiten, überhaupt aber einer spätem Zeit als 1809 an-
gehören. Jeder Auszug zeigt eine Mischung von Stellen aus
Alb rech tsberger's »Anweisung« und aus Marpurg's »Abhandlung
von der Fuge«, 1. Theil. Der Inhalt bezieht sich meistens
auf Beantwortung der Themata und auf DurchfUhrung, nnd in
dieser Gemeinsamkeit des Inhalts kommt es vor, dass Stellen,
welche den beiden genannten Werken entlehnt sind, wieder-
holt vorkommen. Um ein Bild zu geben, theilen wir den
Inhalt zweier Auszüge mit. Zuerat folgende Stelle:
Alb — r u. Ma — g^} zusammen schreiben: Die zweite ange-
fangene Durchfnhrung entweder durch alle oder nur einige Stimmen ;
die alsdenn in der 3. Durchführung den Satz zuerst nehmen soll, lässt
man vermittelst einiger Pausen vorhero schweigen. Bei der zweiten
Durchführung, wenn es möglich ist, nimmt die 2. eintretende
Stimme den Satz ehe die erste selben vollendet hat (halbe EngfÜhrung) .
Dies gilt wohl mehr von zweistimmigen Fugen. Bd der ersten Durch-
führung macht man nach einigen Zwischensätzen eine Cadenz im
Hauptton oder Quinte, oder man macht keinen Zwischensatz und gleich
die Cadenz, bei welcher der Führer oder Geführte in der Stimme ein-
tritt, wo er nicht zuletzt war.
Nun die andere Stelle:
Nach der ersten Durchführung macht man nach einigen Zwischen-
sätzen eine Cadenz im Hauptton oder Quinte , oder man macht keinen
Zwischensatz und gleich die Cadenz, bei welcher der Führer oder
Gefährte in der Stimme (es braucht dieselbe Stimme, womit die
Fuge angefangen, nicht zu sein) eintritt, wo er nicht zuletzt war (aus-
genommen wenn Abkürzungen vorher in andern u. derselben Stimme
ij Albrechtsberger und Marpurg. Vgl. des Letzteren »Abhandlung«
4. Hptst. 3. Abschn. (Ausgabe v. J. 1753 S. 122 f.) und des Ersteren
»Anweisung« (1790) S. 175 f. Eine Vergleichung der verschiedenen
Ausgaben von Marpurg's Abhandlung ergiebt, dass Beethoven die Aus-
gabe V. J. 1753 gebraucht hat.
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189
geschehen). Bei der zweiten Dnrchftthrang , wenn es möglich
ist, oder wenn man will, die Antwort etwas näher oder eigent-
lich sn sagen auf die zweite eintretende Stimme (wenn es nöthig oder
wenn man ¥rill) den Satz ehe die erste selben vollendet hat (halbe Eng-
führnng) wenn viele Arten der engen Nachahmung bei dem Satze
möglich sind oder sonst die Fuge nicht zu lange werden soll. Die
zweite angefangene Durchführung entweder durch alle oder nur einige
Stimmen, die Stimme welche alsdenn in der dritten Durchführung den
Satz zuerst nehmen soll lässt man vermittelst einiger Pausen vorhero
In einem dritten Auszug wird derselbe Gegenstand nach
denselben Vorlagen vorgenommen. Seyfried scheint einen von
diesen Auszügen Seite 203 unten bis S. 204 benutzt zu haben.
Von den doppelten und mehrfachen Contra*
punkten hat Beethoven bei Albrechtsberger folgende Arten
durchgenommen: den doppelten Contrapunkt in der Octave,
den in der Decime oder Terz, den in der Duodecime oder
Quint, und den dreifachen Contrapunkt in der Octave. Die
darauf bezüglichen Blätter geben ein ziemlich klares Bild von
dem Gange und von der Art des Unterrichts. Zuerst erscheinen
die beim doppelten Contrapunkt in der Octave üblichen Ziflfern-
und Noten-Schemata mit Erklärungen und Bemerkungen, dann
Beispiele, alles von Albrechtsberger geschrieben. Aus einer
Bemerkung geht hervor, dass Albrechtsberger's »Anweisung«
in der Ausgabe v. J. 1790 benutzt wurde. Albrechtsberger
schreibt nämlich: »Das Uebersetzen taugt hier nicht, weil
lauter zu grosse Intervalle in beiden Verkehrungen entstehen,
wie im 2. Beispiele S. 279 zu ersehen ist«. Das gemeinte
Beispiel findet sich nur auf der bezeichneten Seite in der er-
wähnten Ausgabe., Dann erscheint von Beethoven's Hand ein
Auszug aus Eimberger's »Kunst des reinen Satzes« (2. Theil,
5. Abschnitt, S. 11 — 20), welcher beginnt wie folgt: »Ueber
den Gebrauch der Quinte und Quarte in dem doppelten Contra-
pnnkt der Octave. Ij Die Quartenfortschreitungen suche man
zu vermeiden , weil in der Umkehrung Quinten entstehen.
2) Weder kann man mit der Quinte endigen noch anfangen.
3 Auch mitten in einem Satz ist sie überall zu veruiei-
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190
den« . . . . n. 8. w. Später schreibt Beethoven üebnngen. —
Was Albrechtsberger über den doppelten Contrapnnkt in der
Decime und über die folgenden Contrapnnkte schreibt, stimmt
der Sache nach mit dem ttberein, was in seinem gedruckten
Lehrbuch steht. Nur ist alles gedrängter gefasst.
Was Seyfried aus dem theoretischen Theil des Unterrichts
in sein Buch aufgenommen hat, erscheint mit Stellen aus
andern, noch zu erwähnenden Schriften durcheinander gemischt.
Die Stelle Seite 247 Zeile 7 von unten bis S. 248 unten ist
mit den Beispielen dem erwähnten Auszug aus Kimberger's
»Kunst des reinen Satzes« entnommen. Die Seite 247 oben,
Seite 270 bis Seite 271 oben und Seite 308 bis 31 1 stehenden
Beispiele sind von Albrechtsberger geschriebene BeisjHele.
Auch die Textstelle Seite 258, Zeile 1— 2t, ist von Albrechts-
berger geschrieben. Jedoch hat Seyfried wiedenim Wörter
und Noten geändert.
Beethoven's Uebungen im doppelten und mehrfachen Con-
trapunkt füllen ungefähr 70 Seiten in Querfolio. Vorhanden
sind 34 kleinere Uebungen mit ihren Versetzungen und mit
Ausschluss der früher erwähnten vierstimmigen Fuge in F-dur
— bei Seyfried Seite 217 ff.) 8 Fugen. Ueberall ist Albrechts-
bergers verbessernde und erläuternde Hand bemerkbar. Sey-
fried hat einen Theil davon aufgenommen Seite 276 ;von Nr.
1 an) bis 299 und Seite 312 bis 325; das sind zusammen
drei kleine Sätze und fünf Fugen.
Jetzt sind die Schriften aus der späteren Zeit zu erwähnen.
Das Meiste über doppelten Contrapunkt findet sich in einem
Heft, welches seiner äusseren Beschaffenheit nach sich den
Schriften aus dem Jahre 1809 anschliesst. Das Heft umfasst
46 Seiten, ist aber jetzt nicht mehr so vollständig, wie es vor
40 Jahren war^ Im Anfang sind zwei Blätter abgerissen.
Auch mag in der Mitte ein Blatt fehlen. Zuerst erscheinen
Beispiele aus Albrechtsberger s » Anweisung o Ausg. v. J. 1790
S. 281 und 282. Dann schreibt Beethoven in Bezug auf den
doppelten Contrapunkt in der Octave weiter:
Wegen der reinen 5 ist noch anzumerken, dass [man] ^) sie nicht
^) Beethoven hat das eingeklammerte Wort vergessen.
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191
sprungweise, auch nicht wenn beide Stimmen stufenweise einhergehen,
anbringen darf . . . . u. s. w. [Folgen Beispiele.] ^)
Wenn jede Thesis oder jeder Anfang des Takts entweder die
widrige . . . . u. s. w. [Folgt ein Beispiel.] 2)
Wenn in der Komposizion eines zweistimmigen kontrapunktischen
Satzes von dieser Gattung nur die 3, 6^ und 8^^ . .. . . u. s. w. [Mit
Beispielen.] ^)\
In dieser Fuge wird gezeigt, wie durch Hülfe des doppelten Kon-
trapunkts in der 8^® der Gegensatz eingeführt wird. [Dabei eine Fuge
von Fux. Dann kommen Beispiele mit Bemerkungen^) und zuletzt
eine Fuge von Albrechtsberger 5) . Beethoven schreibt dann weiter :]
Von K. itf !•»«.
Hier kann eine von beiden Stimmen in die Decime , nach Weg-
lassung einiger Konsonanzen oder Dissonanzen, entweder in die Höhe
oder Tiefe versetzt werden.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
10 9876543 2 1
Kegeln. 2 Terzen und zwei 10™*" können m der geraden Be-
wegung nicht aufeinander folgen, weil aus jenen zwei 8^^" aus diesen
zwei Einklänge durch die Verkehrung entspringen wfirden . . . . u. s. w.*^) .
Dieser K. heisst Contraptmctum duplex in decmia aciUa, wenn ....
u. s. w. [Mit Beii^ielen.] '^)
Es ist hier wie im vorigen Kontrapunkt , wenn jede Thesis ent-
weder die Oegenbewegung oder die Seitenbewegung hat, so kann ....
n. a. w. [Mit Beispielen.] ^)
Hier oder da muss man des Gesanges wegen ein Intervall er-
niedrigen oder erhöhen, welches erlaubt ist. In der wirklichen Ans-
') Vorlage- Albrechtsberger's »Anweisung« (Ausg. v. J. 1790), S.
2s;t bis 285.
2) Fux' •Gradusii deutsch Seite 142 und Tab. XXXI, Fig. 8.
3) Albrechtsberger S. 287-290.
^) Fux, S. 142, 143 und Tab. XXXII, Fig. 1-3.
^y »Anweisung« S. 293—297.
ö) Fux, S. 144.
') Albrechtsberger S. 297— :i0l.
«} Fux, S. 145; Tab. XXXIII, Fig. b, 7 und Tab. XXXIV. ¥\^. 1.
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192
arbeitung braucht ^) die Verkehrnng nicht gleich von Anfang angebracht
werden, und bis zu Ende fortgdtlhrt werden : sondern . . . . u. s. w.'^i.
Fftngt man aber im Hauptton an, so kann man bei der Ver-
setzung . . . . u. 8. w. [Mit Beispielen.] ^)
Soll der Kontrap. in 4 Stimmen angebracht werden, so kano
diese . . . . u. s. w. [Folgt ein Beispiel.]^)
Nun wird gezeigt, wie dieser K. in der Komposition zu brau-
chen . . . . n. 8. w. [Folgen Beispiele und eine Fuge von Fux'' ,
ferner zwei Fugen von Albrechtsberger ®) . Beethoven schreibt weiter :^
Boppelter K. in iei Bi«äeeiMe.
Hier kann die eine unter zweien oder mehreren Stimmen in der
Duodecime entweder in die Höhe oder Tiefe versetzt werden.
12 3 4
5
6
7
8 9
10
11
12
12 11 10 9
8
7
6
5 4
3
2
1
r
Alle Intervalle, wie die Reihe von Zahlen zeigt . . . . n. s. w.''.
Schon in den andern Kontrapunkten haben wir gesehen, dass
auch die Liaienreilien müssen versetzt werden . . . . u. s. w. [Folgen
Beispiele.] ^)
6^ Regel. Will man aus einem zweistimmigen Satze einen
4 stimmigen machen, welcher durchaus in 12"^*^**] einhergehen
soll . . . . u. 8. w. [Folgen Beispiele.] ^^)
1) Schreibfehler Beethoven's für »mussa. Seyfried hat S. 261 auch
» braucht «.
»j Vorlage: Fux, S. 146.
3) Albrechtsbeiger, S. 308—310.
*) Fax, S. 146; Tab. XXXIV, Fig. 4.
5) Fux, S. 146, 147; Tab. XXXIH, Fig. 8; Tab. XXXIV, Fig. 2. X
5, 7, 8; Tab. XXXV, Fig. 1.
6} »Anweisung«, S. 316 £f. und 320.
7) Fux, S. 148, 149.
Si Albrechtsberger, S. 326—334.
®) Beethoven hat hier einen Druckfehler roitabgeschrieben. Statt
■ 12"«»« (Dttodecimen) muss esheissen: Decimen. In der 3. Aullage vo»
Albrechtsbcrger's »Anweisung« ist die Stelle geändert. Seyfried hat
(S. 269) auch »Duodecimen« geschrieben.
*0) Albrechtsberger, S. 327. 334-337 und 344.
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193
Kontrapnnkt zu zwei Stimmen in der 12. Die 6^ und 7 in die
6^ anfgelöset sollen hier nicht gebrancht werden . . . . n. s. w. [Fol-
gen Beispiele.] ^)
Vm ief Unkehrug «der Yerkehrnig.
Die Komposition, die keine Bindungen von Dissonanzen hat, kann
auf zweierlei Art im Gegentheil verkehrt werden — erstlich durch
das Gegentheil schlechtweg , hernach durch das verkehrte Gegentheil
— beim Gegentheil schlechtweg steigen die Noten so zuvor hinunter-
gestiegen ^) nun herunter . . . . u. s. w. [Folgen Beispiele und Fugen.] 3)
Die Umkehrung ist vierfach. Die erste heisst die platte (mnplex)
wenn man nemlich alle Noten eines Fugensatzes also verkehrt , dass
die Noten , welche in dem ersten Satze hinauf gehen oder springen,
herabgehen oder springend hervorgebracht werden . . . . u. s. w.
[Folgen Beispiele.]^)
••ppelAige«
Die Doppelfugen mit zweien Hauptsätzen (subjecäs), wenn sie
auch 3, 4 oder mehrstimmig sind, haben fast keinen Unterschied von
einer Fuge des doppelten Kontrap. in der 8^® — man mag hernach
den Gegensatz mit dem Hauptsatze zu gleicher Zeit oder etwas später,
wenn die Repercussion vollendet ist, antworten lassen. Die meisten
Doppelfugen . . . . u. s. w. *).
Mit den zwei Beispielen, welche in Albrechtsberger's »An-
weisung« Seite 353 vorkommen, bricht das Manuscript ab.
In Seyfried's Buch sind diesem Heft entnommen die No-
tenbeispiele : Seite 251 mitten bis 257, S. 259 bis 268, S. 271
mitten bis 276 oben, S. 300 und 301 ; die Textstellen : S. 258
Zeile 11 von unten bis S. 259, S. 261 unten bis S. 262, S. 267
«) Fux, S. 149-151; Tab. XXXIV, Fig. 6 und 9-11 ; Tab. XXXV,
Fig. 2-1; Tab. XXXVI, Fig. 1-7; Tab. XXXVII, Fig. 1, 2, 5;
Tab. XXXVIII, Fig. 1 und 2.
2} Schreibfehler Beethoven's.
3) Vorlage: Fux, Seite 152—156; Tab. XXXVI. Fig. 8— lü; Tab.
XXXVII, Fig. 6; Tab. XXXVIII, Fig. :< bis Tab. XXXX, Fig. 4.
*) Albrechtsberger, S. 212—214.
5) Albreclitsberger, S. 351—353.
NottebohB, Beethoveniana. 13
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194
bis 270, S. 300, 301, 307, 308, 311 mitten bis S. 312. Je-
doch sind wiederum dnrchgehends Wörter und hin und wieder
Noten geändert. Die Seite 301 (Zeile 11 und 12 von unten
in Parenthese stehenden Worte kommen nicht im Manuscript
vor und können nur eine Zuthat Seyfried's sein. Was Sey-
fried S. 246 bis 251 bringt, ist grösstentheils nicht zu belegen,
wUrde aber ohne Zweifel zu belegen sein, wenn das Manu-
script vollständig wäre. Die in jener Stelle erkennbaren Vor-
lagen schliessen sich den Mher angegebenen an und sind zum
Theil: Fux' »6?rarfa«a, deutsch, S. 139—141, Tab. XXXI,
Fig. 4 — 6, und Albrechtsberger's »Anweisung«, S. 280.
Der Kanon ist bei Albrechtsberger etwas kurz abgefer-
tigt worden. Theoretisches darüber findet sich nicht vor.
Beethoven's Arbeit beschränkte sich auf das Abschreiben eini-
ger in Albrechtsberger s »Anweisung« Seite 397 und 399 vor-
kommenden Kanons und auf das Umsetzen derselben aus der
verschlossenen Form in die offene und in die Entwurf-Form,
femer auf die Composition einiger drei- und vierstinmiigen
Kanons im Einklänge. Von Käthsel-Kanons u. dgl. zeigt sich
keine Spur. Die bei Seyfried Seite 327 bis 333 oben stehen-
den drei Kanons sind von Beethoven bei Albrechtsberger ge-
schrieben. Seyfried hat aber geändert. Der zweite Kanon
z. B. steht bei Beethoven im Sopran -Schlüssel und eine Oc-
tave höher.
Aus späterer Zeit und den Schriften v. J. 1809 sich an-
schliessend liegen auf 16 Seiten Auszüge über Kanon vor.
Beethoven schreibt:
Vm CaMB.
Canon ist eine Art Fuge , in welcher aber die strengste Nach-
ahmung herrschen muss — im Kanon muss die strengste Nachahmung
von Anfang bis zu Ende sein. Er kann endlich oder unendlich sein
— rückgängig cancrizam — per figuram atdfftneniaikmis , dimmtäiirfiis
wie die künstlichen Fugen — ein doppelter, . . . . u. s. w. [Mit Bei-
spielen.] >)
Vorlage: Albrechtsberger, a. a. 0., S. 380—383.
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195
Die cantmes in der 2 3 4 5 6 7 9 sind a dm härter zu erfinden
als die des 1 oder 8 — . . . . u. s. w. [Folgen Beispiele.] I)
Soll der Canon nicht im 1, sondern in der Ober5 and OberS
oder in der Unter5 und UnterS beantwortet werden, so pflegt man
die Schlüssel der Stimmen, die sich in der Ordnung folgen werden,
vor dem Schlüssel, welcher den Canon anfängt, hinaus vor dem Takt-
zeichen zu setzen . . . . u. s. w. [Folgen Beispiele.] 2)
RathtelcaMBes.
Dieser hat weder Zeichen noch Zahlen noch Buchstaben der 4
Singstimmen , und oftmal auch keinen Schlüssel vorgezeichnet. Wenn
ein solcher C. wobei höchstens a Ire a quattro geschrieben steht, vor-
kommt, so muss man ihn durch allerlei Intervalle suchen aufzulösen,
entweder durch die obem oder untern d. 1. ober2, oder unter2, ober3,
unterS etc. bis er die ächten Antworten trifft ; oftmals auch die Um-
kehrungen, durch die Gegenbewegung, auch sogar zuweilen durch die
rückgängig verkehrte Bewegung, auch durch die 3 Schlüssel nemlich :
deren Versetzungen, welche sich neunmal versetzen lassen —
allgemeiner
französischer
allgemeiner Sopran
i
=SLz
w
2te Linie
erste Linie
erste Linie
~4te Linie
3te Linie
5te Linie
Mezzo Soprano
Alto.ii
•Öl IH"
Tenore
■^—_^_
— ^
2te Linie
Basse
3te Linie
hoher Bass
4te Linie
tiefer Bass
Auch muss man dnrch ganze und halbe Pausen, durch Suspiren,
darch ganze oder halbe Takte, auch durch anderthalb oder mehrere,
1) Ebenda, S. 383-397.
2) Ebenda, S. 398 u. 399.
13»
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196
durch VergrÖsaerung oder Verkieinening die Auflösung suchen — Wir
irren aileaummt nur jeder irret anders — Kimberger ^) •
Mit diesen Worten hören die Schriften aus dem Jahre 1809
auf. Seyfried hat den letzten Abschnitten entnommen die
Stellen in seinem Buch: Seite 326 bis 327 oben und S. 333
mitten bis 335 oben. Was er Seite 336 über den Räthsel-
Kanon bringt, lässt sich mit Ausnahme der wenigen Stellen,
welche in Beethoven's letztem, vorhin vollständig mitgetheil-
tem Auszug vorkommen, nicht belegen. Offenbar hat Seyfried
jenen Auszug benutzt, aber Aenderungen darin vorgenommen
und Eigenes hinzugefügt. Die zwei Beispiele, welche Seyfried
Seite 335 und 336 bringt, sind in Beethoven's Handschrift
nicht vorhanden. Es ist aber möglich, dass Seyfried eine ge-
schriebene Vorlage hatte. Gedruckt findet man die Stücke in
Marpurg's »Abhandlung von der Fuge«, 1. Theil, Tab. VIII,
Fig. 3 und Tab. IX, Fig. 6.
Jetzt ist noch ein einzelnes Blatt anzuführen, welches
keiner der bisher genannten Schriften angehört. Es enthält
Bemerkungen über den Umfang der Singstimmen, über deren
Register u. dgl. Beethoven's Vorlage dabei war das 6. und 7.
Kapitel in der ersten Abtheilung der bei Breitkopf und Härtel
in Leipzig um 1804 erschienenen Singeschule des Conserva-
toriums in Paris. Seyfried hat es benutzt in seinem Buche
Seite 338. Von dem, was Seyfried Seite 338 unten bis Seite
348 mitten über das Recitativ bringt, ist handschriftlich nichts
vorhanden. Es ist aber möglich, dass geschriebene Vorlagen
ursprünglich da waren. Beethoven's Vorlagen mit Einschluss
der Beispiele wären dann gewesen: Fux' r>Grradu8 ad Pamas-
sunrn in Mizler's deutscher Uebersetzung Seite 193 bis 195,
und Sulzer's »Allgemeine Theorie der Schönen Künste a, Ar-
tikel: Recitativ.
Ich bin nun mit den Handschriften zu Ende.
>) Albrech tsberger, S. 415. Bei dem französischen Violinschlüssel
hat sich Beethoven verschrieben; statt e muss der Bnohstabe g auf
der ersten Linie stehen.
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197
Heyfried's Buch, wenn man es stückweise auseinander-
legt nnd wenn man absieht von den Aenderungen nnd Zu-
thaten, lässt sich bis auf einen Bruchtheil durch die vorhan-
denen Handschriften belegen. Von den ersten 336 Seiten des
Buches lassen sich etwa 34 Seiten nicht belegen^). Von die-
sen 34 Seiten würden sicher die meisten belegbar sein, wenn
die handschriftliche Sammlung so vollständig wäre, wie sie
es vor 40 Jahren war.
In meinen Mittheilungen bin ich, ohne auf die chronolo-
gische Folge der Handschriften besondere Rücksicht zu neh-
men, nach Fächern vorgegangen, nämlich so, wie die einzel-
nen Theile der Compositionslehre auf einander folgen. Eine
solche Darlegung mag der Uebersichtlichkeit wohl einigen
Eintrag gethan haben ; sie geschah aber nicht ohne Grund und
hauptsächlich deswegen, um mit dem Buche Seyfned's so viel
als möglich parallel zu bleiben. Es erübrigt nun, um eine
andere Betrachtungsweise anzunehmen, die Handschriften so
zu sondern, wie sie nach Grund und Zeit ihrer Entstehung
zusamm engehören .
Die Handschriften lassen sich in fünf Gruppen theilen.
Zuerst kommen die Schriften, welche dem Unterricht bei Jo-
seph Haydn angehören. Vorhanden sind 245 Uebungen im
einfachen Contrapunkt über sechs feste Gesänge in den alten
Tonarten. Diese Uebungen können den für den Unterricht
^) Folgende Stellen waren handschriftlich' nicht zu belegen : Seite 51
unten bis 52, Text und Beispiele (Vorlage: Ph. E. Bach's »Versuch«);
Seite 73—74, Text und Beispiele (Vorlage : Kimberger s »Kunst des rei-
nen Satzes«); Seite 75—87 oben, 12 Seiten (wahrscheinlich dem Unter-
richt bei J. Haydn angehörend); Seite 100 — 101 oben, eine Seite Text
(Seyfried's Zuthat?); Seite 134 unten bis 137, 3 Seiten Text und Bei-
spiele (Vorlage: Fux' nGradus ad Famasrnm^)] Seite 139 unten bis 142
oben, 4 Beispiele (von Fux); Seite 145, ein Beispiel (von Fux); Seite
155, ein Beispiel (Product Seyfried's?); Seite 156—159, Text und 8 Bei-
spiele (Zuthat Seyfried's aus Preindl's »Wiener Tonschule «?) ; Seite 227
bis 232, eine vierstimmige Fuge (von?); Seite 335 und 33<), 2 Kanons
(aus Marpurg's »Abhandlung von der Fuge«).
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198
anzunehmenden Zeitraum von einem Jahre (von Ende 1792
bis Ende 1793 oder Januar 1794) schwerlich ansfUllen. Es
ist mit Sicherheit anzunehmen, dass den contrapunktischen
Uebungen als Einleitung eine gedrängte Lehre vom Contra-
punkt Überhaupt, von der Natur der Gonsonanzen und Disso-
nanzen, von deren Behandlung in den verschiedenen contra-
punktischen Gattungen u. dgl. vorherging. Es ist ferner wahr-
scheinlich, dass Haydn, wie er es bei andern Schttlern pflegte,
auch seinem Schüler Beethoven ein geschriebenes Compendium
in die Hand gab , welches jene einleitenden contrapunktischen
Elemente enthielt. Dieses Compendium oder Elementarbuch
mag, als Seyfried sein Buch zusammenstellte, noch vorhanden
gewesen sein und den Stoflf geliefert haben zum Anfang sei-
nes zweiten Abschnittes (Seite 75 bis 87 oben), welcher sonst
nicht zu belegen ist. Allein auch hiermit ist jener Zeitraum
noch nicht ausgefttllt. Will man noch weiter zurückgehen,
so kann man die Vermuthung aufstellen, der Unterricht )m
J. Haydn habe mit der Harmonielehre und mit Generalbass-
Uebungen begonnen, wobei dann wohl das von Haydn ge-
schätzte Lehrbuch Ph. E. Bach's zu Grunde gelegt werden
konnte ^) .
Auf den Unterricht bei Joseph Haydn folgte der bei Al-
brechtsberger. Er mag im Januar 1794 begonnen und etwas
über ein Jahr gedauert haben. Die vorhandenen Uebungen
betreffen einfachen Contrapunkt, Nachahmung, einfache Fuge,
fugirten Choral, die doppelten Contrapunkte in der Octave,
Decime und Duodecime, Doppelfuge, dreifache Fuge und Ka-
non, theils in strenger, theils in freier Schreibart. Seyfried
stellt die von ihm herausgegebenen »Studiena so dar, als ob
alles, was darin vorkommt, dem Unterrichte Beethovens bei
Albrechtsberger angehörte 2). Man braucht wohl weiter keine
1) A. G. Dies sagt Seite 38 seiner »biographischen Nachrichten«:
»Nach seinem (J. Haydn's) Urtheilo sind (Ph. £.) Bachs Schriften das
beste, gründlichste und nützlichste Werk, welches als Lehrbuch je er-
schien«.
''^) Zu verweisen ist auf das Vorwort und auf S. 5 im Anhang der
»Studien«.
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199
Worte zu verlieren, nm die Unverträglichkeit einer solchen
Darstellung mit dem Ergebniss unserer Untersuchungen nach-
zuweisen. In Wahrheit kann nur der kleinste Theil der »Stu-
dien« auf den Unterricht Beethoven's bei Albrechtsberger zu-
röckgeflihrt werden. Das Meiste, was darin vorkommt, liegt
ausserhalb dieses Unterrichtes und gehört, abgesehen von allen
Aenderungen, andern Arbeiten an. Bei jenem kleinsten Theil
hat es sich SeyMed nun gar bequem gemacht. Er hat näm-
lich von den von Beethoven geschriebenen Uebungen nur solche
aufgenommen, welche ihm in Reinschrift oder deutlich ge-
schrieben vorlagen. Diejenigen Uebungen, welche in Folge
mancher Aenderungen schwer zu lesen sind, hat er weggelas-
sen. So ist es zu erklären, wenn Seyfried von den Uebungen
im strengen einfachen Contrapunkt keine einzige aufgenommen
hat. Wollte man aus seinem Buche die dem Cursus bei Al-
brechtsberger angehörenden Stellen zusammenstellen , und
könnte man hierbei absehen von allen Unrichtigkeiten: so
würde man doch ein lückenhaftes und falsches Bild bekom-
men. Auch auf die Beethoven beigelegten Randglossen , mit
denen das Buch Seyfried's so reich gewürzt ist, brauchen vnr
nicht näher einzugehen. Thatsache ist, dass in allen Hand-
schriften, .welche dem Unterrichte bei Albrechtsberger ange-
hören oder irgendwie in Verbindung damit gebracht werden
können, keine einzige von jenen »sarkastisch hingeworfenen
Randglossen a zu finden ist. Beethoven's Randbemerkungen,
welche darin vorkommen und welche wir überall, wo es thun-
lich war, angeführt oder mitgetheilt haben, sind ganz anderer
Art, als die von Seyfried gebrachten. Sie zeigen, dass Beetho-
ven bei der Sache war und darauf einging. Es wäre auch
unerklärlich, was Beethoven hätte vermögen können, den Un-
terricht bei einem Lehrer fortzusetzen, mit dem er sich, nach
Seyfried's Darstellung, schon beim einfachen Contrapunkt im
Widerspruch befand. Stand es doch in seiner Macht, jeden
Augenblick abzubrechen.
Als dritte Gruppe erscheinen die wenigstens 200 Quer-
folio-Seiten füllenden Auszüge Beethoveu's aus verschiedenen
gedruckten Lehrbüchern über Generalbass, Contrapunkt, Fuge,
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200
doppelten Gonträpunkt und Kanon, lieber die Zusammenge-
hörigkeit dieser Handschriften lässt ihre äussere Beschaffenheit
keinen Zweifel ttbrig. In welcher Folge sie geschrieben wur-
den, kann nicht bestimmt werden ; doch macht die Natur der
Sache es wahrscheinlich, dass sie so niedergeschrieben wurden,
wie die Gegenstände, die sie behandelp, in der Compositions-
lehre auf einander folgen. Es mögen also die Schriften ttber
Generalbass den Anfang gemacht haben. Aus fiHberen Er-
mittelungen wissen wir, dass die »Materialien zum General-
bass« im zweiten Viertel des- Jahres 1809 in Angriff genom-
men wurden. Besondere Merkmale, aus welchen man Schlüsse
ziehen könnte auf die Entstehungszeit der andern, ttber Con-
trapunkt, Fuge u. s. w. handelnden Schriften, haben sich nicht
gefunden. Es ist aber mit Sicherheit aus der Beschaffenheit
der Handschrift, aus der Gleichheit des Papieres und aus an-
dern äusseren Erscheinungen zu entnehmen, dass sänuntliche
hierher gehörige Schriften, so zu sagen, in einem Zuge nie-
dergeschrieben wurden. Man wird also schwerlich irren, wenn
man sie sämmtlich in das Jahr 1809 versetzt. Eine Heftung
und Sondemng der Schriften je nach ihrem Inhalt scheint et-
was später vorgenommen zu sein, wobei dann ein Theil in
Unordnung gerathen sein mag, so dass man hier und da über
den Gang, den Beethoven gewollt, zweifelhaft werden kann.
Dass die Schriften, wie früher bemerkt, ftlr den Unter-
richt bestimmt waren, dafür lässt sich Folgendes geltend
machen. Erstens sagt es Beethoven selbst in der früher mit-
getheilten Bemerkung: »ich gab mir die Mühe bloss hiermit,
um recht beziffern zu können, und dereinst andere anzufah-
ren« u. s. w. Zweitens ist ein wahrscheinlich i. J. 1817 ge-
schriebener Brief*) anzuführen, in welchem Beethoven sich
von T. Haslinger den »Kimberger« erbittet und dann sagt:
»Ich unterrichte Jemanden eben im Contrapunkt, und mein
eigenes Manuscript hierüber habe ich unter meinem Wust von
Papieren noch nicht herausfinden können«. Unter dem eige-
nen Manuscript kann Beethoven nur die in Rede stehenden
1) Der Brief steht S. 37 im Auhau)^ von Seyfried's »Studien«.
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201
Auszüge Über Contrapunkt; verstanden haben. Drittens läset
die Beseha£fenheit einiger vorgenommenen Gegenstände z. B.
Beziifemng) keine andere Erklämngsweise, als die obige, zu«
Es ist nun femer sehr wahrscheinlich, dass die Auszttge
durch den Unterricht des Erzherzogs Budolf veranlasst wur-
den. Diese Vermuthung gründet sich hauptsächlich darauf^
dass der Erzherzog der einzige Schttler Beethoven's war, f^r
den sich die Herstellung eines so (ttber-j vollständigen theo-
retischen Apparates lohnen konnte. Wann dieser Unterricht
begann, lässt sich nicht genau bestimmen. Es lassen sich
aber die vorhandenen Angaben mit dem Datum der Hand-
schriften in Einklang bringen. Schindler sagt ;Biogr. I, 165),
im Jahre 1S08 sei die musikalische Fortbildung des Erzher-
zogs den Händen Beethoven's anvertraut worden. Schindler
sagt aber nicht, ob der Unterricht im Clavierspiel oder in der
Composition bestanden habe. Auch giebt er keine nähere
Quelle an. Aus späteren Jahren sind Briefe und andere Hand-
schriften vorhanden, welche mit Sicherheit auf einen Unter-
richt in der Composition schliessen lassen'). Dass Beethoven
zur Zeit, als er seine Auszttge machte, in ein gewisses nähe-
res Verhältniss zum Erzherzog getreten war, geht aus der
Widmung des im August 1S08 erschienenen G-dur-Concertes
und daraus hervor, dass der Erzherzog sich am 1. März 1809
an der Aussetzung eines Gehaltes für Beethoven betheiligt
hatte. Wenn, was wir annehmen wollen, der Unterricht im
Jahre 1808 begann, dann musste er im folgenden Jahre eine
längere Unterbrechung erleiden; denn der Erzherzog war,
wahrscheinlich durch, die Annäherung der Franzosen und durch
die Besetzung Wiens veranlasst , ungefähr neun Monate von
Wien abwesend. Man weiss das aus den Widmungen der Sätze
der Ciaviersonate in Es-dur Op. 81*. Das Original-Manuseript
des ersten Satzes dieser Sonate hat die Aufschrift: »Das Le-
bewohl. Wien am 4*«" Mai 1809 bei der Abreise S. Kai-
1) Als eine Frucht des Unterrichtes lassen sich die i. J. 1S19 bei
Steiner in Wien herausgekommenen Variationen des Erzherzogs über
ein von Beethoven gegebenes Thema in G-dur bezeiohnt^n.
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202
serl. Hoheit des Verehrten Erzherzogs Rudolf« ; und das Auto-
graph des letzten Satzes war überschrieben: »Die Ankunft
S. Kais. Hoheit des Verehrten Erzh. Rudolf den 30. Januar
1810«. Stellt man diese Data mit den früheren zusammen,
so kann man sagen : Beethoven habe die Abwesenheit des Erz-
herzogs benutzt, um seine Auszüge zu machen und um sich
für den wieder aufzunehmenden und voraussichtlich langdauem-
den Unterricht theoretisch sicher zu stellen. Dass nun Beetho-
ven, statt sich bei jedem oder bei mehreren Gegenständen an
ein oder zwei Übereinstimmende Lehrbücher, z. B. beim Gene-
ralbass nur an Türk's Anweisung zu halten, aus sieben Bü-
chern einen Ballast zusammenbrachte, in welchem verschie-
dene, zum Theil sich widersprechende Systeme sich berühren,
das ist eine Erscheinung, welche uns merkwürdig dünkt und
welche wohl an einem andern Orte einer Betrachtung werth ist.
Als vierte Gruppe der Handschriften, und geschieden vou
den zusammengehörenden Schriften aus dem Jahre 1809, sind
die zu verschiedenen Zeiten entstandenen, nicht zusammen-
gehörenden Aufzeichnungen Beethovens zu betrachten. Sie
umfassen 10 Seiten in Quer- und 16 Seiten in Hochfolio und
betreffen grösstentheils die Fuge. Auch die von Beethoven ab-
geschriebenen Stücke anderer Componisten (Nachahmnngssätze
von Albrechtsberger, Stücke von Händel, Ph. E. Bach u. a. m.
können d<azu gerechnet werden.
Endlich dürfen nicht unerwähnt bleiben die i^okr^^iheu
Schriften, nämlich die von einer fremden und von Albrechts-
berger s Hand geschriebenen contrapunktischen Uebungen und
Beispiele.
Seyfried hat nun diese fünf Gruppen durcheinander ge-
worfen. Uebungen, welche dem Unterricht bei J. Haydn oder
Albrechtsberger angehören, stehen zwischen Stellen, welche
Kirnberger s Schriften oder dem Oradus ad Pamassum von
Fux entlehnt sind u. s. w. Dass bei einem solchen Verfahren
von einem System, von der Einheit irgend eines Studiums
nicht die Rede sein kann und dass eine wunderliche Arbeit
zu Tage kommen musste. liegt auf der Hand.
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203
* Seyfried gagt in seinem Vorwort : »Ich habe mich mit der
gewissenhafteBten Treue bemüht, alles genau, und also geord-
net zu geben, wie ich es vorfand : ja selbst des Autors eigene
Worte und Ausdrücke grösstentheils beybehalten« u. s. w.
Man wird sich in seinem Urtheile durch diesen Knoten, den
Seyfried seinem Buche vorgeschürzt, nicht irre machen lassen.
Man wird ihn einfach zerhauen. Gerade das Gegentheil von
dem, w^as Seyfried sagt, ist wahr. Seyfried hat sich um eine
genaue Wiedergabe seiner Vorlagen gar nicht bemüht: er hat
sie weder genau noch vollständig wiedergegeben; er hat »des
Autors eigene Worte und Ausdrücke« grösstentheils verän-
dert u. s. w. *). Seyfried's Sündenregister liegt offen vor. Die
Handschriften, welche ihm von T. Haslinger zur Bearbeitung
übergeben wurden, waren bis auf einen kleinen Theil echt und
authentisch. Seyfried aber ist mit masslosem Leichtsinn an
die Arbeit gegangen. Das Buch, welches er zu Stande brachte,
giebt weder ein Bild von den Studien Beethoven's bei J. Haydn,
noch von denen bei Albrechtsberger, noch von Beethoven's ei-
genen Studien. Es ist also, als Ganzes genommen, falsch.
Seyfned hat femer den ursprünglichen Text und Notenl>ei-
spiele geändert, er hat Falsches aufgenommen, Randglossen
binzugeftlgt und Wichtiges weggelassen. Sein Buch kann also,
im Einzelnen betrachtet, keinen Anspruch auf Authenticität
machen. Die »Studien« sind kein authentisches, auch kein
untergeschobenes, sondern ein gefälschtes Werk.
^) Hier mag einer jetzt leicht zu erklärenden Erscheinung gedacht
werden. Zur Zeit des Streites um die Echtheit des Sejrfried'schen Bu-
ches erklärte sich der Hauptangreifer Schindler (vgl. Biographie Beetho-
ven's, II, 308 ff.) zum Widernif bereit , falls nachgewiesen würde , dass
»sämmtliche Bestandtheile der Studien von Beethoven's eigener Hand
geschrieben seien«. Diese Forderung wurde nicht erfUUt, und wäre es
namentlich an Seyfried, als Herausgeber des Buches, gewesen, seine
Sache zu vertreten und seinen Gegner durch Erfüllung seiner Forderung
zum Schweigen zu bringen. Seyfried aber schwieg. Er schwieg, weil
er schweigen musste. War doch zu befürchten, dass seine Fälschungen
an's Licht kommen würden. ^
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Druck von Breitkopf and Härt«l in Leipzig.
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TlWKVTK
BEETHOYENIANA.
NACHGELASSENE AUFSÄTZE
VON
GUSTAV NOTTEBOHM.
LEIPZIG,
VERLAG VON J. EIETEB-BIEDERMANN.
1887.
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Alle Beohte Yorbehalten.
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Die folgenden Aufsätze haben sich im Nachlasse Notte-
bohm's vorgefunden. Ein Theil davon wurde seinem wesent-
lichsten Inhalte nach bereits in Zeitschriften mitgetheilt (I — ^XLII
und theilweise auch LVI im »Musikalischen Wochenblatt«
der Jahre 1875—1879, XLIII in der »Allgemeinen musika-
lischen Zeitung« vom Jahre 1873), erscheint aber hier viel-
fach umgearbeitet und erweitert. Die Einleitung musste nach
vorhandenen Andeutungen zusammengestellt werden. Der
letzte Aufsatz ist Fragment; er wird aber hier mitgetheilt,
weil er doch zu einem Ergebniss ftihrt. Bezüglich XLIII ist
die Notiz Nottebohm's erwähnenswerth : »Wenn sich nach-
weisen lässt, dass der türkische Marsch und der Derwisch-
Chor in der Musik zur „Weihe des Hauses" vorkamen, so muss
der Aufsatz geändert werden. Es giebt dann keinen Zweifel
mehr: Alle Nummern der „Ruinen von Athen" kamen in der
„Weihe des Hauses" vor«.
E. Mandyczewski.
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INHALT.
Seite
Einleitung VII
' L Sechs Skizzenhefte aus den Jahren 1825 und 1826 ... 1
IL Skizzen zur Ouvertüre Op 115 14
in. Skizzen zu den Trios Op. 1 Nr. 2 und 3 21
IV. • Skizzen zu den Sonaten Op. 10 29
V. Das Rondo der Sonate Op. 13 42
VI. Skizzen zur Sonate Op. 14 Nr. 1 45
VII. Skizzen zu den letzten Sätzen der Quartette Op. 18
Nr. 1 und Nr. 6 60
Vm. Skizzen zum Clavierconcert in C dar (Op. 15) 64
ES. Skizzen zum Clavierconcert in B dur (Op. 19) 69
X. Aenderungen zum Clavierconcert in Gdur 74
^ XI. Skizzen zu den Quartetten Op. 59 79
Xn. Skizzen zum Quartett Op. 74 91
Xin. Skizzen zur Sonate Op. 81a 96
XIV. Skizzen zur 7. und 8. Symphonie 101
XV. Das Lied »An die Hoffnung« Op. 94 119
XVI. Skizzen zur Sonate Op. 106 123
XVn. Skizzen zu den »Ruinen von Athen« 138
XVm. Die Bagatellen Op. 119 146
XIX. Skizzen zur zweiten Messe 148
XX. Skizzen zur neunten Symphonie 157
XXI. Die Bagatelle^ Op. 126 193
XXn. Skizzen zum zweiten Satz des Quartetts Op. 127 . . . 210
XXm. Vergriffene AUemanden 221
XXIV. Ein unvollendetes Clavierconcert 223
XXV. Aufzeichnungen zu einer Oper »Macbeth« 225
XXVI. Eine unvollendete Symphonie 228
XXVn. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1800 230
XXVm. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1808 252
XXTX. Skizzen aus dem Jahre 1809 255
XXX. Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1810 276
XXXI. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1812 288
XXXn. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1814 293
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VI
8«ite
XXXm. Ein anderes Skizzenbuch aus dem Jahre 1814 .... 307
XXXIV. Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1815 3U
XXXV. Ein Skizzenbuch aus den Jahren 1815 und 1816 ... 321
XXXVI. Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1817 349
XXXVn. Clavierspiel 356
XXXVm. Ein Spesenbuch 364
XXXIX. Eine Skizze zum letzten Satz der Sonate Op. 90 ... 366
XL. Skizzen zur Pastoral -Symphonie 369
XLI. Skizzen zur Sonate Op. 22 . . 379
XLH. Skizzen zu den Claviervariationen über ein Original-
thema in Gdur 382
XLm. Die Musik zur '»Weihe des Hauses« 385
^ XlilVa^ Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1804 409
XLV. Drei Skizzenhefte aus den Jahren 1819 bis 1822 ... 460
XLVI. Zwei Skizzenbücher aus den Jahren 1798 und 1799 . . 476
XLVn. Ein anderes Skizzenbuch aus dem Jahre 1808 .... 495
XLVm. Der dritte Satz der Sonate in Es dur Op. 7 508
XLIX. Einige Entwürfe zum Quintett Op. 16 513
L. Entwürfe zum Trio Op. 11 und zu unbekannten Stücken 515
LI. Skizzen zum Octett Op. 103 517
Ln. MetronomischeBezeichnung der ersten elf Streichquartette 519
Lin. Ein unvollendetes Quintett 522
LIV. Der erste Entwurf zum Finale des Quartetts Op. 130 . 524
LV. Eine Bagatelle in A moU 526
LVI. Skizzen zur Symphonie in C moll und zu einigen anderen
Werken (Op. 61, 69) 528
LVn. Skizzen zur »Adelaide « und zu einigen andern Stücken 535
- LVm. Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1824 540
LIX. Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1816 552
LX. Entwürfe zu Clärchens Liedern 556
LXI. Frühe Compositionen 561
LXn. Skizzen zu den Variationen Op. 120 .... . . 568
LXITT. Liegengebliebene Arbeiten 573
LXIV. Ein Brief-Concept 581
LXV. Die Ciavierstimme zu Op. 61 586
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i
Einleitung.
Was diese Aufsätze sollen? Um es kurz zu sagen, es
sollen (mit Ausnahme einiger, die ein anderes Ziel verfolgen)
biographisehe Beiträge sein, das Wort ^biographisch" nur auf
den schaffenden Künstler bezogen, und „Beiträge**, beinahe
anasehliesslich aus Arbeitsbüchern und Skizzenblättern Beet-
hoTen's geschöpft.
Dass diese Arbeitsbttcber und Blätter zu einer Kenntniss
der Kunst Beethoven's und zur Geschichte seiner Werke in be-
deutendem Grade beitragen können, darf als bekannt ange-
nommen werden. Ihre Beitragsfähigkeit lässt sich, wenn man
von Nebendingen absieht, als eine dreifache bezeichnen. Erstlich
kann mit ihrer Hilfe die genaue Compositionszeit sehr vieler
Werke, die Zeit, in der sie begonnen und beendigt wurden,
bestimmt werden; dann machen sie uns in nicht ausgeführten
Skizzen, in liegengebliebenen Arbeiten und in allerhand Be-
merkungen mit künstlerischen Absichten Beethoven's bekannt,
von denen wir auf einem anderen Wege nichts erfahren; endlich
gewähren sie bis auf einen gewissen Punkt einen Blick in
Beethoven*s Werkstätte.
Beethoven ist der einzige von unseren grossen Componisten,
bei dem man den Vortheil hat, zur Erlangung solcher Ergebnisse
Skizzenbücher benutzen zu können. Von allen unseren anderen
grossen Componisten ist es nicht bekannt, dass sie so skizzirt
und so Skizzenbüoher geführt haben, wie es Beethoven that.
Man kann mit Sicherheit behaupten, dass sie gar nicht oder
im Vergleich mit Beethoven sehr wenig skizzirt haben. Dass
Beethoven Skizzenbücher brauchte, hängt mit der Art seines
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vni
Schaffens zusammen. Beethoven hat langsam und mühsam ge-
arbeitet. Die Gedanken kamen eruptionsweise zum Vorschein
und mussten vielfach gewendet werden, bevor sie die endgiltige
Form erhielten. Berücksichtigt man nun noch, dass Beethoven
inmier oder fast immer an einigen Werken zugleich arbeitete^
so wird man es begreiflich finden, dass das Gedäohtniss dem
im Inneren unablässig vor sich gehenden Bildungs- und Um-
bildungsprocessnichtimmer folgen konnte, und dass dieNöthigung-
eintrat, das Gefundene schriftlich festzuhalten. Das Skizziren,
das Führen von Skizzenbüchem wurde zur Gewohnheit, zum
Bedürfniss, das kleinste Stück musste entworfen sein, bevor
es in's Reine geschrieben wurde. Beethoven hat seine Skizzen-
bücher überwacht, d. h. er hat früher geschriebene später durch-
gesehen. Stellen, die ihn anzogen, wurden dann abgeschrieben,
und Compositionsarbeiten, die früher liegen gelassen wurden,
wieder aufgenommen und zum Theil beendigt Auf diese Weise
sind das „Opferlied" op. 121b, die Ouvertüre op. 115 und ein
Theil der Bagatellen op. 119 fertig geworden. Bei der Com-
position grösserer Werke wurde die meiste Zeit aufs Skizziren
verwendet. Erklärlich ist es, wenn Beethoven verhältnissmässig
wenig Werke geschrieben hat. Er war wenigstens dreisgig
Jahre lang unablässig thätig, hat aber in dieser Zeit nicht so
viel Werke hervorgebracht, als irgend einer von unseren anderen
grossen Meistern in einer küraeren Zeit Hätte Beethoven so
leicht und schnell gearbeitet, als beispielsweise Haydn und
Mozart, so müsste die Anzahl seiner Compositionen wenigstens
um die Hälfte grösser sein, als sie es wirklich ist
Ohne das Geheimniss des Genius zu verrathen, geben die
Skizzen Beethoven's eine Vorstellung von seinem Produeiren.
Sie veranschaulichen das bruchstückweise Entstehen und lang-
same Heranwachsen einer Composition. Für uns nun hat diese
Art des Schaffens etwas Bäthselhaftes. Das Räthselhafte liegt
in erster und letzter Instanz in dem Kampf Beethoven's mit
seinem Dämon, in dem Bingen mit seinem Genius. In diesen
Skizzenbüchem hat der Dämon gehaust Der Dämon aber ist
entwichen. Der Geist, der ein Werk dictirte, erscheint nicht
in den Skizzen. Die Skizzen offenbaren nicht das Gesetz, von
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IX
dem sieh Beethoven beim Schaffen leiten liess. Von der Idee,
die nur im Ennstwerk selbst zur Erscheinung kommt, können
de keine Vorstellung geben. Nicht den ganzen Process des
Schaffens, sondern nur einzelne, unzusammenhängende Vorgänge
daraus können sie vor Augen legen. Was man organische
Entwicklung eines Kunstwerkes nennt, liegt den Skizzen fem.
Damit ist gesagt, dass sie zum Verstftndniss und rechten
Oenuss eines Kunstwerkes nicht beitragen. Gewiss, zum Ver-
Btändniss eines Kunstwerkes sind sie überflüssig, aber nicht
zum Verstftndniss des Künstlers, wenn dieses ein vollständiges,
umfassendes sein soll; denn sie sagen etwas aus, was das fertige
Kunstwerk, in dem jede an die Vergangenheit erinnernde Spur
abgestreift ist, verschweigt Und dieses Etwas, dieser lieber-
«ohuss, den die Skizzen bieten, fällt der Biographie des Künstlers
Beethoven, der Geschichte seines künstlerischen Entwicklungs-
ganges anheim.
Der Verfasser war bei seiner Arbeit von der Beschaffen-
heit und Ergibigkeit seiner Vorlagen abhängig. Das vorhandene
Material war je nach seiner Ergibigkeit verschieden anzufassen.
An einer Stelle gab es ein chronologisches Ergebniss zu ver-
zeichnen, an einer anderen war ein kurzer Ueberblick über
Beethoven's Thätigkeit innerhalb eines gewissen Zeitraumes,
and an einer dritten ein Einblick in die Gedankenwerkstatt
Beethoven's vergönnt Bei den zu beschreibenden Skizzen-
büohem war nirgends eine vollständige Wiedergabe der darin
Torkonmienden Skizzen geboten; überall genügte eine Auswahl,
eine Wiedergabe der hervortretendsten Themen und Anfänge
eines Satzes. Die Natur des Gegenstandes verlangte überall
eine möglichst kurze und sachliche Darstellung. Bei der Dar-
legung der Skizzen waren weitläufige Erklärungen, ästhetisirende
Bemerkungen u. dgL möglichst fern zu halten. In der Meinung,
dass vieles Erklären zur Klarheit kaum beitragen würde, lässt
der Verfasser den Leser bei den Skizzen oft allein, ohne eine
Bemerkung über deren Bedeutung, Beziehung u. dgl. zu machen.
Die Erscheinungen, welche die Skizzenbücher Beethoven's bieten,
wiederholen sich, und es würde eine überflüssige Mühe sein,
bei jeder nach dieser oder nach jener Richtung einschlagenden
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X
Skizze immer die eine oder die andere Bemerkung oder Er-
klärung zu wiederholen. Ueberdies spreehen die Skizzen so*
deutlioh, dass Jeder, der Augen für solehe Dinge hat, sehen
musd, was da vorgeht.
In allen Skizzenbüehem Beethoren's kommen unbenutzte
Entwürfe vor. Es wurde dies nicht jedesmal bemerkt, sondern
oft nur darauf aufmerksam gemacht, wenn etwas Besonderes
mit den liegengebliebenen Skizzen verbunden war, wenn ihrer
sehr viele waren, oder wenn sie beaohtenswerthe lieber-
Schriften hatten.
Ettrzungen in der Schreibweise wurden getreu beibehalten,
auch solche wie Seite 232 Takt 26, wo die ersten zwei
Viertelnoten zusammengehören und zugleich angeschlagen werden
sollen. Beethoven hat in seinen Skizzen manche Noten eine
Stufe zu hoch oder zu tief geschrieben; Stellen, bei denen
kein Zweifel oblag, sind geändert worden. Es war aber nicht
rathsam, dies überall zu thun. Der Leser muss die Sache nicht
überall streng nehmen, er muss sich an die Flüchtigkeit und
Schnelligkeit erinnnem, mit der die Skizzen geschrieben wurden«
Stellen, die in unserer Wiedergabe zweifelhaft sind oder un-
richtig sein können, sind mit (?) bezeichnet. Eintritte der
Varianten wurden theils mit +, theils mit „oder** angedeutet.
Das «etc." rührt jedesmal von Beethoven her; mit „u. s. w.*^
bezeichnen wir unsere Kürzung.
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I.
Sechs Skizzenhefte aus den Jahren 1825 u, 1826,
früher im Besitz von Anton Schindler, jetzt in der königl.
Bibliothek zu Berlin befindlieh, gewähren einen Einblick in
die Entstehung einiger der letzten Quartette. Die Hefte haben
Kleinquerformat und gehören chronologisch zusammen; eins
schliesst sich dem andern unmittelbar an*). Wir verzeichnen
hier die fertig gewordenen Compositionen, die in den Heften
der Reihe nach berührt werden.
Im 1. Heft: 3., 4. und 5. Satz des Quartetts Op. 130 (in
B-dur) und Fuge Op. 133.
Im 2. Heft: 4. und 5. Satz des Quartetts Op. 130; Fuge
Op. 133; Kanon »Si non per portas« und Kanon »Freu dich
des Lebens« (früherer Entwurf). Der erste Kanon ist gedruckt,
der zweite nicht.
Im 3, Heft: 5. Satz des Quartetts Op. 130; Fuge Op. 133;
fugirtes Adagio, AUegro in f-Takt (D-dur), Variationen und
Finale des Quartetts Öp. 131 (in Cis-moll); Kanon ^Freu dich
des Lebens« (späterer Entwurf).
Im 4. Heft: Variationen, Presto (E-dur) und Finale des
Quartetts Op. 131.
Im 5. Heft: Variationen, Presto imd Finale des Quartetts
Op. 131.
*) Die Hefte sind nicht in der richtigen Reihenfolge gebunden.
Fänf stehen in unrichtiger Beihenfolge (5, 2, 1, 3, 4) in einem Bande,
and das sechste ist mit einem Heft aus etwas späterer Zeit zusammen
gebunden. Oben nehmen wir die richtige Ordnung an.
1
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\
\
Im 6. Heft: fugirtes Adagio, Variatioiieu, Presto, Ada^o
in f-Takt (Gis-moll) und Finale des Quartetts Op. 131.
Aus Daten, welche sich an die vorkommenden Eanonn
knüpfen, und aus Briefen geht hervor, dass das 2. Heft
spätestens im September 1825, das 3. spätestens im December
1825 gebraucht wurde und dass alle sechs Hefte der Zeit
von frühestens März 1825 bis spätestens Mai 1826 angehören*).
Ans der Stellung der Skizzen geht hervor, dass Beethoven
gleichzeitig an den letzten vier Sätzen des Quartetts Op. 130
und an der Fuge Op. 133, ferner gleichzeitig an allen grösgeren
Sätzen des Quartetts Op. 131 arbeitete und dass letzteres erst
begonnen wurde, als das in B-dur in den Skizzen fertig war.
Da das Quartett in B-dur zwischen September und November
1825 in Partitur geschrieben wurde, so kann das in Cis-moll
in der nämlichen Zeit oder etwas früher begonnen worden
sein. Spätestens im September 1826 war letzteres fertig.
*) Der Kanon »Si non per portas« wurde am 26. September 1835
und der Kanon » Freu dich des Lebens « am 16. Beoember 1825 ins Beine
geschrieben. Hierauf gründet sich die Angabe, dass das 2. Heft, in dem
der erste Kanon vorkommt, spätestens im September 1825, und das
3. Heft, in dem der andere Kanon vorkommt, spätestens im December
1825 benutzt wurde.
Die entscheidenden Briefstellen stellen wir hier zusammen.
Beethoven schreibt am 19. März 1825 an Neate: * Quant aux Qua-
ftiors .... fen ai acheve le pretnier, et je suis ä present ä composer U
second, qui, comme le troisieme, sera acheve dans peu de temps.€ Das
hier gemeinte erste Quartett ist das aus Es-dur (Op. 127), das zweite
das in A-moll, das dritte das in B-dur. Da in den vorliegenden Heften
keine Skizzen zum Quartett in A-moll vorkommen, so kann das I.Heft
nicht vor März 1825 in Angriff genommen worden sein.
In einem Briefe vom 29. August 1825 an den Neffen heisst es: »Das
3te Quartett enthält auch 6 Stücke und wirklich wird es in 10 höchstens
12 Tagen ganz vollendet sein.«
Am 20. Mai 1826 schreibt Beethoven an den Verleger Schott in
Betreff des Quartetts in Cis-moll: »Auch war damals (am 6. April 1826)
das Quartett noch nicht vollendet, welches jetzt beendigt ist.« Druck-
fertig wurde das Quartett nicht vor Juli, und erst am 29. September 1826
konnte Beethoven an Schott schreiben: »Das Quartett aus Cis-moll
werden Sie hoffentlich schon haben.€
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Von den Skizzen zum Quartett in B-dur heben wir zu-
nächst eine zum dritten Satz
J J. J^ l j'TjTj T M.J J.^ I [!T j^5a
r-ET r j i x^^j I f &f f^ \ jm
^
r r i I r r &f I f £4^
und eine zum vierten Satz aus.
Allemande, Allegro,
w üJ I f 1. 1 &^F^^
Der Satz, dessen Anfang wir hier in B-dur sehen, war ur-
sprUnglioh für das Quartett in A-moll bestimmt. In einem
Skizzenheft aus etwas früherer Zeit ist er in A-dur coneipirt.*)*
In den vorliegenden Heften erscheint er, bald nach obigem
Entwurf, in 6-dur.
^
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i=bfJ-£dL^+^
I trff I p r II ^tf p g
U. 8. W.
^
m P-
S^
♦) Vgl. »Beethoveniana<^, S. Ö3.
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Die Melodie der Cavatine ist, wie so manche andere, erst
nach wiederholten Ansätzen und stückweise entstanden. Wir
verzeichnen hier den Anfang einer der ersten grösseren Skizzen
Ada(fio,
flJJ^JJJl j. ."^J l i^-^JJL jVfl i rf J.1 B
U.8.W.
^^
und hier den einer etwas später geschriebenen Skizze.
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In kleinen Skizzen
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JTfir^'lJjJJl l J^Jf jrH^
werden einzelne Stellen der endgiltigen Form Qäher gebracht.
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Die Fuge Op. 133, die bekanntlich ursprünglich zum
Quartett in B-dur gehörte, hat, wie man sich denken kann,
viel Arbeit gekostet. Das Thema gehört einer etwas früheren
Zeit an. Es hat in seinen ersten vier Noten Aehnlichkeit
mit dem in der Einleitung des Quartetts in A-moll auftreten-
den Durchfbhrungsmotiv und ist gleichzeitig mit dem ersten
Satz jenes Quartetts entstanden. Skizzen dazu werden ander-
wärts vorgelegt*). In den vorliegenden Skizzenheften ist
die Arbeit zunächst auf die Gewinnung von Gegenthemen ge-
richtet. Beethoven stellt deren viele auf, und eines lautet
anders, als das andere. Man sehe hier,
^
^
S
s
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* * d^
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hier,
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^
*
hier.
Finale. AUegro.
♦) Siehe den Artikel LVIIl.
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6
hier (wo es auf Achtelnoten abgesehen ist)
Awr Siel
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zum Thema
ihimi'^ri"'
TTZVT'
und hier.
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(Violino 1.)
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Das jetzige erste Gegenthema erscheint erst nach l&ngerer
Arbeit.
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Wfthrend dieser Arbeit wurden auch Eugftthrungen
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^
und andere Eflnstliehkeiten gesucht und Durchführungen ins
Auge gefasst.
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Das Fugenthema zu Anfang des Quartette in Cis-moU hat
erst nach einigen Ansätzen feste Gestalt und seine endgiltige
Fassung angenommen. Die erste Skizze
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| |j «I J J l ^.-ZTT'lp «* ^l f
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beweist, auch wenn Schreibfehler bei einigen Noten darin an-
zunehmen sind, dass, als sie gesohrieben wurde, das Thema
noch nicht festgestellt war. Unter den etwas später geschrie-
benen Skizzen, welche mit der gedruckten Fassung ziemlich
oder ganz übereinstimmen, machen sich reale Beantwortungen
r i 'i' nr r if r r r l r'Ti -
des Themas (in der Oberquinte oder Unterquarte von der
ersten Note an) bemerkbar.
Die Melodie zu Anfang des folgenden Satzes ist in der
ersten Skizze
Allegro
r^ririJ^rTTr Tf yinH-'-im^^
■i J' J nr r ri t^nji^'i p ^ r i r^*^-
!:rg | rgrpirvMir"r jUt H N*^
^
MDC
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kürzer und anders gefasst, als im Druck.
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8
Das Thema zu den Variatioiieii stimmt in einem der ersten
Entwürfe
im Wesentlichen mit der gedruckten Form überein, nur lautet
eine Note anders, und dann sind die Motive, aus denen es
besteht, zum Theil anders, in eine andere Octave gelegt Der
zweite Theil des Themas entstand später.
Der Hauptsatz des Prestos lautet in der ersten grösseren Skizze
Thema
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&^f l r nrrrrtf r i rrTTT^
einfacher und kürzer, als im Druck. Das im zweiten Theil
vorkommende Spiel mit den aus den ersten Takten des Themas
gewonnenen Motiven entstand erst bei fortgesetzter Arbeit.
Auch andere Stellen und Melodien
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f r i r r rr ^^^^
OÄ
^
r r r i f f f rrrr nu J i ..r i
r|i°^\i j i j.-nr ^^ r i r
lauteten ui-sprünglich anders, als jetzt.
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9
Die Skizzen zum nächstfolgenden Adagio, von denen eine so
gismoU Vno. Imo.
j |j..jiJhJ '' l -'^J JlJ-. il f Ig r
anfingt, entkräften die Behauptung von Fetis, die Hauptmelo-
die sei einem alten französischen Liede entnommen.^) Beet-
hoven würde, nachdem er jene Skizze geschrieben hatte, nicht
zwei Noten geändert haben und, wie er es in den Quartetten
Op. 59 gethan hat, es gewiss hinzu geschrieben haben, wemi
er eine fremde Melodie benutzt hätte.
Die Hauptthemen des letzten Satzes des Quartetts in Cis-
moU mussten einige Wandlungen durchmachen, bis sie so wur-
den, wie wir sie kennen. Der erste Entwurf
Finale, Cismoll
IZÖ1 jj^It^^-I jjj ^>;rlp
^ u. s. w.
zeigt noch gar keine Aehnlichkeit mit der gedruckten Foim.
In zwei später und unmittelbar nacheinander geschriebenen
Skizzen, von denen die erste so.
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^ ^i^tj
die andere so lautet.
^r=^^w-4ij^^^^^a
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^ J j uCt^
ß ß.
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HP j j rrr r r r
W-
♦) »Celui-ci, dont la phrase melodique principale est tiree d'une
ancienne chanson fran^aise, e^U .... (»Revue musicale«, 1830, 2, Serie,
Tome I, 351.)
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10
ist die kleine Periode, mit der der Satz beginnt, gefdnden,
nicht aber die darauf folgende Melodie. Die beiden Skizzen
bringen hier yerschiedene Melodien. Beethoven ändert nun
die Takt- und Tonart, und da erscheint jene Melodie in ihrer
ursprünglichen Fassung.
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UiM^'f^
w-zm.
E^
'^Tf rn^r^'^^^^^^-^^
y i>1^^^^7^Jr=]f^i} J1J ^T^-ir^
ÜJT^^'Uj
gitlXJ-trJ^ ^ J1 j ^ ^AH^
später nach cismoü
Beethoven versucht den Anfang auch im |-Takt und kehrt
dann zur früheren Taktart zurück. Jene Melodie erhielt, wie
eine zum Durchfllhrungstheil gehörende Skizze beweist,
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-4
^m
4=4
l=Jh=3b5:
^
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f,g r^^iTur^ai^f g f ^ Fi^^r^<?i
r^ 7 1^ r ^ ^t:^ ? c i m p r 7 f
ihre endgiltige Form nach imd nach und erst im weitem Ver-
lauf der Arbeit.
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11
Nun sind noch andere in den Heften vorkommende Skiz-
zen anzuführen.
Zwischen Arbeiten zur Fuge Op. 130 erscheint folgende
Stelle.
^
=t2=t!:
1^ ^ r. Mff ff-T-RTJ^
t=E4
uns geht es kan - ni - ha-lischwohl als wie fünfhundert SOu-en
Wenn man diese Noten nicht alle so genau nimmt, wie sie
da stehen, und sich eine kleine Aenderung erlaubt, so ge-
winnt man einen zweistimmigen Kanon im Einklang. Vielleicht
war es auch auf einen solchen abgesehen.
Bald darauf erscheint ein früher erwähnter Kanon
Canon
%
^^w i\ i | |rf~7nr|71r^F^ j i u. «. w,
Si non perpor-tas per mu-ros
und ein Ansatz zu einem grösseren Gresangstflck.
Ve ' ni ve - ni cre - a-tor Spi-rutus
ve-nt
^
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r?g"
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^-^
r^
U. 8. W.
Zu Anfang des 3. Heftes finden sich andere liegengeblie-
bene Entwürfe, von denen einige so anfangen:
Presto.
jAjJJ I fHO^
2Si
ir-wrw
r r I r r r I r i^ ^
r rirrTu» nW' \ r r rir-^J j^^iju
T Tri r r rT etc.
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12
Back
in^TTü^\y \ r ! ?
Maestoso.
Diese Ouvertüre mit der
neuen Sinfonie so haben
wir eine Adademi e im
Kämlnerthorth,
^$^
^=gUTI]]JJJJj-J4^ -
■ — U. 8. W.
^f(dur)
i rifr rrlJ ^ I Jjii^KH^ "-
Sämmtliohe Entwürfe ftillen ungefähr acht (kleine) Seiten, und
da nehmen die zu der Ouvertüre über den Namen »Baoh« den
meisten Raum (etwa 6 Seiten) ein. Bei der ersten Skizze ist
von Sehindler's Hand bemerkt: »Scherzo zur lOten Sympho-
nie«. Bei der letzten Skizze steht: »Andante zur 10. Sympho-
nie (in As)«. Das sind also die Skizzen, welche zur Ent-
stehung der Fabel von der zehnten Symphonie Anlass gegeben
haben. Man hat in den Skizzen das entwickelungsfähige Em-
bryo einer neuen Symphonie sehen wollen und die Sache so
dargestellt, als wenn, falls Beethoven eine zehnte Symphonie
geschrieben haben würde, er von jenen Notirungen ausge-
gangen wäre. Man braucht nicht viel in den Skizzenbüchem
Beethoven*s zu blättern, um eine solche Ansicht unhaltbar,
wenigstens aller Wahrscheinlichkeit entbehrend zu finden. Wir
sehen in jenen Skizzen nur augenblickliche Einfälle, wie sie
bei Beethoven zu Tausenden vorkommen, und die eben so
dazu bestimmt waren, liegen zu bleiben, wie die vielen un-
ausgeführt gebliebenen Skizzen, die in andern Skizzenbüchem
zu finden sind. Was* Marx (L. v. Beethoven's Leben und
Schaffen, II, 290) sagt, Beethoven habe sich mit einer zehnten
Symphonie getragen, ist zu viel gesagt. Das Tragen mit einer
Composition ist mit einer anhaltenden Beschäftigung damit ver-
bunden. Davon kann man aber hier nicht sprechen. Jene
Skizzen sind nicht fortgesetzt worden. In den folgenden Hef-
ten zeigt sich keine Spur mehr davon. Hätte Beethoven so
viel Symphonien geschrieben, als er angefangen hat, so be-
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13
BäfiBen wir ihrer wenigstens fftnfzig. Skizzen zu einer Ouver-
türe über den Namen :»Bach« sind schon in den Jahren 1823
und 1824 aufgesehrieben worden. Hätte Beethoven sie alle
ausgeführt, so hätten wir drei verschiedene Bach-Ouverturen.
Dass Beethoven wiederholt auf den Gedanken zurückkam, eine
solche Ouvertüre zu schreiben, beweist, dass es damit ernst-
licher gemeint war, als mit jener Symphonie.
Bald nach jenen Skizzen schreibt Beethoven:
Ein Schritt
Duport - 1 g:
Marschz
-i I j /S ' i iU ' ^ ^'■' ^^?^
fe^ä
+
i ' j /JliJi'-IS
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^^±3
Schindler bezeichnet (Hirschbach's »Repertorium« v. J. 1844,
S. 2) das Stück als einen Scherz auf Duport, den damaligen
Administrator des Kärnthnerthortheaters, und bemerkt: »Mit
diesem Marsch wollte sich Beethoven bei diesem Administra-
tor wegen Ueberlassung des Kärnthnerthortheaters bestens em-
pfehlen, damit er ihm nicht wieder so grosse Schwierigkeiten
mache, als das Jahr vorher, wo die 9. Symphonie und die
grosse Messe zur Auflftthrung gebracht werden sollten.« Uns
ist der Scherz nicht verständlieh.
Noch ist ein früher erwähnter zweistimmiger Kanon im
Einklänge anzuführen.
5
iUi ^ jlJJJJ-l'S l
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^
Freu dich des Le - henSy freu
dich, freu dich des
:t
MJ-^U
Le - benSf des Le - bens, des Le - bens.
Dieser Kanon (in seiner letzten Fassung) bildet die Scheide
zwischen den Skizzen zum Quartett in B-dur (mit der Fuge
Op. 133) und zu dem in Cis-moU.
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IL
Skizzen zur Ouvertüre Op. 115.
Es haben sieh in den letzten Jahren an verschiedenen
Orten Entwürfe gefunden, welche geeignet sind,, das in einem
früheren Artikel über die Ouvertüre Op. 115 Gesagte zu ver-
vollständigen.^) Wir fassen das gesammte Material, wie es
nun vorliegt, hier zusammen und nehmen es in chronologischer
Ordnung vor.
Die ersten Würfe geschahen um die Mitte des Jahres
1809, zur Zeit, als die Franzosen in Wien waren.**) Hier
beginnt die Geschichte der Ouvertüre. Wir legen den An-
fang der nur aus abgebrochenen Skizzen bestehenden Arbeit
hier vor.
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♦) S. Beethoveniana, S. 37.
*♦) Vgl. den Artikel XXIX.
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15
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Overiwe zu jeder Gelegenheit — oder zum Gebrauch im Konzert
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U, B. W.
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16
Später erscheint diese
Thema,
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und diese Skizze.
3
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(* I 1 ^ r I * I ^
>^:^ia= =;^gp ^-^- =;ig^ gfg:
Die vorgelegten Skizzen beweisen, dass, bevor sie geschrieben
wurden, das Thema der Ouvertüre noch nicht gefunden war.
Man kann in ihnen beobachten, wie einige Motive sich nach
und nach vordrängen, wie andere zurücktreten und wie das
Thema langsam, aber immer deutlicher zum Vorschein konmit
Die zwischen den Skizzen vorkommende Bemerkung lässt ttber
deren Bestimmung keinen Zweifel und auch darüber nicht,
dass Beethoven nicht daran dachte, für den »Namenstag
unsers Kaisers,« wie es im Autograph 'heisst, eine Ouvertüre
zu schreiben.
Die Arbeit blieb nun liegen. Spätestens im Jahre 1811
wurde sie wieder aufgenommen, zuerst in G-dur,
Presto
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55EI =;5zz =;;2Z ::^z= =>c: 1^2= =;;z
dim.
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17
dann in der ursprünglichen Tonart Es-dur.*)
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*) Diese zwei Skizzen stehen auf zwei in der königl. Bibliothek zu
Berlin befindlichen Bogen.
2
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18
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l rfegj-r-r=Jsnt>J j j | >r ^ ^rrt^ g^a^
Diese letzte Skizze, von der wir nur den Anfang und auch
diesen nicht vollständig hergesetzt haben (weggelassen sind
Takt 38 bis 67 der Skizze), zieht sich ohne Unterbrechung
lange fort Die Modulation wendet sich im ersten Theil nach
6-dur, in welcher Tonart dann das Seitenthema eintritt Man
sieht, die Grundbestandtheile der Ouvertüre Op. 115, wie sie
gedruckt ist, sind gefunden. Beethoven hat angefangen, die
Skizze auszuflihren. Bruchstücke der angefangenen Partitur
sind vorhanden.^) Ein Bruchstück ist anderwärts (Beetho-
veniana S. 39) mitgetheilt Ein anderes (flir die 1. Violine)
stehe hier.
^S£.
H»!
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^ ^ ^ \ ' ^ *r\jr^ ^ — — "^ > ^l>
— F— f— ■- -f**- -^r — F— i ff 1 ''^ m — W~ ß ^ ■*r — -
^ ^. > ^ii- > j ^ ^-'^ M ,: j; j 1^* ii>' —
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-^Jb^-
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r#ThV^-^
n
z^-^
^
=S=3=:
^i^^
*) Vgl. den Artikel XVH.
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19
Was in diesen Bruchstücken steht, kommt mit einigen Ab-
weichungen auch in der zuletzt angeführten Skizze vor. Dass
das Ganze eine Ouvertüre werden sollte, kann nun nicht be-
zweifelt werden.
Zum dritten Mal wurde die Arbeit vorgenommen im Jahre
1812. Hier sollte Schiller's Hymne an die Freude eingewoben
werden.*) Auch wird die Tonart C-dur gewählt, üeber
diese Arbeit ist an einem andern Orte (Beethoveniana S. 40)
berichtet worden.
Aus der vierten Vornahme endlich ist die gedruckte
Ouvertüre hervorgegangen. Skizzen dazu finden sich in drei
Skizzenbüchem, von denen zwei dem Jahre 1814, eines dem
Jahre 1815 angehört**). Die ersten Skizzen, die dieser Vor-
nahme angehören, haben noch den |-Takt. Einige Zeit später
geschriebene
E^
^^^JT^jjnimH^^-m-i
fi_r'ir' ^}z \ ^
^
"^m^
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l tij i jr >
nicht mehr. ^Tline andere Aenderung betrifft, das im Thema
wiederkehnmde, in den bis zum Jahre 1812 geschriebenen
3
Skizzen af)
Jahr l|i4 geschriebenen Skizzen so
ist. t'ir vermuthen, dass Beethoven das Motiv nur aus dem
Grun^b änderte, um eine Aehnlichkeit mit Stellen im dritten
lautende Motiv, das in den ersten im
umgebildet
y Vgl. den Artikel XXXI.
**) Vgl. die Artikel XXXH— XXXIV.
2*
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i
Google
20
Satz der inzwisehea fertig gewordenen siebenten Symphonie
zu vermeiden.*)
Die letzten Stelleu,
s
rf^^'A^Uf. \ si'ii]ntl
U. 8. W.
die der Arbeit zur Ouvertüre angeboren, wurden ungefllhr ioi
März 1815 geschrieben.**) Dieses Datum steht mit dem zu
Anfang des Autographs angegebenen Datum (1. October 1814^
im Widerspruch. Dieser Widerspruch ist zu lösen. Beethoven
hat das Datum beigefügt, als er die Partitur zu schreiben an-
fing, hat aber, weil die Aufführung der Ouvertüre am Namens-
tag des Kaisers unterblieb, die Reinschrift unterbrochen und
erst nach einigen oder mehreren Monaten wieder aufgenom-
men, bei welcher Arbei dann jene Stellen, die sämmtlich nur
gegen den Schluss der Ouvertüre vorkommen oder da ver-
wendet wurden, versuchsweise hingeschrieben wurden.
Das kurze Ergebniss der Skizzen ist: Beethoven hat drei-
mal zur Arbeit angesetzt und wieder abgesetzt, und erst beim
vierten Male ist der ursprüngliche Gedanke, eine Ouvertüre
zu schreiben, zur AusfUhrung gekommen. Zwischen der ersten
und der letzten Note, die geschrieben wurde, liegen gegen
sechs Jahre.
♦) Vgl. den Artikel XIV.
♦*) Mehr Stellen im Artikel XXXIV.
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III,
Skizzen zu den Trios Op. 1 Nr. 2 und 3.
Die zu den geuannten Trios vorhandenen Skizzen sind
nur geeignet, uns einzelne Themen und einige längere Stellen
in einer früheren Fassung zu zeigen.*)
Das Hauptthema des ersten Allegros des Trios in 6-dur
hatte anfangs eine weniger ruhige Führung, als es jetzt hat.
Ursprünglich lautete es so
: ^ga^P^j-j^ ^
• 7 u. 8. w.
und etwas später so.
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*) Die vorzulegenden Skizzen stehen theils auf in der königl. Biblio-
thek zu Berlin befindlichen losen Bogen und Blättern, theils in einem
im britischen Museum befindlichen, aus vielen einzelnen Bogen und
Blättern zusammengehefteten Skizzenheft. Letzteres hat auch bei meh-
reren andern Werken als Grundlage gedient und wird in den folgenden
Artikeln wiederholt erwähnt werden.
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22
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Der dritte Satz desselben Trios war ursprünglich
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anders und zum Theil kürzer gefasst, als jetzt. Wie man
sieht, hat Beethoven hier dem Satz die Ueberechriß >Me-
nuetto« gegeben. In der ältesten Ausgabe ist der Satz in
zwei Stimmen als »Scherzo«, in einer als »Menuetto« bezeich-
net. In jenen scheint ursprünglich auch »Menuetto« gestanden
zu haben. Jedenfalls rührt die spätere Bezeichnung »Scherzo«:
von Beethoven her.
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23'
Das Trio zum dritten Satz lautete ursprttuglioh
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anderB und einfacher, als es jetzt lautet.
Die ersten Skizzen zum letzten Satz des Trios
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Cemhalo.
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I U. 8. W.
Violoncell
bringen das Motiv, mit dem der Satz jetzt anfängt, in ent-
gegengesetzter Bewegung. Eine später geschriebene Skizze
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24
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etc.
entspricht im Anfang der gedruckten Form und bringt bald
die Melodie, die im Druck kurz vor dem Sehluss des ersten
Theils vorkommt. Mit dieser Melodie sollte, wie aus einer
auf einem andern Blatte befindlichen, spätestens im Jahre
1793 geschriebenen Skizze
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25
Presto
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^-H-f^ff— h ^
hervorgeht, ursprünglich ein anderes Stück begonnen werden.
Sftmmtliche Skizzen zum letzten Satz sind im C-Takt ge-
schrieben. Damit wird die Mittheilung Wegeler*s (Biogr. Not
S. 29), Beethoven habe statt des ursprünglichen ^-Taktes
später den |-Takt gewählt, bestätigt
Eine der ersten Skizzen zum dritten Satz des Trios in
C-moU lautet so:
Ifa Jrr &i rr ^ i rre^K^
■ ■
TgÄfmrrrl^ - ^^JJto
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Eine im Anfang des letzten Satzes desselben Trios vor-
kommende Melodie war ursprünglich in langsamerem Tempo
als Anfang eines Clavierstüekes gedacht
Andante, Randomässig,
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Eine im nämlichen Satz später vorkommende Melodie war
urgprünglich
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27
in einer andern Taktai-t, als sie gedruckt ist, gedacht. Jeden-
falls hat Beethoven in diesem Satz und auch im letzten Satz
des Trios in 6-dur Melodien vereinigt, die ursprünglich nicht
zusammen gehören.
Die chronologische Ausbeute, welche die Skizzen liefern,
ist ziemlich gering. Gleichzeitig mit der zuerst mitgetheilten
Skizze zum Trio in G-dur entstand eine Skizze zum :»Opfer-
lied«, und dürften beide Skizzen dem Jahre 1794 angehören.
(Vgl. des Verfassers ^s^Beethoveniana«, S. 51.) Die zuletzt mit-
getheilten zwei Skizzen zum Trio in C-moU wurden spätestens
1793 geschrieben. Auf der zweiten Seite eines Blattes, wel-
ches auf der ersten Seite Entwürfe zum letzten Satz des Trios
in G-dur enthält, stehen Entwürfe zum ersten und dritten Satz
des Trios in C-moll. Von diesen Entwürfen, von denen wir
nur einen zum dritten Satz des letztgenannten Trios gehören-
den mitgetheilt haben, kommen die zum Trio in G-dur der
gedruckten Fassung sehr nahe, die zum Trio in C-moll aber
nicht. Diese Erscheinung ist geeignet, die schon an sich un-
wahrscheinliche Angabe Schindler's (Biogr. I, 50), das Trio in
C-moll sei von den drei Trios op. 1 das zu allererst vollen-
dete, zu entkräften. Gegen die Annahme Thayer's (Biogr. I,
239 f.), die Trios op. 1 seien spätestens im Jahre 1793 oder
noch in Bonn fei-tig geworden, kann eine and^e Erscheinung
geltend gemacht werden. Die zuerst ihitgetheilten zwei Skizzen
zum 3. und 4. Satz des Trios in G-dur stehen auf den ersten
zwei Seiten eines Bogens, der auf den folgenden zwei Seiten
Arbeiten enthält, die dem Unterricht Beethoven's bei Albrechts-
berger angehören, und welche in zwei zweistimmigen Fugen
und in dem Anfang einer dreistimmigen Fuge bestehen. Letz-
tere müssen also später geschrieben sein, als die vorhergehen-
den Skizzen. Dass eine lange Zeit zwischen der Beschreibung
der ersten und letzten Seite des Bogens hingegangen sei oder
dass Beethoven den halbbeschriebenen Bogen von Bonn nach
Wien mitgebracht habe, ist nicht wahrscheinlich. WahrsAein-
lich ist, dass eine Arbeit durch die andere unterbrochen wurde
un^ dass der Bogen zur Hand lag, als die Fugen geschrieben
wurden. Letztere wurden im Jahre 1794 geschrieben. (Vgl.
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28
des Verfasserg »Beethoven's Studien», I, 202 f.) Berücksich-
tigt mau nun, dass jene Skizzen noch weit von der endgil-
tigen Form sind, so kann man nicht annehmen, das Trio sei
lange vor der Zeit, in der die Fugen geschrieben wurden,
fertig geworden; man muss im Gegentheil annehmen, es sei
nach jener Zeit fertig geworden. Damit lässt sich das an
dem zuletzt erwähnten Orte gewonnene Datum, nach welchem
das Trio in 6-dur Ende 1794 noch nicht fertig sein konnte,
in Einklang bringen. In der chronologischen Bestimmung der
Trios op. 1 wird immerhin einiges unsicher bleiben, nament-
lich in Betreff des Trios in Es-dur. Skizzen zu diesem Trio
haben sich nicht gefunden.
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IV.
Skizzen zu den Sonaten Op. 10
finden sich auf einer ziemlichen Anzahl loser Bogen und Blätter,
die theils in der königl. Bibliothek zu Berlin, theils im bri-
tischen Museum aufbewahrt werden. Alle Sätze der Sonaten
werden mehr oder weniger in den Skizzen berührt. Aus der
Stellung der Skizzen geht hervor, dass die drei Sonaten in
der Reihenfolge eomponirt wurden, in der sie gedruckt sind.
Ausserdem liefern die Skizzen einige andere chronologische
Ergebnisse.
Skizzen zum dritten Theil des ersten Satzes der Sonate
in C-moU,
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fTT | |>;qibJJl]IljJr:i 1 I )y.jj^ «....,
aus denen hervorgeht, dass, als sie geschrieben wurden, der
Satz bald fertig war, finden sich auf den oberen Zeilen der
ersten Seite eines Bogens, der auf den unteren Zeilen der
ersten Seite und auf den folgenden drei Seiten Entwtlrfe zu
andern Compositionen enthält. Die berührten Compositionen
sind der Reihe nach: die ungedruckte Arie »Soll ein Schuh
nicht drücken«
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das for-derl Kunst
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30
die im November 1798 ersohieneiieii Variationen fttr Ciavier
über das Thema »Mich brennt ein heisses Fiebers
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U. 8. W.
die angedruckten Variationen fllr zwei Oboen und ein eng-
lisches Hom über das Thema »La ei darem la mano«
;iff 7;|7g T fT7f^UhS/C>g --
a ire
und wieder die genannte Arie.*) Ohne Zweifel wurden diese
Skizzen ziemlich zu einer und derselben Zeit und in der Folge
geschrieben, in der sie erscheinen. Den sichersten Anhalts-
punkt zur Bestimmung der Zeit, in der sie geschrieben wur-
den, bieten die Variationen über das Thema aus Mozart's »Don
Juan«. Diese wurden am 23. December 1797 in einer Aka-
*) Der Text der Arie ist dem von Ignaz Umlauf oomponirten und
zum ersten Mal am 22. Juni 1779 im Wiener Hoftheater aufgeführten
Singspiel »Die pucefarbenen Schuhe oder die schöne Schusterin« ent-
nommen. Das Singspiel war lange beliebt und wurde noch in den
Jahren 1795 und 17% in Wien wiederholt gegeben. Ob Beethoven'»
Composition bei einer Aufführung gesungen wurde, ist nicht festgestellt.
Die Tonart der Arie ist B-dur. Die Skizzen stehen in G-dur. Beethoven
hat also transponirt. Die Annahme (z. B. in Thayer's chronol. Yerz.
Nr. 14), die Arie sei um 1791 componirt, ist mit dem Ergebniss der
Skizzen nicht zu vereinigen.
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31
demie der Wiener Tonkünstlergesellsehaft gespielt.*) Dass die
Yariationen mehrere Jahre vor der AuflfÜhrung componirt wor-
den seien, ist nicht anzunehmen. Wahrscheinlich wurden sie
eigens ftlr die Akademie geschrieben, konnten also nicht lange
fertig sein, als sie gespielt wurden. Demnach Iftsst sich die
Zeit von etwa Mitte 1796 bis Ende 1797 als diejenige an-
nehmen, der die erwähnten Skizzen angehören.
Arbeiten zum zweiten Satz der ersten Sonate
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treffen zusammen mit Entwürfen zu einem ungedruokten Stttok
fBr Clavier in C-moll,
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=1— etc.
*) Auf dem Concertzettel, der an jenem Tage von der Wiener Ton-
künstlergesellschaft im k. k. National-Hoftheater gegebenen Akademie,
ist als achte Nummer angegeben:
»Terzett mit Variationen aus der Oper Don Juan auf zwey
Hautboen und dem euglischen Hom, von der Oomposition des
Herrn van Bethofen, ausgeführt von den Herren Czerwenka,
Beuter und Teimer, beyde letztere in wir kl. Diensten Sr. fürstL
Durchlaucht des regierenden Fürsten von Schwarzenberg.«
Die an einigen Orten (z. B. in Thayer's chronol. Yerz. Nr. 52) zu fin-
dende Angabe, es sei damals das Blastrio Op. 87 zur AufTühruDg ge-
kommen, beruht auf einer Verwechselung.
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32
und hat Beethoven an beiden Stücken abwechselnd gearbeitet.
Das ungedruckte Stück ist später von Beethoven als »Baga-
telle« bezeichnet worden. Es scheint zweifellos zu sein, dass
es ursprünglich zum Intermezzo der Sonate bestimmt war, und
gewiss ist es in einer Bemerkung:
2^ den neuen Sonaten ganze kurze Memietten. Zu der
aus dem cmoU bleibt das presto auch.
gemeint, die an einem andern Orte steht und spätestens im
April 1797 (gleichzeitig mit dem zweiten Satz des Quintetts
Op. 16) geschrieben wurde.
Anderwärts treffen Arbeiten zum letzten Satz der Sonate
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33
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U. 8. W.
zusammen mit Entwürfen zu einem unbekannten Stftok, eben-
falls in G-moll.
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U. B. W.
Es ist möglich, dass dieses Stück ursprünglich dieselbe Be-
stimmung hatte, wie jene Bagatelle.^) Die Skizze zum Sonaten-
satz beweist, dass die Arbeit schon ziemlich vorgerückt war.
Sie gilt dem zweiten Theil, der aber nach der Skizze viel
länger werden sollte, als ihn der Druck bringt. Auch nach
einer andern Skizze
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*) Beethoven hat später noch ein anderes ^»Intermezzo zur Sonate
ans C-moll« angefangen. Wir werden demselben an einem anderen
Orte begegnen. (Siehe Artikel XLVI.)
3
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34
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sollte der zweite Theil ursprünglich länger ausgeffthrt werden.
Beethoven muss wohl seine guten Gründe gehabt haben, dass
er dem Theil schliesslich eine kurze Fassung gab.
An den di-ei Sätzen der Sonate in F-dur hat Beethoven
gleichzeitig gearbeitet. Hervorzuheben ist eine auf eine Stelle
im zweiten Theil des ersten Satzes sich beziehende Skizze
mit einer Variante
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35
und eine der ersten Skizzen zum Anfang des zweiten Satzes,
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die ein Motiv enthält, das Beethoven erst nach wiederholten
Versuchen fallen gelassen hat.*) Bei einer andern Skizze zum
zweiten Satz steht die Bemerkung:
Die Menuetten zu den Sonaten ins künftige nicht länger
als von 16 bis 34 T. —
Die erste grössere Skizze zum ersten Satz der dritten Sonate
Sonata terza.
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*) Dieses Motiv benutzte Beethoven bei der Ausarbeitung des oben
(S. 33) erwähnten Ciavierstücks in C-moU. Die ausgeführte Composition
(autograph in der königl. Bibliothek in Berlin) ist erst in neuester Zeit
bekannt geworden und erscheint zugleich mit mehreren anderen in den
folgenden Artikeln als ungedruokt bezeichneten Compositionen im
Supplementband der Breitkopf & HärtePschen Gesammtausgabe der
Werke von L. v. Beethoven. — Anm. d. Herausgebers.
3*
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36
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ist von der endgiltigen Fassung noch sehr entfernt. DerSchluss
der Skizze gilt dem Schluss des Satzes. Worauf aber das
Ganze gerichtet ist, ob die ersten Takte dem Anfang des
Satzes oder einer späteren Stelle gelten, wird sich, wenn man
berücksichtigt, dass Beethoven der Skizze eine Ueberschrift
und Vorzeichnung gegeben hat und dass einige Unterbrechungen
(durch »etc.«) darin vorkommen, mit Bestimmtheit nicht sagen
lassen. Ausser dem Hauptmotiv und einigen daraus gebildeten
Gängen und Abschnitten enthält die Skizze wenig Stellen (z. B.
das Takt 29 erscheinende Motiv und der Takt 32 eintretende
Lauf), die an Stellen des gedruckten Stückes erinnern können.
Nahe dem Druck kommt eine an einem andern Orte sich be-
findende Skizze.
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38
Sie weicht yom Druck am meisten an der Stelle (Takt 13 big
20) ab, wo sich die Modulation nach der Dominante von
H-moU wendet. Man wird finden, dass im Druck das Ziel
auf kürzerem Wege und wirksamer erreicht wird. In der
Skizze braucht Beethoven zwei Abschnitte, im Druck nur einen.
Gleichzeitig mit dieser Skizze erscheint ein Entwurf zum
zweiten Satz der Sonate.
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W=E=K
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hernach geschlossen in amoll J
73'V^ i ifF ^ti
Beethoven hat von der Skizze kaum mehr als das Hauptmotiv
beibehalten. In einer später geschriebenen Skizze zum An-
fang des Satzes
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etc.
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39
igt das Hauptmotiv in einer der endgiltigen Form entsprechen-
den Weise melodisch weiter geführt. Bemerkenswerth ist noch
eine frühere Fassung des Ueberganges zum dritten Theil
I Ü^ I Wt^"^ ? gtf ^^
ohne Bass,
und eine frühere Fassung der Sohlusstakte des Satzes.
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Von den noch übrigen Skizzen setzen wir eine zum Anfang
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und eine zum Schluss des dritten Satzes her.
in der Tiefe 2ter Theil Thema.
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Während Beethoven an der Sonate in D-dur arheitete,
hat er sich, ausser mit der vorhergehenden Sonate in F-dur,
noch mit andern Stücken beschäftigt. Zu erwähnen sind der
Reihe nach: Entwürfe zum letzten Satz des Sextetts Op. 71;
Vomu
Clarineiti.
I^^v^^ fi ^-Fsq^
ffjf i f^
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n. 8. w.
Entwürfe von mehreren Ländlern, von denen einer
I L. J — I I , I I — .
den sechsten von den »7 ländlerischen Tänzen« betrifil; ein
Entwurf zum ersten Satz des Clavierconoertes in C-moll, der
zwar nicht benutzt ist, aber doch beweist, dass Beethoven
schon damals mit genanntem Werke beschäftigt war;*) eine
nicht bekannte Gadenz zum ersten Satz des Glavierconcertes
in C-dur.
Die Sonaten Op. 10 müssen zu Anfang Juli 1798 fertig
gewesen sein, weil zu dieser Zeit eine Subscription darauf
eröffnet wurde. Hiemach und nach den früher mitgetheilten
Ergebnissen ist im weitesten Umfange die Zeit von Mitte 1796
bis Mitte 1798 als die Zeit ihrer Gomposition anzunehmen. In
dieselbe Zeit ist auch die Entstehung der andern Stücke zu
*) Das Autograph trägt die Jahreszahl »1800«
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41
setzen, zu denen sich Skizzen vorfanden und die damals fertig
werden konnten. Diese Stücke sind der Reihe nach:
Variationen fttr Pianaforte über das Thema »Mich brennt
ein heisses Fieber«,
Variationen fttr 2 Oboen und englisches Hom (unge-
druckt),
Arie »Soll ein Schuh nicht drücken« (ungedruckt),
Bagatelle in C-moU fttr Ciavier (ungedruckt).
Letzter Satz des Sextetts Op. 71 und
Nr. 6 der 7 ländlerischen Tänze.
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V.
Das Eondo der Sonate Op. 13
war ursprünglich nicht ftlr Glavier, sondern ftlr verschiedene
Instrumente, dem Anschein nach für Ciavier und Violine ge-
dacht Dies geht aus zvrei an verschiedenen Orten sich be-
findenden Skizzen hervor, von denen eine so:
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H^^ j1 jt tji i\j^ -i^< - 1 r ^ - I I
die andere bo Bchliesst:
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43
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-^ -I- i^jtJij ^-^ 1 nj^i jj^^^^
oder
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Die erste Skizze findet sich zwischen Arbeiten zum Schluss
des letzten Satzes des Streiohtrios in G-dur Op. 9 Nr. 1.
3r J i ^ j j J
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JJJr l ^r^^|^^:F^ l ^^^|rr^
8va,
f Ji^j jJ i jj; i fj-rM' i rf ri^
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und zum Scherzo des Trios in C-moll Op. 9 Nr. 3.
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44
Diese Umgebung kann die Ansicht aufkommen lassen, das
Rondo sei ursprünglich zum Finale des Streichtrios in C-moU
bestimmt gewesen, welcher Ansicht jedoch aus andern Grrün-
den nicht beizutreten ist Die andere zum Rondo gehörende
Skizze wurde später oder etwas später geschrieben, als der
erste Satz der Sonatine für Ciavier in G-moU Op. 49 Nn 1.
Dies geht daraus hervor, dass die Skizze auf den unteren
Zeilen eines Blattes vorkommt, das auf den oberen Zeilen mit
der Ueberschrift »Sonatine par L. v. Bthvn« die ersten 7 Takte
jenes Sonatinensatzes enthält und ursprünglich zur Reinschrift
der Sonatine dienen sollte. Alle angeführten Skizzen fallen
spätestens in das Jahr 1798, wurden also wenigstens ein Jahr
vor dem Erscheinen der Sonate Op. 13 geschrieben.
Man kann noch bemerken, dass die Noten, welche die
Skizzen zu den Sätzen der Streichtrios haben, in der Ausgabe
um die Hälfte verringert sind.
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VL
Skizzen zur Sonate Op. 14 Nr. 1
finden sieh an zwei yerschiedenen Orten. Auf der ersten Seite
von zwei zusammengehörenden Bogen, die in der königL Bib-
liothek zu Berlin aufbewahrt werden und die auf den folgen-
den 7 Seiten Arbeiten zu den drei Sätzen der Sonate Op. 12
Nr. 2 und zu unbekannten Stücken enthalten, steht eine
grössere Skizze,
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47
die von der Sonate Op. 14 Nr. 1, wie wir sie kennen, nur
den Anfang des ersten Satzes bringt, im weitern Verlauf aber
Ton der gedruckten Fassung abweicht. Das Hauptthema ist,
abgesehen von einigen unwesentlichen Abweichungen, voll-
ständig ausgeprägt. Der Bindebogen, der von der letzten Note
des 3. Taktes zur folgenden Note gezogen ist und den die
Ausgabe nicht hat, findet sich auch in einer späteren Skizze.
Wenn man einzelne Stellen des skizzirten Stückes ins Auge
fasst, so kann es fraglich erscheinen, ob es fttr Ciavier oder
für mehrere Instrumente gedacht ist Beethoven hat die Sonate
später für vier Streichinstrumente gesetzt, und es ist nicht un-
möglich, dass eine solche Verwendbarkeit schon bei der Con-
oeption ins Auge gefasst war.
Von den vorhandenen Skizzen ist die mitgetheilte die
früheste. Später geschriebene Skizzen stehen in einem im
britischen Museum befindlichen Skizzenbuch. Auf der letzten
Seite eines Bogens, der auf den vorhergehenden Seiten Ar-
beiten zum 2. und 3. Satz des Concertes in B-dur enthält,
kommen Skizzen zu allen Sätzen der Sonate vor. Die Skizzen
beweisen, dass einige Stellen erst zuletzt gefunden wurden und
dass andere wiederholt umgewandelt werden mussten, bis sie
die endgiltige Form erhielten. Von der ersten Skizze, die in
der Mitte der Hauptpartie des ersten Satzes beginnt,
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Sohluss YOi^ommende Stellen beibehalten. Die Seitenpartie
und der Uebergang dazu ist noch nicht gefunden. In der
folgenden Skizze
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lautet die Seitenpartie wieder andere. Jedoch enthält die
Melodie, mit der sie eröfiFnet wird, einige Züge, die entfernt
an die jetzige Fassung erinnern. Sonst ist eine Annäherung
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an die {^ruekte Form nar beim UebeTgan^ zar Seiienpartie
und bei einer gegen den Sebluss auftretenden Melodie bemerk-
bar. Die nächste Skizze
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bringt die zwei Melodien der Seitenpartie im Wesentlichen so,
wie wir sie kennen. Nur bei der zweiten Melodie zeigt sich
eine Verschiedenheit zwischen Skizze und Druck, eine Ver-
schiedenheit, die, wenn man nur die Bildung der Melodie im
Auge hat, unbedeutend erscheint, die aber, wenn dabei eine
andere Stelle in Betracht gezogen ¥rird, der Beachtung wei-th
ist Das in der Melodie verwendete eintaktige Motiv ist näm-
lich in der Skizze dasselbe, das im 4. Takt des Hauptthemas
aufgestellt ist, im Druck aber und in den noch folgenden
Skizzen erscheint es verändert und ist jene Uebereinstimmung
aufgehoben. Warum Beethoven geändert hat, lässt sich mit
Gewissheit nicht sagen. Es ist möglich, dass er, um dem
Satze ein vorwaltend anmuthiges und leichtes Gepräge zu
geben, um in der Reihe der vorzufahrenden Bilder für jedes
derselben Verschiedenheit zu gewinnen, jene thematische Ueber-
einstimmung fallen liess. In der dann folgenden Schlusspartie
wird eine früher gefundene Melodie verlassen. Die letzten
vier Takte der Skizze entsprechen der endgiltigen Form. Be-
merken lässt sich noch, dass in der zweiten Melodie der Seiten-
partie das dreigestrichene Fis vennieden ist. In der ältesten
Ausgabe der Sonate steht es. Daraus kann man schliessen,
dass die Instrumente inzwischen damit versehen worden waren.
Der zweite Theil des ersten Satzes ist so ziemlich nach
diesem Elntwurf
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ohne das Thema durchzuführen
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52
ausgefllhrt worden. Nur ist im Druek ein Takt weggeblieben.
Möglieherweise war dieser eine Takt Schuld, dass Beethoven
später ein anderes melodisches Motiy zur Durchf&hrung ver-
suchte.
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gekommen. Diese Skizze
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stimmt im Anfang mit der gedrukten Form ttberein, nieht aber
im weitem Verlauf. In der zweiten Hälfte wird das urgprttng-
liebe Motiv ganz verlassen.
Der dritte Theil sollte, wie aus einigen hier zu über-
gehenden Skizzen hervorgeht, ursprünglich eben so beginnen,
wie der erste Theil, nämlich mit dem Hauptthema in der rech-
ten und mit begleitenden Achtebioten in der linken Hand;
bald darauf sollte das Hauptmotiv in C-dur gebracht und
mit aufwärts steigenden Tonleitern in der linken Hand be-
gleitet werden. In dieser Skizze,
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die sich auf den ganzen dritten Theil erstreckt, geschieht der
TJebergang nach C-dur auf anderem Wege, als im Druck. Die
durch zwei Octaven gehenden Tonleitern, welche in der Skizze
im 11. Takt in der linken Hand eintreten, hat Beethoven, wie
aus dem Druck zu ersehen, später beim Anfang des dritten
Theils benutzt und sie dagegen an der Stelle, wo sie ursprüng-
lich standen, auf eine Octave beschränkt. Im weitem Verlauf
kommt die Skizze auf frühere Fassungen zurück. Später g(^
schriebene Skizzen bringen den ersten Satz in allen Theilen
der endgiltigen Form nahe oder stimmen damit überein.
Man wird aus den mitgetheilten Skizzen ersehen, dans
die meisten Bestandtheile des Satzes ron Grund aus neu gc-
sehaffen oder umgewandelt werden mussten, bis das Ganze
zur Reife gediehen war. Bei den folgenden Sätzen ist die
Zahl der Stellen, die Schwierigkeiten machten, geringer, und
scheint die Arbeit im Ganzen rasoher und leichter von Statten
gegangen sein.
Der zweite Satz ist in der ersten Skizze
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von der endgiltigen Form noch weit entfernt. Man glaubt,
die Skiz2e zu einem gewohnlichen Menuett vor sich zu haben.
Die Anfangsmotiye sind kenntlich angedeutet, aber von den
fflnnigen Wendungen und elegischen Zügen des gedruckten
8tftekes zeigt sich keine Spur. Gleich darauf setzt Beethoven
wieder an.
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und hier ist der erste Theil gefunden. Nur fehlt in der Mitte
ein Auftakt Dagegen zeigt der zweite Theil eine von der
gedruckten fast ganz abweichende Fassung. Sein Anfang hat
etwas Mattes. Wir suchen den Grund hauptsächlich darin,
dass er wie der erste Theil aus langen rhythmischen -Gliedern
besteht Später hat Beethoven den zweiten Theil mit zwei-
taktigen rhythmischen Abschnitten begonnen und dadurch jene
Einförmigkeit vermieden. Das am Schluss der Skizze ange-
deutete Trio hat Beethoven in andern Skizzen
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die frühesten. In beiden zeigt das Haupttiiema noch nicht
seine endgiltige Form. Von den später gesohriebenen Skizzen
macht sich diese zum zweiten Theil gehörende
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59
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bemerkbar. Hier ist der in G-dur beginnenden Mittelpartie
ein ganz anderes Motiv zu Grunde gelegt, als im Druck. An-
dere später geschriebene Skizzen nähern sich schnell der end-
giltigen Form.
Aus der Stellung aller im Bisherigen bertihrten Skizzen
ergiebt sich, dass Beethoven an den drei Sätzen der Sonate
gleichzeitig gearbeitet hat. Gleichzeitig oder nicht lange vor-
her wurde auch an den letzten Sätzen des Conoertes in B-dur
gearbeitet, und die Sonate Op. 12 Nr. 2 (in A-dur) war fertig
öder der Beendigung nahe, als die Ciaviersonate in £-dur an
gefangen wurde. Das Concert war (in erster Fassung) fertig
im März 1795 und kann nicht viel früher fertig geworden
sein. Demnach lässt sich als die Zeit, der sämmtliche Skizsen
angehören, spätestens das Jahr 1795 annehmen.
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VII.
Skizzen zn den letzten Sätzen der Quartette
Op. 18 Nr. 1 nnd Nr. 6.
Auf mehreren Bogen und Blättern, die theils zusammen*
gehören, theils nioht, finden sich Arbeiten zu den genannten
Quartettsätzen und zu andern Compositionen.*) Wir yerzeichnen
hier einen Entwurf zum letzten Satz des Quartetts in G-dur.
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*) Die MauuBcripte waren früher bei G. Petter in Wien.
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in dem man sieht, das8 dem Stücke ursprtliiglieh eine andere
Taktart zugedacht war, als es jetzt hat, den Anfang einer
Skizze zu einem Allegro,
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das ursprünglich zum letzten Satz des Quartetts in B-dur be-
stimmt war und in dem, ähnlich wie im gedruckten Stück,
das Thema der Malinconia
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angebracht werden sollte, das jetzige Thema des genannten
Satzes in einer früheren
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62
und in einer etwas späteren Fassung.
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Die andern Compositionen, die von diesen und andern
Quartett-Skizzen berührt werden, sind: die Sonate für Ciavier
in B-dur Op. 22, der dritte und letzte Satz des Quartetts in
F-dur Op. 18 Nr. 1, die Variationen fllr Ciavier tlber ein
Originalthema in G-dur. Ein Theil der diese Compositionen
betreffenden Skizzen wird an geeigneter Stelle vorgelegt wer-
den.*) Zu bemerken ist hier noeh, dass die Entwürfe zum
letzten Satz des Quartetts in F-dur
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von Anfang an der endgiltigen Form ziemlich nahe kommen
und später geschrieben wurden, als andere Skizzen, denen wir
später in einem Skizzenbuch begegnen werden,**)
Das chronologische Ergebniss der Quartett-Skizzen ist bei
ihrer Lückenhaftigkeit gering. Mit Sicherheit lässt sieh nur
so viel sagen, dass gleichzeitig am Scherzo des ersten Quar-
tetts und am ersten Satz der Sonate Op. 22 gearbeitet wurde,
dass während der Arbeit zum letzten Satz des zweiten Quar-
tetts die Variationen für Ciavier in 6-dur, während der Ar-
♦) Siehe die Artikel XLI und XLH.
♦♦) Siehe den Artikel XLVI.
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63
beit zum letzten Satz des sechsten Quartetts das Bondo der
Sonate Op. 22 angefangen wurden. Vermuthlich gehört ein
Theil der Skizzen dem Jahre 1799, ein anderer dem Jahre
1800 an.
Ausser den bisher erwähnten Skizzen findet sich an einem
andern Orte eine dem Anschein nach flir Ciavier gedachte, un-
ausgeführt gebliebene Skizze,
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in der ein Rondothema vorkommt, dass Beethoven später in
anderer Takt- und Tonart im fünften Quartett in der Coda
der Variationen als Gegenthema verwendet hat Die Skizze
wurde 1794 oder 1795 geschrieben.
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vni.
Skizzen zum Claviercoiicert in C-dnr (Op. 15)
sind nur in geringer Anzahl und auf einzelnen Bogen und
Bl&ttern vorhanden.*) Herrorzuheben ist eine die endgiltige
Fassung noch nicht erreichende Skizze zum Anfang des ersten
Satzes,
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*) Die vorzulegenden Skizzen befinden sich meistens in dem bei
Op. 1 erwähnten Skizzenbach im britischen Museum.
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in welchem das nur in seinem Anfangsmotiv mit der end-
giltigen Form tibereinstimmende Thema in Des-dur aufgestellt
ist, und eine auf den letzten Satz zu beziehende Stelle,
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aus der hervorgeht, dass das Sttiek ursprtlnglich in einer an-
dern Taktart coneipirt war. Die letzte Skizze steht mit einigen
andern Stellen, die die Arbeiten zum Coneert ebenfalls noch
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66
in ihrem ersten Stadium zeigen, auf der zweiten Seite eines
Bogens, der auf der frtther geschriebenen ersten Seite Arbeiten
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ZU einer Gadenz zum ersten Satz des Goncertes in B-dur und
dann Entwürfe
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Da das Lied alle Jahr nur einmal gemacht wird, so darf es schon
etwas schwer sein.
ZU einem unbekannten Liede mit einer Bemerkung enthält.
Aus dem Vorkommen jener Arbeiten zu einer Gadenz ergiebt
sich, dass das Goncert in B-dur fertig war, als das in G-dur
componirt wurde. Das ist das einzige chronologische Ergeh-
niss, dass sich aus den Skizzen gewinnen lässt, ein Ergebniss,
das schon auf anderm Wege bekannt ist.*)
Das Jahr der Gomposition des Goncertes lässt sich mit
Sicherheit nicht angeben. Will man einer Mittheilung Wege-
ler's folgen, so muss man annehmen, das Goncert sei während
dessen Anwesenheit in Wien (Ende 1794 bis Mitte 1796) com-
ponirt und gespielt worden. Doch ist diese Mittheilung mit
Vorsicht aufzunehmen. Wegeier kann das Goncert ia B-dur
*) Daas das Concert in C-dur später componirt wurde, als das in
B-dur, sagt Beethoven selbst. In einem am 22. April 1801 an Breitkopf
& Härtel geschriebene!^ Briefe heisst es: »ich merke dabei bloss an, dass
bei Hofmeister eines von meinen ersten Konzerten herauskommt und
folglich nicht zu den besten von meinen Arbeiten gehört, bei Mollo
ebenfalls ein zwar später verfertigtes Konzert« u. s. w. — Das Concert
in B-dur erschien gegen Ende 1801 bei Hoffmeister und Kühnel in
Leipzig, das in C-dur im März 1801 bei T. Mollo & Comp, in Wien.
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67
mit dem in C-dur verwechselt haben.*) Einen nach einer
Seite hin sicheren Anhaltspunkt bietet ein Skizzenblatt, das
auf der ersten Seite und auf der oberen Hälfte der zweiten
Seite, einen Entwurf zu einer Cadenz zum ersten Satz des
Concertes in C-dur der hier im Auszuge folgt,
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*) Wegeier erzählt (Biogr. Notizen S. 36): »Erst am Nachmittag
des zweiten Tages vor der Auflführung seines ersten Concertes (C-dur)
schrieb er das Bondo und zwar unter ziemlich heftigen Kolikschmerzeu,
woran er häufig litt. Ich half durch kleine Mittel, so viel ich konnte.
Im Vorzimmer sassen vier Copisten, denen er jedes fertige Blatt einzeln
übergab. — Bei der ersten Probe, die am Tage darauf in Beethoven's
Zimmer statt hatte, stand das Klavier für die Blaseinstrumente einen
halben Ton zu tief. Beethoven Hess auf der Stelle diese und so auch
die übrigen, statt nach a, nach b stimmen und spielte seine Stimme aus
Cis.« Wie eine Probe mit ganzem Orchester, d. i. mit Trompeten und
Pauken, in einem »Zimmer« gehalten werden konnte, kann man sich
nicht gut vorstellen. Eine solche ertlichkeit war zu einer Probe des
B-dur-Concertes eher geeignet. In diesem kommen keine Trompeten
und Pauken und auch keine Clarinetten vor. Auch ist nicht zu über-
sehen, dass mehr als 40 Jahre vergangen waren, als Wegeier jene Worte
aus der Erinnerung niederschrieb. Wegeier, der, wie er selbst (Vorrede
S. Xm) sagt, »in Hinsicht auf Musik nur ein schwacher Dilettant «war
und der, wie es 0. Jahn erwiesen hat, die Namen »Leonorec und »Fi-
delioK miteinander verwechseln konnte, konnte auch leicht das zuerst
erschienene Concert mit dem zuerst componirten verwechseln.
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und auf der untern Hälfte der zweiten Seite Entwürfe zum
letzten Satz der Sonate in D-dur Op, 10 Nr. 3 enthält.*) Aus
dem Zusammentreffen dieser Arbeiten ergiebt sich, dass das
Goncert im Juli 1798, als Beethoven zur Herausgabe der
Sonaten Op. 10 schritt, fertig war.
*) Das in der königl. Bibliothek zu Berlin befindliche Skizzenblatt
ist schon bei den Sonaten Op. 10 benutzt worden.
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IX.
Skizzen zum Clavierconcert in B-dnr (Op. 19).
Auf den ersten drei Seiten und auf den oberen Zeilen
der 4. Seite eines Bogens, der auf den unteren Zeilen der
4. Seite Arbeiten zu allen Sätzen der Sonate in E-dur Op. 14
Nr. 1 enthält, stehen Entwürfe zum 2. und 3. Satz des Gon-
certs in B-dur. Ein ziemlioh lang ausgeführter Entwurf zum
Rondo des Coneerts, dem wir den Anfang
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XL, 8. W.
und eine später vorkommende Stelle entnehmen,
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Tl. f (! I r I! r'K ^ toK
U. 8. W.
ist von der endgiltigen Form noch ziemlieh weit entfernt und
gehört zu den frühesten von den vorhandenen Skizzen. Aus
dem Zusammentreffen der Sätze des Coneerts mit den Sätzen
der Sonate ergiebt sich, dass das Concert begonnen wurde,
bevor die Sonate fertig war.
Ein anderer Bogen enthält auf allen vier Seiten Entwüife
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U. 8. W.
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zu allen drei Sätzen des Coneerts. Diese Erscheinung beweist,
dass die drei Sätze des Coneerts ursprünglich zusammenge-
hören und dass nicht, wie man vermuthen könnte, das nach
Beethoven's Tode erschienene Rondo in B-dur fftr Pianoforte
und Orchester ursprünglich zum Concert gehört hat*) Der-
'*') Skizzen zu erwähntem Rondo
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finden sich auf leer gebliebenen Zeilen unter einer in Partitur und der
Handschrift nach noch in Bonn geschriebenen Romanze in E-moU für
Ciavier, Flöte und Fagott concertant mit Begleitung von 2 Violinen,
2 Violen, Basso und 2 Oboen. Die » Romance cmitabile^iL , die so anhebt^
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ist das mittlere Fragment eines grösseren Stückes. Im Auctions-Katalog
des Nachlasses Beethoven's ist unter Nr. 179 verzeichnet:
Unbekanntes Trio für Pianoforte, Flöte und Fagott.
Frühere Arbeit noch in Cöln.
Ob dies das vollständige Stück war, muss dahingestellt bleiben. Die
Skizzen zum Rondo gehören ihrer Handschrift nach einer späteren Zeit
an. Wir möchten sie spätestens in das Jahr 1795 setzen.
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71
selbe Bogen enthält auf den oberen sechs Systemen der dritten
Seite zwei kleine, dem Unterrieht bei Albreehtsberger ange-
hörende Nachahmungssätze, die, wie die Stellung und die yer-
schiedene Tinte beweist, frflher geschrieben wurden, als die
sie umgebenden Skizzen."^) Die Nachahmungssätze können
frühestens zu Anfang des Jahres 1794 geschrieben sein. Die
Skizzen zum Concert entstanden also später. Dass yiel Zeit
zwischen der Niederschrift der Nachahmungssätze und der
Skizzen vergangen sei, ist nicht anzunehmen. Am 29. März
1795 muss das Concert fertig gewesen sein, weil, so viel bis
jetzt bekannt ist, Beethoven an diesem Tage (in Wien) zum
ersten Mal ein Concert von seiner Composition öffentlich spielte
und dann, weil von den (in Wien) componirten Concerten das
in B-dur das erste ist und Beethoven damals schwerlich ein
anderes Concert spielen konnte.**)
Die Akademie, in der Beethoven am 29. März 1795
spielte, war von der Wiener Tonkünstlergesellschaft veran-
staltet worden. Der gedruckte Zettel ist vorhanden, und da
Avird als zweite Nummer angefahrt:
»Ein neues Konzert auf dem Piano-Forte gespielt von
dem Meister Herrn Ludwig von Beethoven, und von
seiner Erfindung.«
In den Sitzungs-Protokollen der genannten Gesellschaft
heisst es:
» . . . . wobei den ersten Abend (Sonntags den
29. März 1795) Hr. Betthoven ein Concert auf dem
Pianoforte spielte, den 2ten Abend Hr. Matouschek
ein Concert auf dem Fagott producirte und Hr. Bett-
hoven auf dem Pianoforte phantasirte.«
*) Ich paginire die Seiten des Bogens vom Beginn der Skizzen an.
Die Seite 2 stehenden Skizzen werden auf den unteren Systemen der
3. Seite fortgesetzt.
**) Es ist noch ein ungedrucktes Concert vorhanden, das Beethoven
»im Alter von 12 Jahren« (1784) schrieb. Von diesem muss abgesehen
werden. Es ist gar unwahrscheinlich, dass Beethoven es noch in Wien
gespielt habe.
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72_
Ferner wird in der Wiener Zeitung Tom 1. April 1795
über jene Akademie iL A. beriehtet:
»Zum Zwischenspiel hat am ersten Abend der be-
rühmte Herr Ludwig van Beethoven mit einem von
ihm selbst verfassten ganz neuen Konzerte auf dem
Pianoforte den ungetheilten Beifall des Publikums ge-
ärndtet.«
Damit sind die zuverlässigen Nachrichten aus jener Zeit
tlber Beethoven's Antheil an der stattgefundenen Akademie
erschöpft Nun ist in Thayer's Biographie (I, 238 f., 286,
294) zu lesen, das am 29. März 1795 gespielte Concert sei.
das in C-dur gewesen. Diese Angabe lässt sich nicht be-
gründen. Wie man sieht, ist in jenen Mittheilungen nirgends
die Tonart des gespielten Concertes angegeben. Will man
entscheiden, welches Concert Beethoven gespielt haben könne,
so kann die Vermuthung nur auf das in B-dur fallen. Dieses
war damals fertig, wenigstens konnte es fertig sein. Dass
aber das Concert in C-dur damals fertig war oder fertig sein
konnte, lässt sich nicht beweisen.
So viel sich aus vorhandenen Concertzetteln und aus ttber-
lieferten Nachrichten mit Sicherheit entnehmen lässt, spielte
Beethoven (in Wien) wieder ein Concert von seiner Composi-
tion am 18. December 1795 und am 27. October 1798. Bei
keiner dieser Auifnhrungen wird gesagt, dass die vorgetragene
Composition neu war. Man kann also vermuthen, dass wie*
derum das B-dur-Concert zum Vortrag kam. Ein am 8. Januar
1796 gespieltes Concert war, wie wir aus anderwärts vorzu-
legenden Grflnden vermuthen, von Mozart. Erst am 2. April
1800, so wird berichtet, trug Beethoven in einer Akademie
im Burgtheater wieder ein neues Concert von seiner Composi-
tion vor. Dies kann das C-dur-Concert gewesen sein. Wenig-
stens lässt sich damit die Angabe Schindler's (Biogr. I, 57),
die erste AuflPahrung des Concertes Op. 15 habe zur Früh-
lingszeit 1800 im Kämthnerthortheater stattgefunden, in Ueber-
einstimmung bringen.
W. J. Tomaschek berichtet (Libussa v. J. 1845, S. 374),
Beethoven habe das B-dur-Concert 1798 in Prag componirt.
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73
Diese Angabe kann nicht ganz ohne Grund sein. Biohtig ist,
dass Beethoven i. J. 1798 mit einer Umarbeitung des Coneer-
tes beschäftigt war.*) Tomaschek kann Beethoven bei dieser
Arbeit angetroffen haben und verleitet worden sein, das Werk,
dem die Arbeit galt, ftlr neu zu halten.
Von den noch tlbrigen, auf einzelnen Blättiem vorkonmien-
den Skizzen zum B-dur-Concert mag eine hier Platz finden.**)
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*) Vgl. den Artikel über die Skizzenbüoher aus den Jaliren 1798
nnd 1799.
**) Die in diesem Artikel benutzten Skizzen stehen einschliesslich
des Fragments der Romanze, sämmtlich in dem wiederholt erwähnten
Skizzenbuch im britischen Museum.
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X.
Aendenmgen zum Clavierconcert in G-dur.
Älg Beethoven sein Pianoforteeoncert in 6-dur sehrieb,
reichten die Claviere in der Höhe bis zum viergestriehenen
C.*) Bald nach dem Erscheinen des Concerts und schon Ende
1808 hatte sich der Umfang bis zum viergestrichenen F er-
weitert. Beethoven hat von dieser Erweiterung Gebrauch ge-
macht. In einer geschriebenen Partitur des Concei-ts finden
sich bei manchen Stellen Varianten und Andeutungen, bei
denen theils der erweiterte Umfang, theils, ohne Rücksicht auf
solche Erweiterung, eine andere Fassung, theils der Vortrag
ins Auge gefasst ist. Die meisten Stellen sind flüchtig ge-
schrieben, was den Gedanken, sie seien zum Druck, etwa für
eine neue Ausgabe bestimmt gewesen, nicht aufkommen lässt.
Es scheint vielmehr, dass Beethoven, am Claviere sitzend, sie
entweder fftr sich selbst und behufs einer öffentlichen Auf-
führung, oder, was wahrscheinlicher ist, für einen Ciavierspieler,
*) Man darf hierbei nicht nach den neueren Ausgaben des Con-
certs urtheilen, wo auf Qrund der Analogie mehrere Stellen höher ge-
legt sind, als sie von Beethoven geschrieben wurden. In der im August
1808 im Kunst- und Industrie-Comptoir in Wien erschienenen Original-
ausgabe des Concerts ist das viergestrichene C nicht überschritten. Eine
andere Ausgabe hat Beethoven nicht veranstaltet. Zur Vergleichung
mit den neueren Ausgaben mag hier die ursprüngliche Fassung der von
der rechten Hand zu spielenden Stelle im 53. Takt vor Sohluss des ersten
Satzes stehen.
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75
dem er das Concert behufs des öffentlichen Vortrags einstudirte
aufsehrieb. Ist das Erste der Fall, so kann die mündliehe
Mittheilung Carl Czerny's, Beethoven habe das G-dur-Coneert
öffentlich sehr »muthwillig« gespielt und bei Passagen riel
mehr Noten angebracht, als da standen, eine Erklärung finden.
Im andern Falle fällt die Vermuthung auf den Clavierspieler
Friedrich Stein, der das Concert im Januar 1809 öffentlich
spielen sollte, damit aber, wie Ferd. Ries (Biogr. Notizen
S. 114) eraählt, nicht fertig wurde. Dass das Concert ausser
der Aufführung am 22. December 1808, wo Beethoven es selbst
spielte, ein zweites Mal während seiner Lebenszeit in Wien
öffentlich gespielt wurde, ist nicht bekannt.*)
Wenn auch zu bezweifeln ist, dass Beethoven alle notirten
Aenderungen und Vortragszeichen bei einer neuen Ausgabe
benutzt haben würde, so sind sie doch der Beachtung werth
und sind wenigstens einige von ihnen zur Benutzung geeignet
Wir stellen von den lesbaren Aenderungen und Zuthaten hier
die wichtigsten zusammen und bezeichnen nach der Breitkopf
u. Härterschen Partitur die Stellen, zu denen sie gehören.
Einige Aenderungen, bei denen nur der Anfang einer Stelle
angegeben ist, gelten auch fllr die Fortsetzung, und andere,
die sich nur auf die rechte Hand beziehen, sind auch auf die
linke Hand auszudehnen.
Seite 16, Takt 7 und 8. Vortragsbezeichnung: ri-tar-dan-do,
Seite 18, Takt 5 und 6. Beigefügte Noten für die linke
Hand und geänderte Vortragsbezeichnung:
*) So viel sich ermitteln Hess, ist das Concert in Wien erst am
1. April 1830 wieder öffentlich gespielt worden.
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76
Seite 22, Takt 3 bis 8. Variante und YortragsbezeiobnaBg:
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sempre ff
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Si
rUardando
Seite 23, Takt 1. Das 4 Takte vorher vorgeschriebene
>ritardando€ wird aufgehoben durch: a tempo.
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77
Seite 2ö, Takt 2. Variante fttr die rechte Hand:
Seite 25, Takt 8.
Variante:
Seite 28, Takt 1. Variante:
tS'tlff i^-^
Seite 34, Takt 3. Beim 2, Viertel des Taktes steht: rit
Seite 34, letzter Takt bis Seite 36, Takt 1. Variante,
mit den letzten Noten einer Cadenz beginnend:
t I. - -ß J I I
^S
i
g jij.
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-6^-
I J
ir ir
ir
ir
ir ir
Seite 37, Takt 4. Variante: — | 1 hTfr^ "•'•^•
t ir
Seite 41, Takt 19. Triller über den Noten: I^-^:
Seite 47, Takt 5 und 6. Beigefügte Bogenbezeiehnung:
^ttU j JTIJ
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78
i.^% t
Seite 47, Takt 9 ff. Bogen und Triller hinzu
■^
Seite 57, Takt 14 bis 18. Beigefügte Triller;
sempre Ped. dimin. — —
Seite 59, Takt 18. Variante:
'm^
Seite 62, Takt 2 und 3. Staceatostriolie und Bogen hinzu:
dimin.
Seite 63, Takt 8 bis 13. Variante:
^^^■^^^■^
r^-i f I f I ^ f-
=?=t
Seite 66, Takt 18. tf^ff ff f Pf ff fff '
Variante: 1 i I I i iTr i I i I I j I
Sva^s».^,^^^^
Seite 67, Takt 9 bis 11. Variante: "t^ 1 rj -
Seite 68, Takt 1 und 2. Variante: 3^
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XL
Skizzen zu den Quartetten Op. 59.
In einem (bei Ernst Mendelssohn-Bartholdy in Berlin be-
findlichen) Skizzenbuob, das fast durchweg mit Arbeiten zur
Oper »Leonore« angefüllt ist, findet sich auf zwei Blättern, die
aber ausser dem Zusammenhang dieses Skizzenbuches stehen '^)
und durch Zufall oder aus Versehen hineingerathen sind, die
Fortsetzung einer anderwärts begonneneu Arbeit zu den letzten
drei Sätzen des Quartetts in F-dur. Die meisten von diesen
Skizzen beziehen sich auf den zweiten Satz und betreffen die
Durch- und Weiterführung der zu Grunde liegenden Motive
und Themen, wobei denn einige dieser Motive, wie folgende
Auswahl zeigt,
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*) Vgl. den Artikel XLIV.
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80
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hernach molL
is j\^ f\dulM ^^
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^^S^S^^^SSl
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, ^,.f; i frrfrr | r/_^
noch nicht in der Gestalt erscheinen, in der wir sie kennen.
Der Satz zeigt schon in den Skizzen das Musivische, das er
im Druck hat; doch wird man bemerken, dass gewisse Eigen-
thümliohkeiten des Beethoven'schen Styls (rhythmische Ver-
rückungen, plötzliche Ausweichungen u. s. w.) weniger darin
ausgeprägt sind, als im Druck. Den Schluss des Satzes hat
Beethoveii zweimal entworfen, einmal so
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81
Fine
iJ^J J J J "g ^
und gleich darauf so.
oder
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Beide Entwürfe sind von Grund aus verschieden, und die ge-
druckte Fassung lautet wieder anders. Dass das Anfangs-
motiv des Satzes in den vorletzten Takten der letzten Skizze
anders lautet als früher, beruht wohl auf einem Schreibfehler.
Am obern Rande eines Blattes finden sich die Worte: »Schrann
Mantel«, und bald darauf, neben einer Skizze auf derselben
Seite, schreibt Beethoven, das erste Wort verbessernd: »Schramm«.
Hiess ein Schneider so, dem Beethoven seinen Mantel gegeben
hatte?*)
♦) Der Name »Schramm« kommt in Wien ziemlich häufig vor, nicht
aber »Schrann«. Thayer (Biogr. 11, 398) liest: »Schwann Mantel« und
versteht unter ersterem Worte ein Gasthaus (t Schwan«), das Beethoven
öfters besuclite.
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82
Wir nehmen nun andere (im Archiv der Gesellschaft der
Musikfreunde in Wien befindliche) Skizzenblätter vor. Hier
zeigt uns ein Entwurf mit einer Variante
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de.
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r j ^ I ^^^rrV^m-j!, I : ^ ::
r^ i ^j i Jja^^
und gleich darauf ein anderer Entwurf
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morendo,
cresc.
ggXj^Ty^Ti^^prjg-f-Tf- .. ..
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83
den Anfang des dritten Satzes des ersten Quartetts in früheren
Fassungen. Man sieht, dass die Gestaltung des Hauptthemas
von seinem Anfang ausgegangen ist, dass die ersten Takte
froher ihre endgiltige Form erreichten, als die späteren, und
dass die Schlussformeln des Vorder- und Nachsatzes einige
Mühe gemacht haben. Auf der letzten Seite des Bogens, der
diese und andere nur zum Adagio des Quartetts gehörende
Entwürfe enthält, stehen die Worte:
Einen Trauerweiden oder Akazien- Baum aufs Grab
meines Bruders
Carl Czerny erzählt (Pianoforte-Schule, 4. Theil, S. 62), Beet-
hoven sei auf die Idee des Adagios des Quartetts in E-moU
(Op. 59 Nr. 2) gekommen, »als er einmal Nachts lange den ge-
stirnten Himmel betrachtete und an die Harmonie der Sphären
dachte.« Lassen sich nicht mit eben so viel Recht die obigen
Worte auf das Adagio des Quartetts in F-dur anwenden?
Das Hauptmotiv des ersten Satzes des Quartetts in E-molI
war ursprünglich kürzer. Man sehe diese früher
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und diese etwas später geschriebene Skizze.
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84
Zwischea Skizzen zom ersten Satz eFseheinen auch die
ersten Ansätze zum Adagio
Quartett in Emoll u. gut (?) (oder)
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JEj^ I J j \ l. y-hH :l^\ ^ J LJ^
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(oder)
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nnd der Entwurf zu einem Stück,
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Tempo dt Mütuelto.
^,y2rr l -f ^ fft r l Ctc; O l -3Xn
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das wahrseheinlieh ursprünglich zum dritten Satz des Quar-
tetts bestimmt war. Der jetzige dritte Satz entstand später
und wird in den vorhandenen Skizze nicht berührt.
Das Thema des letzten Satzes des zweiten Quartetts ist
in den ersten Entwürfen noch sehr entfernt von der endgiltigen
Form und hat diese und seine einzelnen Bestandtheile erst
nach wiederholten Ansätzen gefunden. Man muss die Skizzen
sehen, wie sie nacheinander geschrieben wurden, zuerst diese,
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L_fe . -f tr r r | f--ai|tfr^i^ f-p .
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85
dann diese,
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dann diese,
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endlioh diese Skizze.
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86
Der erste Satz des dritten Quartetts sollte ursprünglich
so beginnen:
Sles Quartett
t^ nu-^
r#-|%rt £! fF
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Während der Arbeit am zweiten und dritten Satz dea
Quartetts in C-dur entstand auch das Thema des zweiten
Satzes der Symphonie in A-dur.
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-• — •-
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Interessant sind die Skizzen zum dritten Satz des Quar-
tetts. Beethoven fängt so an:
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87
Gleich darauf schreibt er:
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In dieser letzten Skizze haben wir die ersten Takte des
Menuetts und des dazu gehörenden Trios. Nur sind die Ton-
arten andere, als im Druck. Aus der am Schluss beigefügten
Notiz geht hervor, dass (ier letzte Satz des Quartetts, von dem
jedoch damals noch nichts fertig war, in C-moU stehen sollte.
Beide Skizzen sind mit Bleistift geschrieben und stehen auf
einem Blatte, das, wie man aus den noch jetzt sichtbaren
Falten schliessen kann, Beethoven in der Tasche mit sich
herumgetragen hat. Die erste Idee zum dritten Satz ist also
wohl ausser dem Hause gefasst worden. Beethoven hat dann,
wie wir nach der BeschaflFenheit der Skizzen annehmen mössen,
zu Hause angekommen, die gefundenen ersten Takte auf dem-
selben Blatte mit Tinte etwas weiter geführt, andere Stellen
angedeutet und dann die so entstandenen Stellen auf einem
andern Blatte in eine gi-össere Skizze
^.^^ giiprq^i^ Ef i^^ ^t^
^^^j:rjTf^j I r- p j I ^TTj-T E^
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88
'>f^'^ Blf l 4 B^F^i4lffMfflTi
zusammeugefasst Bald darauf erscheint das Stück in einer
zum Theil andern Fassung
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89
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und, mit Ausnahme des zweiten Theils des Trios, welcher in
der Skizze in As -dar anfängt, in den Tonarten, welche es im
Druck hat. Ob diese später im Trio vorgenommene Aende-
mng der Tonart mit Rflcksicht auf die Spielbarkeit oder aus
einem formellen Grunde geschah, muss dahingestellt bleiben.
Der Grund, warum die Haupttonart geändert wurde, ist klar.
Das dem letzten Satz des dritten Quartetts zu Grunde
liegende Thema hat ursprünglich vom vierten Takt an anders
gelautet, als es jetzt lautet. Es ist aber schwer, diese ur-
sprüngliche Fassung festzustellen. Ueber einer abgebrochenen
Skizze
^^J^ lJ^ j^JTff^i^lJ T^ ^
findet sich eine Bemerkung:
Ehe7i so wie du dich hier in den Strudel der Gesellschaft
stürzest, eben so möglich ist^s Opern trotz allen gesell-
schaftlichen Hindernissen zu schreiben — Kein Geheimniss
sey dein Nichthören mehr — auch bey der Kunst
Skizze und Bemerkung sind mit Bleistift geschrieben und
stehen auf einem Bogen, der, nach den vorhandenen Falten
zu schUessen, ebenfalls in der Tasche getragen worden ist.
Man meint es der Bemerkung ohnedies anzusehen, dass sie
ausser dem Arbeitszimmer geschrieben wurde.
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90
Aus der Stellung der vorhandenen Skizzen geht hervor,
dass das Quartett in F-dur zuerst entstand und dass Beet-
hoven gleichzeitig an den letzten Sätzen des ersten Quartetts
und am zweiten Quartett, ferner gleichzeitig am zweiten und
dritten Quartett arbeitete. Zwischen Skizzen zum zweiten Quar-
tett erscheinen Ansätze
'^N j^SHff^ir c ^ir f~7^
=?He
noch einmal noch einmal noch einmal möchV ich, eK* in die
zur Composition des Matthisson'schen Liedes »Wunsch«. Beet-
hoven hat das Lied auch zu anderer Zeit und wiederholt vor-
genommen, aber nie beendigt. Zwischen Skizzen zum Finale
des dritten Quartetts, aus denen zu entnehmen ist, dass der
Satz bald fertig war, erscheinen Elntwtirfe zu den 32 Varia-
tionen für Ciavier in C-moU. Wir werden dieselben an einem
andern Orte vorlegen.
Noch gedenken wir der zwei russischen Melodien, die
Beethoven in den Quartetten verwendet hat. Dieselben lauten
in einer von Iwan Pratsch herausgegebenen Sammlung russi-
scher Volkslieder, die, wie aus einer in einem Exemplar vor-
kommenden, von Beethoven geschriebenen Randbemerkung her-
vorgeht, Beethoven gekannt hat, wie folgt:
MoUo andante.
^\ j j;3frrnTr^ ^^i f ^'^
f fjj I J' j^ „j'^M.^^
m
Andante.
=P=^=F
^
f""g^
3=^
4z=tz
Dass Beethoven die Melodien gerade der genannten und keiner
andern Sammlung entnommen habe, läost sich nicht behaupten.
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XII.
Skizzen zum Quartett Op. 74.
Aus den vorhandenen Skizzen geht heiTor, dass die ^ner
Sätze des Quartetts in der Folge angefangen und fertig wur-
den, in der sie im Druck ei-scheinen. Sämmtliche Skizzen
wurden im Jahr 1809 geschrieben. Während der Arbeit ent-
standen auch die zwei letzten Sätze der Sonate in Es-dur
Op. 81a.*)
In den vorhandenen Skizzen zeigt sich die Arbeit zum
ersten und zweiten Satz des Quartetts ziemlich vorgeschritten.
Die Arbeit muss also anderwärts begonnen worden sein. Die
Skizzen zum ersten Satz betreifen meistens den zweiten Theil
desselben, en-eichen aber nicht tiberall die endgiltige Fassung.
So enthält z. B. diese abgebrochene Skizze
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♦) Siehe den Artikel XXIX.
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92
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ZU Anfang des zweiten Theils vier Takte, welche später aus-
geschieden wurden* Am Rande einer Seite, welche Arbeiten
zum ersten Satz enthält, steht die Bemerkung: »Beim goldnen
Kreutz«,*)
In einer der ersten Skizzen zum zweiten Satz
ff ^ ^ l J73 l7T J Ti ; T | rV|f ;E/ K /^
(oder)
Viola
*) Name eines Gasthauses, der in den Vorstädten Wiens wiederholt
vorkommt.
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93
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%sc.^ ffl^ t
U. 8. W.
wird der Anfang desselben in einer bei den meisten Stellen mit
dem Druck ttbereinstimmenden Fassung aufgestellt^) Auffallend
ist, wie Beethoven bei einer schönen Stelle, deren endgiltige
Passung in der Skizze (Takt 17 bis 20) gefunden ist, schwan-
ken konnte. Er bemerkt nämlich, nachdem jene Skizze ge-
schrieben war:
oder statt
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Bemerkenswerth ist auch eine Skizze,
^^ i /frji^W j^i^'^ i ^^n^r^HJ^ i ^ ^
nach welcher der Schluss des Satzes 16 Takte früher erfolgen
sollte, als im Druck.
Der dritte Satz sollte ui-sprlinglich so
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*) Beethoven hat sich in Skizzen nicht selten verschrieben. Auch
in obiger Skizze ist an der Bichtigkeit mehrerer Noten, die in der Vor-
lage sehr deutlich geschrieben sind, zu zweifeln. So meinen wir, dass
Takt 13 die 1. und 2. Note und Takt 14 die 3. und 4. Note in der Skizze
so lauten müssen, wie im Druck. Zweifelhaft sind auch die untern
Noten im 29. und 30. Takt.
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94
anfangen. Für den Mittelsatz werden zwei Themen aufge-
stellt, eins hier,
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JJ^ i Pf r i rff i r-Ff^
das andere hier,
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die, ungeachtet ihrer Verschiedenheit von den in der Partitur
vorkommenden Themen, doch in Betreff der gewählten Noten-
gattung eine Aehnliohkeit damit zeigen. Man kann auch be-
merken, dass Beethoven den Anfang der letzten Skizze in ent-
gegengesetzter Bewegung benutzt hat.
Auch das aus so einfachen Elementen bestehende Varia-
tionenthema musste einige Wandlungen durchmachen, bis es
seine endgiltige Form fand. Zuerst sollte das Thema
Varialionen. Moderalo,
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Timi^nr^ ^^^^
ganz anders lauten, als jetzt. Dieser Anlang wird verworfen.
Bald darauf erscheint das jetzige Thema in seiner ursprüng-
lichen Fassung,
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95
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dann wird mit Beibehaltang des zu Grunde liegenden Motivs
eine andere Fassung versucht,
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—^ J^ I j' ? r 'j r ~f gJrC/
und dann wird wieder der Anfang der zuerst gefundenen
Fassung hingeschrieben.
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Die dann folgenden Skizzen beschäftigen sich gi'össtentheils
mit den Variationen und nähern sich immer mehr der gedi-uck-
ten Lesart.
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XIII.
Skizzen zur Sonate Op. 81*.
Aus den Skizzen geht heiTor, dass zuerst der erste Satz
und nach einer Unterbrechung von ungef&hr einem halben
Jahre die andern Sätze entstanden. Sämmtliche Skizzen fallen
ins Jahr 1809, und müssen die zu den zwei letzten Sätzen
eine ziemlieh geraume Zeit vor dem auf dem Originalmanu-
script angegebenen Tage geschrieben sein.*)
Ein Entwurf zum Anfang des ersten Satzes
le • he wohl
*) Der erste Satz trägt im Autograph die Ueberschrift: »Das Lebe-
wohl. Wien am 4ten Mai 1809 bei der Abreise S. Eaiserl. Hoheit des
Verehrten Erzherzogs Rudolf«. Die Ueberschrift der andern Satze
lautet: »Die Ankunft S. Kais. Hoheit des verehrten Erzh. Budolf den
30. Januar 1810«. Die angegebenen Daten sind nur als die der Abreise
und der Rückkunft des Erzherzogs zu nehmen. Die Reise des Erzher-
zogs wurde durch die Annäherung des französischen Heeres veranlasst.
Die Franzosen langten in den Vorstädten Wiens an am 9. Mai 1809 und
verliessen Wien am 20. November 1809. Die Familie des österreichi-
schen Kaisers flüchtete Anfang Mai 1809 nach Ofen und kehrte von da
Ende Januar 1810 nach Wien zurück. (Vgl. Wiener Zeitung vom
31. Januar 1810.) Vgl. den Artikel XXIX.
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97
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U. 8. W.
zeigt eine wesentliche Abweichung vom Druck nur beim Schluss
der Einleitung. Der Druck hat hier einen Takt mehr. Der
Anfang der Schlusspartie des ersten Theils hat in einer der
ersten Skizzen
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noch nicht die endgiltige Fassung. Letztere ist aber gleich
darauf
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gefunden. Die gegen den Schluss des ersten Satzes vorkom-
mende dissonirende Stelle, wo Theile der Dominant- und
Tonika-Harmonie zusammentreten, findet sich in den Skizzen
nicht. Sie entstand also später, möglicherweise erst bei der
Eeinschrift. Hier eine Skizze,
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98
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99
die fast an allen andern Stellen mit der gedruckten Form
übereinstimmt.
Die Arbeit zum zweiten Satz beginnt mit einem Ansatz,
Y-^^^^^-ff^T^^qj:^
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i
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der verworfen wird, und gleich darauf erscheint ein längerer
Entwurf,
molto espressivo _ ^
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in dem die endgiltige Form im Wesentlichen gefunden ist.
Aus den Skizzen zum dritten Satz sind ihrer Vortrags-
bezeichnung wegen einige Stellen hervorzuheben.
Das Wiedersehen ^ •ßM'^' ^ -ß- -ß-m ^^-^
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100
lelztes
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menle ^f u. s. n
(fokemenle
Zwischen den Arbeiten zum ersten Satz findet sieh die
Bemerkung:
Der Abschied (durchstrichen: Das Lebewohl) — am
4ten Mai — gewidmet und aus dem Herzen geschrieben
8. K H.
Ohne Zweifel ist das die Ueberschrift, die Beethoven dem
ersten Satz zu geben gedachte. Zwischen den Arbeiten zu
den letzten Sätzen finden sieh die Worte:
Abschied — Abwesenheit — Ankunft
Beethoven gedachte die drei Sätze so zu fiberschreiben.
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XIV.
Skizzen zur 7. und 8, Symphonie
ftlllen den grössten Theil eines früher bei G. Petter in Wien be-
findlichen Skizzenbachs. Das Skizzenbuoh ist nicht vollständig.
Hin und wieder fehlen Blätter. Eänige Skizzen finden keine
Fortsetzung u. s. w. Mit voller Sicherheit lässt sich also der
Gang der Arbeit nicht verfolgen. Betrachtet man die Skizzen,
wie sie vorliegen, im Ganzen und sieht man ab von einzehien
Kreuzungen, so gelangt man zu dem Ergebniss, dass die 8.
Symphonie gleich nach der 7. in Angriff genommen wurde
und dass die einzelnen Sätze dieser Symphonie ziemlich in
der Folge, wenn auch nicht begonnen, so doch heranwuchsen
und fertig wurden, in der wir sie kennen.*)
Es ist schwer, genau zu bestimmen, wo die Skizzen zur
7. Symphonie anfangen. Bevor die ersten Skizzen zum Vor-
schein kommen, in denen wir eine ausgesprochene Aehnlich-
keit mit Stellen im ersten Satz dieser Symphonie erkennen,
•erscheinen Versuche mit verschiedenen rhythmischen Motiven,
die im Verlauf der Arbeit theils beibehalten und umgebildet,
theils nach und nach fallen gelassen werden, so dass man jene
Versuche, je nachdem man sie betrachtet, zu den Vorarbeiten
zur Symphonie rechnen kann oder nicht. Von jenen Motiven
macht sich z. B. in diesen Skizzen
*) Zur Bestimmang der Zeit, in welcher die Skizzen geschrieben
wurden, können die zu Anfang der Original-Hanuscripte der Sympho-
nien angegebenen Daten dienen. Die 7. Symphonie ist überschrieben:
»1812, Idten Mai«; die 8.: »Linz im Monath October 1812«.
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102
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der im ersten Satz herrsohende Daktylus bemerkbar. In einer
bald darauf eraeheinenden Skizze (S. 7),
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die, nach den vorausgegangenen Versuchen zu sohliessen, als^
ein verworfener Ansatz zum ersten Satz der 7. Symphonie be-
trachtet TYörden kann, macht sich ein anderes Motiv geltend,,
das nicht in gedachtem ersten Satz, sondern, unwesentlich ver-
ändert, im dritten Satz derselben Symphonie verwendet ist.
Nach diesen und andern sämmtlich im |-Takt stehenden
Skizzen und Anläufen erscheinen zuerst hier (S. 8)
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103
und gleich darauf hier
Thema.
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und hier
die ersten bestimmten Anklänge an die ersten zwei Takte des
Hauptthemas des ersten Satzes. Nach und neben diesem An-
fangsmotiv taucht, erst weniger kenntlich,
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dann deutlicher,
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ein im zweiten Theil des Hauptthemas vorkommendes Motiv
auf. Die meisten der nun folgenden Skizzen sind auf die
Aus- und Weiterbildung der gefundenen Motive gerichtet. Man
sehe hier,
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104
hier,
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105
Das Hauptthema schält sich nur langsam heraus. Vollständig,
jedoch mit einzelnen Abweichungen von der gedruckten Fas-
sung, erscheint es erst nach einer Arbeit von ungefähr sechs
Seiten.
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106
Von jetzt an klärt sich die Arbeit immer mehr. Mit dem
ersten Satz wächst auch die Introduction heran. Wir ver-
zeichnen: ein darin vorkommendes melodisches Sätzchen in
seiner ersten Fassung,
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den Anfang einer auf die ganze Introduction sich erstrecken-
den Skizze
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und die erste Skizze zum Uebergang von der Introduction zum
Hauptsatz.
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Das Thema des zweiten Satzes der 7. Symphonie gehört
einer früheren Zeit an. Es findet sich in dieser Gestalt
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107
zwischen Arbeiten zum zweiten und dritten Satz des Quartetts
in C-dur (Op. 59 Nr. 3), entstand also ungef&hr sechs Jahre
vor der Composition der 7. Symphonie. Die Vermuthung liegt
nahe, Beethoven habe es ursprünglich in jenem Quartett an
Stelle des jetzigen zweiten Satzes verwenden wollen. Noch
während der Arbeit am ersten Satz der Symphonie hat Beet-
hoven das Thema wieder aufgenommen. Hier der Anfang
einer der ei"sten grösseren Skizzen (S. 23).
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Die ersten Skizzen zum dritten Satz der Symphonie wur-
den noch während der Arbeit an den vorhergehenden Sätzen
geschrieben. Sie kommen der gednickten Form wenig nahe.
Diese Skizze (S. 26)
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zeigt eine Uebereinstimmung mit dem Druck nur in den ersten
Takten, wo das aus den Vorarbeiten zur Symphonie bekannte
Motiv aufgegriflFen ist. Das aus drei Viertelnoten bestehende
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108
Motiv, das in der Partitur eine wichtige Rolle spielt, kommt
zwar auch in der Skizze vor; nur ist es hier nioht, wie dort^
einige Takte hindurch beständig abwärts, sondern abwechselnd
ab- und aufwärts geführt. Diese Skizze
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dere Weise.
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Ausser den erwähnten zwei Motiven macht sich in der
Partitur noch ein drittes, ein aus einer Halb- und einer Viertel-
note bestehendes Motiv ( J J ) geltend. Beethoven hat es
namentlich zu Anfang des zweiten Theiles, wo es mehrere
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109
Takte hindurch in gleicher Lage und auf rersehiedenen Stufen
wiederholt wird, auf charakteristische Weise verwendet. Das-
selbe Motiv und eine ähnliche Verwendung findet sich in einer
im Jahre 1809, also einige Jahre vor der Composition der
Symphonie in A-dur entworfenen Ouvertüre, die aber nicht
so ausgeführt wurde, wie sie damals entworfen war.*) Es
genügt hier, den Anfang einer dazu gehörenden Skizze her-
zusetzen.
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Auf diese liegengebliebene Arbeit aus dem Jahre 1809 ist
Beethoven in vorliegendem Skizzenbuch und bevor der dritte
Satz der 7. Symphonie in allen Theilen fertig skizzirt war,
zurückgekommen. Die Yermuthung liegt nahe, die Erinnerung
an jene Arbeit und an jene Verwendung des Motivs sei bei
der Composition des dritten Satzes der 7. Symphonie mitbe-
ifaeiligt gewesen.
Zum letzten Satz der Symphonie entwirft Beethoven zuerst
folgendes Thema (S. 9).
Finale
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S. 14.
*) Zu verweisen ist auf den Artikel »Skizzen zur Ouvertüre Op. 116«.
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110
Später erscheint das jetzige Hauptthema iu seiner ursprüng-
lichen Fassung.
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oder
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Diese zwei Skizzen finden sich noch zwischen Arbeiten zu den
ersten drei Sätzen der Symphonie. Nach deren Beendigung
wird, mit geringen Unterbrechungen, der vierte Satz allein
vorgenommen. Zunächst wird der zweite Theil des Themas
gefunden.
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Die dem Hauptthema folgende Partie sollte ursprünglich so,
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dann, der endgiltigen Fassung ziemlioli entsprechend, so
geht zuerst in fismoU dann in cismoll
anfangen. Der bei dieser Skizze angedeutete Modulatiousgang
ist in der Partitur innegehalten, aber nicht mit der skizzirten
Melodie, sondern mit andern Themen.
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111
Wir haben nun die Arbeiten zur 8. Symphonie vorzu-
nehmen. Dass während der Skizzirungen zur 7. Symphonie
wenig oder nichts von der achten feststand und dass Beet-
hoven während jener Arbeit doch daran dachte, der Sym-
phonie in A-dur eine neue folgen zu lassen, geht aus einer
Andeutung hervor, welche zwischen Skizzen zum zweiten Satz
der 7. Symphonie vorkommt und welche lautet: »2te Sinfonie
Dmoll«. Prophetischer klingen die zwischen den Skizzen zur
8. Symphonie vorkommenden Bemerkungen: »Sinfonia in Dmoll
— 3te Sinf.«
Die ersten Skizzen zum ersten Satz der 8. Symphonie
(S. 70 f.) sind meistens klein und grösstentheils auf die Ge-
staltung der Themen gerichtet. Wie weit sie von der end-
giltigen Fassung waren, kann man an diesen sehen (S. 71 f.).
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Partitur geeignet ist diese Skizze (S. 97).
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113
Das Hauptthema des zweiten Satzes der Symphonie kommt
bekanntlioh in einem auf den Mechaniker Mälzel und seineu
Taktmesser geschriebenen Kanon yor. Dieser Kanon soll im
Frühjahr 1812, also vor der Composition der 8. Symphonie
entstanden sein. Das Skizzenbueh widerspricht dieser Angabe
nicht. Die vorkommenden Skizzen (S. 104 bis 110) sind nir-
gends auf die Bildung jenes Themas, sondern, wie man z. B.
an dieser flüchtig geschriebenen Skizze (S. 104) sehen kann,
Thema, ^
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auf die Weiterftthrung jenes Themas und der darin enthalte-
nen Motive gerichtet, lassen also eine frühere Entstehung des
Themas wohl annehmen.
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114
Die schöne Melodie zu Anfang des dritten Satzes scheint
schnell gefunden zu sein. In den ersten Skizzen, z. B. in
dieser (S. 106),
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zwei Takte. Spätere Skizzen, z. B. diese (S. 108),
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haben eine Einleitung von .zwei Takten, jedoch in einer mit
der gedruckten nicht übereinstimmenden Fassung. Der An-
fang des Trios wird zuerst so (S. 105)
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entworfen. Nach einer etwas später geschriebenen Skizze
(S. 108)
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sollte die Figuralstimme ursprünglich Sechzehntelnoten be-
kommen. Bald darauf entschied sich Beethoven, wie aus der
nachträglich beigefügten Bemerkung »acc: Triolen« hervorgeht,
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116
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bräuchlich.
zeigt das Trio Abweichungen von der letztwilligen Fassung.
Zum Hauptthema des letzten Satzes wird wiederholt an-
gesetzt. Beethoven schreibt zuerst (S. 82) so,
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Interessant ist es zu sehen, wie die kleine Periode zu Anfang
des Satzes sich bei wiederholter Vornahme zu der doppelten
Anzahl von Takttheilen erweitert. Noch wollen wir Kenntniss
nehmen von einem zwischen diesen Skizzen vorkommenden,
fUr Ciavier gedachten Entwurf (S. 104),
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118
in dem Beethoven durch das im Werden begriffene Anfangs-
motiv jenes Symphoniesatzes zu einer Abschweifung veran-
lasst wird.
Nicht alle Sätze der beiden Symphonien haben im Skizzen-
buch ihre endgiltige Fassung gefunden. Namentlich zum 3.
Satz der siebenten und zu den drei letzten Sätzen der achten
Symphonie mag die Arbeit auf andern Blättern fortgesetzt
worden sein.
Auf den übrigen Inhalt und auf andere Ergebnisse des
Skizzenbuchs braucht hier nicht eingegangen zu werden. Wir
verweisen deshalb auf einen andern Artikel.*) Hier mag die
Bemerkung genügen, dass die achte Symphonie zum grossen
Theil in den böhmischen Bädern, wo sich Beethoven im
Sommer 1812 aufhielt, skizzirt wurde. In Linz kam das Werk
zum Abschluss.**)
♦) S. den Artikel XXXI.
**) Die Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 2. September 1812
schreibt: »L. v. Beethoven, welcher zur Bade- und Brunnen-Cur erst in
Töplitz, dann in Carlsbad sich aufhielt und nun in Eger ist, hat
wieder zwei neue Symphonien geschrieben.« Diese Angabe ist in Be-
treff der 8. Symphonie, wie das auf dem Autograph derselben stehende
Datum zeigt, verfrüht.
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XV,
Das Lied »An die Hoffnung« Op. 94.
Ein Bogen, den Beethoven, wie aus der Faltung hervor-
geht, in der Tasche mit sieh herum getragen und also ausser
dem Hause benutzt hat, enthält auf der 1. Seite Andeutungen
zur ersten Abtheilung der »Schlacht bei Vittoria« (Op. 91),
auf der 2. bis 4. Seite mit Bleistift geschriebene Entwürfe zu
erwähntem Liede, von welchen wir nur einen Theil der les-
baren hersetzen.
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120
tind zwischen diesen Liedskizzen und ebenfalls auf der 4. Seite
drei theils in geschlossener Form, theils in Partitur geschrie-
bene Entwürfe zu dem Kanon »Kurz ist der Schmerz« in
F-moU. Hier der zweite
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und hier der dritte dieser Entwürfe.
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Kurz ist der Schmerz
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Aus der Stellung der Skizzen geht hervor, dass das Lied
begonnen wurde, als die »Schlacht bei Vittoria« bereits ange-
fangen, möglicherweise schon fertig war, und dass am Liede
und am Kanon ziemlich gleichzeitig gearbeitet wurde. Die
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121
»Sehlaeht bei Vittoria« wurde zwisehen Augußt und November
1813 componiri Der Kanon war am 23. November 1813
fertig, weil er an diesem Tage in ein Stammbuch geschrieben
wurde. Die Skizzen zum Liede erstrecken sich auf den ganzen
Text und kommen der gedruckten Form theils so nahe, theils
stimmen sie so sehr damit überein, dass Beethoven gleich zur
Reinschrift schreiten konnte. Nach Allem ist als die Com-
positionszeit des Liedes die Zeit zwischen August und Ende
1813 anzunehmen.
Franz Wild, früher Sänger am Hoftheater in Wien, er-
zählte, Beethoven habe das Lied für ihn geschrieben.^) Das
ist nicht zu glauben.**) Beethoven war nicht der Mann,
Sängern von Beruf derartige Aufinerksamkeiten zu erweisen.
Gegen Wild's Behauptung spricht vor Allem der Umstand, dass
das Lied nicht nur, wie die Skizzen zeigen, für Sopran ge-
dacht ist, sondern dass auch die Singstimme im Sopran-
schlüssel gedruckt wurde. Wahr ist, dass Wild das Lied am
25. April 1816 öffentlich sang. Es war aber schon kurz vor-
her erschienen. Wäre jene Behauptung wahr, so müsste das
Lied erst 1816 oder 1815 componirt sein. Und diese Com-
positionszeit verträgt sich nicht mit dem aus den Skizzen ge-
wonnenen Datum. Wir suchen die Anregung zur Composition
anderswo und näher.
Das Lied ist der Fürstin KaroUne Kinsky gewidmet, deren
Gemahl Ferdinand am 3. November 1812 in Folge eines
Sturzes vom Pferde starb. Fürst Ferdinand Kinsky war einer
von den Dreien, welche im Jahre 1809 für Beethoven einen
jährlichen Gehalt von 4000 Gulden aussetzten, und hieran
hatte er sich mit der grössten Summe (1800 Gulden jährlich)
betheiligt. Vergegenwärtigt man sich das Verhältniss, das
nach dem Tode des Fürsten zwischen Beethoven und der
Wittwe seines Gönners eintreten musste; berücksichtigt man
*) S. Thayer's Chronolog. Verz. S. 132.
**) Dass die Aussagen des genannten Sängers mit Vorsicht, ja mit
Unglauben aufzunehmen sind, beweist seine mit der obigen verbundene
Aeusserung, Beethoven habe ihm gegenüber die Absicht ausgesprochen,
die »Adelaide« zu instrumentiren. Das glaube, wer will.
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_122_
den Inhalt des zur Composition gewählten Textes; läSBt man
Beethoven's zur Mitempfindung geneigte Natur und endlieh
die Widmung nicht ausser Augen; so kann man kaum zwei-
feln, dass das Lied eine durch jenen Todesfall hervorgerufene
Gelegenheitscomposition ist. Man würde Beethoven wenig
Edelmuth zutrauen, wollte man glauben, die Schwierigkeiten,
welche er nach dem Tode des Fürsten wegen der Fortbe-
ziehung seines Gehaltes hatte, hätten ihn abhalten können,
eine solche Composition zu schreiben. Mit dem Datum, das
sich an den Todesfall knüpft, lässt sich das aus den Skizzen
gewonnene Ergebniss, das Lied sei in der zweiten Hälfte des
Jahres 1813 componirt, in Einklang bringen.
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XVI.
Skizzen zur Sonate Op. 106
finden sich in einem Skizzenbuoli aus dem Jahre 1817, in zwei
nicht ganz vollständigen, beim Verfasser befindlichen Tasohen-
skizzenheften aus dem Jahre 1818 und auf mehreren an ver-
schiedenen Orten befindlichen Bogen und Blättern. Die erst-
genannten Vorlagen enthalten die ersten Entwürfe zu allen
Sätzen der Sonate. Von den später und zuletzt geschriebenen
Entwürfen müssen welche verloren gegangen sein. Nament-
lich fehlen Entwürfe zum Adagio. Die vier Sätze der Sonate
wurden in der Folge begonnen, in der sie im Druck aufein-
ander folgen. Während der Composition des ersten Satzes
wurde der zweite, dann der dritte, imd während der Composi-
tion des zweiten imd dritten Satzes der letzte Satz (Intro-
duction und Fuge) begonnen. Grössere, zusammenhängende
Skizzen kommen nur in geringer Anzahl vor. Meistens sieht
man abgebrochene Stellen von höchstens acht Takten.
Die ersten Skizzen zum ersten Satz der Sonate
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enthalten wenig, was an die gedruckte Form erinnern könnte.
Wir sehen meistens unbekannte, unbenutzte Motive, und nur
ein Motiv macht sich bemerkbar, in dem das jetzige Haupt-
motiv versteckt erscheint und das in später geschriebenen
Skizzen,
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aber auch hier nur allmählich, durch rhythmische Umgestal-
tung, durch Beifügung eines Octavensprungs u. s. w. seine
endgütige Form erlangt Nach und nach kommen auch an-
dere Themen und Bestandtheile des Satzes zum Vorschein.
Am ersten bemerkbar macht sich eine in den Schlusspartien
verwendete Melodie. Die zuletzt mitgetheilten Skizzen bringen
Anfangsnoten derselben. In dieser auf die ganze zweite Hälfte
des ersten Theils sich erstreckenden Skizze
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126
sind die meisten Motive und Themen, zum Theil in ihrer ur-
sprünglichen Gestalt, vereinigt. (Bei dem Takt 36 eintreten-
den Motiv hat man sich den Bassschlüssel vorgesetzt zu denken.
Später ist wieder der G-Schlüssel anzuwenden. Die Stelle ist,
wie andere, zweifelhaft.) Die Arbeit zieht sich nun noch un-
gefähr 70 Seiten lang fort. Wir entnehmen ihr eine ursprüng-
lich zum Fugato im zweiten Theil gehörende Stelle,
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eine Skizze
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zu zwei Stellen im ersten Theil, eine Skizze
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in tempo
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zum Anfang des dritten Theils und einen Entwurf
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8
zum Sßhluss des Satzes. In jener Skizze zum Anfang des
dritten Theils sind die ersten drei Takte aus dem Grunde
beachtenswerth, weil sie dazu beitragen, einen an eine im
Druck vorkommende Stelle sich knüpfenden Zweifel zu heben.
Zwischen diesen Entwürfen finden sich verschiedene An-
deutungen und Entwürfe, die eine Beziehung zur Sonate
Op. 106 zulassen. Zunächst zu verzeichnen sind: ein Ansatz,
keine Trioleii
Fuge ßmoll
der möglicherweise zu einem der folgenden Sätze der Sonate
bestimmt war, und ein Ansatz,
r ^ \\ r— p3_M r r f-r^
Vi - vat
ru - dol-phus
dieses anfangs durchgeführt u. später 4 stimmiger Chor
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128
dem bald ein zweiter folgt,
Vi-vat rudolpnus
welch beide letztere Ansätze höchstwalirseheiiilioli einer für
den Namenstag des Erzherzogs Rudolf (17. April) zu schrei-
benden Composition gelten. Dass Beethoven eine von den
Skizzen ausgeführt habe, ist nicht bekannt und nicht wahr-
scheinlich. Beide Ansätze kommen, wie man es etwas bei der
zuletzt mitgetheilten Skizze sehen kann, zwischen Arbeiten
zum zweiten Theil des ersten Satzes der Sonate vor. Diese
Umgebung, die theilweise AehnUchkeit der Ansätze mit dem
Hauptmotiv des ei-sten Satzes der Sonate, die Gleichheit der
Ton- und Taktart und dann der Umstand, dass, wie es in
einem Briefe Beethoven's an den Erzherzog heisst, die ersten
zwei Sätze der Sonate :»an« dem Namenstag des Erzherzogs
geschrieben sind, können uns veranlassen, in jenen Ansätzen
eine Anticipation der Widmung der Sonate zu erbüoken und
zu glauben, dass jener Glückwunsch bei der Composition des
ersten Satzes der Sonate mit im Spiele war und die Arbeit
zeitigen half.*)
*) Erwähnte Briefstelle lautet: »Zu den zwei Stücken von meiner
Handschrift an J. E. H. Namenstag geschrieben sind noch zwei andere
gekommen, wovon das letztere ein grosses Fugato, so dass es eine grosse
Sonate ausmacht, welche nun bald erscheinen wird, und schon lange
aas meinem Herzen J. E. H. ganz zugedacht ist; hieran ist das neueste
Ereigniss J. E. H. nicht im mindesten Schuld.« Der Brief ist ohne
Datum. Die Zeit, in der er geschrieben, lässt sich aber annähernd be-
stimmen. Unter dem erwähnten »neuesten Ereigniss« kann nur die am
4. Juni 1819 erfolgte Ernennung des ' Erzherzogs znm Erzbischof von
Olmütz gemeint sein. Mit diesem Datum lassen sich die Daten, welche
sich an andere, hier übergangene Briefstellen knüpfen, in Einklang
bringen. Der Brief muss also bald nach dem 4. Juni 1819 geschrieben
sein. Da es nun femer sicher ist, dass die zwei ersten Sätze der Sonate
— denn keine andern können zu Anfang der angeführten Briefstelle ge-
meint sein — am 17. April, dem Namenstag des Jahres 1818 noch nicht
fertig sein konnten, so bleibt nur der Namenstag des Jahres 1819 übrig,
an dem, wie Beethoven sagt, die Stücke geschrieben wurden.
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129
Zwischen den Ansätzen und zwischen den fortgesetzten
Arbeiten zum Sonatensatz erscheint ein Entwurf
Zuerst Menuet. Ende *
-w.
Adagio Fismoll oder
K bi 3
Fisdur. Fugirt
^M^^^ I \^^f^-fj.
"T V r ? J^ ^ j f ^ J I r ^j ^'^f^ %toir '"'' '^^^^''^'
zur Fortsetzung der Sonate, der, wenn auch nicht den Noten,
so doch den Worten nach fast ganz zur Ausführung gekommen
ist. Später folgt ein auf den letzten Satz zu beziehender
Entwurf
Zwischensaiz oder Abschnitt
st , . , im letzten Stück
S
^
7773 l ^+f
I
^
und eine Aufzeichnung
men, allo
J J"^ J , j
^^^^^^
ftr "f JT "ftT^tT
^J^ I f r rj I
auch könnte am Ende
Rondo moderato u, als
Episode Fuge in ßmoll
mit dem Anfang eines zum zweiten Satz bestimmten Menuetts
in B-moU und mit einer Bemerkung, in der Beethoven von
dem früheren Plane in Betreff der Einrichtung des Finales
abgeht.
• 9
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130
Noch bevor der erste Satz im Entwürfe fertig war, ge-
schahen hier
AUegro
t"f/ | f r c;r l f r f/TTf m^^=i=^
rf/ i r r r/K.^
und hier
K f/ K r r/ 1 r r «^ i ^ J j:s i J r c jT
L-ä-U-!-U
4=
die ersten, die endgiltige Foim anbahnenden und sie erreichen-
den Züge zum Thema des zweiten Satzes der Sonate. Nach
spätem Aufzeichnungen
l^d ß ^^ oder
ry fp I r p ^ o de r li^ K MT dJ K P ^ ^
meilleur
oder 1^
^ ^ .,,. :z^^_g 7 fi^ I r p ^ II r^rr
HM-'J^^|-rp 7 I I [^ 1 ^ (^
=«
nr^ ih ci/ 1 r pj^-^jjqn^
sollte das Hauptmotiv auf verschiedene Weise geändert oder
variirt werden. Beim Trio
i 'P"flr Jirrr f^wf^4J^
r i rf l J j|jfirju^j | jf+ejr^H>
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131
war es gleich auf einen Kanon abgesehen. Auch stand es
bald fest, dass am Schluss
^^"^ tft^-^j tJ FJ^^I^ -
die Tonart H-moU, jedoch nur kurz und vorübergehend be-
rührt werden sollte. Auf den Gedanken, dem kanonischen
Trio in B-moU ein rascheres Sätzchen in gleicher Tonart
folgen zu lassen, ist Beethoven später gekommen. Verschie-
dene Ansätze finden sich dazu, die sich aber alle im f-Takt
und in Achtelnoten bewegen. Hier ist ein Entwurf.
presto
^^U^t \ fj:J\ru^\l^ \ in
£^ i r"^=^ifrrr i -'i-nfrrr i rrrr"
üX' I tjJ^ ^ft[I J^ ^ ' n"gp^
r^r I rrrr i J "^ m ct^ i r ^ m ^ ^
1 p I f"n =r^
Eine der zuletzt geschriebenen Skizzen ist diese.
Gesehwind
2. Stück ,
21er Theil
'^"^ HfiflN^ fif
/. Theil
etc.
elc.
')'bi'i4^-;iJA R \ ^lu^lj.i^
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132
Beim Wiederholen
»r .. . PP Zuerst variirt u. dann
etc. Variirt
t-^ 0i;7J-i:j^^^ >"j | jv'^
Zuerst variirt u, dann
wieder simpel
^^
Ende *
gf I f 5 T f'C
M
simile
^^
^
^
Sie bringt fast nur die Anfangstakte des ersten und zweiten
Theils und das Ende des Satzes. Beaehtenswerth ist das bei
der Tremolo-Stelle stehende pp. Der Druck hat da kein Vor-
tragszeiehen. Vielleicht wollte Beethoven die Auffassung dem
Spieler überlassen. Bemerkenswerth ist auch die Verdoppe-
lung der Note D im letzten Takt. Beethoven hat da den
Noten noch Buchstaben beigefftgt. Es scheint, dass er Be-
denken trug, hier, wie im Druck, den t-Accord zu nehmen.
Die Skizze ist ursprünglich mit Bleistift geschrieben, ist dann
mit Tinte überzogen worden und befindet sich, zwischen Ar-
beiten zum letzten Satz, in einem der eingangs erwähnten
Tasehenskizzenhefte, welches Beethoven im Sommer 1818 bei
seinem Aufenthalt in Mödling brauchte.*) Innerhalb der Skizze
finden sich folgende Bemerkungen:
Ein kleines Haits allda so klein, dass man allein nur
ein wenig Raum hat —
Nur einige Tage in dieser götth Briet —
Sehnsucht oder Verlangen — Befreiung od. Erfüllung
*) In einem Tagebuch Beethoven's aus dem Jahre 1818 steht: »Am
19. Mai in Mödling eingetroffen.«
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133
Diese Worte wurden gleichzeitig mit der Skizze geschrieben.
Aus diesem Zusammentreffen geht hervor, dass die Skizze bei
den Wanderungen in der Briel niedergeschrieben wurde.*)
Die ersten Skizzen zum dritten Satz der Sonate sind kurz
und sehen ziemlich chaotisch aus. Es dauert lange, bis aus
dem Chaos feste Gestalten heraustreten, bis sich aus den inmier
anders lautenden und abgerissenen Stellen rhythmisch ge-
gliederte und ausgebildete Themen entwickeln. Man sehe hier,
jJff i r f|;|-J>|J^ r^
i^hi^
ä
^ W
^ p ^
^m
dann hier,
Iste mal
0=
SB
ycz-W—f
w
X-Ji.
^
■^^\^jl J 1^ 1 ^
2ie (mal)
rjT^ tr ^
£^
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m
7>
h-j^'^^ i'^^^^i:^i J-
hier,
r-rrif^ :j ." j-nx7ffrrrfrf ^
^&
p^^
3=
S
-r^
• ^F^
*) lÖriel (oder Brühl) teiest ein Thal bei Modling.
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134
femer hier
W 1 n m
^»
^^^^^
^
und hier.
ZI
/"3^ ^1 f g * ^ r-Hl^'r t\r i
Die letzte Skizze ist eine der ersten, welche bestimmte An-
klänge an die jetzige Anfangsmelodie enthält. Aber noch be-
vor sie gesehrieben wurde, war (2 Seiten früher)
Etvde
j; J J ' J..
w« — r
EE
schon der Schluss des Satzes (in Fis-dur) ins Auge gefasst.
Man sieht, Beethoven hat aus dem Ganzen heraus gearbeitet
und die Sache an allen Ecken und Enden angefassi In später
geschriebenen Skizzen klärt sich die Arbeit immer mehr und
mehr. Wir setzen die zuerst vorkommende grössere Skizze
zum Hauptthema
frttr i r-ff i f f f f|P"f^ i ffl
g^ tf i f rrTf if't ^ t \ ^^x^
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135
f i |i_rT^ I f f Q^ I r rT' i lir^
A P ff'
']jU^' f r i [fy ^j|]i^
fe
la
und eine Aufzeichnung her,
^^^^^te
i-T ^ j ^ h^ I I i' f 'te
Es
in der Beethoven verschiedene Fassungen einer gegen den
Sohluss des Satzes vorkommenden Stelle versucht. Im Druck
hat Beethoven die erste Fassung gewählt.
Die Einleitung zur Fuge wurde, jedoch mit Uebergehung
der Zwischenspiele, in einem Zuge entworfen.
A
-^w=^
■-J ITTt
ife
iF
^
^ fFji
cresc.
•JL^ \ if frl^
tr dimin.
■^
¥^
-fr
immer geschwinder
immer langsamer Orgelpunkt
^
^ ir
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136
Man stelle sieh diese Skizze mit grossen und weit auseinander
stehenden Noten geschrieben vor, so dass der abwärts gehende
Terzenzirkel, nämlich die vom hohen F bis zum tiefen B
immer abwechselnd eine grosse und eine kleine Terz abwärts
schreitende Unterstimme recht vor Augen tritt In Beethoven's
Handschrift füllt die Skizze mehr als eine halbe Seite.
Zur Fuge, die natürlich früher begonnen wurde, als die ihr
vorhergehende Einleitung, hat Beethoven die verschiedensten
Themen aufgestellt. Die zuerst aufgestellten Themen, z. B. dieses,
letztes
I
^ä
Fuge
mTjii j j i z
^£f^i^-
^
s
^^
das geschrieben wurde, als das Adagio erst im Entstehen be-
griffen war, und das wir uns in einem langsamen Tempo und
nur zum Eingang des letzten Satzes bestimmt denken, ent-
halten nichts, was an das jetzige Thema erinnern könnte, und
beweisen höchstens, dass beim letzten Satz die Fugenform an-
gewendet werden sollte. Das jetzige Thema entstand erst,
als der diitte Satz bald fertig war. Wir legen einige Ent-
würfe vor, die es in einer früheren Gestalt zeigen.
j r|fTcü;|r_M£r^ >..j^
fr
~[ji dl :jf\^^^-ffj+^^=M^
St
1 f. r 1 r,\ rfrr r t 'r
^
^^
^^
forte
^?=F
m
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137
In den früher erwähnten Taschenskizzenheften, welche
Beethoven bei seinem Aufenthalt in Mödling im Sommer 1818
brauchte, finden sich zwischen Arbeiten zum letzten Satz der
Sonate, der Reihe nach einige auf den Wanderungen um Möd-
ling entstandene Stellen,
Auf dem Wege Abends zwischen den und auf den Bergen
m^.
IE
^ Tr r^\r r I r=F^
Gott al - lein ist un - ser Herr, Er al - lein
An die Abend-Sonne
^=^
3E
Leb wohl schö-ne A - bend-son - ne
ein Ansatz zur Composition yon Goethe's »Haidenröslein«
^
s
^
^
Rös - lein, Bön - lein, Rös - lein roth, Rös-lein
und ein ziemlich vollständiger Entwurf
J-P J-3 i J
rr^
*=*
t tj- cJ-
U. 8. W.
zu dem kleinen Ciavierstück in B-dur, welches Beethoven (vgl.
Thematisches Verzeichniss S. 152) am 14. August 1818 auf
Aufforderung schrieb.
Aus den hier und anderwärts*) gewonnenen Daten ergiebt
sich, dass die Sonate Op. 106 frühestens im November 1817
begonnen wurde, dass die zwei ersten Sätze im Sommer 1818
und die zwei letzten spätestens im März 1819 fertig waren-
*) Zu verweisen ist auf den Artikel XXXVI und auf die Briefe
Beethoven's an Ries aus dem Jahre 1819. (Biogr. Notizen S. 147 — 152.)
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XVII.
Skizzen zu den »Buinen von Athen«
stehen theils in einem im britischen Museum aufbewahrten
Skizzenheft von 80 Seiten in Querformat, theils auf einem
Blatte, das sich in einem Skizzenbueh befindet, zu dem es
nicht gehört.^) Das Skizzenheft enthält, mit Ausnahme des
türkischen Marsches und der darauf folgenden »Musik hinter
der Scene«, Entwürfe zu allen Nummern der »Ruinen von
Athen«. Die Folge, in der diese Stücke vorgenommen wurden,
ist schwer zu bestimmen. Die Blätter, Bogen und Lagen, aus
denen das Heft besteht, sind erst nach dem Gebrauch zu-
sanmiengefildelt worden und liegen nicht durchweg in der Ord-
nung, in der sie beschrieben wurden. Auch auf Vollständig-
keit kann das Heft keinen Anspruch machen. £inige Skizzen
finden keine Fortsetzung, andern fehlt der Anfang u. s. w. Nur
so viel lässt sich sagen, dass die Stücke nicht in der Folge,
in der sie in der Partitur stehen, vorgenommen wurden und
dass von allen Stücken die Ouvertüre zuletzt in AngrilBF ge-
nommen wurde. Sämmtliche Skizzen entstanden in der Zeit
von frühestens Mai bis spätestens Ende 1811. Unsere Auf-
merksamkeit richtet sich am meisten auf die Skizzen zum
Chor der Derwische und zum Marsch mit Chor.
Auf den Derwisch-Chor beziehen sich vier abgebrochene
Skizzen, jede mit nachträglichen Aenderungen und Varianten
versehen. Die zuerst erscheinende Skizze
♦) Siehe den Artikel XXXI.
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139
^ to ti j^^'^^^^n^ ^
¥-*
miP i'^T^^'^ m
^
^
^
m
-tHM^
•^ •^*
l^ U. I
i r r r
Ma -ho-met
Du hast den
--;=f=^
•
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=^
•••
7|¥lU.
••-
f|ffffi
slrahlen-den Bo-rak be-stie-gen zum sie-ben-ten Himmel auf-zuflie-geti
grosser Pro-phet
Ka- a- ba
r_i_'^i:r i gi:r%i:r i f]7r^t^
•^ ^ I J - ^¥ ¥
etc.
Ka-a-ba
befasst sich mit der zweiten Hälfte des Textes und nähert sieh
nur bei der begleitenden Triolenfigur im Anfang und bei
einigen Stellen im weiteren Verlauf der gedruckten Form.
Damit sind aber einige der hervortretendsten Züge festgestellt.
In der nächsten Skizze
^-fi. i f ?f
£:
Ma - ho-met
Ma 'ho-met
Du hast in dei-nes Er-mels
f f F r Fi^ r r r-t^ r ^ ^
Fal - ten den Mond ge - ira - gen ihn ge-spal - ten Ka - a - ba
±±z^-^ f /l ^^
7 r F r Ff
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140
^ ^ i r^cj* ^ I *" ^ ^rt f ^ ^ ~ii"~c~£
Ka ' a - ha
Ka-a 'ha — —
f, t ^ i i \ if^ f r^ir ly ^
£
nimmt Beethoven die erste Hälfte des Textes vor. Die Skizze
beginnt, dem Text, wie ihn Kotzebue gedichtet, entsprechend,
mit dem Worte »Mahomet«. Beethoven hat dies Wort später
im Anfang weggelassen und dafür in der Mitte angebracht.
Ausserdem weicht die Skizze bei dem Worte »Eaaba<^ (Takt
13 f.) von der gedruckten Form ab. Es fehlt hier das charak-
teristische Ais. Im Nachspiel steht es und in der dritten
Skizze
^^
^
3^
.,0^->^>^
s
^ ^ ^ z^
^
erstemal
R
du hast in
T^=^
^
^ J tW ^ U?
^^^- ^;g
du hast in dei-nes Er-mels
-TT-J
rx±±i
/ i P
^
-^
^
:tz=tz:
Fal - ten den Mond ge-tra • gen ihn ge-spdl - ten Ka • a - ha
H^- J J ;3 H i
=P=P^
nTTiarj
"^^
=tz=fe
5z=yC
cresc.
T-f^ \ ^ f^^ j^ \^^' ^ I fS-^ J~^
; , ; >r|j^r ^1 r Q*^-^
^-
hat es auch die Singstimme. Die vierte Skizze beschäftigt
sich mit der zweiten Hälfte des Textes und kommt der ge-
druckten Form sehr nahe.
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141
Der Marsch mit Chor ist aus unscheinbaren Anfängen her-
vorgewaohsen. Beethoven nimmt zuerst die Worte vor. Der
Uebersehrift des Kotzebue'schen Textes folgend und ohne Eück-
sieht auf das Orchester zu nehmen, denkt er sich die Worte
im Wechselgesange von den Priestern und Jungfrauen vorge-
getragen.*)
m
i^ö
i
^
*
^
i:
-^-
Schmückt die AI - tä- re
Sie sind geschmückt Slreu-et
J j i i r ^
JT]7~J~J
t=i^
Weihrmich Er ist gestreut Pflücket Ro - sen Sie sind ge-pflftckt
ß — P-
mr^-T =^
5
«=
^
-&-
Har-ret der Kom-men-den Wir sind be-reit wir sind he - reit
Jetzt wird eine andere Tonart gewählt,
^f j j I ^ ^
^^
Schmückt die AI - tä - re
und gleich darauf
Sie sind ge - schmücket
^
^^
^
Schmük
ket
die
AI
tä
£f-^n ^"Tg
^S!
U=^J
stellt sich das Begleitungsmotiv ein. Nach einem Versuch mit
jenem Motiv und nach einigen Ansätzen zu einer Instrumental-
melodie
*) Kotzebue überschreibt den Text: »Wechselgesang der Priester
und Jungfrauen«.
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142
ra ^' j „ f
rj ' ^ r
h- ' —
r rtff ppH^^^
erscheint eine vom Orchester und von den Chören abwechsehid
vorgetragene Melodie,
m
^
*
^
E^
1»-
^
Schmückt die AI- tä - r«
^EF
^
c / K r M '^ ^ ^ I ' ' J ^
^
^«<f «nrf ge- schmücket
in der, da sie dieselben Hannonieschritte zur Grundlage hat,
die bekannte Instrumentalmelodie verborgen liegt Nach noch
einem kurzen Ansätze
3E
AI ' tä ' re
Schmük ' ket
die
und nach einer Bemerkung,
Auch im Trio könnten die Priester singen
aus der man entnehmen kann, dass Beethoven über die Form
im Ganzen noch nicht im Klaren war, erscheint die jetzige
Instrumentalmelodie in ihrer ursprünglichen Gestalt.
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143
x = r J'H- ■r-' I r fjg ^
i rj f
ö
ta
n^CM-flT]
3^
gy ■' '^
Äz:=3t
Beethoven ändert später die letzten Takte der Melodie
und sehreibt dann die ganze Melodie in einer etwas andern
Fassung auf.
piano
j.rJ|r.rfr, , | jj.iJ. J^ i r-fj
3
^^^
^-^
^^
rrf^ ifyrrtr
u. s. w.
Jedenfalls ist. der Anfang des Marsches auf einem Umwege
gefunden. Die noch folgenden Skizzen erstrecken sich auf
das ganze Stück und nähern sich immer mehr der endgil-
tigen Form.
Von den zu den übrigen Stücken gehörenden Entwürfen
mag noch der erste Entwurf zur Ouvertüre hier eingerückt
werden.
Thema der Overture
rrjtf ^f tti^' ^ f^^ to |f=p
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144
Ausser den genannten Arbeiten enthält das Skizzenheft
noch Entwürfe zu den letzten zwei Nummern von »König
Stephan« und einige Bemerkungen und liegengebliebene Ent-
würfe. Ausserdem enthält es auf der obersten Notenzeile von
mehreren Blättern einen Theil der ersten Violinstimme zu, der
Ouvertüre, die Seite 39 f. der »Beethoveniana« als eine Vor-
arbeit zu der Ouvertüre Op. 115 bezeichnet wird. Jene Blätter
waren also ursprünglich zu einer Partitur-Reinschrift jener
Ouvertüre bestimmt.*)
Wir nehmen nun das eingangs erwähnte Blatt vor. Es
enthält zunächst einen ungefähr 70 Takte langen Entwurf zur
4. Nummer (Musik hinter der Scene) der »Ruinen von Athen«.
Der Entwurf
72 T,
stimmt im Anfang und bei mehreren Stellen im weitem Ver-
lauf mit der gedruckten Fassung überein. Beim 4. Takt hat
Beethoven das erste Wort des Kotzebue'sohen Textes (»Es
wandelt schon das Volk im Feierkleide« u. s. w.) beigefügt.
Man muss sich erinnern, dass zu dieser Musik gesprochen
wird. Kotzebue hat dem Abschnitt die Ueberschrift gegeben:
»Eine sanfte Musik von Blasinstrumenten hinter der Scene.
Ein Greis tritt auf und spricht während der Musik«. Der ge-
sprochene Text besteht aus drei Strophen und jede Strophe
*) Der Verfasser der »Beethoveniana«, dem damals nur Auszüge
und nicht das Skizzenheft selbst vorlag, hat sich am angeführten Orte
zu einigen Unrichtigkeiten verleiten lassen, die hier zu berichtigen sind.
Auf den unter der Violinstimme leer gebliebenen Zeilen finden sich nicht,
wie dort gesagt wird, Entwürfe zu fast allen Nummern der »Ruinen
von Athen« u. s. w., sondern nur zur Ouvertüre, zu Op. 113 Nr. 1, 2 und
7 und zu Op. 117 Nr. 8 und 9. Die dort in der Anmerkung mitgetheilte
Skizze zum Derwisch-Chor steht also auf einer von der Violinstimmc
nicht berührten Seite. Auch sind einige Stellen darin nach der oben
mitgetheilten dritten Skizze zu berichtigen.
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145
atts aeht fUnffttssigen jambisohen Versen. Beethoyen hat mit
Rttekcdefat auf den Bau der Verse durchgängig den ungewöhn-
lichen dreitaktigen Rhythmus gewählt und jedem Vers drei
Takte gegeben. Bei den ersten drei Takten ist diese Ver-
theilung durch einen darüber gezogenen Bogen angedeutet.
Beohnet man die erwähnten Zahlen zusammen, so erhält man
(3x24) 72 Takte. Diese Zahl ist über dem 5. Takt ange-
geben. Dieselbe Zahl findet sieh auch am Schluss der Skizze.
Im Verlauf der Skizze steht an drei Stellen und jedesmal
nach einem Abschnitt von 12 oder 24 Takten die Ziffer 3.
Man sieht, dass Beethoven gezählt und gerechnet hat. Sieht
man die Skizze an, so wird man der Ansicht, dass Beethoven
sich den Text gleichmässig auf die Musik veilheilt dachte.
In den gedruckten Partituren ist der Text ungleichmässig vcr-
theilt. Nach der Skizze steht eine Bemerkung,
Coda von einigen T,
und weiter unten stehen die Takte,
f=f=^
^^
mit denen jetzt das Stttok anfSngi
Dieser Arbeit folgen zwei abgebrochene Stellen,
j^
g^
fz 7i
^^M
i^^^^f^^
ff fz f^fl
f f r r TT
die zum Mittelsatz des türkischen Marsches gehören. Bekannt-
lich hat Beethoven zu diesem Marsch das Thema der Varia-
tionen Op. 76 benutzt, und nur jener Mittelsatz und die Coda
sind später hinzugekommen.
Auf der Rückseite des Blattes steht die Bemerkung:
Overture Macbeth fällt gleich in den Chor der Hexen ein
Hierüber an einem andern Orte.
10
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xvm.
Die Bagatellen Op. 119,
die uns hier nur in historischer oder ohronologiseher Hinsicht
beschäftigen, gehören verschiedenen Zeiten an. Das Original-
manuBcript der ersten sechs Nummern zeigt das Datum: 1822
November. Nr. 2 bis 5 fallen jedoch der Conception nach in
die Zeit zwischen 1800 und 1804. Beethoven kann sie später
nur umgearbeitet haben. Auch Nr. 1 wird einer frflheren
Zeit angehören, da anzunehmen ist, dass Beethoven bei der
Zusammenstellung der Stücke auf die chronologische Folge
gesehen hat. Die ersten Entwürfe zu Nr. 2 und 4 finden sich
auf einem Blatte, das gleich nach ihnen einen Entvmrf
^r«^ Ijf^]^-^,f^j\j5 j.j jjj J'J.-J5^y
^<rr • • • • • u. sTw.
zur Composition von Goethe*8 »Erlkönig« bringt. Dieser Ent-
wurf hat im Verlauf einige Aehnlichkeit mit einem später ge-
schriebenen und anderwärts mitgetheilten Entwurf.*) Nr. 6
der Bagatellen scheint erst 1820 oder 1821 entstanden zu sein.
Wir schliessen das daraus, weil der erste uns bekannte Ent-
wurf dazu auf einem Blatte steht, das auf der andern Seite
nachträglich angestellte Versuche zu einer Stelle im Credo der
zweiten Messe enthält. Nr. 7 bis 11 waren ursprünglich ein
Beitrag zu der im Jahre 1821 erschienenen dritten Abtheilung
*) S. Beethoveniana S. 100.
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147
von Friedrich Starke's »Wiener Pianoforte- Schule«.*) Beet-
hoven war zu Anfang des Jahres 1820 um einen solchen Bei-
trag ersucht worden. Die vorhandenen Skizzen widersprechen
diesem Datum (1820) nicht.**) Fr. Starke begleitet in seiner
Schule die Stücke mit folgender anpreisenden Bemerkung:
Dieser dem Herausgeber von dem grossen Tonsetzer
freundschaftlich mitgetheilte Beytrag ffthrt zwar die
Ueberschrift »Kleinigkeiten«; der Kundige wird aber
bald wahrnehmen, dass nicht nur der eigenthümliche
Genius des berühmten Meisters sich in jedem Satze
glänzend offenbart, sondern dass auch diese von Beet-
hoven mit so eigener Bescheidenheit »Kleinigkeiten«
genannte Tonstücke für den Spieler eben so lehrreich
sind, als sie das vollkommendste Eindringen in den
Geist der Composition erfordern.
Gegen Ende des Jahres 1822 wurden die Bagatellen
Op. 119 (ob alle oder nur ein Theil derselben, ist nicht be-
kannt) dem Verleger Peters in Leipzig zugeschickt Peters
aber schickte sie sofort zurück mit dem Bemerken, Beethoven
solle es unter seiner Würde halten, die Zeit mit solchen
Kleinigkeiten, wie sie Jeder machen könne, zu verbringen.
Schindler (Biogr. II, 44) erzählt die Geschichte, bezieht sie
aber fälschlich auf die Bagatellen Op. 126. Letztere waren
damals noch nicht fertig. Auch würde Peters wohl angestan-
den haben, sie, wenn er sie zurückschickte, mit einer solchen
Bemerkung zu begleiten. Im Originalmanuscript der Bagatellen
Op. 119 Nr. 1 bis 6 kommen mehrere Nachlässigkeiten vor, die
nur durch die Annahme zu erklären sind, dass Beethoven bei
der Keinschrift wenig Sorgsamkeit verwendet hat. Daraus lässt
sich folgern, dass er nicht viel auf das Opus gehalten hat
*) Das Vorwort zu dieser Abtheilung der Schule ist geschrieben
im Januar 1821. Die erste Anzeige ihres Erscheinens findet sich in der
Wiener Zeitung vom 24. Juni 1821. Dies zur Berichtigung anderer An-
gaben, welche das Erscheinen ins Jahr 1820 setzen.
**) Vgl* ^^^ Artikel XLV. — Das lang ausgehaltene, getrillerte C
gegen Schluss der Bagatelle Nr. 7 ist in der Skizze als »point d'orgue«
bezeichnet. In den Skizzen zu Nr. 7 — 11 kommt kein Pingersatz vor; der
in Starke's Pianoforte • Schule vorkommende Pingersatz mag daher von
Starke herrühren. 10*
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XIX.
Skizzen zur zweiten Messe
Bind vollstÄndig nicht vorhanden, und die vorhandenen stehen
theils in einigen Skizzenheften, theils auf einer ziemlieh be-
deutenden Anzahl meistens nicht zusammengehörender Blätter.
Es würde zur Geschichte des Werkes wenig gewonnen sein,
wollte man der Arbeit, so weit sie vorliegt und so weit es
{reschehen kann, auf Schritt und Tritt folgen. Wir begnügen
unsi die wichtigsten Erscheinungen und die hervorstechendsten
Stellen herauszugreifen und verweisen zur Vervollständigung
des hier Gebotenen auf den Artikel XLV.
Zum Kyrie sind keine Skizzen vorhanden.
Als das Gloria in den Skizzen bald fertig war, war das
Thema des Ci'edo noch nicht gefunden. Man sieht das an
zwei Skizzen,
Credo
W
trm.
^
¥^
i=t
s
zbL
^tH— r
j -'^ r
r
r r f
die auf einem und demselben Blatte vorkommen. Beethoven
hat das Thema, das hier das Credo bekommen sollte, nicht so
bald fallen lassen. Es kommt auf andern Blättern, die nur
dem Credo gewidmet sind, in etwas anderer Gestalt wieder
zum Vorschein.
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149
■M^nr rHir^rir n^ r n
Cre - do cre - do ^ Vre - do cre - do in u - man
U. 0, w.
r r. r I f^r '^''^^f^^p^
do - mi - num Je
sum Christum
Die letzten Sätze der Messe wurden erst ins Auge gefasst,
als die Arbeit zum Credo ziemlieh yorgerltokt war. Man kann
das in einem Skizzenheft sehen, wo mitten zwischen Arbeiten
zum Credo
et re-sur-re-xit ter - ti-a di-e
i M ^^i|.'|. i' .^^iiin''i ^ -
El re-sw-re-xit
et a - scen - dit '
j^j.;'j j
Cre-do in u-ntan spi-ritumsancium
nr r n
ry^j rf ^
n, B. w.
diese Bemerkung:
Benedktus in C Vno solo
Corno 8,
FagoUo s.
Violoncello
vorkommt Aus der Bemerkung geht hervor, dass vom Bene-
dictus, wie wir es kennen, damals noch keine Note gefunden
war. Sogar die Tonart war noch nicht bestimmt, und sollten,
nach jener Bemerkung, nicht ein^ sondern vier Solo-Instrumente
mitwirken.
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150
Alfl das Credo in den Skizzen bald fertig war, wurde
aueh ans Agnus Dei gedacht. Hier erseheinen nach Arbeiten
zum Credo
r-r i 'f Jrnr'glj^r i rr^f
die ersten Andeutungen zum Agnus Dei.
hmoU miserere
Agnus Dei
Boss anfangs
Solo dann Tenor*
u. dann Sopran
^». i j ;.M j ,^^J ll3 y »
###
^m
assai sostenuto
*^ i n
^
do- na da -na no - bis pa - cem
Eine thematische Aehnliohkeit mit dem Druck ist nicht vor-
handen. Bald nach dieser Aufzeichnung beginnt, veranlasst
durch das Wort »pacem«, eine realistische AuflFassung des
Textes. Ein Marsch sollte angrebracht werden. Beethoven
schreibt:
Marsch
^
^
^
^
t:^!^
U. 8. W.
^
Zuerst der Marsch und nach dem
ii^c
^rrrrj
A - gnus Dei
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151
Die Idee, dea Marschrhythmus anzuwenden, wird fes^ehalten.
Letzterer ninunt aber bei fortgesetzter Arbeit eine andere Ge-
stalt an, als anfangs ooneipirt war. An später geschriebenen
Skizzen, von denen wir diese.
hdur
piano
E l lJ^llfaUllJ:^ ^
P l-n agnus dei
T^^ I hiermit
pauken in h und fis
nur van weitem
diese.
gleich anfang —
diese
recit miserere miserere agnus dei
Stärke der Gesinnungen des Innern Friedens
Über alles .... Sieg!
MF g-H^
=?=^
r CK c r
und diese
Das Tempo van D. N. P, ja nur Andante
j h j — U. 8. W.
vorlegen, kann man sehen, wie Beethoven auf die »Darstellung
des inneren und äusseren Friedens« geftthrt wird. Dass Beet-
hoven eine solche Darstellung im Auge hatte, ist aus einer
gegen Ende der Arbeit vorkonmienden Bemerkung zu ent-
nehmen, welche lautet:
dona nohis pacem darstellend den Innern u. äussern
Frieden.*)
*) Im Autograph hat Beethoven zu Anfang des ersten AUegretto
vivace im Agnus Dei mit Bleistift bemerkt: »Darstellend den innem
und äussern Friedenc. Später sind die Worte in »Bitte um innem und
äussern Friedenc umgeändert worden.
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15a
IxL einer andern, in der Nfihe vorkommenden Banerkung:
DiM Kyrie in der Neuen Messe bloss mit blasendeft
Instrumenten u. Orgel
meint Beethoven das Kyrie einer noch zu schreibenden Messe.
Aus den Ski%ea ergiebt sich, dasa die ein;celB6i Sätze
der Messe in der Beihe vorgenomm^ wuinlen imd heran-
wuchsen, in der sie im Text aufeinander folgen, und dass an
einigen Sätzen gleichzeitig gearbeitet wurde. Das Kyrie kann
frühestens um die Mitte des Jahres 1818 begonnen worden
sein, da um diese Zeit die bev<N*stehende Ernennung des Erz-
herzogs Rudolf zttfld Erabischof von Obnüt^ bekannt war.*) '
Jedenfalls war die Arbeit vor Ende des genannten Jahres be-
gonnen. Das Gloria war 1819, das Credo 1820, die ganze
Messe Anfang 1829 in den Skizze« fertig.**) Während Beet-
hoven an der Messe skizzirte, entstanden die Ciaviersonaten
Op. 109, 110 und 111, die Variationen Op. 107 Nr. 8, die
Bagatellen Öp. 119 Nr. 7 bis 11 und mehrere andere kleine
Stücke, darunter die Kanons »0 Tobias«, »Gehabt euch wohl«,
»Tugend ist kein leerer Name« und »Gedenket heute an Baden«.
Die autographisohe Partitur der Messe war vor fkide 1822
fertig geschrieben. Damit war aber die Messe, wie wir sie
kennen, noch nicht fertig; denn Beethoven hat nachträglich
noch viele Aendentngen vorgenommen.
In der autrographischen Partitur lautet die im Credo bei
den Worten »Et incamatus est« (Partitur der GesaDuntausgabe
S. 112, T. 4 f.) eintretende Flötenstelle einfacher,
*) Dass Beethoven die Messe für den Erzherzog Rudolf achrieb#
mit seiner Arbeit aber bei der Einsetzung des Erzherzogs als Erzbischof
nicht fertig war, ist bekannt. Rudolf wurde zum Cardinal erwählt am
24. April 1819, zum Erzbischof am 4. Juni 1819. Die FeiM* der Ein-
setzung als Erzbischof fand Statt am 20. März 1820.
««) Schindler sagt (Biogr. I, 269; Cäcilia VII, 90), Beethoven habe
im Sambier (August) 1819 an der Vuge u^ Credo gearbeitet und im
Ooiober 1819 sei das Credo feiiig gewesen. Die letztere Angabe ist wohl
verfrüht.
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153
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iLf r r p
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rr M C r r :=;£:
cresc.
ak im Druek. Es war wohl das Bild der fiattemdea Taube^
das Beethoyen yorschwebte und ihn zur Aenderung yeran-
lasste. Die Aenderung wurde in einer Absohrift yorgenommen,
die jetzt im Besitz yon Johannes Brahms ist. — Im 2. Takt
des Adagio espressiyo im Credo (Part. S. 116, T. 2) hatte das
erste Hörn ursprünglich die Noten FE (statt EE).
I
^
-7p
Auch diese Stelle ist in erwähnter Abschrift geändert worden.
— Das im Credo bei den Worten »et aseendit« beginnende
AUegro molto ist im Autograph kürzer, als im Druck. Beim
Eintritt der Worte »et iterum« (Part S. 124, T. 1 u. 2) und
»cujus regni« (Part. S. 127, T. 7 u. 8) hat daa Autograph jedes-
mal zwei Takte weniger, ala der Pruok. — Im Autograph
und noch in der schön geschriebenen, im Archiy der Gesell-
schaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrten Abschrift,
welche Bee&oyen dem Erzherzog Budolf am 19. März 1823
persönlich überreichte, treten die Posaunen erst bei den Worten
»judicare yiyos et mortuos« (Part. S. 125, T. 8) ein. Das Gloria
ii^ ohne Posaunen. (Was in der gedruckten Partitur [S. 125,
Takt 4 bis 7] jetzt die Posaunen unmittelbar yor dem yon
allen Chorstimmen gesungenen »judicare« haben, hatten früher
die Homer.) Nach den Worten »et mortuos« schweigen im
Autograph die Posaunen wieder bis zu Ende des Credo. Erst
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154
im Anfang des Sanotus treten sie wieder ein, schweigen aber
wieder beim näehsten Allegro. Im Benedictus sind sie ange-
geben. Im Agnus Dei fehlen sie wieder gänzlich.
Aas der Beschaffenheit der nachträglich vorgenommenen
Aendeningen, von denen wir hier nur einen Theil angeführt
haben, ist zu entnehmen, dass einige Zeit vergehen musste,
bis sie alle vorgenommen werden konnten und bis die Messe
ihre endgiltige Form erhielt. Wenn man sich an das Datum
(19. März 1823) hält, das mit der dem Erzherzog überreichten
Abschrift verbunden ist, so wird man frühestens die Mitte des
Jahres 1823 als die Zeit annehmen, in der die Messe die Ge-
stalt erhielt, in der wir sie kennen. Beethoven hätte dann
ungefähr fünf Jahre zur Composition der Messe gebraucht
Beethoven hat an einigen Stellen viel gemeisselt Im
Kyrie kommen einige Stellen vor, die eine möglichst einfache
Stimmführung verlangen, bei denen aber, wenn Selbständigkeit
der Stinmien angestrebt wird, Octav- oder Primfortschreitungen
kaum zu vermeiden sind. Beethoven hat versucht, solche zu
vermeiden. Eine Stelle, von der wir nur die Stimmen der
1. Violine, der Viola und des Basses hersetzen, lautet im Druck
(Part. S. 14, T. 11 f.) so:
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132
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I F^
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Hier sind Octaven zwischen Viola und Bass. In einer früheren
Abschrift hatte die Viola zu Anfang des 2. Taktes die eine
Terz höher stehende Note H. Da waren aber Octaven zwischen
1. Violine und Viola. Ursprünglich lautete die Stelle wieder
anders. Eine andere Stelle ist die Seite 14, Takt 10, wo die
2. Violine als zweite Note nach einer Lesart &, nach einer
andern H hat und Quinten-Parallelen macht — lieber die bei
dem Worte »judicare« im Credo zu wählenden Accorde, viel-
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155
leicht auch über deren Schreibart war Beethoven einige Zeit
nngewise. Er hat dazu zu verschiedener Zeit Versuche ange-
stellt, von denen hier ein Theil vorgelegt wird.*)
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*) Mehrere von diesen Versuchen stehen auf einem Blatte, das auf
der andern Seite einen ausgeführten Entwurf zur Bagatelle in G-dur
Op. 119 Nr. 6 enthält. Dieser Umstand kann zur Bestimmung der Com-
positionszeit jener Bagatelle dienen.
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156
Eine dritte Stelle, an der viel gemodelt wurde, ist die der
Panken knrs vor Ende des Agnus Dei (Part S. 256 u. 257).
Beethoyen hat noeh im Antograph so viel daran geändert und
radirt, dass in dem sehr di<&en Papier ein Loch entstanden
ist Hier einige von den versuehten Fassungen,
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meilleur
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-^^=^
Ute mal
S JI I J' I J J' J ^
2te mal
"j ; ;? Mh jrTj"7i7 7 j-
wie sie von verschiedenen Blättern dargeboten werden. Die
meiste Mühe hat Beethoven auf die zweite Hälfte, auf die
letzten vier Takte der Stelle verwendet, auf welche sich auch
die meisten der eben mitgetheilten Entwürfe beziehen. Seine
Absicht war offenbar, ihr einen verschwommenen Kiythmus
zu geben, um auf diese Weise die grössere Entfernung der
Friedensstörer anzudeuten.
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XX.
Skizzen zur nennten Symphonie-
Maa kann in BeethoTen'8 Skizzenbüohem die Beobach-
tung machen, dass, wenn eine grössere Compomtion beendigt
oder ihrer Beendigung nahe war, in der Begel Ansätze zu
mehreren neuen Compositionen gemacht wurden, die dann
grösstentheils unausgeführt liegen blieben, kleinstentheils fort-
gesetzt oder weitergeführt wurden. So erscheint in einem dem
Jahre 1815 angehörenden Skizzenbuohe nach den letzen Ent-
würfen zu der Sonate Op. 102 Nr. 2, zwischen andern theils
liegen gebliebenen, theils benutzten Entwürfen, ein Ansatz zu
einer Fuge,
Fuge
fe
rrh r f n fj ü ^
Ende langsam
der den Kern des Themas des zweiten Satzes der neunten
Symphonie enthält,*) der aber, da er unausgeffthrt liegen blieb
und da in ihm der springende Punkt zur neunten Symphonie
nicht zu finden ist, den wirklichen Beginn der Composition
nicht bezeichnen kann. Beethoven dachte wohl zur Zeit, als
*) Nach einer Mittheilung von Carl Czemy soll Beethoven auf das
Thema zum Scherzo der neunten Symphonie gekommen sein, als er einst
in einem Garten das (Gezwitscher der Spatzen hörte. Nach einer andern
Mittheilung sollen ihm, nachdem er lange im Finstem im Freien ge-
sessen, von allen Seiten aufglitiemde Lichter das Motiv zum Scherzo
eingegeben haben. Nun, wenn dem so ist, so haben wir in obigem Ent-
wurf das Product der einen oder andern Anregung.
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15Ä58
jener Entwurf entstand, wie aus eineTISald darauf gescISlie-
benen, auf derselben Seite vorkommenden, zu einer ebenfalls
liegengebliebenen Skizze gehörenden Bemerkung
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U. 8. W.
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Sinfonie erster Anfang in bloss 4 Stimmen 2 VioL
Viola Basso dazwischen forte mit andern Stimmen u.
wenn möglich jedes andere Instrument nach u. nach
eintreten lassen —
hervorgeht, an die Composition einer neuen Symphonie. Auf
die neunte Symphonie aber kann die Bemerkung nicht be-
zogen werden.
Im Jahre 1817 arbeitete Beethoven an einem fugirten Satze
mit einem Vorspiel
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n. ^
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i-
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u. s. w.
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159
für zwei Violinen, zwei Violen und Violoneell. Es hat allen
Ansohein, dass das Stück, an Stelle der bald darauf entstan-
denen, unter der Opuszahl 137 erschienenen fünfstimmigen
Fuge, ursprünglich fttr die von Tobias Haslinger veranstaltete
geschriebene Sammlung der Werke Beethoven's bestimmt war.
Die Arbeit blieb, nachdem ungefähr vier Seiten ins Reine ge-
schrieben waren, liegen; das Fugenthema aber nicht Wir
werden es in den Arbeiten zur neunten Symphonie wiederholt
auftauchen sehen.
Der Beginn der Composition der neunten Symphonie ist
an den Beginn des ersten Satzes gebunden. Die ersten Skizzen
zu diesem Satze zeigen, dass Beethoyen sich mit der Absicht
trug, eine Symphonie zu schreiben. Sie finden sich auf ein-
zelnen zerstreuten Blättern aus dem Jahre 1817. Wie weit
die Arbeit Ende 1817 oder Anfang 1818 gediehen war und
dass Beethoven schon an die andern Sätze dachte, kann man
aus einem Skizzenbuche aus jener Zeit ersehen. Beethoven
schreibt da zuerst:
Zur Sinfonie in D
Como 1,
Como 2do
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160
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letztes
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dftnn (einige Seiten später):
anfangs vielleicht auch Triolen
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Anfang
f- Ulli- ^
^
^PT^r-ft^f^ ^
TÜm/KPit
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161
dann:
2tes Stück, 4 Hom 2 in lief und 2 in hoch B
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3raai:4-C:
ete.
m
hoch Corni
^' ^ ' 1^ ' ^^
i:i
dann:
presto
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dann:
3tes Stück
darin das Allo
maestoso
oder
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IJT]-^
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oder
etc.
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7^
oder
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Schluss
i
^JJ|-|iJJJr^Jfjr | rjr||r77
11
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162
^
^
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NB.
ganze Barmanie allein
^
etc.
iLLilil-gli
^
dann:
da cajH) etc.
NB. Hier mitss es scheinen als wolle mun das Trio in D
machen jedoch geht es hernach Hherraschend in B,
Diese Sinfonie in einem Stück 3 Hörn, in anderm St.
4 Hörn.
I r-^ l CffTire^'l^
iL
^
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^
Am Ende vom Isten Allegro 3 Posaunen
und dann:
2tes St
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w*=^
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j^ijjj i jjd
^
^ '9'jV
ä
UU-LUIT^^
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Wir haben hier lauter abgerissene Skizzen vor uns. Bekanntes
und Unbekanntes tritt uns entgegen. Die nach oben gestriche-
nen Noten im 2. Takt der ersten Skizze sind später hinge-
schrieben worden. Die Bemerkung bei der sechsten Skizze
betrifft die Behandlung der Geigen. Beethoven war in Zweifel,
ob statt der angedeuteten Sextolen nicht Triolen zu nehmen
seien. Die ganze Arbeit zeigt sich noch in ihrem ersten Stadium.
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163
Die meisten Skizzen betreffen den ersten Satz. Das Haupt-
thema, die Hauptmotive desselben sind festgestellt. Von den
andern thematischen Bestandtheilen des Satzes ist aber gar
wenig bemerkbar. Als Thema zum Scherzo wird erst das
Fugenthema aus dem Jahre 1815, dann das aus dem Jahre
1817, dann ein neues aufgestellt. Vom jetzigen dritten und
vierten Satz ist noch keine Note gefunden. Die Skizzen be-
weisen, dass der letzte Satz ein Instrumentalsatz werden sollte
und dass Beethoven noch nicht an die Yerwebung mit Schiller's
Hymne »An die Freude« dachte.
Nun sind einige Blätter vorzunehmen. Auf einem Blatte,
das entweder gleichzeitig mit jenem Skizzenbuch oder etwas
später benutzt wurde, entscheidet sich Beethoven
fUir 6tel wul im Stück Ißtel g^ • ^b^ • ji. 1^4*^
für die Sextolen-Bewegung zu Anfang des ersten Satzes, über
die er im Skizzenbuch noch in Zweifel war. Ein anderes Blatt,
das in die zweite Hälfte des Jahres 1818 zu setzen ist und
später beschrieben wurde, als das vorige Blatt, bringt eine
Bemerkung,
Adagio Cantique —
Frommer Gesang in einer Sinfonie in den alten Ton-
arten — Herr Gott dich loben wir — aUeluja — ent-
weder für sich allein oder als Einleitung in eine Fuge.
Vielleicht auf diese Weise die ganze 2te Sinfonie charak-
terisirt, wo alsdenn im letzten Stück oder schon im
Adagio die Singstimmen eintreten. Die Orchester Vio-
linen etc, werden heim letzten Stück verzehnfacht, Oder
das Adagio wird auf geunsse Weise im letzten Stücke
vjiederholt wobei alsdenn erst die Singstimmen nach u.
nach eintreten — im Adagio Text griechischer Mithos
Cantique Eclesiastique — im AJlegro Feier des Bachus
aus der hervorgeht, dass Beethoven zwei Symphonien, eine
davon mit eintretenden Singstimmen, componiren wollte. An
Schiller's Lied wird aber auch da noch nicht gedacht.
11*
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164
Die bisher erwähnten Entwürfe zum ersten Satz der Sym-
phonie und zur Symphonie überhaupt wurden während der
Comiposition der Sonate Op. 106 geschrieben. Zwei der groas-
ten Instrumentalwerke Beethoven's fallen also der ersten Ent-
stehung nach so ziemlich in eine und dieselbe Zeit.
In den nächsten vier Jahren lässt sich die Arbeit nicht
gut verfolgen. Sie wurde durch die zu andern Compositionen
unterbrochen. Von grösseren Werken entstanden in dieser
Zeit die drei Claviersonaten Op. 109, 110 und 111, die zweite
Messe und die Ouvertüre Op. 124. Am meisten war Beet-
hoven mit der Messe beschäftigt. Erst als diese und die
Ouvertüre und der Chor zur »Weihe des Hauses« in den
Skizzen fertig waren, richtete sich seine Aufinerksamkeit faßt
ausschliesslich auf die Symphonie.*)
üeber den Stand der Arbeit, wie sie im Sommer oder
Herbst 1822 wieder aufgenommen und weitergeführt wurde,
giebt ein Skizzenheft Aufschluss. Die Arbeit zum ersten Satz
ist, wie diese Auszüge zeigen.
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*) Mit dem Gesagten lässt sich eine in der Leipziger Allg. Musik.
Zeitung vom 22. Januar 1823 stehende Nachricht aus Wien in Üeber-
einstimmung bringen, welche lautet: »Beethoven hat nun auch seine
zweyte grosse Messe vollendet, und wird sie kommende Fastenzeit in
einem Concerte aufführen. Gegenwärtig soll er sich mit der Composi-
tion einer neuen Symphonie beschäftigten«.
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165
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etwas vorgerückt Dagegen steht die Arbeit zum zweiten Satz,
wenn man von dieser Skizze
Sinfonia Stes Stück
^\Kr \r
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r r r I r 1 1
^
absieht, deren Zugehörigkeit jedoch zweifelhaft ist, noch ganz
auf dem Standpunkte des Jahres 1818. Die Fugenthemen
aus den Jahren 1815 und 1817 finden sich fast unverändert
wieder. Vom dritten Satz ist noch nichts da. Das Wichtigste
ist, dass, wie aus dieser Skizze
Fnude
^ht f rriixxf i r r r r | rp r
FreU'de schö-ner Göt-ter-fun-ken Toch-ter aus E - ly - si ' um
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166
herrorgeht, Beethoven inzwischen auf den Gedanken gekommen
war, SchiUer'g Hymne zum Finale heranzuziehen. Unabänder-
lich fest stand, wie wir sehen werden, der Gedanke darum
noch nicht.
fiemerkenswerth sind einige in demselben Skizzenheft vor-
kommende Aufzeichnungen, die sich auf die Einrichtung der
Symphonie im Ganzen beziehen. Die erste Aufzeichnung er-
scheint gleich nach jener Melodie zu Sehiller's Worten, gehört
aber, nach Handschrift und Inhalt, nicht dazu und lautet, so
weit sie leserlich ist, wie folgt:
Die Sinfonie aus 4 Stücken darin das 2te Stück im | Takt
wie in d , . . . die
4te Stück
könnte in ^tel dur sein u. das
r f | f J r i cifr ^
recht fugirt
Nach dieser Aufzeichnung sollte dem letzten Satz das Fugen-
thema aus dem Jahre 1817 zu Grunde gelegt werden. Zum
nicht erwähnten ersten Satz war, so müssen wir annehmen,
der in -Arbeit stehende bestimmt.
Die nächste Aufzeichnung
2l€S Stück presto
£
rn~rrTT
£
etc.
^m
-i9-
^
3
istz
oder anderer Ton
alla autrichien
auch
y s tj •\hM^-n \ t£is M l fHj
^ Ul ^^ pirV ü l i^ li^ l H'
W
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167
bringt zwei neue Themen und lässt es dahingestellt, was f&r
ein Thema zum Finale genommen werden sollte.
Die dritte Aufzeichnung
Sinfonie allemand entweder mit Variation nach der (?) Chor
r^nr g l r i^r g| r M r $
• h
£
FreU'de schö^ner Göt - ter - fun-ken Tochter aus E - ly - si - um
alsdenn eintritt oder auch ohne Variation. Ende der
Sinfonie mit türkischer Musik und Singchor
bringt die Sehiller'sohen Worte mit einer neuen Melodie. Es
ist möglich, dass diese Melodie Mher entstand, als die zuerst
mitgetheilte.
In der letzten Aufzeichnung
_ comincia
^U\r.ö \\ '^r nujrin
^^
S. Adagio
2tes Stitck
presto
etc.
4tes
^
^
5tes
ist dem zweiten Satz das Fugenthema aus dem Jahre 1815,
dem vorletzten Satz ein in der zweiten Aufzeichnung aufge-
stelltes Thema und dem letzten Satz die früher verzeichnete
Melodie zu SohiUer's Worten zugetheilt.
Erwähnenswerth ist noch eine zwischen den angefahrten
Aufzeichnungen vorkommende Bemerkung, welche so lautet:
awcÄ statt einer neuen Sinfonie eine neue Overture auf
Bach sehr fugirt mit 3 (Posaunen? Subjekten?)
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168
Unter der »neuen« Sjnoaphonie kann sohwerlioh unsere nennte^
mit andern Worten, diejenige Symphonie gemeint Bein, zu der
der angefangene erste Satz gehören sollte.
Die Verschiedenheit obiger Aufzeichnungen und einige
darin vorkommende Erscheinungen (so z. B. die, dass bei der
ersten Aufzeichnung das Fugenthema aus dem Jahre 1817,
kurz vorher und bei den letzten Aufzeichnungen aber eine
Melodie zu Schiller's Worten dem Finale zu Grunde gelegt
werden sollte; ferner die üebersohrift bei der dritten Auf-
zeichnung ^Sinfonie aUemandii u. s. w.) können wir uns nicht
anders als durch die Annahme erklären, Beethoven habe, wie
er im Jahre 1812 die siebente und achte Symphonie gleich-
sam als Zwillinge zur Welt gebracht hatte, auch diesmal zwei
Symphonien schreiben wollen, habe also seinen vor vier Jahren
gefassten Voraatz nicht aufgegeben. Wir werden in dieser
Annahme bestärkt durch eine Aeusserung Beethoven's, welche
Friedrich Eochlitz,*) der im Sommer 1822 in Wien war und
Beethoven kennen lernte, mittheilt und welche lautet: »loh
trage mich schon eine Zeit her mit drei andern grossen Werken.
Viel dazu ist schon ausgeheckt, im Kopfe nämlich. Diese muss
ich erst vom Halse haben: zwei grosse Sjnoaphonien, und jede
anders, jede auch anders als meine übrigen, und ein Ora-
torium.«**)
Beethoven muss die Absicht, zwei Symphonien zu com-
poniren, bald aufgegeben haben. Wenigstens findet sich keine
Andeutung mehr, aus der sich das Gegentheil entnehmen liesse.
Schon in der zuletzt angefahrten Bemerkung, nach welcher
Beethoven »statt einer neuen Sinfonie« eine Ouvertüre auf den
Namen »Bach« zu schreiben gedachte, lässt sich eine Ein-
schränkung seines Vorsatzes erblicken. Längere Skizzen zu
einem Satz, der zu der aufgegebenen Symphonie gehören
könnte, sind nicht vorhanden. Wir sind lediglich auf jene
Aufzeichnungen angewiesen, und diese sagen uns über das
*) »Für Freunde der Tonkunst«, 4. Band, S. 357. Eochlitz' Brief,
der die Mittheilung enthält, ist am 9. Juli 1822 geschrieben.
**) Beethoven hatte der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
die Gomposition eines Oratoriums versprochen.
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169
VerhältnisB, welches die projeetirten Symphonien haben könn-
ten, nichts. Lag doch nach den Aufzeichnungen und nach den
bisherigen Entwürfen unsere neunte Symphonie, höchstens mit
Ausnahme eines Theils des ersten Satzes, noch ganz im Chaos.
Von anderer Seite jedoch kommen uns einige aufklärende
Andeutungen zu.
Am 10. November 1822 besohloss die Direotion der Phil-
harmonischen Gesellschaft in London, Beethoven zur Composi-
tion einer Symphonie aufzufordern.^) Beethoven nahm den
Antrag, auf den er vorbereitet war, an. Am 6. April 1822
hatte er an Ferd. Eies geschrieben: »Was würde mir wohl
die philharmonische Gesellschaft für eine Sinfonie antragen?«
Und am 20. December 1822 schrieb er: » Mit Vergnügen nehme
ich den Antrag an, eine neue Sinfonie für die philharmonische
Gesellschaft zu schreiben.« Die Symphonie, welche Beethoven
nach London schickte, war bekanntlich die neunte. Bei der
ersten Aufführung durch die Philharmonische Gesellschaft (am
21. März 1825) war sie auf dem Programm angezeigt mit dem
Beisatz: T^composed expressly for this Society <a. Die Anwendung,
welche sich nun auf die Aufzeichnungen machen lässt, liegt
nahe. Letztere fallen in die Zeit, in der der Antrag nahe
bevorstand oder eben geschehen war. Von den zwei Sym-
phonien, welche Beethoven zu schreiben gedachte, war eine
für England bestimmt, die andere nicht. Bei der für England
bestimmten, musste Beethoven, wenigstens anfangs. Bedenken
tragen, einen Vocalsatz mit deutschem Text anzubringen. Die
Sjnoaphonie musste ganz instrumental sein. Eine solche Sym-
phonie ist in der ersten Aufzeichnung ins Auge gefasst. Bei
der andern Sjnoaphonie fiel jenes Bedenken weg. Hier sollte
Schiller's Gedicht herangezogen werden. Die Worte in der
dritten Aufzeichnung »Sinfonie aUemand^ sagen es deutlich, dass
sie nicht ftlr England bestimmt war.
*) The composition of this symphony (the ninth or choral sym-
phony) was the result of a meeting of the Directors on the 10 th of
November, 1822, at which it was resolved to oflFer Beethoven fifty pounds
for a MS. symphony.« The Philharmonie Society of London . . . . by
George Hogarth. London, 1862. Pag. 31.
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170
Die Arbeit wurde, zuu&ohst nur unterbrochen durch die
zu den Variationen Op. 120, nun fortgesetzt. Zunächst wuchs
der erste Satz heran. Die Arbeit dazu zieht sich bis in die
zweite Hälfte des Jahres 1823 hinein. Themen und Motive,
Bestandtheile und Stellen kommen zum Vorschein, die sich in
den früheren Skizzen nicht finden. Erst als der erste Satz in
den Skizzen fast ganz fertig und gesichert war, erscheinen,
abgesehen von den wenigen früher aufgefundenen Motiven
oder Themen, nach und nach einzelne kürzere und längere
Stellen, die den übrigen Sätzen gelten. Die Erscheinung, dass
Beethoven an zwei oder drei Sätzen gleichzeitig arbeitete,
wiederholt sich. Das Heranwachsen, die Vollendung des ersten
Satzes war, wie es sich auch bei andern Werken, z. B. bei
der Sinfonia eroica, nachweisen lässt, für die Entstehung und
Gestaltung der folgenden Sätze entscheidend. Es sollte Beet-
hoven nicht gelingen, die Grundlinien zu den folgenden Sätzen
und zum ganzen Werke zu ziehen, bevor der grossartige Unter-
bau des ersten Satzes gelegt war. Die Idee der neunten
Symphonie erwuchs während des Schaffens.*)
Das Jahr 1823 ist vorzugsweise der neunten Symphonie
gewidmet. Wie die Vollendung des ersten Satzes, so gehört,
den instrumentalen Eingang zum letzten Satz und vielleicht
andere bedeutende Stellen ausgenommen, auch die Ekitstehung
und Composition der letzten drei Sätze dem Jahre 1823 an.
Man kann dieses Jahr, wenn auch nicht als das der Em-
pfängniss, so doch als das der Geburt der neunten Symphonie
in ihrer Ganzheit bezeichnen.
Der zweite Satz wurde früher als der dritte und dieser
früher als der vierte fertig. Der zweite Satz war ungefähr
im August 1823 im Entwürfe fertig. Ein in die Monate Mai
bis Juli 1823 zu setzendes Taschen -Skizzenbuch**) enthält,
ausser der endgiltigen Form sehr nahe kommenden Entwürfen
zum ersten Satz, Entwürfe zum zweiten und dritten Satz der
*) Die bisher in diesem Artikel benutzten Vorlagen sind in den
Artikeln XXXV, XXXVI und XLV näher bezeichnet. Die einzelnen
Blätter, welche benutzt wurden, befinden sich an verschiedenen Orten.
**) Im Besitz von A. Artaria in Wien.
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171
neunten Symphonie. Interessant ist es zu sehen, wie hier
Beethoven die zwei Fugenthemen aus den Jahren 1815 und
1817 heranzieht, wie er durch Verlängerung derselben nahezu
das jetzige Thema gewinnt und wie er dabei auf andere
Stellen, auf den dreitaktigen Ehythmus u. s. w. kommt. Wir
setzen einen Theil der Skizzen her, können jedoch nicht
durchweg für die Richtigkeit der Aufeinanderfolge einstehen,
da das Skizzenbuch, als zum Gebrauch ausser dem Hause
bestimmt, eines von denen ist, welche vorne und hinten an-
fangen, also keinen Anfang haben. (Das Wort »gleich« bei
der ersten Skizze bedeutet: gleich, ohne Vorspiel anfangen.)
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Mehrere zusammengehörende, etwas später benutzte
Blätter*) bringen den Anfang des Trios in dieser Gestalt
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Die obem Noten des 6. und 7. Taktes hat Beethoven später
so geändert, wie in der angehängten Variante angegeben ist
In einer etwas später entstandenen Skizze ist das Trio eben-
falls im |-Takt geschrieben.
Das Adagio wurde ungefähr im Ootober 1823 im Ent-
würfe fertig. Zuerst entstand die Melodie des Mittelsatzes.
Sie wurde geschrieben, bevor der erste Satz in den Skizzen
fertig war. In ihrer ursprünglichen Fassung
'*') Die von hier an benutzten Vorlagen befinden sich grösstentheils
in der königl. Bibliothek zu Berlin.
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174
Thema
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175
erscheint sie in anderer Tonart und mit einer unbedeutenden
Melodie, von der sie sieh, auch nachdem sie nahezu ihre
endgiltige Fassung gefunden,
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176
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nicht frei gemacht hat. Hier
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wird ein anderer Anfang versucht. Ohne Zweifel ist diese
Melodie in einem Conversationsheft aus dem Herbst 1823
gemeint, wo der Neffe schreibt: »Mich freut nur, dass Du das
schöne Andante hinein gebracht hast«
Von den übrigen Skizzen zum Adagio sind die zum
Hauptthema die beachtenswerthesten. Sie beweisen, dass die
Melodie, wie wir sie kennen, kein Werk des ersten Augen-
blicks war. Einer der ersten Entwürfe scheint dieser
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177
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ZU sein. Er entstand, nach unserer Annahme, zwischen Mai
und Juli 1823. Eine etwas später geschriebene, in den Juli
1823 zu setzende Skizze bringt diese Fassung.*)
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*) Diese Skizze steht auf der 7. Seite von zwei zusammengehörenden
Bogen, die auf den vorhergehenden Seiten der endgiltigen Form nahe
kommende Entwürfe zum zweiten Satz der neunten Symphonie und auf
der letzten Seite einen zweistimmigen Kanon
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Grot-sen Dank, gro»-$en DcMk
für $ol - ch« Ona • de
enthalten. Beethoven erwähnt diesen Kanon in zwei gegen Ende Juli
182d an den Erzherzog Budolf geschriebenen Briefen. In einem Briefe
schreibt er: »Eben in einem kleinen Spaziergange begriffen und stam-
melnd einen Canon ,, Grossen Dank!" l \- -l- und nach Hause kom-
mend und ihn aufschreiben wollend für J. K. H Morgen folgt
mein Canon.« Im nächsten Briefe heisst es : »Grossen Dank -f- ! -; -
überbringe ich selbst.« Am 31. Juli 1823 schreibt der Erzherzog: »Ich
hoffe, Sie haben doch Ihren Canon aufgeschrieben.«' Auf das an diesen
Briefwechsel sich knüpfende Datum gründen sich hauptsächlich unsere
Angaben, die obige Skizze sei um Juli 1823 geschrieben und der zweite
12
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178
Beethoven dachte hier noch nicht daran, den letzten Takt
jedes Abschnittes, wie es in der Partitur geschieht, von den
Blasinstrumenten wiederholen zu lassen. Höchstens könnte
man im 15. Takt der letzten Skizze eine solche Wiederholung
finden. In dieser Skizze
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sind die Beprisen gefunden. Beethoven versucht nun noch
eine andere Art,
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Satz sei ungefähr im August 1823 in den Skizzen fertig geworden. Diese
Daten stehen zwar mit andern Worten Beethoven's im Widerspruch.
Er schreibt am 1. Juli 1823 an Erzherzog Budolf : »Ich schreibe jetzt
eine neue Sinfonie für England für die philharmonische Gesellschaft,
und hoffe selbe in Zeit von 14 Tagen gänzlich vollendet zu haben.«
Man darf aber solche Aensserungen nicht ganz wörtlich nehmen. Beet-
hoven brauchte mehr Zeit. Schon am 25. April 1823 hatte er an F. Eie^
geschrieben: »Sie erhalten die Sinfonie nächstens.« Und am 5. Sep-
tember 1823 schrieb er an Bies: »Unterdessen können Sie sicher darauf
rechnen, dass sie (die Symphonie) bald in London ist.« Die Symphonie
kam aber erst nach London, als sie in Wien (7. Mai 1824) aufgeführt
worden war. Und was den versprochenen Kanon betrifft, so scheint der
Erzherzog denselben nie bekommen zu haben. Wenigstens ist er in
dessen Nachlass nicht gefunden worden.
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179
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wo die Blasinfltrumente jedesmal einen ganzen Theil wieder-
holen. Bemerkenswerth ist noch eine Skizze
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zum Sohluss des Satzes. Die Skizze, von der höchstens das
Motiv der Pauken, aber anders verwendet, in die Partitur
tibergegangen ist, sticht in ihrer Einfachheit von der kunst-
vollen gedruckten Fassung sehr ab.
Aus den Skizzen zum Finale ergiebt sich zunächst, dass
Beethoven, als die Composition des Schiller'schen Liedes schon
begonnen und vorgeschritten war, schwankte, ob er der Sym-
12*
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phonie ein vocales oder ein iüBtrumentales Finale geben sollte.
Auf einigen zusammengehörenden Bogen, welche grösstentheils
der endgiltigen Form nahe kommende Entwürfe zum zweiten
Satz enthalten, findet sich die Bemerkung:
Vielleicht doch den Chor Freude schöner —
Diese Worte, welche ungefShr im Juni oder Juli 1823 g'e-
schrieben wurden, drücken offenbar eine ünentschiedenheit im
Entschluss aus. Das insti-umentale Finale sollte eine Melodie
bekommen,
Finale itistromeyitale.
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die, mit einigen Aenderungen und mit Versetzung in eine
andere Tonart, später im Quartett in A-moU (Op. 132) ver-
wendet wurde. Die Skizze, über deren Bestimmung die
Ueberschrift keinen Zweifel lässt, findet sich in einem Skizzen-
heft, das vor- und nachher fast nur Entwürfe zur Composition
des Sohiller'schen Textes enthält. Die nämliche Melodie findet
sich gegen Ende desselben Skizzenheftes vollständiger und in
einer etwas andern Version.
ister Theil
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181
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2ler Theil
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Im Herbst 1823 ist Beethoven wieder auf das Thema
zurückgekommen. Hier hat es wieder eine etwas andere
Fassung*)
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Was daraus geworden wäre, wenn Beethoven diese Arbeit
fortgesetzt und statt des vocalen ein instrumentales Finale ge-
sehrieben hätte, ist bei der Eigenthümliohkeit seines Schaffens,
wo nichts auf vorausgegangener bloss verstandesmässiger Be-
rechnung, sondern alles auf einer gleichsam organischen, an
*) Der folgende Entwurf findet sich nebst Arbeiten zum Schluss-
chor der Symphonie auf mehreren zusammengehörenden, im Archiv der
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrten Bogen. Unmittelbar
nach ihm beginnen Arbeiten zu den sechs Bagatellen Op. 126.
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182
das Vorhergehende, Vorhandene anknüpfenden Elntwickelang
beruht, schwer zu sagen.*)
Vom Finale, wie es gedruckt ist, entstand zuerst der
chorische Theil und die diesem vorangehenden Instrumental-
variationen über die Freudenmelodie; dann wurde die instru-
mentale und recitativische Einleitung in Angriff genommen.
Wir folgen dieser Ordnung.
Ausser den bereits mitgetheilteu Melodien zu den ersten
Worten des Schiller'schen Gedichtes hat Beethoven noch
andere gesucht. Hier ein Beispiel.
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Freude schö-ner Göt - ter-fun-ken
Dieser Entwurf fällt noch in die letzten Monate des Jahres 1822.
Von da an scheint Beethoven bei der jetzigen Melodie, wie
sie in den im Sommer oder Herbst 1822 gefundenen ersten
*) L. Sonnleithner, auf eine Mittheilung von C. Czemy sich stützend,
berichtet in der Leipziger »AI lg. musik. Zeitung« vom 6. April 1864:
»Einige Zeit nach der ersten Aufführung der 9. Symphonie soll Beet-
hoven in einem kleinen Kreise seiner vertrautesten Freunde, worunter
auch Czemy war, sich bestimmt ausgesprochen haben, er sehe ein, mit
dem letzten Satze dieser Symphonie einen Missgriff begangen zu haben;
er wolle denselben daher verwerfen und dafür einen Instrumentalsatz
ohne Singstimmen schreiben, wozu er auch schon eine Idee im Kopfe
habe.« Dasselbe hat Czemy mit andern Worten auch dem Schreiber
dieser Zeilen gesagt. Was für eine »Idee« Beethoven hatte, glauben wir
zu wissen. Dass aber Beethoven entweder von seinem dort geäusserten
Vorsatz zurückkam oder dass es ihm mit der Aenderung nicht Ernst
war, ist sicher. Er würde sonst das Manuscript, das er wenigstens noch
sechs Monate nach der ersten Aufführung in Händen hatte, nicht so,
wie es war, dem Verleger übergeben haben.
In einem andern Tone spricht sich Seyfrie(l aus. Er schreibt
(»Cäcilia«, Bd. 9, S. 236): » Soviel ist ausgemacht, dass Beethoven gewiss
zweckmässiger verfahren ward, wenn er wohlgemeintem, bewährtem
Freundes-Rath gefolgt und auf dieselbe Weise, wie zu dem letzten
Quatuor (in B-dur, Op. 130), auch hier ein anderes, zweites Schluss-Stück
ohne Singstimmen gesetzt hätte.<t Seyfried ist wohl selbst der bewährte
Freund gewesen.
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183
vier Takten angedeutet ist, geblieben zu sein. Die Melodie
musste manche Wandlungen durchmachen, bis sie die end-
giltige Form fand. Namentlich gilt das vom zweiten Theil.
Dieser musste noch gefunden werden. Ungefähr im Juli 1823
lautet die Melodie so:
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FreU'de schö-ner
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Etwas später entstand diese Fassung:
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Hier ist die Melodie den Insti'umenten zugetheilt. Diese ab-
gerissenen Entwürfe
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Deine Zauber
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Freude
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184
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sind meistens auf die Ausbildung des zweiten Theils gerichtet
In einer später geschriebenen, instrumental gedachten Skizze
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stimmt die Melodie, mit Ausnahme des Taktzeichens und des
angegebenen Tempos, mit der endgiltigen Form fast ganz
überein.
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In den vielen übrigen Skizzen zum ohorisehen Theil hat
Beethoren Versionen des Hauptthemas und für spätere Strophen
des Gedichtes Weisen und Fassungen rersueht, die in der
Partitur nicht angewendet sind. Diese Skizze
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Ihr stürzt nie - der Mil - li
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186
zeigt in ihrem Anfang eine von Grund aus von der gedmokten
Form verschiedene Auffassung des Textes. Nur in den
rhetorischen Accenten, mit denen einzelne Wörter belegt sind,
lässt sich eine Aehnliohkeit mit der spätem Behandlung der
Worte erkennen.
Zwischen diesen und andern Skizzen kommen mehrere
Bemerkungen vor, die hier anzuführen sind. Eine Bemerkung
lautet:
türkische Musik in Wer das nie gekonnt^ stehle —
eine andere, bei Skizzen zum Allegro alla marcia in B-dur
stehend:
türkische Musik — erst pianissimo — einige laute ppmo
— einige Pausen — dann die vollständige Stärke
nnd eine dritte:
auf Welt Sternenzelt forte Posaunenstösse
Nur bei zwei von den hier gemeinten Stellen hat Beethoven
sein Vorhaben ausgeführt. Eine vierte, bei Arbeiten zum
Schlusschor vorkommende Bemerkung
die Höhe der Stimmen mehr durch Instrumente
lässt sich dahin deuten, dass die hochgehenden Singstimmen
durch Instrumente unterstützt werden sollten. Ist diese Aus-
legung richtig, so wäre das ein Beweis, dass Beethoven sich
der ihm so oft vorgeworfenen Nichtbeachtung des ümfangs,
der zu hohen Führung der Singstimmen bewusst war. Eine
ebenfalls bei Arbeiten zum Schlusschor vorkommende Bemerkung
Anfang einer Overtur
kann zu einer jetzt zu berührenden Erscheinung gehören und
darin ihre Erklärung finden.
Aus andern Skizzen geht hervor, dass Beethoven längere
Zeit hindurch im Sinne hatte, das Finale mit einem thematisch
fQr sich bestehenden Instrumentalvorspiel zu beginnen und
dann entweder unmittelbar, oder nach der vorher vom
Orchester erst einfach und dann variirt vorgetragenen Freuden-
melodie den Chor eintreten zu lassen. Zu einer solchen instru-
mentalen Einleitung finden sich die verschiedensten Entwürfe.
Wir setzen die meisten der vorkommenden Entwürfe her.
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187
Finale.
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müssen es jedoch dahingestellt sein lassen, ob nicht einer oder
einige derselben zu dem früher erwähnten instrumentalen
Finale bestimmt waren. Der erste von diesen Entwürfen, der
spätestens im Juli 1823 geschrieben wurde und noch zwischen
Arbeiten zum ersten Satz vorkommt, lässt durch die bei-
gefügten Worte »Vor der Freude« keinen Zweifel über seine
Bestimmung aufkommen. Dasselbe ist vom zweiten Entwurf
zu sagen. Dieser kommt auch zwischen Arbeiten zum ersten
Satz vor. Die dann folgenden Entwürfe wurden später ge-
schrieben. Von einer vocalen und instrumentalen Ein- oder
Ueberleitung zum chorischen Theil, wie wir sie kennen, findet
sich in den Skizzen aus der Zeit vor Juli 1823 keine Spur.
Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1823 und während
der fortgesetzten Arbeit zur Composition des Sohiller*sohen
Textes kam Beethoven, wie diese Skizze zeigt,
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5^ simile
nickt mehr etc.
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189
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4 Stimmen Harmonie
JPjf l '^ l fgn ^^^aJ TggT^^
auf den Gedanken, die zuerst von den Blasinstrumenten vor-
getragene Hauptmelodie mit einem recitativartigen Vorspiel,
femer mit einem Anklang an den ersten Satz der Symphonie
und mit einem jene Melodie ankündigenden Motiv einzuleiten.
Damit war der erste Schritt zur jetzigen Einleitung geschehen.
Es fehlte zunächst noch die Motivirung des Eintritts der Sing-
stimmen durch Worte. Diese zu finden, hat Mühe gekostet
Schindler weiss davon zu erzählen. Auch sagen es die
Skizzen. Schindler sagt (Biogr. II, 55): »An die Ausarbeitung
des vierten Satzes gekommen, begann ein selten bemerkter
Kampf. Es handelte sich um Auffindung eines geschickten
Modus zu Einführung der Schiller'schen Ode. Eines Tages
in's Zimmer ti'ctend, rief er mir entgegen: »Ich hab's, ich
hab's!« Damit hielt er mir das Skizzenheft vor, wo notirt stand:
»Lasst uns das Lied des unsterblichen Schiller singen« u. s. w.
In den Skizzen, die nun vorzulegen sind und von denen die
ersten, nach einer Angabe Schindler's, frühestens Ende October
1823 geschrieben wurden, hat Beethoven, um die geeigneten
Worte zu finden und um überhaupt den Eintritt des Chors zu
begründen, umständliche Versuche angestellt. Er holt weit
aus und spricht sich mit voller Unbefangenheit aus. Man
muss seine Worte auch so nehmen und darf nicht daran
mäkeln. Sind sie doch nicht fttr uns geschrieben. An
mehreren Stellen ist wegen Unleserlichkeit der Wortlaut nicht
herzustellen. Solche Stellen müssen offen bleiben.
Die ersten Worte, die vorkommen.
Nein diese .... erinnern an unsre Verzweiff.
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190
stehen über einem reeitatiyigchen Vorspiel, zu dem sie wahr-
soheinlioh gehören. In einem bald darauf ei-scheinenden
Entwurf
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Heu'te ist ein feierlicher Tag
die-ser sei ge-fei-ert
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o «<ri«, die-ses nicht, et - was an -de -res
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ge-fäl-li - ff es ist es was ich fordere
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auch die-ses nicht, ist nicht besser, sondern nur et"
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auf-ge - wecktes (?) mussman suchen wie die,. ich wer-de sehn dass ich
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Freurde schö-ner
werden die der Reihe nach vorgefahrten Hauptthemen der
ersten drei Symphoniesätze apostrophirt. Hier
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J7a die-ses ist es. Es ist ntm ge - fun-den Freu -
^
tf£fij y I ;j ^ rfc - iH-i I I r rrl
wird die Schluss-Stelle des vorigen Entwurfs anders gefasst
und weiter ausgeführt, wobei ein Gang zu Tage kommt, der
mit einiger Aenderung in die Partitur übergegangen ist. Nach
kürzerer oder längerer Unterbrechung wird eine kürzere
Fassung des Recitativtextes gesucht Beethoven schreibt erst:
Lasst uns das Lied des unsterblichen Schillers singen,
^
t-^^Yrrf=^]-h-r-r-r
Freude, Freude, Freude schöner Göl-ter-fun-ken
und dann:
^ ^r^
Boss nicht diese Tö-
oass nicni aiesc iw m
e.c.
Damit war der Weg zur endgiltigen Fassung gebahnt.
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192
Ende 1823 oder ganz zu Anfang 1824 war die Symphonie
in den Skizzen, ungefähr im Februar 1824 in Partitur fertig:.
Die Dauer der Composition lässt sich yersohieden bestimmen.
Wollte man die allerersten Entwürfe einrechnen, die in der
Symphonie benutzt sind, so müsste man wenigstens 8 Jahre
zählen. Diese Entwürfe sind jedoch von der Rechnung aue-
zuschliessen. Den Beginn der Composition können sie nicht
bezeichnen. Dieser kann erst mit dem Beginn des ersten
Satzes bezeichnet werden, und von da an sind ungefähr
6V« Jahre bis zur Vollendung des Werkes hingegangen. Will
man die sich lang hinziehende, längere Zeit unterbrochene
Arbeit zum ersten Satz zum Theil als Vorarbeit ansehen und
fasst man nur die Zeit in's Auge, in der die Grundlinien zur
ganzen Symphonie gezogen wurden und der Bau aufgeführt
wurde, so hat man ungefähr ein Jahr als die Dauer der
Composition anzunehmen.
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XXl.
Die Bagatellen Op. 126
liegen in einer Art Brotiillon vor, in einer Schrift, welche die
Mitte hält zwischen Skizze und Reinschrift und welche in den
Erscheinungen, die sie bietet, darauf schliessen lässt, dass die
Stücke, wenigstens die ersten fünf von ihnen, früher entworfen
waren und dass Beethoven hier zur Fortsetzung einer früher
begonnenen Arbeit, zu einer Ausftthrung früherer Skizzen
schritt Aus den vorliegenden Entwürfen — sie mögen immer-
hin so genannt werden — ist ein anderer, einer Reinschrift
sich nähernder Brouillon und aus diesem die eigentliche
Reinschrift hervorgegangen. Man kann in dieser drei- oder
vierfachen Arbeit den Beweis finden, dass die Bagatellen mit
grosser Sorgsamkeit componirt wurden, und daraus kann man
folgern, dass Beethoven Werth auf sie legte.*)
Die Stücke erscheinen in der Folge, in der sie gedruckt
sind. Die ersten zwei wurden, abgesehen von späteren Zu-
sätzen und Aenderungen, in einem Zuge, die andern mehr oder
weniger bruchstückweise hingeschrieben. Die Entwürfe bringen
manche Abweichungen von der gedruckten Form, die unser
Interesse in Anspruch nehmen. Bei den herauszugreifenden
*) Die Entwürfe stehen in einem aus drei Bogen und einem Bogen
bestehenden, im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien auf-
bewahrten Gonyolut. Zwei Autographe sind Torhanden, Ton denen jedoch
eines nicht vollständig und nicht ganz Beinschrift ist, sondern die Mitte
hält zwischen dem oben erwähnten Brouillon und der eigentlioheti
Beinschrift.
13
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194
Stellen hat sich der Leser hier und da ein Versetzungszeichen
hinzuzudenken.
Bei der ersten Bagatelle
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195
w&hlt Beethoven von Anfang an eine Begleitung in Achtel-
noten, die auch auf den Anfang des ZTveiten Theiles übergeht
Im Druck wird jene Begleitung in Achtelnoten erst bei Aet
Wiederholung des ersten Theils angewendet Damit ist eine
Yariirung dieses Theils gewonnen. Eine andere Abweichung
vom Druck zeigt sich im 9. Takt des zweiten Theils bei der
Yarürung einer aus dem ersten Theil herübergenommenen und
schon im 4. bis 6. Takt des zweiten Theils verwendeten Figur.
Im Druck ist die der Variirung zu Grunde liegende Figur
weniger kenntlich, als in der Skizze.*) Warum Beethoven
hier änderte, ist nicht einzusehen. Wenn man auf Gonsequeuz
in der Behandlung einer Figur Werth legt, so wird man der
unterdrückten Lesart des Entwurfs den Vorzug geben. Nach
der Cadenz tritt im Entwurf
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*) Man hat die Bichtigkeit der gedruckten Lesart j
bezweifelt. Zwei Autograplie treten aber für deren Bichtigkeit ein.
Ein Schreibfehler ist da nicht anzunehmen. Au c h ist da rauf hinzuweisen,
das8 die vorgeschlagene Aenderung i J J J ^^ b J J 1 ^i^^^ mehr von
der ursprünglichen Lesart entfernt, als die Lesart der Autographe und
des Originaldrucks.
13*
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196
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das der linken Hand übergebene Thema anmittelbar, ohne
Zivischentakt ein, und vier Takte später bekommt es denselben
Sextensprung aufwärts, den es anfangs (im 4. Takt des ersten
Theils) hatte. Beethoven hat später die letzte Stelle wahr-
scheinlich aus dem Grunde geändert und den Bass cadenz-
mässig gleich von der Dominante zur Tonika sehreiten lassen,
weil er jenen Sextensprung für zu wenig bassmässig hielt
Das dann der rechten Hand übergebene Thema hat im Ent-
wurf, abweichend vom Druck, eine in Achteltriolen sich be-
wegende Gegenstimme. (Statt der Viertelnoten im 2. und
4. Takt dieser Stelle denken wir uns auch Triolen.) Im «eh
gleich anschliessenden Nachspiel geschieht die Nachahmung
des Motivs ganz in entgegengesetzter Bewegung. Im Druck
ist dia Nachahmung nicht streng. Es scheint, dass Beethoven
diese freiere Fassung des Wohlklangs, der besseren Intervalle
wegen vorgezogen hat Der Schluss, die letzten vier Takte
des Stückes sind im Entwurf schwach und fallen gegen das
Vorhergehende ab. Die Bewegung stockt Wir suchen den
Grund in der drei Takte hindurch auf einem Stammtone liegen-
bleibenden Harmonie.
Am obem Rande der zweiten Seite des Entwurfs zur
ersten Bagatelle findet sich eine Bemerkung,
Ciclus van Kleinigkeiten
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197
welche während der Arbeit an der ersten Bagatelle hinge-
flehrieben wurde und welche beweist, dass, wenn es nicht sehen
frtther in der Absicht lag, es von yomherein auf die Com-
position einer Reihe von Stücken abgesehen war.
Der Anfang der zweiten Bagatelle
Allearo
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sollte ursprünglich nicht mit abwechselnden Händen, sondern,
wie es scheint, mit beiden Händen in Oktaven gespielt werden*
Die letzten Takte des ersten Theils
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erscheinen im Entwurf mit einer von der gedruckten ab-
weichenden Schlussformel, welche Formel, anders gelegt,
^ I r r I f ^ I N i
auch am Schluss der Bagatelle (im Druck vor den letzten
8 Takten) zur Verwendung kommt Die der Schlussformel
des ersten Theils sich anschliessende, den zweiten Theil
eröfEaende Melodie ist in jenem Entwurf an einer Stelle mit
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198
einer etwas primitiyen B^leitung bedacht Später schreibt
Beethoren eine andere, der endgiltigen Fassung sich n&hemde
Begleitung. _
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Eine wegen ihrer Nichtbenutzung auffallende Abweichung
betrifft eine ungefilhr in der Mitte des zweiten Theils vor-
kommende Stelle, wo im Entwurf
die zuerst von der linken Hand übernommene Begleitung nur
aus der zu Anfang der Bagatelle vorkommenden, aus vier
Noten bestehenden Figur gebildet ist Später versucht Beethoven
'Lj^tß^ fT i J
^
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die Figur in entgegengesetzter Richtung zu verwenden. Der
Schluss der Bagatelle erfolgt im Entwurf acht Takte früher,
als im Druck. Das hauptsächlich aus der Schlussformel ge-
bildete Nachspiel, wie es der Druck bringt, ist also später
angefügt worden.
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199
Dem ersten Entwurf zur dritten Bagatelle geht ein An-
satz Torher,
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der vielleicht zu einem Vorspiel bestimmt war und der einen
Anklang enthält an die ersten Noten des jetzigen Themas,
namentlich wie dieselben im jetzigen Nachspiel verwendet
sind. Gleich darauf erscheint ein Entwurf,
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U. B. W.
der nur in seinen ersten vier Takten eine Aehnlichkeit oder
Uebereinstimmung mit der gedruckten Fassung zeigt. Nach
kurzem Verweilen in Ges-dur kommt Beethoven im Entwurf
auf das aus den ersten acht Takten bestehende Thema zurück,
wiederholt die erste Hälfte desselben, und dann bricht der
Entwurf bald ab. Die hier unternommene Weiterführung des
Themas mochte also Beethoven nicht gentigen. Später wird
das Stttck vollständig entworfen.
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200
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Hier ist im Wesentlichen, abgesehen von einzelnen Zügen,
die endgiltige Fonn erreicht Auffallend ist, dass Beethoven
in diesem Entwurf den ruhenden Basston zu Anfang, wie er
ihn Mher hatte, aufgegeben und dafQr eine der Melodie
weniger zusagende Begleitung in Achtelnoten gewählt hat
Der 3, und 4. Takt des zweiten Theils (in der eben vor-
gelegten Skizze Takt 19 und 20) ist matt Am meisten
Schuld daran ist, dass derselbe Tonfall der Melodie (F Es)
vier Takte frtther vorkommt und zu cadenzmftssig, zu ab-
schliessend ist, also weniger einen Fortgang erwarten lässt und
weniger Zusammenhang und Fluss in die Melodie bringt, als die
halbcadenzmässige Wendung der gedruckten Lesart Die wieder-
eintretende Hauptmelodie wird im Entwurf (Takt 26 f.) zuerst
ganz der linken Hand gegeben. Der Triller darüber dauert
fort Dann erst bekommt die rechte Hand das Thema, und
zwar ursprünglich einfach, in Achtelnoten. Die im Elntwurf
angedeutete Figurirung der Melodienoten, nämlich die Auf-
lösung der Achtel- in Zweiunddreissigstel- Noten entstand
später. Der Druck bringt die Stelle zum Theil anders und
künstlicher. Bemerkenswerth im Entwurf ist noch der Schluss.
Hier werden die ersten drei Noten der Hauptmelodie un-
verändert, ohne Vornote, zur Nachahmung verwendet
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202
Der erste Entwurf zur vierten Bagatelle ist mit »No. 4 c
bezeiohnet und nicht vollständig. Wir bemerken darin einigte
bedeutende Abweiohungen von der gedruckten Form. Der
zweite Theil war, wie diese mit dem 12. Takt des TheilB
beginnende Stelle zeigt,
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früher um 19 Takte kürzer. Die Episode mit ihren eigen-
thümliohen Wendungen, welche jetzt (vom 13. Takt des zweiten
Theils an) da steht, fehlte ursprünglich, ist also später ein-
gefügt worden. Die in den letzten zwei Takten des zweiten
Theils im Entwurf vorkonmiende Abweichung vom Druck
kommt ähnlich auch am Schluss des ersten Theils vor. Be-
merkenswerth ist auch die frühere Fassung der Alternative.
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203
Eier ist, ausser den Synkopen und dem durohscheinenden
orgelpunktartigen Wesen, nichts so geblieben, wie es war.
Den anmuthigen Charakter der ftlnften Bagatelle an-
deutend erscheint nun ein Ansatz,
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der dem Anschein nach zu einem Vorspiel der genannten
Bagatelle bestimmt war. Der dann folgende Entwurf zur
Bagatelle
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204
oatenolieidet sieh darin am meisten von der gedruckten Foniif
dass ein im Yeriauf (Takt 5 bis 8 und 12 bis 15) auf-
tanohendes melodiscbes Motiv länger und consequenter zur
Verwendung kommt
Es folgt nun ein Fragment,
Arie
^kTTtifi r ^J i JJ -j J is i ^^jfiUJij-^
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das möglicherweise zur letzten Bagatelle bestimmt war und
derselben als Vorspiel dienen sollte, das aber, wenn die
letztere Vermuthung richtig ist, später durch das jetzt da
stehende Vorspiel verdrängt wurde.
Dann erscheinen einige Ansätze
Moderalo
| i*M l l r - fjfL ^T^ J j.jJpW ^
auch Bithmus von 3 Takt
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fe
^jHt^jri
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zu Stücken mit dreitaktiger rhythmischer Gliederung. Dass
diese Gliederung in der Absicht Beethoven's lag, geht aus der
bei den Stellen vorkommenden Bemerkung hervor. Diese
rhythmischen Versuche oder Studien haben zu einem Ergebniss
geführt, das in der sechsten Bagatelle zu finden ist, die, mit
Ausnahme des Vor- und Nachspiels, fast ausschliesslich aus
dreitaktigen Rhythmen zusammengesetzt ist
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206
Die Entwürfe zur secbsten Bagatelle bieten wenig Be-
merkenswerthes. Das Vorspiel, dflJ9 in seiner ernten Faasong
No, 6. Allegro
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^
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der Doppelgriffe wegen etwas schwer zu spielen ist, erscheint
später
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erleichtert und anders gewendet. Das Zeichen der erhöhten
Octave im letzteren Entwurf ist nachträglich beigefllgt worden.
Beethoven scheint sich während des Schreibens oder nach dem-
selben eines Andern besonnen zu haben. Im Druck geschieht
die Höherlegung an einer andern Stelle. Eine einzehi stehende
Skizze
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^^
bringt eine nicht benutzte Veränderung des Hauptthemas.
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206
Wir laflsen die noch folgenden Arbeiten zu den Bagatellen
auf sich beruhen und machen einen Rückblick.
Beethoven hat bei der Gomposition aneinander zu reihender
Stücke und auch im Verlauf einzelner Sätze, wo verschiedene
Tonarten ohne Ueberleitung nacheinander berührt werden, auf
die Folge der Tonarten gesehen. Hin und wieder hat er die
Ordnung beobachtet, dass je zwei aufeinander folgende Ton-
arten abwechselnd eine kleine und eine grosse Terz zwischen
sich haben. Bei den Bagatellen Op. 126 ist, mit enharmonischer
Umdeutung einer Stufe (Ces = H) und mit Ausnahme der
ersten zwei Stücke, wo das naheliegende Y erhSltniss des gleieh-
stufigen Dur und Moll besteht, der Unterschied jedesmal eine
grosse Terz. Dass diese Ordnung eine absichtliche war kann
nicht bezweifelt werden. Das von Beethoven in der früher
verzeichneten üeberschrift gebrauchte Wort Cyklus sagt e«
deutlich, dass es auf eine Zusammengehörigkeit der Stücke
abgesehen war, und bei einer solchen Zusammengehörigkeit
kann das Yerhältniss der Tonarten, in welchem die Stücke
stehen, nicht ausser Acht gelassen werden. Die Bagatellen
Op. 126 sind nicht, wie die Bagatellen Op. 33 oder Op. 119,
eine Zusanmienstellung innerlich und äusserlich nicht zusammen-
hfingender, zu verschiedenen Zeiten entstandener Stücke, sondern
bilden eine in sich geschlossene Sammlung. Zur Einheit dieser
cyklischen Gomposition trägt die Einheit des Styles bei.
Wenn man die Stelle Takt 12 bis 9 vor Schluss der ersten
Bagatelle, wie sie im Entwurf lautet, mit der Fassung ver-
gleicht, die sie im Druck bekommen hat, so stellt sich heraus,
dass dort, im Entwurf, die von der linken Hand zu spielende
Gegenstimme sich in ihrer Bewegung der Melodie anschmiegt,
dabei regelmässig behandelte Intervalle bringt und fliessend ist,
hingegen hier, im Druck, die Stimmführung wohl selbständiger
und ausgeprägter, dabei aber nicht frei ist von unregelmässig
behandelten Intervallen und von auf einem letzten schlechten
Taktglied eintretenden, die Bewegung aufhaltenden Synkopen»
Bei einer Vergleichung der Stelle Takt 17 flF. vor Schluss der
dritten Bagatelle, wie sie im Entwurf und wie sie im Druck
lautet, stellt sich heraus, dass dort die Melodie einfacher figurirt
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207
ist, als hier, wo jede Melodienote durch Wechselnoten auf-
gehalten wird. Bei der vierten Bagatelle ergiebt sich aus
einer Yergleichung des Entwurfs mit dem Druck, dass die
hier im zweiten Theil Takt 13 bis 31 vorkommende Stelle
ursprünglich fehlte und später eingefügt wurde. Nun sind
diese Stellen und noch manche andere wie sie im Druck er-
scheinen, als solche zu bezeichnen, in denen sich Eigenthüm-
liohkeiten des späteren Styles Beethovens ausprägen. Das
Ergebniss ist also, dass diese Eigenthümlichkeiten nicht der
ersten Conception angehören, sondern aus späterer Umbildung
hervorgegangen sind. Das Originelle im Sinne des Eigenthüm-
liehen ist hier nicht das Originelle im Sinne des Ursprünglichen.
In BetreflF der Chronologie ist Folgendes zu bemerken.
Die ersten Entwürfe zu den Bagatellen erscheinen bald nach
Entwürfen zum Schlusschor der neunten Symphonie. -Hieraus
ist zu schliessen, dass die Bagatellen erst vorgenommen wurden,
als die Symphonie in den Skizzen fertig war. Als die Zeit,
in der Beethoven an den Bagatellen arbeitete, ist frühestens
die gegen Ende des Jahres 1823 anzunehmen. Spätestens in
der ersten Hälfte des Jahres 1824 waren sie fertig.*)
Die Arbeit an den sechs Bagatellen wurde, als sie un-
gefähr so weit geführt war, wie sie im Verlauf dieses Artikels
dargelegt wurde, durch die zu einigen andern kleinen Stücken
unterbrochen. Diese Stücke sind: das Bundeslied Op. 122, zu
dem sich eine so anfangende Skizze
Presto
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m=:i\ rT77 1 r r n uüM r r i
In . al ' len gu - ten Sltm^den
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u. s. w.
*) Hiemach ist die Angabe des thematischen Verzeichnisses, die
Bagatellen seien im Anfang d. J. 1823 componirt, zu berichtigen. Schind-
ler (Biogr. n, 44) lässt Op. 126 während der Oomposition der zweiten
Messe entstehen. Er verwechselt Op. 126 mit Op. 119, wie denn die
Verwechslang dieser beiden Hefte in chronologischer Beziehung beinahe
stehend geworden ist.
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208
mit einer Bemerkung
nwr 2 Stimmen solo — IMujft «. gesekioimd
findet, ein zweistimmiger Kanon »Te solo adoroc nnd ein flflclitig^
hingeworfenes, wenn auoh nicht schönes oder musikalisch be-
deutendes, so doch launiges Stück mit echt Beethoyen'schen
Zügen.*)
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*) Wir geben das Stück nac h aeiner nr eprünglichen Fassung.
Spater hat Beethoven den 1. Takt so
I und ähnlich die Ober-
stimme des 5. nnd die ünterstimme des 7. Taktes geändert. Diese
Yariante läset sich durchführen.
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209
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Nach diesen Elntwürfen kommen noch drei Bemerkungen,
von denen eine
Zapfenstreich mit einer blossen Trommel angefangen und
indem aUes rennt dazmschen die Trommel imm^r stärket'.
Dies Stück allein.
auf eine dramatische Scene gerichtet zu sein scheint Die
zwei andern Bemerkungen sind anderwärts («Beethoveniana»
S. 33 f.) mitgetheilt Nach diesen Bemerkungen werden wieder
einzehie Stellen aus der 3. und 6. Bagatelle vorgenommen.
14
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XXII.
Skizzen zum zweiten Satz des Quartetts Op. 127.
Eine merkwürdige Erscheinung bieten die Skizzen zum
Adagio des letzten Es-dur-Quaj:tetts. Wollte man behaupten,
die dem Adagio zu Grunde liegende Melodie spreche in ihren
schönen Verhältnissen, in ihrer Ruhe die Befriedigung künst-
lerischen Schaffens aus, sie sei ein unmittelbarer Herzenserguss
und müsse das Werk eines Augenblickes sein: so würde man
durch die Skizzen widerlegt werden. Die Melodie war eine
langsame Geburt, gewiss auch eine schwere; erst nach wieder-
holten und gleichsam stossweise erfolgten Ansätzen konnte sie
sich der nächtlichen Umhüllung entwinden.
Wir stellen die wichtigsten Skizzen hier zusammen und
geben, um den Fortschritt der Arbeit beobachten zu können,
die Seiten des Skizzenheftes an, in dem sie vorkommen. Sämmt-
liche Skizzen fallen ins Jahr 1824*).
(Seite 3)
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♦) Vgl. den Artikel LVm.
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211
_ . (S,4)
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(S. 6)
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(S. 7)
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(S. 28.)
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(8. 30.)
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(oder)
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(S. 43.) Schluss des Adaoio varie.
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217
Man sieht an diesen Entyrürfen, dass die aus höehstens
18 Takten bestehende Melodie stückweise entstand, dass ihre
Glieder einzeln und nach und nach gefunden wurden. Der
Anfang des Themas war, mit Ausnahme des Auftakts, bald
gefunden« Beethoven wiederholt ihn, gleichsam wiederkäuend«
in immer neuen Wendungen. Er versetzt ihn (Seite 5) in eine
andere Takt- und Tonart, sucht Nachahmungen, versucht das
gefundene Anfangsmotiv weiter zu führen, und bei einer dieser
versuchten Weiterffthrungen (S. 7) kommen (in anderer Takt-
und Tonart) einige Stellen aus dem zweiten Theil des Themas
zum Vorschein. Die Fortsetzung des Anfangs des ersten Theils
aber ist noch nicht gefunden. Beethoven setzt wieder neu an,
entfernt sich, wie das auch früher geschehen, von dem Ge-
fundenen, findet (S. 8) eine andere Fortsetzung des Anfangs
des ersten Theils, einen neuen zweiten Theil, den Anfang eines
dritten Theils (Minore) und dann, mit Ausnahme des Auftakts
(und in anderer Takt- und Tonart) den jetzigen zweiten Theil
des Themas. Nach noch einigen Versuchen wird zur ursprüng-
lichen Tonart zurückgekehrt, und erst hier (S. 11) kommt der
dritte und vierte Takt des ersten Theils zum Vorschein. Die
folgenden Arbeiten sind zum Theil contrapunktischer Art.
Beethoven sucht oder versucht eine Gegenstimme mit obsti-
naten Terzenschritten, Variationen u. s. w., bei welchen Ver-
suchen dann auch das Thema vollständig erscheint.
Wenn in den Skizzen eine Stelle eine üeberraschung
bieten kann, so wird es die Stelle sein, wo das anfangs in
As-dur aufgestellte Motiv zum ersten Mal in C-dur und in
einer andern Taktart auftritt. Man weiss nicht, was Beet-
hoven da wollte. Er folgt auf einmal einer andern Spur. Mit
der Takt- und Tonart ist auch der Charakter ein anderer
geworden. Die mit dem Motiv angestellten Versuche würden
unerklärlich bleiben, wenn nicht Beethoven, wie man mit
Sicherheit annehmen kann, um dieselbe Zeit ein Stück be-
gonnen hätte, in dem jenes Motiv den Vordergrund bildet und
dessen Ursprung wir in jenen C-dur-Skizzen suchen. Das nicht
in allen Stimmen ausgeführte und unvollendet gebliebene Stück
ist für vier Streichinstrumente und auf vier Systemen ge-
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218
schrieben'*') und lautet im Auszüge und auf weniger Systeme
zusammengedrängt wie folgt:
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AlUffro graziöse
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V. 1.
da capo semplic« alsdann gleich
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Voll.
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Das Hanoscript befindet sioh bei A. Artaria in Wien.
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219
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220
V. 2.
V. 1.
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V. 2.
alsdenn adagio m asdur
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Viola
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■ * > il* _*«
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Das Fragment mag in einem Anflug von muthwilliger
Laune entstanden sein. Beethoven hat es schnell hingeworfen
und manche Noten undeutlich geschrieben. Für die Richtig-
keit unserer Wiedergabe kann daher nicht durchweg einge-
standen werden. Das Stück fUUt im Manuscript beinahe fünf
Seiten. Zwei vorhergehende Seiten enthalten Arbeiten zum
ersten Satz des Quartetts Op. 127. Das Fragment kann also
erst nach Beginn dieses Satzes geschrieben sein. Dass es erst
nach Beendigung des zweiten Satzes, der später entstand als
der erste, geschrieben wurde, ist unwahrscheinlich. Mit dem
Quartett in £s-dur hat das Fragment keinen innem Zusammen-
hang, gehört aber zur Geschichte desselben.
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xxm.
Vergriffene AUemanden.
Spätestens L J. 1814 erschien bei L. Maiseh in Wien ein
Werk unter dem Titel: »6 AUemandes pour le Pianoforte avec
.aooompagnement d'on Violon par Louis van Beethoyenc Die
Ausgabe ist vergriffen, das Werk nicht mehr zu haben. Die
Stücke sind unbedeutend; den Beethoven'schen Stempel tragen
sie nicht. Man konnte sie ftbr unecht halten, wenn nicht
Skizzen vorhanden wSxen, die für die Echtheit einiger von
ihnen eintreten; und wenn einige echt sind, so sind es alle.
Auf einem in der königL Bibliothek zu Berlin befindlichen
Blatte begegnen wir mitten zwischen Entworfen zu einem un-
bekannten Stflck für Clavier und Geige
Entwürfen zur 1. und 3. AUemande
U. 8. W.
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222
und einigen Stellen au8 der Scene und Arie »Ah perfido!«, von
denen eine
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T^ f ^-V^-
fer - ma - te vin - di - et
mit der gedruckten Form nicht übereinstimmt Am untern
Rande der ersten Seite ist bemerkt:
pour Mademoiselle la Comtesse de Cari.
Beethoven meint die Gräfin von Clary, der die Soene und
Arie gewidmet ist Letztere wurde nach Angabe einer Ab-
schrift 1796 in Prag, wahrscheinlich aber schon 1795 in Wien
componirt. Aus dem Zusammentreffen der Stellen und Skizzen
geht hervor, dass die AUemanden um die nämliche Zeit, also
1795 oder 1796 componirt wurden. Man wird schwerlich irren^
wenn man annimmt, Beethoven habe die Allemanden und auch
das unbekannte Stück für Ciavier und Geige, vorausgesetzt^
dass es fertig wurde, nicht aus eigenem Antriebe, sondern aua
Gejfälligkeit für irgend Jemanden geschrieben. Bemerken lässt
sich noch, dass der zuletzt mitgetheilte Entwurf zu jenem un-
bekannten Stück einige Aehnlichkeit mit einem im ersten Satz
des Quartetts in B-dur Op. 18 Nr. 6 vorkommenden Thema hat«
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XXIV.
Ein unvollendetes Clavlerconcert.
Beethoven hat, als sein Clavlerconcert in Es-dur geschrieben
und gedruckt war, noch ein Clavlerconcert schreiben wollen.
Nicht nur sind zahlreiche Skizzen dazu vorhanden, sondern
Beethoven hat auch angefangen, den ersten Satz in Partitur
zu schreiben und hat denselben ziemlich weit fortgeführt. Die
vorhandenen Skizzen füllen wenigstens 50 Seiten und fallen
in die Zelt zwischen Mitte 1814 und ungefähr Mai 1815.
Die Partitur, von der ungefähr 30 Blätter vorhanden sind,
wurde spätestens im Juni 1815 angefangen. Das Conoert
sollte so beginnen:
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224
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U. 8. W.
Man kann bedauern, dass das Conoert nicht vollendet
wurde. Es ist aber die Frage, ob wir die Sonate Op, 102 Nr, 2
oder ein anderes Werk, das Beethoven nach Weglegung des
Concertes vornahm, besitzen wllrden, wenn er es vollendet hätte.
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XXV.
Aufzeichnungen zu einer Oper »Macbeth«.
Im Jahre 1808, wenn nicht schon früher, trat Beethoven
mit dem Dichter H. J. von CoUin wegen Abfassung eines
Operntextes »Macbeth« in Unterhandlung. Collin schrieb den
ersten Aufzug und liess ihn im »Wiener-Hof-Theater-Taschen-
buch auf das Jahr 1809« drucken. Da in der Regel solche
Taschenbücher vor Eintritt des Jahres, auf welches sie lauten,
ausgegeben werden, so muss der Aufzug einige oder mehrere
Monate vor Ende des Jahres 1808 fertig gewesen sein, und
Beethoven konnte ihn spätestens um dieselbe Zeit geschrieben
in Händen haben.
Dass Beethoven sich mit dem Gedanken beschäftigt hat,
die Musik zu »Macbeth« zu schreiben, geht aus zwei auf ver-
schiedenen Blättern vorkommenden Aufzeichnungen hervor
Auf einem in der königl. Bibliothek zu Berlin befindlichen
Blatte steht eine abgebrochene Skizze,
Macbeth
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t^f g c:.f O'T^ cJ"Tctr tf j
die wohl nur auf den Chor der Hexen bezogen werden kann,
mit dem Collin's erster Aufzug beginnt. Die Worte des Chors
und die Ueberschrift lauten bei Collin so:
15
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226
Erster Auftritt.
Hekate. Chor der Hexen.
Chor.
Wo die wilden Stürme toben,
Erst nach oben;
Jetzt schon unten
In dem bunten
Erdgewühl!
Nimmer still!
Huhuhuhu!
Rund herum,
Um und um!
Blitze leuchten, Donner krachen;
Offen gähnt der Höllenrachen!
Rund herum,
Um und um!
Huhuhuhu!
Jener Skizze folgen unmittelbar Entwürfe
j.
ä
zum Largo des Trios in D-dur Op. 70 Nr. 1. Diese Nachbar-
schaft und Gleichzeitigkeit, yerbunden mit der Gleichheit der
Tonart, legen die Annahme einer Association der Stimmungen
nahe. Ob nun Beethoven durch eine vorhergegangene Lesung
des Operntextes und durch den Gedanken an das grausen-
hafte Drama Shaspeare's auf den geisterhaften Ton des Largos
geführt werden konnte, oder ob das Umgekehrte der Fall
sein mochte, mag schwer zu entscheiden sein. Das Trio in
D-dur wurde angefangen und beendigt im Jahre 1808. Jene
Aufzeichnung gehört also demselben Jahre an.
Die andere Aufzeichnung
Overture Macbeth fällt gleich in den Chor der Hexen ein
findet sich auf einer Seite eines Blattes, das auf der andern
Seite Entwürfe zu zwei Nummern der »Rainen von Athen«
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227 _
enthält*). Die »Ruinen von Athen« wurden im Jahre 1811
componirt. Ob jene Aufzeichnung fiüher oder später geschrieben
wurde, lässt sich aus der Stellung der Skizzen nicht erkennen.
Viel Zeit kann nicht zwischen der Beschreibung der einen
und der andern Seite des Blattes hingegangen sein. Berück-
sichtigt man, dass Collin, der im Juli 1811 starb und den
Text unvollendet hi'nterliess**), denselben wohl fertig gemacht
haben würde, wenn Beethoven auf die Vollendung gedrungen
hätte, dass demnach das Projeot der Opemcomposition nicht
lange Bestand haben konnte, so darf man wohl annehmen,
dass die Aufzeichnung in eine Zeit fällt, in der das Interesse
für die Oper noch rege war. Und diese Zeit kann derjenigen,
welcher die erste Aufzeichnung angehört, nicht fem gewesen sein.
*) Vgl. den Artikel XVII.
**) In einem Aufsatz über GoUin und seine Werke, geschrieben
von dem Bruder Matth. v. GoUin (H. J. von Gollin's sämmtlicbe Werke,
6. Band, S. 422, Wien 1814) heisst es: »Macbeth, den er gleichfalls für
Beethoven nach Shakspeare zu dichten übernahm, ward in der Mitte
des zweiten Actes unvollendet liegen gelassen, weil er zu düster zu
werden drohte«.
lö*
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XXVI.
Eine unvollendete Symphonie.
Beethoven hat, bevor er seine Symphonie in C-dur schrieb^
viel an einer andern Symphonie in C-dur gearbeitet. Nament-
lich finden sich viel Skizzen zum ersten Satz derselben. Gewiss
waren auch andere Sätze ins Auge gefasst. Es ist aber schwer,
aus den vielen, meistens auf einzelnen Blättern und Bogen vor-
konmienden unbekannten und unausgeführt gebliebenen Skizzen
die dazu bestimmten auszulesen. Die Skizzen zum ersten Satz
bieten an sich wenig Interesse. Das Bemerkenswertheste ist,
dass Beethoven auch hier ein gefundenes Thema wiederholt
verändert. Der erste Satz sollte einmal so,
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ein ander Mal so
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-1-4— U. 8. W.
beginnen. Aehnlich geht es bei später vorkommenden Stellen
zu. Eine grössere Skizze ist überschrieben; »Zur Simfonie^
was über die Bestimmung keinen Zweifel lässt.
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229
In chronologischer Hinsicht ist Folgendes zu bemerken.
Die verschiedenen Bogen und Blätter, welche Arbeiten zum
Symphoniesatz enthalten, enthalten vorher: eine dem Unter-
richt bei Albrechtsberger angehörende Doppelfuge*); den fttr
Clavier geschriebenen Anfang des dritten Satzes des Trios in
G-dur Op. 1 Nr. 2; Entwürfe zu Contretänzen, von denen zwei
gedruckt sind (12 Contretänze, No. 3 und 4); eine Bemerkung,
Hausknecht abends Wasser holen
aus der hervorgeht, dass die Skizzen nicht in die Bonner Zeit
fallen; einen Entwurf zu einem Bondo mit einem Anklang an
eine Stelle im Quartett in A-dur Op. 18 Nr. 5; eine Bemerkung,
Concerto in Bdur Adagio in Ddur
aus der zu entnehmen ist, dass das Concert Op. 19 damals
noch nicht fertig war; zwischen und nach den Skizzen kommen
vor: eine Briefstelle,
ich habe die Ehre schicke ihnen das Quintett, und sie
werden mich sehr verbinden, wenn sie es als ein unbe-
deutendes Geschenk von mir betrachten, die einzige Be-
dingung, die ich ihnen machen muss, ist, es ja niemanden
sonst zu geben —
die wahrscheinlich das Quintett in Es-dur Op. 4 betriflft; bei
Albrechtsberger geschriebene Uebungen im doppelten Contra-
punkt; Entwilrfe zur »Adelaide« und ein abgerissener Entwurf
zum zweiten Satz des Trios in G-dur Op. 1 Nr. 2.
Aus den Daten, welche sich an einige dieser getrennt
vorkommenden Stellen knüpfen, ergiebt sich, dass Beethoven
im Jahre 1794 und zu Anfang des Jahres 1795 an der Sym-
phonie gearbeitet hat. Dann hat er die Arbeit liegen lassen
und ist zur Composition der ersten Symphonie geschritten.
Wahrscheinlich war das Eine die Folge des Andern.
*) Vgl. »Beethoven^s Studien« (Leipzig, Rieter-Biedermann) I, S. 202.
Der Verfasser hat hier einen Irrtham zu berichtigen. Er hat sich damals
durch die Aehnlichkeit der Anfangsthemen und einiger im Verlauf vor-
kommenden Stellen verleiten lassen, die Skizzen am angeführten Orte
auf den letzten Satz der ersten Symphonie zu beziehen.
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XXVII.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1800.
Dieses in der königl. Bibliothek zu Berlin befindliche
Skizzenbuch besteht aus 93 Blättern in Querfolio mit 10 Noten-
zeilen auf der Seite. Wie andere Skizzenbücher aus der früheren
Zeit Beethoven*s ist es buohbindermässig gebunden, hat einen
festen Umschlag und ist, leere Stellen ausgenommen, durch-
gängig mit Tinte beschrieben. Es ist vollständig erhalten und
befindet sich in dem Zustande, in dem es von Beethoven zurück-
gelegt wurde, gestattet also eine ununterbrochene Betrachtung
der Skizzen. Als die Zeit, in der es benutzt wurde, lässt sich
im weitesten Umfange die von Ende 1799 bis Anfang 1801
annehmen.
Zuerst (S. 1) erscheinen einige kleine, nicht zusammen-
gehörende Stellen: eine Melodie*),
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Rondo
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♦) Die Tonart der Skizze ist Fis-dur. Beethoven's Vorzeichnung
ist nicht vollständig. Man hat sich zwei Kreuze hinzuzudenken.
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231
die später in anderer Tonart im letzten Satz der Sonate für
Ciavier und Violine in F-dur Op. 24 verwendet wurde, und
eine Stelle
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^
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aus dem Anfang des dritten Theils des ersten Satzes des
Streichquartetts in F-dur Op. 18 Nr. 1, die wahrscheinlich
hingeschrieben wurde, als Beethoven mit der Ausarbeitung in
Partitur beschäftigt war*).
Nun erscheinen Entwürfe, die sich länger fortspinnen.
Zuerst kommt die Fortsetzung der an einem anderen Orte
begonnenen Arbeit zur Sonate für Ciavier und Violine in A-moU
Op. 23.**) Die Skizzen beziehen sich auf alle drei Sätze
und kommen schliesslich der gedruckten Form nahe, so dass
die Arbeit des Skizzirens hier als beendet zu betrachten ist.
Eine zum Schluss des ersten Satzes gehörende Skizze (S. 4)
Coda
rff i t f
s miiw
^
*) Beethoven schreibt am 1. Juni 1800 an seinen Freund Amenda:
»Dein Quartett gib ja nicht weiter, weil ich es sehr umgearbeitet habe,
indem ich erst jetzt recht Quartetten zu schreiben weiss«. Herr Ludwig
Nohl hat das in der Briefstelle gemeinte Exemplar in Bussland entdeckt,
und nach seiner Angabe (»Neue Zeitschrift für Musik« vom 19. Januar 1872]
war das Quartett, welches Amenda erhalten hatte und welches also einer
Umarbeitung unterzogen wurde, das in F-dur. Die geschriebenen Stimmen
zeigen die Ueberschrift »Quartette No. 11« und das Datum »25ten Juni 1799«.
Wahrscheinlich gehört die im Skizzenbuch vorkommende Stelle jener
Umarbeitung an.
*♦) Vgl. den Artikel XLL
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232
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bringt eines der Themen (abwechselnd für Ciavier und Violine)
dreimal nacheinander in gleicher Lage und Tonart. In der
später gewählten Fassung ist diese Einförmigkeit vermieden.
Dann (S. 14) kommen Entwürfe zur Sonate für Ciavier
und Violine in F-dur Op. 24. Zuerst erscheinen die zwei
mittleren, später die andern Sätze. In einer abgebrochenen
Skizze (S. 17) zum ersten Satz
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sieht die Anfangsmelodie, wie sie vom 3. Takte an geführt
ist, noch unbedeutend aus. Gleich darauf wird der Anfang
nochmals entworfen,
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233
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und hier hat die Melodie die schlanke Gestalt gefunden, in
der wir sie kennen. Die letzte Skizze zeigt aher der ersten
gegentlber in modulatorischer Hinsicht eine Schwäche. Die
Tonart des später eintretenden Seitensatzes wird darin zu früh
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234
und zu viel, die Dominante dieser Tonart zu flüchtig berührt,
so dass das frische Eintreten des Seitensatzes darunter leidet.
In der gedruckten Form ist der Uebergang zum Seitensatz
geändert. Entlegenere Stufen werden aufgesucht, und wird
kurz vor Eintritt des Seitensatzes länger auf dessen Dominante
verweilt.
Die Melodie des zweiten Satzes ist (S. 14)
Adagio
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235
in ihren Hauptzügen bald gefunden. Die in der Skizze an
gedeutete Basslage der Melodie und den angehängten zweiten
Theil hat Beethoven verworfen, erstere wohl deswegen, weil
die Melodie zu einer solchen Lage nicht geeignet erschien.
Der dritte Satz, das Scherzo, ist ursprünglich (S. 14)
Minueilo
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als Menuett gedacht Erst nach einigen rhythmischen Aenderungen
hat das Stück seinen neckischen Charakter erhalten.
Bald (S. 36) erscheint auch das Thema des letzten Satzes
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236
in seiner endgiltigen Tonart und in einer der gedruckten nahe
kommenden Fassung. Dennoch hat Beethoven (S. 168)
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U. 8. W.
noch eine andere Fassung versucht.
Aus der Stellung der bisher angeführten Skizzen geht
hervor, dass die Sonaten für Ciavier und Violine in A-moU
und F-dur zum Theil gleichzeitig componirt wurden und dass
die in A-moU früher angefangen und eher fertig wurde, als
die in F-dur. Es lag also nahe, dass, wie der Titel der
ältesten Originalausgabe zeigt, Beethoven sie unter einer Opus-
zahl herausgab. Jetzt haben sie verschiedene Opuszahlen.*)
An den vier Sätzen der Sonate Op. 24 wurde gleichzeitig
gearbeitet. Die Skizzen dazu ziehen sich fast bis zu Ende
(bis Seite 179) des Skizzenbuches fort und werden unterbrochen
durch Arbeiten zu andern Compositionen und durch einige
unbekannte, ganz unbenutzt gebliebene Entwürfe. Letztere
können übergangen werden. Es kommen deren im ganzen
Skizzenbuche wenig vor. Die gleichzeitig mit der Sonate vor-
genommenen Compositionen sind: die Sonate für Ciavier in
As-dur Op. 26, der erste Satz der zweiten Symphonie, das
Ballet »Die Geschöpfe des Prometheus« und der 2. und 4. Satz
der Sonate fllr Ciavier in Es-dur Op. 27 Nr. 1. Diese Com-
positionen sind der Reihe nach vorzunehmen.
*) Die Sonaten Op. 23 und 24 erschienen im October 1801 bei
T. Mollo u. Comp, in Wien unter dem Titel: »Deux Sonates pour le
Piano-Forte avec un Violon « u. 8. w. und unter der gemeinsamen Opus-
zahl »23«. Bald darauf wurden sie getrennt. Die Sonate in A-moU
behielt die alte Opuszahl, und die in F-dur erhielt die Opuszahl »24« »
welche Opuszahl der im nämlichen Jahre erschienene Clavierauszug des
Ballets »Die Geschöpfe des Prometheus« abtreten musste. Der Grund
der Trennung war wohl der, dass die beiliegenden Violinstimmen in ver-
schiedenem Format gestochen waren und dass die Verleger die Kosten
scheuten, eine von den Stimmen umstechen zu lassen.
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237
Die ersten zur Sonate in As-dur gehörenden Skizzen be-
treflfen den letzten Satz. Die erste Skizze (S. 21)
bringt, ausser dem in anderer Lage dem Satze zu Grunde
liegenden Motiv und dem daraus gebildeten Gang, nichts, was
der gedruckten Form nahe käme. Ein etwas später (S. 54)
folgender Entwurf stimmt im Anfang mit der gedruckten Form
überein. Nun (S. 56) kommt eine Aufzeichnung,
Sonate pour M, —
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Varize tuH a fatto — poi Menuetto o qualihe- altro pezzo characleristica
come p. K. una Marcia in as moll e poi questo
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238
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WO die andern Sätze der Sonate ins Spiel gebracht werden, jener
angefangene letzte Satz aber nicht, woraus zu »chliessen ist, dass
dieser letzte Satz anfänglich nicht als Sonatensatz gedacht war,
sondern erst später seine Bestimmung fand. Die Aufzeichnung
giebt zu rathen auf. Was bedeutet die Ueberschrift? Und wie soll
man die Gegenüberstellung zweier so verschiedenartiger Stücke
deuten, wie es der projectirte Trauermarsch — denn als etwas
Anderes kann man den Marsch in As-moU nicht nehmen —
und das skizzirte bärenleierische Schlussstück sind? Man ist
geneigt, der geplanten Sonate eine äussere Veranlassung beizu-
legen. Die Ueberschrift »sulla morte d'un eroe«, welche der in
der Sonate Op. 26 stehende Trauermarsch bekommen hat, kann
uns nicht verleiten, in dem Entwurf ein Subject zu suchen,
das zu jener Ueberschrift stimmte; denn jener Marsch mit
seiner Ueberschrift war damals noch nicht geschrieben. Mit
dem Buchstaben »M« in der Ueberschrift der Skizze kann
schwerlich ein Ding, ein Instrument u. dgl. gemeint sein.
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239
Beethoven kann dabei eher an eine Person, etwa an Moritz
Graf von Fries gedacht haben, dem die Sonaten Op. 23 und 24
gewidmet sind, und in diesem Falle kann das entworfene
Stück für die am 15. October 1800 stattgefundene Vermählung
des Grafen bestimmt gewesen sein.*) Doch ist das eine schiere
Vermuthung, eine Vermuthung, bei der jede Sicherheit fehlt.
Jetzt werden die in der Aufzeichnung angedeuteten Stücke,
mit Ausnahme des letzten Stückes, das liegen bleibt, und mit
Einschluss der mittleren Sätze, die nun bald zum Vorschein
kommen, einzeln vorgenommen. Damit beginnt eigentlich erst
die Gomposition der Sonate.
Das Variationenthema findet bald seine endgiltige Form.
Nur der zweite Theil, der im Entwurf noch sehr kurz erscheint
und hauptsächlich aus dem Anfangsmotiv gebildet ist, scheint
einige Mühe gekostet zu haben. Später kommen Variationen.
Zum zweiten Satz scheint anfangs ein (S. 65) so
Minuetlo
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U. 8. W.
beginnendes Stück bestimmt gewesen zu sein. Die Tonart
(Des-dur) spricht nicht gegen eine solche Bestimmung. Beet-
hoven würde hier dasselbe Verhältniss der Tonarten beobachtet
haben, das auch andere Compositionen aufweisen (z. B. das
Quartett in F-dur Op. 59 Nr. 1), wo ebenfalls, statt der üblichen
Haupttonart, die Tonart der Unterdominante für das Intermezzo
gewählt ist. Später (S, 158) erscheint der jetzige zweite Satz
in einer der gedruckten ziemlich nahe kommenden Fassung.
*) Ferdinand Paer schrieb für die Vermählung eine Cantate, welche
bei der Feier »mit vielem Beifall aufgeführt« wurde. (Vgl. Leipziger
Allg. Musik Zeitung vom 17. December 1800; Gerber's Neues Lexikon,
m, 635.) Konnte Beethoven gut zurückbleiben?
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/
240
Die noch iu deu letzten Skizzen vom Druck am meisten ab-
weichende Stelle ist die vom 10. bis 12. Takt des zweiten Theils,
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T
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welcher gegenüber die jetzige Fassung als eine verbessernde
Variante erscheint, zu der ein in der Skizze fehlender Takt
Veranlassung gegeben haben mag.
Der Trauermarsch hat erst nach wiederholten Ansätzen
seine endgiltige Form erhalten. Am langsamsten ist der zweite
Theil zum Vorschein gekommen. Man sieht das an dieser
ersten Skizze (S. 57),
Marcia
SS
m
B
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in Folge der Gleichheit der Abschnitte aus denen er besteht
etwas trivial. In der angehängten Variante ist der zweitaktige
Rhythmus zu einem viertaktigen erweitert, und ist damit jene
Eigenschaft beseitigt worden.
Beim letzten Satz, dessen Anfangstakte längst fest standen,
ist die Weiterführung dieser Takte auf verschiedene Art ver-
sucht worSen, bevor die jetzige Fassung fest gestellt war.
Einer der abweichendsten späteren Entwürfe ist dieser (S. 159).
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Die Arbeit zur Sonate aieht sicli bis (S. 180) se^(.n\ Ende
des Skizzenbuchs fort, ist aber nicht ganz zum Abschluss ge-
bracht worden. Sie wird also an einem andern Orte fort-
gesetzt und beendigt worden sein. Aus der Stellung der
Skizzen ergiebt sich, dass Beethoven auch hier an allen vier
Sätzen zugleich und durcheinander gearbeitet hat.
Nach einer Mittheilung Carl Czerny's soll Beethoven durch
J. B. Cramer's drei Ciaviersonaten Op. 23 (As-dur, C-dur, A-moU),
die spätestens zu Anfang des Jahres 1800 erschienen und
damals Aufsehen erregten, zur Composition des Finale der
Sonate in As-dur angeregt worden sein. Diese Mittheilung
ist glaublich. Man darf jedoch den Einfluss nicht zu hoch
anschlagen. Es handelt sich nur ,um die freie Auffassung und
Annahme der Manier Cramer's, um die rastlose Beweglichkeit
und Fortführung einer kleinen Figur, welch figurative Manier
in kleinerer Form auch in manchen Etüden Cramer's wahrzu-
nehmen ist. In den genannten Sonaten Cramer's ist diese
Manier am meisten im letzten Satz der dritten Sonate ausge-
prägt. Der Satz steht, wie der Beethoven'sche, im |-Takt und
bewegt sich, theils in der rechten, theils in der linken Hand,
immer in Sechzehntelnoten.
Anders verhält es sich mit einer andern Mittheilung.
Ferd. Ries sagt (Biogr. Notizen, S. 80): »Der Trauennarsch in
As-moll entstand aus den grossen Lobsprüchen, womit der
Trauermarsch Paer 's in dessen Oper Achilles von den Freunden
Beethoven's aufgenommen wurde«. (Von anderer Seite wird
hinzugefügt, Beethoven sei durch einen in Paer's Marsch vor-
kommenden Paukenwirbel zur Nachbildung angeregt worden.)
Diese Mittheilung kann nicht wahr sein, weil Beethoven's
Trauermarsch schon vor Mitte 1800 angefangen war und
Paer's »Achilles« erst am 6. Juni 1801 zum ersten Mal in
Wien aufgeführt wurde.
Die Skizzen zum ersten Satz der Symphonie in D-dur
erreichen die endgiltige Form nicht, kommen derselben jedoch
im Ganzen so nahe, dass daraus auf vorhergegangene Arbeiten
zu Bchliessen ist. Hier (S. 44)
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der Anfang einer Skizze zum ersten Allegro. Bei einer Ver-
gleichung mit der gedruckten Fassung wird man der letzteren
den Vorzug geben müssen. Man braucht nur einige Stellen
zu betrachten. In der letzten Skizze wird das aus vier Takten
bestehende Hauptthema in verschiedenen Lagen dreimal nach-
einander gebracht. Im Druck erscheint das Thema vollständig
nur zweimal, und dann wird das letzte Glied desselben zur
Weiterflihrung benutzt. Diese Vermeidung einer Wiederholung
trägt zur Mannigfaltigkeit bei. Vom 28. Takt an bringt die
Skizze ein aus Achtelnoten bestehendes Figurenwerk. Im Druck
wird da ein rhythmisch ausgeprägter Gedanke verwendet, und
damit tritt an die Stelle jener Lockerheit eine einheitliche,
übersichtliche Gliederung. Bei der später (Takt 39 f.) in der
Skizze vorkommenden leeren Stelle hat man sich das von den
Blasinstrumenten gebrachte und in A-dur eintretende Seiten-
thema hinzu zu denken, das aber, wie aus den folgenden vier
Takten zu entnehmen ist, hier noch nicht die endgiltige Fassung
erlangt haben wird.
Inmitten dieser Symphonie -Skizzen finden sich auf den
oberen Zeilen einer Seite (S. 49) in Reinschrift die ersten vier
Takte der Sonate path6tique. Ein Ergebniss ist daraus nicht
zu ziehen.
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246
Bei Skizziruii^ der Prometheus - Musik (S. 73 bis 18(5)
muss Beethoven zwei Programme des Ballets, ein deutsches
und ein italienisches, in Händen gehabt haben. Man sieht das
an mehreren längeren und kürzeren Bemerkungen, die nur
solchen Vorlagen entnommen sein können. Da das Programm
des Ballets verloren gegangen und bis auf den heutigen Tag
nicht wieder zum Vorschein gekommen ist, so erscheint es
rathsam, diejenigen jener Bemerkungen hier aufzunehmen,
welche zur Kenntniss der Beziehungen, welche die Musikstücke
zum Programm haben, beitragen können. Im Ganzen ist freilich
wenig damit gewonuen, und erfahren wir aus ihnen nur, auf
welche Bühnenvorgänge sich drei oder vier Stellen der Beet-
hoven*sehen Musik beziehen. Mit Hülfe anderer Mittel mag
sich diese Zahl steigern lassen.*)
*) Die Handlung (nicht das Programm) des Ballets ist nach einem
Werke üher S. Vigano (Commentarii della vita e delle opere core-
drammatiche di Salvatore di Vigano — da Carlo Bitomi Beggiano —
Milano 1838) von Grandaur im Morgenblatt der »Bayerischen Zeitung«
vom 27. März 1867 veröffentlicht worden. Einen Ahdruck findet man
in der Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 29. Mai 1867. Beethoven'»
Musik und die veröffentlichte Handlung decken sich nur zum Theil.
In letzterer folgt die tragische Scene MelpomenenB dem Sohäfertanz
(Pastorale) Terpsichorens und dem heroischen Tanz des Bacchus und
seiner Schaar; in jener und nach dem alten Theaterzettel geht die
Scene Melpomenens (in der Partitur ohne Zweifel Nr. 9) den genannten
Tänzen (Partitur Nr. 10 bis 12) vorher. In der Handlung kommt Euterpe
vor; auf dem Theaterzettel ist sie nicht genannt u. s. w. ungeachtet
dieser Abweichungen bietet die Handlung manche sichere Anhaltspunkte.
Die scenische Bestimmung einiger der letzten Musikstücke ist durch
Ueberschriften, welche in einer in der Hofbibliothek zu Wien auf-
bewahrten alten Partitur- Abschrift vorkommen, sichergestellt. Nr. 11 ist
überschrieben: »Coro di Gioja« (Darsteller des Bacchus); Nr. 12: »Solo
di Gioja«; Nr. 13: »Groteski. Terzettino«; Nr. 14. »Solo della Sigra
Oasentini« (Darstellerin der Tochter des Prometheus); Nr. 15: »Coro di
Vigano c (Darsteller des Sohnes des Prometheus). Im alten gedruckten
Olavierauszug ist die Introduction (Part. S. 31) überschrieben: >La
Tempesta«.
Das Ballet sollte (vgl. Leipziger Allg. Musik. Zeitung vom 15. Sep-
tember 1869) zuerst unter dem Titel »Die Menschen des Prometheus « am
21. März 1801 in Wien aufgeführt werden. Der Aufführung scheinen sich
Aber Hindernisse entgegengestellt zu haben , denn die erste Aufführung
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247
Beethoven entwirft (S. 73) die Scene zu Anfang des Ballett,
wo die Kinder (»Statuen«) des Prometheus nach ihrer Bertlhrung
mit der ätherischen Flamme Leben und Bewegung bekommen
und Prometheus dieses sieht, wie folgt.
1, Die zwei S, gehn langsam ühey die Bühne aus detn
Hintergrund.
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2. F. kommt allmählich zu sich, den Kopf gegen das
Feld, und geräth in Entziickeny wie er seinen Plan so gut
gelingen sieht, uml freut sich hierüber unaussprechlich,
steht auf und ivinkt den Kindern, stille zu stehen.
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fand erst am 28. März 1801 statt. Der Theaterzettel dieser Aufführung ist
in Thayer's Chronologischem Verzeichniss (S. 39) abgedruckt zu finden.
Beachtenswerthe Berichte über die Aufführung bringt die »Zeitung für
die elegante Weite vom 19. Mai 1801 und das »Journal des Luxus und
der Moden c, Bd. 16, S. 303. Im Jahre 1801 wurde das Ballet noch
15 Mal gegeben.
Im Jahre 1813 kam in Mailand und spater in Wien ein grösseres
Ballet »Prometeo«, ebenfalls von Vigano und mit theil weiser Musik von
Beethoven zur Aufführung. Die gedruckten Programme sind vorhanden,
sind aber auf Beethoven's Prometheus-Musik nicht anzuwenden.
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248
Beethoven hat später beide Stelleu geändert. Die erste
hat in ihrer spätem Fassung (Breitkopf u. Härtel'sehe Partitur,
S. 35, Takt 1 if.) etwas von ihrem frtlheren Rhythmus behalten.
Die andere wird später (S. 186) so (in Es-dur)
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entworfen, und diese Fassung ist in anderer Tonart und mit
einigen andera Aenderungen in die Partitur (S. 35, Takt 16 S.)
übergegangen.
Auf die nächste Nummer, wo Prometheus ttber die Stumpf-
heit seiner Geschöpfe betrübt und aufgebracht wird, beziehen
sich folgende mit der Partitur (S. 40 bis 43) nicht überein-
stimmende Entwürfe.
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249
In einem Entwurf zur ersten Scene des zweiten Actes,
wo Prometheus auf dem Pamass seine Kinder vorführt, kommt
folgende mit der gedruckten Fassung (Part. S. 48) überein-
stimmende Stelle vor.
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Die Skizzen zum Ballet erstrecken sich auf die meisten
Nummern, erreichen aber nicht überall die endgiltige Form.
Die Ouvertüre fehlt Daraus ist zu schliessen, dass die Arbeit
an einem andern Orte fortgesetzt und beendigt wurde.
Während Beethoven am Ballet arbeitete, wurden früher
begonnene Arbeiten fortgesetzt, neue angefangen. Fortgesetzt
wurde die Arbeit zu den Sonaten in F-dur Op. 24 und in
As-dur Op. 26. Angefangen wurde der 2. und 4. Satz der
Sonate in Es-dur Op. 27 Nr. 1 und die Bagatelle Op. 33 Nr. 7.
Hier (S. 138)
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der erste Entwurf zum zweiten, hier (S. 138)
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der Anfang des ersten Entwurfs zum letzten Satz der Sonate
in Es-dur, und hier (S. 183)
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der Anfang des Entwurfs zur erwähnten Bagatelle, die hier
als Menuett eoncipirt ist.
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251
Die im KSkizzeubuch berührten und in der angenommenen
Zeit von Ende 1799 bis Anfang 1801 ganz oder zum Theil
fertig gewordenen und angefangenen Compositionen sind der
Reihe nach:
Sonate für Ciavier und Violine in A-moU Op. 23,
. F-dur Op. 24,
erster Satz der zweiten Symphonie (nicht ganz beendigt),
Ballet >Die Geschöpfe des Prometheus« (nicht vollständig),
zweiter uud letzter Satz der Sonate für Ciavier in Es-dur
Op. 27 Nr. 1 (nicht beendigt) und
Bagatelle für Clavier Op. 33 Xr. 9 (erster Entwurf).
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XXVIII.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1808.
Dasselbe war vor dem Gebrauch buchbindermässig gebunden,
hat einen alten blauen Umschlag und ist in Querformat. Der
frühere Besitzer war Gassner in Carlsruhe, der es, nach einer
auf dem Umschlag stehenden Bemerkung, 1842 von Anton
Gräffer in Wien erworben hatte. Es enthält grösstentheils
Arbeiten zur Pastoral-Symphonie; alle Sätze des Werkes werden
darin berührt. Es besteht gegenwärtig aus 59 mit Tinte be-
schriebenen Blättern mit 16 Notenzeilen auf jeder Seite, hatte
aber ursprünglich 87 oder 88 Blätter. An 15 verschiedenen
Stellen sind 28 oder 29 Blätter, also ungefähr ein Drittel
des ursprünglichen Bestandes, herausgeschnitten worden. Wer
den Vandalismus verübte, ist nicht bekannt. Dass Beethoven
die Blätter nicht herausgeschnitten habe, geht aus einer später
von fremder Hand unternommenen, jetzt unrichtigen Foliirung
hervor. Selbstverständlich lässt sich bei solcher Beschaffenheit
das Entstehen und allmähliche Heranwachsen eines Satzes mit
Sicherheit nicht beobachten.
Die ersten vier Blätter sind vollständig erhalten. Dann
kommt die erste Unterbrechung. In der Mitte des oberen
Randes der ersten Seite steht die Jahreszahl »1808«. Das
Skizzenbuch wurde also i. J. 1808 in Angriff genommen. Es
kann aber nicht das ganze Jahr hindurch gebraucht worden
sein. Da es noch ein anderes Skizzenbuch giebt, welches
ganz oder grösstentheils der zweiten Hälfte des Jahres 1808
angehört, so lässt sich das vorliegende entweder ganz oder
seinem grössten Theil nach der ersten Hälfte des genannten
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253
Jahres zuweisen. Die Skizzen widergpreehen dieser An-
nahme nicht.
Zuerst ereelieinen Skizzen zum ersten Satz der Pastoral-
Sjmphonie. Der Anfang des Satzes, wie er gedruckt ist, ist
gefunden, üeberhaupt zeigt sich die Arbeit zu diesem Satz
sehr vorgeschritten und theils der gedruckten Form nahe
kommend, theils damit übereinstimmend. Sie muss also au
einem andern Orte begonnen worden sein. Der zweite Satz
erscheint in den ersten Skizzen noch auf der ersten Stufe
seines Werdens, nähert sich aber bei fortgesetzter Arbeit der
endgiltigen Form und stimmt schliesslich damit überein. Das-
selbe ist von allen folgenden Sätzen zu sagen. Ob von diesen
Sätzen der zweite und dritte im Skizzenbuche begonnen wurden,
muss dahingestellt bleiben. Bei den zwei letzten Sätzen scheint
das der Fall zu sein. Ein Theil der vorkommenden Skizzen
und Bemerkungen wird anderwärts mitgetheilt.*)
Zwischen den ersten Entwürfen zum letzten Satz der
Symphonie finden sich zwei mit dem Druck übereinstimmende
Stellen aus dem ersten Satz der Sonate für Pianoforte und
Violoncell in A-dur Op. 69. In der Breitkopf u. Härtersohen
Ausgabe (Gesammtausgabe) sind es die Stellen Seite 2 Takt 13
bis 21, und Seite 7 Takt 18 bis Seite 8 Takt 3. Jedoch
steht nur die Olavierstimme da. Ohne Zweifel wurden die
Stellen während der Anfertigung der Reinschrift der Sonate
hingeschrieben. Zwischen späteren Skizzen zum letzten Satz
der Symphonie erscheinen, ausser einem liegengebliebenen Ent-
wurf zu einem »Concerto« in F-moU, Ansätze zum Finale des
Trios in Es-dur Op. 70 Nr. 2. Es scheint, dass von den zwei
Trios Op. 70 dieser Satz zuei-st angefangen wurde. Nach
Beendigung der Symphonie wurden die Trios allein vorge-
nommen. Zuerst wachsen der Reihe nach die drei Sätze des
Trios in D-dur (Op. 70 Nr. 1) heran. Dann kommt ein Entwurf
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*) Siehe den Artikel XL.
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zum dritten Satz des Trios iu Es-dur. Wie maa sieht, ist dieser
Satz als Menuett bezeichnet. Mit Entwürfen zum letzten Satz
iu D-dur schliesst das Skizzenbuch. Ob auch die ersten zwei
Sätze des Trios in Es-dur im Skizzenbuche angefangen wurden,
lässt sich nicht sagen, da zwischen den ausschliesslich die
beiden Trios beti-efiFenden Entwürfen an drei Stellen Blätter,
welche über jenen Punkt Auskunft geben könnten, heraus-
geschnitten sind.
Aus allen vorkommenden Skizzen ergiebt sich, dass Beet-
hoven-gleichzeitig an den vier ersten Sätzen und gleichzeitig
au den zwei letzten Sätzen der Pastoral-Symphonie gearbeitet
hat, dass jedoch alle Sätze der Symphonie in der Reihe heran-
wuchsen und fei-tig wurden, in der sie gedruckt sind. Femer
ergiebt sich, dass während der Composition der Pastora l-
Symphonie die Sonate Op. 69 (wenigstens der erste Satz) be-
endigt und die Trios Op. 70 angefangen wurden. Letztere,
die Trios, waren im December 1808 in Reinschrift fertig.
Die im Skizzenbuch berührten, theils der VoUei^dung, theils
der Skizzirung nach in die angenommene Zeit (1. Hälfte
des Jahres 1808) zu setzenden Corapositionen sind also der
Reihe nach:
die Sonate für Pianoforte und Violoncell in A-dur Op. 69,
die Pastoral-Symphonie (Op. 68) und
die zwei Trios in D-dur und Es-dur Op. 70 Nr. 1 imd 2.
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XXIX.
Skizzen aus dem Jahre 1809.
Wir benutzen hier eine an verschiedenen Orten sich be-
findende Anzahl von Skizzenblättem, welche sämmtlich dem
Jahre 1809 angehören und die sich mit Sicherheit in eine
chronologische Ordnung bringen lassen, bei welcher Ordnung
jedocli von chronologischer Vollständigkeit abgesehen werden
mu88, da hier oder dort Blätter fehlen können und wirklich
fehlen. Ihrer Beschafifenheit nach sind die vorhandenen Blätter
in zwei Abtheilungen vorzulegen. Die erste Abtheilung besteht
aus 8 Bogen und 2 losen Blättern in Querformat, die ursprüng-
lich zu einem Skizzenbuch gehört haben, also als Ueberbleibsel
eines solchen zu betrachten sind.*) Die andere Abtheilung be-
steht aus 27 ineinander liegenden, zusammengehörenden Bogen
in Querformat**) Man kann diese Abtheilung als ein für
sich bestehendes Skizzenheft betrachten, das nur an den
äusseren Enden Spuren einer Lückenhaftigkeit oder UnvoU-
ständigkeit zeigt. Als die genauere Zeit, welcher das ge-
Hammte Material angehört, lässt sich die von ungefähr Februar
bis October 1809 bestimmen. Wir nehmen die Blätter in ihrer
chronologischen Folge vor.
Erste Abtheilung. Die meisten Skizzen betreffen den ersten
Satz des Concertes in Es-dur Op. 73. Sie kommen theils der
*) Besitzer der Sammlung ist Carl Meinert in Dessau.
♦♦) In Wirklichkeit liegen die Bogen anders. Ein Bogen war früher
bei G. Fetter in Wien, und 26 Bogen befinden sich, in zwei Lagen von
2 und 24 Bogen getrennt, in der königl. Bibliothek zu Berlin.
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256
gedruckten Form nahe, theils stimmen sie damit Uberein.
Zwisohen diesen Skizzen kommen ausser einigen unbekannten
Stücken vor: Entwürfe zum zweiten Satz desselben Concertes,
ein auf den dritten Satz des Coneertes zu beziehender Ansatz
und Entwürfe zu einem Marsch in F-dur. Aus der Stellung
und Beschaffenheit der Skizzen ergiebt sich, dass die zwei
letzten Sätze des Coneertes angefangen wurden, als die Arbeit
zum ersten Satz schon weit gediehen war, und dass der Marsch
während der Composition des ersten Satzes des Coneertes
entstand.
Die Entwürfe zum zweiten Satz des Coneertes sind nur
auf die Bildung des Themas gerichtet. Ohne Zweifel haben
wir hier die ersten Entwürfe zu genanntem Satz vor uns. Die
Arbeit beginnt mit einigen abgebrochenen Skizzen, die von
einander verschieden und von der endgiltigen Fassung gleich
weit entfernt sind. Hier ist der erste Entwurf (in C-dur),
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hier der zweite (in H-dur)
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und hier der dritte Entwurf.
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Man wird bemerken, dass in diesen Skizzen ein oder
zwei an die endgiltige Fassung erinnernde Motive verändert
wiederkehren. Bald nach diesen Ansätzen erscheint ein Ent-
wurf mit drei Varianten,
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in dem die bekannte Melodie stückweise und nach drei- oder
yiermaligem Ansetzen vollständig zum Vorschein kommt Bei
einer Vergleichung mit dem Druck macht sich in der zweiten
Variante dieses Entwurfs die richtige Schreibung der 2. Note
im 7. Takt des Themas (fisis statt g) bemerkbar.
Der an den Schluss des zweiten Satzes anknüpfende An-
satz zum Anfang des dritten Satzes des Concertes
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ist undeutlich geschrieben und nicht ganz lesbar, mag aber .
in seiner Zweifelhaftigkeit doch zum Beweise dienen, dass das
Thema des Satzes erst im Werden begriflFen war.
Beim Marsch wiederholt sich die Erscheinung, dass auch
bei kleinen Gelegenheitscompositionen die schliesslich gewählte
Form nicht im ersten Anlauf gefunden wurde.*) Zuerst wird
ein Thema (in £s-dur) aufgestellt,
♦) In einer schwerlich von Beethoven herrührenden Bearbeitung
und mit der Bezeichnung »York'schen Corps 1813« ist der Marsch ge-
druckt erschienen bei Schlesinger in Berlin.
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258
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das gar keine Aehnliehkeit mit dem letztwillig gewählten hat
Dasselbe ist von diesem Thema (in F-dur)
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kann man eine Annäherung an die endgiltige Fassung beob-
achten. £rst nach diesen und andern Ansätzen erscheint
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ein mit jener Fassung im Wesentlichen übereinstimmender
Entwurf.
Besagter Marsch hat seine kurze Geschichte. Geschrieben
wurde er ursprünglich ftlr Erzherzog Anton. Dann bekam ihn
die böhmische Landwehr. Das ist aus dem Autograph zu
ersehen. Dasselbe hatte anfangs die Ueberschrift: s^Marcia —
Da Beethoven — Für S. K. Hoheit den Erzherzog Anton 1809.<2:
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259
Später hat Beethoven einige von diesen Wörtern ausradirt, so
dass jetzt zu lesen ist: »Marcia (No. I) — Da Beethoven —
Für die böhmische Landwehr 1809«.*) Im Jahre 1810 wurde
Beethoven ersucht, zu einem Carroussel die Musik zu sehreiben **)
Dazu wurde, ausser einem andern, ebenfalls früher componirteu,
der obige Marsch gewählt, und nur die Instrumentirung wurde
geändert. Eine Abschrift zeigt die Ueberschrift: »Zwei Märsche^
fOr Militair-Musik, verfasst zum Carroussel an dem glorreichen
Namens-Feste I. k. k. Maj. Maria Ludovika in dem k. k. Sehloss-
garten zu Laxenburg, von L. van Beethoven«. Später (wahr-
scheinlich 1822) hat Beethoven dem Marsch ein Trio beigefügt,
die Instrumentirung wieder geändert und die Ueberschrift:
»Zapfenstreich No. 1« gewählt. In dieser Gestalt sollte er
herauskommen. Im Jahre 1822 wurde er mit andern Märschen
einigen Verlegern angeboten.***) Da sieht man doch, dass es
Beethoven verstand, seine Werke nutzbar zu machen.
*) Das in der mitgetheilten Ueberschrift *Nö. I« hat Beethoven
später (wahrscheinlich 1822) beigefügt- — Eine Abschrift zeigt die
Ueberschrift: »Marsch für S. £. Hoheit den Erzherzog Anton von Ludwig
van Beethoven 1809. c — Dass, wie irgend wo behauptet wird, der Erz-
herzog Anton die böhmische Landwehr befehligte, ist falsch. Erzherzog
Anton hatte mit der böhmischen Landwehr nichts zu thun. Die zwei
verschiedenen Ueberschriften des Harsches sind also nicht identisch.
Erzherzog Anton, geboren 1779 und ein jüngererBruder des Erzherzogs
Budolf, war seit 1804 Hochmeister des deutschen Ordens und als solcher
auch Inhaber des Hoch- und Deutschmeister -Regiments. Im Sommer
wohnte er meistens in Baden bei Wien. Ob nun der Marsch für das
Begiment, dessen Inhaber er war, oder für die Badener Curcapelle
bestimmt war, muss dahingestellt bleiben.
**) Beethoven schreibt einmal an Erzherzog Budolf : »Die verlangte
Pferde-Musik wird mit dem schnellsten Galopp bei Euer Eaiserl. Hoheit
anlangen.« Damit ist obige Musik gemeint. Der Brief, in dem die
Stelle vorkommt, fällt ins Jahr 1810, nicht, wie Köchel (83 Briefe, Nr. 16)
meint, ins Jahr 1814.
***) Beethoven schreibt am 5. Juni 1822 an Peters in Leipzig u. A.;
»Von Instrumentalmusik wäre noch Folgendes: .... 4 militärische
Märsche mit türkischer Musik.« Am 13. September 1822 schreibt er:
»Ich würde Ihnen diese kleinen Sachen schon geschickt haben, jedoch
sind unter den Märschen einige, zu welchen ich neue Trios bestimmt
habe.« Im Februar 1823 schreibt er: »Ich melde Ihnen, dass vorigen
17*
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260
Wir nehmen nun die andere Abtheilung der Skizzen vor.
Zuerst erBcheinen der Reihe nach (S. 1 bis 34) Entwürfe
zum ersten, zweiten
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und dritten Satz des Concertes in Es-dur.
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ff-rrj r * j'i j-^ta^ i "^^ r^
f '^ r tu P fs^ri; r J5 i "3gr^
Sonnabend .... ein Zapfenstreich (türkische Musik) statt Marsch ab-
gegangen ist. Ich hielt für besser, Ihnen statt 4 Märschen 3 Zapfen-
streiche und einen Marsch zu geben.« An Schott in Mainz wird am
7. Mai 1825 geschrieben: »Von geringem Werken hätte ich 4 gelegentlich
geschriebene Märsche für ganze türkische Musik nebst einem Gratulations-
menuett. Das Honorar wäre 26 fl: in Gold.*
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261
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i^£-rir I ÜJ-0^
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^tiji.j jij j ^' i :; ^ ^ " ^
Die Skizzen zum ersten und zweiten Satz zeigen von
Anfang an eine vorgeschrittene Arbeit. Die meisten Skizzen
betreffen den letzten Satz, der hier allmählich seine endgiltige
Form erlangt. Die eben mitgetheilte Skizze ist eine der ersten
imd mag den Standpunkt der Arbeit bei ihrem Anfang be-
zeichnen.
Zwischen den Skizzen zum Conoert finden sich (S. 1
und 13) zwei Briefstellen und (S. 13) Ansätze zur Composition
eines patriotischen Liedes.
Die zwei Briefstellen, von denen die erste so,
W(is können sie noch mehr verlangen — sie haben von
mir den Bedienten für den Herrn erhalten — [durch-
strichen: sind sie noch nicht schadlos] Welcher Ersatz ! ! ! ! !
Welch herrlicher Tausch! !!!
die andere so lautet,
Beethoven ist kein Bedienter
den haben sie nun —
Sie wollten einen Bedienten
sind auf einen Streit zu beziehen, den Beethoven mit der
Gräfin Erdödy wegen seines Bedienten hatte, den die Gräfin,
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262
bei der Beethoven damals (in den ersten Monaten des Jahres 1809
und früher) wohnte, durch Geschenke verwöhnt hatte.*)
Das erwähnte patriotische Lied ist das Collin'sohe Wehr-
mannslied »Oesterreioh über Alles« (Wenn es nur will, ist
immer Oesterreich über Alles! u. s. w.). Die Skizzen dazu,
maestoso
f-r Mrjt#^
(Q ßf
^^^#^=f=f
wenn es nur will
Für-
^ ^
Oe -ster- reich
9 I '-^ — - U. 8. W.
ist
denen bald (S. 35) Entwürfe zu einem andern Gelegenheits-
stttck folgen,
auf die Schlacht Jubelgesang
j' i i J / i ^- p- i T7j~/T3 1 rg
als Gesang
Tiipm
Angriff-
1 i I
^^
Sieg
^
m
fallen in eine bewegte Zeit, in die Zeit der Kriegserklärung
Oesterreiohs an Frankreich. Auf Grund der Daten, welche
*) Dass Beethoven eiuen Brief solchen Inhalts geschrieben und
abgeschickt habe, ist nicht bekannt. An Zmeskall schreibt er in einem
Briefe ohne Datum: »Ich überlasse Ihnen ganz, die Sache mit meinem
Bedienten auszumachen, nur muss die Gräfin Erdödy auch nicht den
mindesten Einfluss auf ihn haben. Sie hat ihm, wie sie sagt, 25 fl.
geschenkt und monatlich 5 fl. gegeben, bloss damit er bei mir
bleiben soll.« Am 7. März 1809 schreibt Beethoven u. A. an Zmeskall:
»Diese (beschichte [mit dem Bedienten] ist wenigstens 3 Monathe alt.«
Dass Beethoven schon im November 1808 bei der Gräfin Erdödy wohnte,
erfahren wir aus Beichardt's Briefen (I. 167).
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263
«ieh an einige Ereignisse knüpfen, können jene Skizzen nur
im März oder April 1809 geschrieben worden sein.*)
Beethoven, der während der österreichischen Rüstungen,
während der Niederlage Oesterreichs und der Besetzung Wiens
durch die Franzosen in Wien war, konnte sich den Eindrücken
der Ereignisse und der Bewegung, welche sie hervorbrachten,
nicht entziehen.**) Er wurde von anhaltendem, auf ein festes
Ziel gerichteten Arbeiten und Schaffen abgelenkt. Jene Skizzen
sind unter dem unmittelbaren Einfluss der Umgebung entstanden,
und die Erscheinungen, welche die nun folgenden Blätter bieten,
legen Zeugniss dafür ab, dass Beethoven nicht die Sammlung
und innere Ruhe zur Fortsetzung der gewohnten Thätigkeit
und zur Ausftthrung grösserer Werke fand. Die folgenden
Blätter zeigen, mit Ausnahme der Arbeit zu einem Sonaten-
satz, der, nach der Anzahl und Beschaffenheit der Skizzen zu
urtheilen, schnell zu Stande kam, keine fortlaufenden grösseren
Entwürfe, sondern sind angefüllt theils mit unausgeführt liegen-
gebliebenen Entwürfen, theils mit theoretischen Beispielen und
Uebungen, theils mit Bemerkungen verschiedener Art. Als die
Zeit, in der diese Stockung der Compositionsthätigkeit am
meisten zu bemerken ist, lassen sich die ibittleren zwei oder
*) H. J. von Collin's Lieder Oesterreichischer Wehrmänner wurden
bei Beginn des Krieges mit Musik von Joseph Weigl und Gyrowetz an
öfifentlichen Orten in Wien gesungen. Bei dem Liede »Oesterreich über
Alles « , das mit andern von Weigl componirten Liedern am 28. März 1809
im grossen Bedouten-Saal gesungen wurde, stieg, wie Beichardt (Ver-
traute Briefe, 11. 85) mittheilt, »der Enthusiasm aufs höchste«. Collin
sagt im Anhang seiner Gedichte, dass die Landwehrlieder kurz vor Aus-
bruch des Krieges i. J. 1809 gedichtet worden seien.
**) Ferd. Ries (Biogr. Not. S. 121): »Bei der kurzen Beschiessung
Wiens durch die Franzosen im Jahre 1809 war Beethoven sehr ängstlich;
er brachte die meiste Zeit in einem Keller bei seinem Bruder Caspar
zu.« Das war in der Nacht vom 11. zum 12. Mai 1809. Es ist vielleicht
nicht unnöthig, hier zu bemerken, dass die Kriegserklärung Oesterreichs
am 9. April erfolgte, dass nach den für Oesterreich unglücklichen
Schlachten bei Abensberg, Eckmühl u. s. w. die Franzosen Ende April
in Oesterreich und am 9. Mai in die Vorstädte Wiens eindrangen, dass
die Schlacht bei Aspem und Esslingen am 21. und 22. Mai und die bei
Wagrftm am 5. und 6. Juli geschlagen wurde. Am 14. October 1809
wurde der Wiener Friede geschlossen.
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264
drei Monate des genannten Jahres bezeichnen. Beethoven hat
diese Zeit grösstentheils zu einer andern Arbeit benutzt*)
Es folgen nun (S. 36 bis 40) Entwürfe zum ersten Sats^
der Sonate in Es-dur Op. 81 a, die wir übergehen, weil sie
Jbereits an einem andern Orte beschrieben sind.**) Dann er-
erscheinen (S. 41 u. 42) liegengebliebene Entwürfe
und (S. 42) einige Bemerkungen. Aus einer dieser Bemerkungen
gleich nach der Arie im Oratorium von Jesus muss ein
neues Chor einfallen — Treitschke — kanyi Bernhard Musik
geht hervor, dass Beethoven vorhatte, in das damals noch nicht
erschienene Oratorium »Christus am Oelberg« nach der ersten
Arie einen Chor einzulegen. Friedrich Treitschke oder Carl
Bernhard sollte ^en Text dazu machen. Es ist nicht dazu
gekommen. Es folgen weiter: (S. 42) zwei Kanons von
Friedemann Bach aus Eirnberger's ^Eunst des reinen Satzes ^
(II, 2, S. 226 f.) mit versuchter Auflösung des ersten Elanons.
und (S. 43) Notizen zu einem Briefe an Breitkopf & Härtel
in Leipzig, betreffend das damals im Erscheinen begriffene
Trio in Es-dur Op. 70 Nr. 2.***) Beethoven schreibt:
ich erinnere mich nicht, dass ich [zu Anfang des Trios]
den (p wollte sondern C — nach dem JShundertsten Takt
muss im ViolonceU und Violin so heissen wie hier [es^
•) Siehe des Verfassers »Beethoveniana « S. 160 f.
♦♦) Siehe den Artikel Xin.
***) Der Brief, den Beethoven gewiss geschrieben und nach Leipzig
geschickt hat, scheint verloren gegangen zu sein. Das Trio erschien im
August 1809. Am 4. März^l809 gab Beethoven den Verlegern Titel
und Widmung an.
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265
folgen zwei Takte aus dem letzten Satz des Trios*)]
nicht aber wie hier [folgen dieselben zwei Takte, aber
mit andern Noten fftr Violoncell und Violine] wenn es
so wie hier stände war es nicht recht, sondern — Ich
erinnere mich nicht oh sich dieser Fehler nicht in die
Partitur die sie haben eingeschlichen hat wenigstens war
er in den abgeschriebenen Stimmen — sollte sich ein ritar-
dando befinden, so lassen sie solches gleich ausstreichen*'^)
Zuletzt kommt eine Stelle aus dem letzten Satz mit sonder-
barem Fingersatz.
2424 1321
m
^
2 4
*
^
Dann kommen (S. 45 f.) wieder unbenutzte Ansätze,
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H ji^rr m^ j i p a
mi
JiJ
^
^j-f' i f'.^r =t fe_i p ^_j^
m
!7s% ,r^ n^
^^
eine Bemerkung
die beste Art sich im P. (?) zu üben, ist das worüber
man spricht oder denkeii kann, dass gesprochen tcird,
aufzustechen
*) Die Takte stehen gleichlautend in der Breitkopf & Härtel'schen
Gesammtausgabe Seite 31, Takt 5 und 6.
**) Welche Stelle Beethoven hier meint, ist unjrewiss.
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266
deren Grund wir in Beethovens Schwerhörigkeit suchen,
eine Notiz,
Tomasdli — quariett alle Wochen
eine andere Bemerkung
die meiste Fertigkeit in die linke Hand versagt (?)
Gesang in der rechten
ein abgeschriebenes unbekanntes Sanotus ftir 4 Stimmen mit
Begleitung der Orgel,
Sanctus
Äe
^
^
Sanc • (US do-mi-nus
^frp.r- ^ \ i ^HTTTlTn
^fe
SanC'tus do - mi-nus De - us
8 t)7 % l
ZOT.
zzc
Organa
(S. 48 bis 52) ein Beispiel,
Dissonirende Vorhalte
IZC
^
r=T
l w g_
^
^
^«
das seiner Ueberschrift nicht ganz entspricht, darauf wieder
unbekannte Stellen und aus Albrechtsberger's »Anweisung zur
Gomposition« (Ausg. v. J. 1790, S. 100 f.) abgeschriebene »Bei-
spiele der verzögerten 6ten Akkorde«. Hierauf erscheinen
(S. 53 bis 58) Entwürfe zu einer »Overture zu jeder Gelegenheit
— oder zum Gebrauch im Konzert«, welche bereits an einem
andern Orte angeführt »ind^, und dazwischen stehen liegen-
*) Siehe Artikel ü.
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267
gebliebene Entwürfe zu Liedern und Andeutungen zu einer
andern Ouvertüre. Beethoven schreibt:
overiure
Die AehnlichkeiC-
gnarj
Tttj irrnm ^^^fbjij ^^^
4^J^|J7^ ^
^fe^
ts&i
^
^^p
in der Mitte solo abwechselnd zwischen andern Stimmen wo immer eine
und die andere dasselbe macht
£g folgen (S. 59 bis 64) vneder unbenutzte Ansätze, Ent-
würfe zu dem italienischen Liede Op. 82 Nr. 2,
EE«
fJ rJJJ'J' l J'JMf^ ^
tzratat
t^ inten - do si mi-o cor cofi tan - to pal'-pi-iar so
iJ"'-^ r /' r «T g g
che a vtioi la-gnar
ehe aman
welche jedoch die endgiltige Form nur annähernd und in
anderer Taktart erreichen, und ein liegengebliebener Anfang
zu einem Clavierconcert.
Conzert in Dmoll ^
M^
ff j
ped.
^WF-
±i
rr
s
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a
^r^rn^
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268
m
Ä^
^Tff^
7T^^ )jJJrr^
l±I rj r-p I r rvrr ^~x::g
Nun ersoheinen (S. 65 bis 75) Entwürfe zum ersten Satz
des Quajrtetts in Es-dur Op. 74, denen bald (S. 76 bis 96)
Entwürfe zu den andern Sätzen des Quartetts folgen. Diese
Arbeit ist bereits anderswo vorgelegt worden.*) Es ist hier
der Ort, die Vermuthung auszusprechen, dass die Arbeit zum
ersten Satz des Quartetts, welche in den vorliegenden Skizzen
schon ziemlieh weit gediehen ist, schon vor der Kriegszeit
begonnen war und dass Beethoven erst jetzt die Ruhe und
Stimmung fand, sie wieder aufzunehmen und fortzusetzen.
Unterbrochen werden die vorliegenden Arbeiten zum Quartett
durch eine Ausweichungsformel,
$0 fort durch alle
Tonarten
durch eine Notiz,
Vom 4ten an wird des Bedienten Kostgeld wieder hezähU
durch eine Fortsetzung der Entwürfe zu dem Liede Op. 82
Nr. 2, durch Ansätze zu einem figurirten Stück mit einer
Ueberschrift,
Denkmal Johan Sebastian Bachs Quintett
Afidante fy
m jii r c'
nach und nach ^
schfvindere 32 fei
g- »t ^t;r;'^a
♦) Siehe den Artikel XII.
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269
-W^^l'lpj' ^ \ ^^^
contratheme
aus der hervorzugeben scheint, dass Beethoven die Absieht
hatte, ein Quintett zur Huldigung Bach's zu schreiben, durch
den ersten Entwurf zum ersten Satz der Sonatine in 6-dur Op. 79,
Sonate facile
^O-
^
^
c/ r r I r ^ r
^m
^
:^i
^^f
2da parte anche ihie volle
iS^
pi IjTJ^
der den Anfang des Stückes in einer andern Tonart zeigt und
dem bald (S. 91) ein anderer, der gedruckten Form näher
kommender Entwurf folgt,
Presto _
^-fff-i^[i£l \ r r rir ^
T
Ö
^ j^ j j j y^j^ ^
f/r.
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270
durch Andeutungen zu einem Concertstück,
Schluss eines Stücks, welches in gmoU anfängt
8"*^*^^
pii^^rrr^^^^
ij>^-
i
5g
». —
jg^r^^J^^x,^
^E
^
Vielleicht das erste AUegro eines Stücks in einem Conzert
so schliessen und nicht in der Tonart selbst, endlich dann
das letzte Stück im eigentlichen Ton, worin das erste
angefangen.
durch verschiedene andere liegengebliebene Ansätze, durch
Entwürfe zum zweiten und dritten Satz der Sonate in Es-dur
Op. 81a*), (S. 82 f.) durch Entwürfe zur Oomposition de»
Goethe'schen Liedes »Freudvoll und leidvolU,
I
nTrr~m
> ' j.
m
a=p:
Freudvoll und leid - voll
han-gen
schfve^
zum
P g ? J' I
iQE
^
To
debe-trübt
HMil , !■ i J' J' l ;■ &r &f I
f
glück-lich al - lein, glücklich al - lein ist die
♦) Siehe den bereits erwähnten Artikel über die Sonate Op. 81*.
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271
le die liebt, ist die See - le die liebt
See - le die
Eine Stimme
i^
Freud-voll und leid - voll
Andere Stimme
^s
j — j'^ /■ ! f~in .| |' i ||J' J't
Freudvoll und leid - voll
han-geti und
Tja ^
^
r=e
^
^
^3E
ban-gen
him ' mel - hoch jauch zend, zum
^
h h
^^
m
u
^^
s
+
glück'lich al - /^m
fpiFFF
Jizi-I J Sa^ i^^
*
Am - mel 'hoch jauchzend
glück' lieh al-
ein die See - le glücklich liebt.
glücklich
die jedoch, weil sie mit Ciavierbegleitung und zum Theil für
zwei Singstimmen gedacht sind, keine Beziehung zur Egmont-
Muflik (Op. 84) haben*), endlich (S, 92 f.) durch Entwürfe zur
Einleitung der Phantasie mit Chor Op. 80.
*) Die Musik zu xEgnnont« wurde im Jahr 1810 componirt. Nun
findet sich in dem vorne mit der Jahreszahl »1809« versehenen Original-
Manuscript des Quartetts Op. 74 beim dritten Satz die Bemerkung:
»Partitur von Egmont gleich an Goethe.« Das scheint ein Widerspruch
zu sein. Man darf aber daran erinnern, dass die Jahreszahl »1809« nur
auf den Beginn der Beinschrift zu beziehen ist und dass, als die obigen
Liedskizzen geschrieben wurden, der zweite und dritte Satz des Quartetts
in den Skizzen noch nicht fertig, der letzte Satz noch nicht an-
gefangen war.
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272
yjj f rJ^^ ^ 1 Cfi^ ^^-^^
Ped.
g-r r J J J-^ I ^ ^££^ .^
h^ i ^ ;^ .^ ^ ^=^
Die letzteren Entwürfe, denen bald andere folgen werden,
bringen, indem sie ein früher gewonnenes Ergebniss bestätigen*),
den Beweis, dass bei der ersten Aufführung der Phantasie mit
Chor (am 22. December 1808) die Einleitung für Ciavier allein,
wie wir sie kennen, noch nicht fertig war und dass sie später
und erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1809 beigefügt
wurde. Die vorliegenden Blätter bringen nun zunächst (S, 96 f,)
Arbeiten zu den Variationen für Pianoforte in D-dur Op, 76.
Voran steht das Thema, das in einer mit dem Druck im
Wesentlichen ganz übereinstimmenden Fassung, ohne vorher-
gehende Skizzen und ohne jede Correctur erscheint, was es
wahrscheinlich macht, dass es schon früher fertig war.*) Wir
setzen nur den Anfang her.
*) Siehe den Artikel XXVIII.
**) Das Thema soll einer Tradition zufolge eine russische Melodie
sein. Das ist unwahrscheinlich, lässt sich auch nicht beweisen. In
keiner der uns bekannten Sammlungen russischer Melodien ist das
Thema zu finden. Beethoven würde, wie er das ja immer gethan, es
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273
AlUgro
V »/ U. 8. W.
^^
Von den Variationen giebt Beethoven meistens nur die
Anfänge an, z. B.
Vor
AJl^ h , I I h
:^^ ^ ^
^
;;g= ^ ^
^
•^
=3^^^
^^{W^ Hände contraria
Untersuchungen wegen
den durchgehenden ßfoten
im Klavier
in den Variationen und in den »Ruinen von Athen«, wo er das Thema
auch verwendet hat (sonderbare Idee, eine russische Melodie zu einem
türkischen Marsch zu benutzen!), bemerkt haben, wenn es ein ent-
lehntes wäre. Vielleicht hat eine zwischen 1810 und 1820 in Wien be-
liebte russische Volksmelodie, die einige Aehnlichkeit mit jener hat
und über die, ausser Gelinek und andern Componisten, auch Beethoven
Variationen geschrieben hat (Op. 107 Nr. 3) Anlass zu einer Verwechs-
lung gegeben.
18
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274
Dann kommt eine nicht ganz lesbare, in ihrem Zusammen-
hang unverständliche Bemerkung,
Auf sieht wenn man gar so viel X tragen muss
tcie wir die ganze Zeit hindurch, sich in die Musik ein--
scfdeicht und zuletzt jeder andere mit tragen muss
aus der nur so viel herauszulesen ist, dass Beethoven während
der Kriegszeit manches Ungemach zu dulden hatte. Es folgen
nun noch (S. 101) Entwürfe zu den Liedern »Der Zufriedene«
und »An den fernen Geliebten« (Op. 75 Nr. 6 und 5)
( ? )
I
h
^p p D r,W^
=p=??
^f^
U
Einst wohnten süs-se Ruh und gohP-ner Frieden in mei-ner Brust
u. 8. w.
und (S. 103 bis 108) Entwürfe zur Phantasie Op. 77*)
Ife^^
B
^^
hdur.
gdur.
Se
^^
^-#^^
♦) Die Phantasie Op. 77 wurde nach Angabe des Erzherzogs Badolf
Componirt im October 1809.
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275
in welehen allen die endgiltige Fassung theils ganz, theils
annähernd eireicht wird. Die letztgenannten Entwürfe werden
unterbrochen durch abermalige Entwürfe zur Einleitung der
Phantasie mit Chor
LP-^/zj" ^jf h ^i^tef.^
und eine Stelle aus dem ersten Satz der Sonatine Op. 79,
deren Vorkommen beweist, dass der Satz inzwischen fertig
geworden war. Damit sind wir zu Ende.
Die auf sämmtlichen hier vorgenommenen Skizzenblättern
berührten, in der angenommenen Zeit von Februar bis October
1809 theils angefangenen, theils fertig gewordenen gedruckten
Stücke sind der Reihe nach:
Marsch in F-dur,
Clavierconcert in Es-dur Op. 73,
erster Satz der Sonate Op. 81*,
Ouvertüre Op. 115 (Vorarbeit),
Das Lied Op. 82 Nr. 2 (Vorarbeit),
zweiter und dritter Satz der Sonate Op. 81",
Quartett in Es-dur Op. 74,
Variationen in D-dur Op. 76,
die zwei Lieder Op. 75 Nr, 6 und 5
Einleitung für Qavier allein zur Phantasie mit Chor
Op. 80,
erster Satz der Sonatine Op. 79 und
die Phantasie Op. 77.
18*
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XXX.
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1810,
genauer: aas der Zeit zwiseben frühestens Janaar bis spätestens
September 1810, befindet sich in der königL Bibliothek zu
Berlin. Es besteht aus 24 ineinanderliegenden, zum Theil
durch einen Faden zusammengehaltenen Bogen und 2 losen
Blättern und umfasst im Ganzen 100 grösstentheils mit Tinte,
zum Theil mit Bleistift beschriebene Seiten in Querformat.
Das Heft ist wahrscheinlich nicht mehr so vollständig, als es
früher war. Es können Blätter fehlen. Ohne Zweifel liegen
aber die vorhandenen Blätter in der Folge,-, in der sie be-
schrieben wurden, so dass das chronologische Ergebniss viel-
leicht hinsichtlich der Vollständigkeit, sonst aber nicht be-
einträchtigt werden kann.
Beethoven hat sich in der angegebenen Zeit bei Skizzirungen
nicht auf das vorliegende Heft beschränkt. Er hat auch einzelne
Blätter und Bogen dazu benutzt. Diese sind meistens mit
Bleistift beschrieben und mögen ausser dem Hause oder bei
Spaziergängen gebraucht worden sein. Die da vorkommenden
Notirungen werden beiläufig zu erwähnen sein.
Zuerst erscheinen (S. 1 bis 29) Entwürfe zu fast allen
Nummern (der Reihe nach Nr. 7, 1, 8, 9, 2, 3, 6) der Musik
zu Goethe's »Egmont«.*) Die ersten Entwürfe zu einigen
Nummern kommen der endgiltigen Form wenig, die letzten
*) Die Musik zu »Egmontc wurde zum ersten Mal aufgeführt ata
2i. Mai 1810.
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277
meistens sehr nahe. Ohne Zweifel ist hier die Arbeit zu
einigen Nummern begonnen, zu andern fortgesetzt worden.
Die erste Skizze, die im Heft erscheint,
Clärchens.
^M:-^^-| n ^^ r77 ^j I j ; ^^
? p^ T o I j jM 'j- C/ 1 7~*": 1 K I
^
w
£^+^'— ^
o I j ;
bezieht sich auf die Clärchens Tod bezeichnende Scene und
zeigt keine Aehnliohkeit mit der gedruckten Form. Noch auf
derselben Seite
^m
5
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'J- i^ i
M
4=t
:M=^
f
wird die endgiltige Form angebahnt und geftinden.*) Die
Entwürfe zu Clftrohens erstem Lied kommen von Anfang an
^ ilJ Ji J J. j; ^p
3t=t
Die Trom met ge • ruh - ret
[££/[££/ '" m
£
das Pfeif' chen
*) Auf einem Bogen, der Entwürfe zu einem Clayierstück in A-moll
und zn einem ongedrackten (am 3. Juni 18:0 componirten) Marsch ent-
hält, findet sich die Bemerkung: »Der Tod könnte ausgedrückt werden
durch eine Pause.« /
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278
der gedruckten Form nahe und nähern sich derselben immer
mehr,*) Die Ouvertüre kommt nicht vor.**)
Es kommen nun (S. 30 bis 47) Arbeiten zu allen Sätzen
des Quartetts in F-molL***) Zunächst ergiebt sich, dass die
Sätze in der Reihenfolge angefangen wurden, in der sie ge-
druckt sind. Aus der Beschaffenheit der Skizzen zum ersten
Satz geht hervor, dass hier eine an einem andern Orte an-
gefangene Arbeit wieder aufgenommen wurde. Vielleicht haben
wir hier meistens nur nachträgliche Aenderungen einzelner
Stellen vor uns und war der Satz in seinen Hauptzügen vorr
her im Entwürfe fertig. In dieser Skizze
Ol LÜr l sa^J^^ ^
i i ^ ^ ^ | iiJB ^B
^^^^
^
ddur.
%
hat die erste Violine im 4. bis 7. Takt eine aus vier Sech-
zehntelnoten bestehende Figur, die eben so im Autograph vor-
*) Früher geschriebene und auf andern Blättern vorkommende
Skizzen sind in dem Artikel »Entwürfe zu Glärchens Liedern« ver-
zeichnet.
**) Auf anderwärts befindlichen Blättern erscheinen zuerst Skizzen
zur Egmont-Ouverture und dann Skizzen zu den ersten drei Sätzen des
Trios Op. 97. Daraus geht hervor, dass die Ouvertüre früher geschrieben
wurde, als das Trio. Dem Trio werden wir auch im vorliegenden Heft
begegnen.
***) Das Autograph des Quartetts zeigt das Datum : »1810 im Monath'
Ociober«.
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279
kommt, nicht aber in der alten Originalausgabe.^) Für eine
andere Stelle (Takt 8) wählte Beethoven eine andere Tonart.
Vielleicht will man da auch ein Schwanken in Betreff der zu
wählenden Tonart (ob Des-, Cis- oder D-dur) sehen. Beim
zweiten Satz hat Beethoven auch Engführungen versucht.
4
YT^'U^
^^
die im Druck nicht vorkommen. Von den übrigen Entwürfen
setzen wir einen abgebrochenen Entwurf zum Anfang des
dritten Satzes,
V4+f j rrn:^ i -i"^^
ö
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^/ f r I ^J^J7j
^^
^^
*) In den neuen Ausgaben lautet die Stelle eben so, wie in den
alten gedruckten Stimmen. Dieselbe Stelle kommt in anderer Lage
auch früher vor. Auffallend ist es, dass diese Stelle (Takt 34 f. von
Anfang), welche im Autograph ursprünglich so lautete:
9 f^^Z^ »f ^^—^fvZ^ sf
und später von Beethoveü im Autograph so geändert wurde:
im alten Druck doch so stehen geblieben ist, wie sie ursprünglich im
Autograph lautet«. Die Breitkopf & Härtersche Ausgabe hat hier die
jetzige Lesart des Autographs angenommen.
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280
^ r :_^ — I
den ersten Ansatz zum Anfang des letzten Satzes
und einen bald darauf folgenden abgebrochenen Entwurf zum
Anfang des letzten Satzes selbst her.
fllegretto agitato
c$g _ . ^^ . f ^
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"^'i "^- i tJ-t-iTirPf !5f „ I m
=^
«/r.
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281
Zwischen den Entwürfen zum Quartett begegnen wir
(S. 34 f.) Notizen zu einem Briefe an Breitkopf u. Härtel, einer
Bemerkung
Sich zu gewöhnen gleich das ganze alle Stimmen wie es
sich zeigt im Kopfe zu entwerfen
und einem abgeschriebenen Fandango.
Fandango
^
»e
t t t t I I
»gg-^-f^
'''J75 jTn \ !ir rff7 u.>
In jenen Notizen zu einem Briefe giebt Beethoven die
Ueberschriften von fllnf Liedern an, verzeichnet aus dem
Sanctus der Messe in C-dur die ersten 4 Takte des Chors,
giebt einen Fehler im Sanctus an u. s. w.*)
Es folgen nun (S. 48 bis 58) Entwürfe zu den zwei
Goethe'schen Liedern »Wonne der Wehmuth« und »Sehnsucht«
(Op, 83 Nr. 1 und 2).**) Beethoven ninmit zuerst einzelne
Stellen,
i
^
5^^
^^
^
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ach nur dem halb - ge - irock-ne - ten Au - ge
rvte
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1^
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ö - de wie todt
r
* *) Der Brief selbst ist nicht bekannt. Die verzeichneten Lieder
stehen der Eeihe nach in einer von C. L. Beissig herausgegebenen, im
Juli 1810 erschienenen Sammlung. Die Ueberschriften lauten: Lied aus
der Ferne, Der Liebende, Der Jüngling in der Fremde, An den fernen
Geliebten, Der Zufriedene. Siehe »Thematisches Verzeichniss « d^r
Werke Beethoven's. 2. Aufl., S. 74, 181 u. 182.
**) Bettina von Arnim schreibt (Goethe's Briefwechsel mit einem
Kinde, ü, 194) am 28. Mai 1810 an Goethe : »Dann sang er [Beethoven]
noch* ein Lied von Dir, das er auch in diesen Tagen componirt hatte;
Trocknet nicht, Thränen der ewigen Liebe.« ^
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282
Tj-rsT^
un-glück4i - eher Lie
dann das ganze erste Lied vor.
be
$^^^[?^/JlJj^r l S^'r^^ l fl^M^*^ B
Trock - net nicht
trock ' net
■i 'J' i J' iT | .s J'J' i r; Mijfi l -S ^
«
ZiV - be
forte
forte pp
' a- 1 >R^^=H I r? ff ii I s ü ^
Nach einer Arbeit Ton einigen Seiten wird die endgiltige
Fassung erst annfthemd,
iUi-'^ ^ = 6/ &ft^ ^
Trocknet nicht „ „ „
dann ganz gefunden. Das andere Lied hat Beethoven auch
an einem andern Orte vorgenommen.*) In vorliegendem Heft
erscheint es zuerst in dieser Fassung.
*) Es ist ein einzelnes Blatt mit einem Entwurf zu einer un-
gedruckten Ecossaise in D-dur,
^ u...
mit einem Ansatz zur Gomposition des Schiller'schen Liedes »In einem
Thal bei armen Hirten c und mit Entwürfen zu Gbethe's »Sehnsucht«.
zn rt rY=f:a± =^f:^^ -----
Wat tieht
Die Ecossaise (für Blasinstrumente, Triangel u. s. w.) wurde 1810 in
Ba^n componirt.
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283
ii i'i ' ^' • f. : J'li i : f, f Jlirf,TT^
Was zieht mir das Herz so
ff r r r nff r ff r r afZ^lpZIIiS^ p
da möcht ich
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ritoni.
-f-nr
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a temgo
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^e^tii
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E
P^
wei-let da drunten
Später wird auch bei diesem Liede die endgiltige Fassung:
gefunden.
Nach diesen Liederskizzen erscheinen (S. 59 bis 93) Ent-
würfe zu allen Sätzen des Trios in B-dur Op. 97. Allem An-
schein nach wurden die letzten drei Sätze hier begonnen, nicht
aber der erste Satz, der frühere Skizzen voraussetzt. Die ge-
druckte Lesart wird nicht überall erreicht. Beethoven muss
also die Arbeit auf andern Blättern fortgesetzt haben. Jeden-
falls findet die Tradition, Beethoven habe zur Gomposition
des Trios neun Jahre gebraucht, nicht ihre Bestätigung.*)
Wir verzeichnen aus den Arbeiten zum ersten Satz den
Anfang einer grösseren Skizze
^^^
rrjf i r fj
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trirt^s:
r I r 1 r 1^ ^ I ^
dolce
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f ^rir^fT i Ef-^ l ^yj-iThfi - 1 ^
üt
f¥=
*) Das Trio hat zu Anfang das autographe Datum »am 3ten
März 1811«.
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284
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02Z
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^
U. 8. W.
und eine abgebrochene Skizze zu der in der Mitte des ersten
Theils vorkommenden Melodie in G-dur.
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ä V ■■ :=■:
^JJJ ' i
^
£
Diese Skizze, in der eine aus zwei rhythmisch correspon-
direnden Abschnitten bestehende Melodie oder, wenn man
anders will, der Vordersatz einer Melodie aufgestellt ist, liefert
wieder einen Beleg, wie Beethoven es verstanden hat (und das
ist im Druck zu sehen), durch Umgestaltung des einen oder
andern Abschnittes jene Gleichförmigkeit aufzuheben, Mannig-
faltigkeit herbeizuführen und die einander gegenüber stehenden
Theile zu einem Ganzen höherer rhythmischer Ordnung zu
vereinigen, Dass solche Umgestaltungen mit Wissen und Willen
geschehen sind, ist uns kein Zweifel.
Zum Thema des Scherzos werden verschiedene Ansätze
gemacht. Man sehe hier,
^
TTTie; r ^ \ :^
v r I uu
j;F±i\^' ^\Ü r pa
gleich darauf hier
2tes
fji j i p f n^'iüLrir rirjrg g
und später hier.
iuiW \ tn^ \ ^ fi'lü' r ü' i rj^ ^
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286
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aanzes erst blas mit
Violoncell ». Violin
Der Anfang des Trios wird zuerst so:
Trio
'FTi j i^f-j-ti,j I j iJ j I «I n^ i~r ^
j iJ j . J [ j Jt J ^ j I ^ it
gleich darauf (in einer Variante) so angedeutet:
JUlJ A^i \ J J 4 i 4Ji|J JjJl^ ft ^ P
Eine der ersten Skizzen zum dritten Satz lautet so:
Später erscheint die Hauptmelodie in ihrer endgiltigen
Gestalt und folgen Arbeiten zu den Variationen.
Das Thema des letzten Satzes musste einige Wandlungen
durchmachen, bis es so wurde, wie wir es kennen. Man
sehe diese
letztes
^^^^^^M
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286
und dann diese Skizze
1r
2temal Violine
4^'^'iJfi
#-•-#
Inmitten der Arbeiten zum Trio begegnen wir, ausser
andern liegengebliebenen Entwürfen, fugirten Arbeiten
. Fuge
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f=Ftg
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Ht^lT \ '^ ^ ^ \^^^ I^JF= -^>-
und längeren und kürzeren Stellen aus J. S. Bach's chroma-
tischer Phantasie und Fuge. Beethoven hat beim Abschreiben
die EühneVsche Ausgabe gebraucht. Aus der Phantasie sind
21 Takte, aus den Fuge die ersten 26 Takte und dann einzelne
Takte abgeschrieben.
Es kommen nun (S. 94 flF.) Entwürfe zu Goethe's Lied
»Mit einem gemalten Band« (Op. 83 Nr. 3). Gleich der erste
Entwurf (mit einer Variante)
^1 j r^
E
^^ JNJ'TK
^
Klei-ne Blu-men
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287
j j jT7ff??t7l7T^r^grlC/^^
gu - le
luf'tig
j./lJ.J' g f :ri^[^? i/c/ l '^ j^
gu-te
kommt der gedruckten Form sehr nahe. Dennoch werden
noch andere Weisen gesucht. Eine derselben lautet so:
■l'~n\t rr fn^. f! ^' -^ Cf-^^
Kleine Blu-men
i^^r^'i • ^. r ^'1 'V c f "' g I -^ .^
gu- te
Mit Entwürfen zu diesem Liede schliesst das Heft.
Das chronologische Ergebniss der Skizzen ist: in der an-
genommenen Zeit von frühestens Januar bis spätestens Sep-
tember 1810 sind der Eeihe nach beendigt oder ihrer Be-
endigung nahe geführt worden:
die Musik zu »Egmont« Op. 84 (ohne Ouvertüre),
das Quartett in F-moU Op. 95,
die Lieder »Wonne der Wehmuth« und »Sehnsucht«
(von Goethe) Op. 83 Nr. 1 und 2,
das Trio in B-dur Op. 97 (zum Theil Vorarbeit) und
das Lied »Mit einem gemalten Band« Op. 83 Nr. 3.
Diesem Verzeichniss lassen sich einfügen die auf den bei-
läufig erwähnten Blättern vorkommenden Stücke:
Ouvertüre zu »Egmont«,
Ciavierstück (Bagatelle) in A-moll,
Marsch in F-dur (ungedruckt) und
Ecossaise in D-dur (ungedruckt).
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XXXL
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1812.
Die wichtigsten der in diesem Buche yorkommenden
Skizzen sind bereits in andern Artikeln vorgeführt worden,
und kann es hier nur die Aufgabe sein, das Buch in seinem
Zusammenhang vorzunehmen und einige früher liegengebliebene
Skizzen und Bemerkungen aufzunehmen. Besagtes Skizzen-
buch besteht, wie es vorliegt, aus 74 Blättern in Querformat
mit 16 Notenzeilen auf der Seite und hat einen neuen (nicht
aus Beethoven's Zeit stammenden) Umschlag. Auf Vollständig-
keit kann es keinen Anspruch machen. An wenigstens sechs
Stellen fehlen Blätter.' Femer ist beim Einbinden ein Blatt
hineingekommen, das nicht dazu gehört. Es gehört, mit Aus-
nahme jenes Blattes, im weitesten Umfange der Zeit von
Ende 1811 bis Anfang 1813 an und machte im Sommer 1812
die Beise Beethoven's nach den böhmischen Bädern mit. Der
frtlhere Besitzer des Buches war Gustav Petter in Wien.
Es beginnt (S. 1 bis 3) mit einigen Bemerkungen und
mit einer ziemlichen Anzahl verschiedener unbenutzter Skizzen.
In der ersten jener Bemerkungen
d. gl. sollten anders als die miserablen enharmonischen Ausweichtmgen, die
jeder Schulmiserabili machen kann, sie sollen — wirklich eine Verändervtig
in jedem Hörenden (ausgestrichen: Wahrnehmenden) hervorbringen.
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289
kritisirt Beethoven eine Stelle, welche ohne Zweifel einem
Werke eines andern Gomponisten entnommen ist. Einige Zeilen
später sehreibt Beethoven:
Baumwolle in den Ohren am Klavier benimmt meinem
Gehör das unangenehm rauschende —
Es folgen nnn (S. 4 bis 70) Entwürfe zu allen Sätzen der
Symphonie in A-dur.*) Dazwischen befindet sich (S. 17 u. 18)
das nicht zum Skizzenbuche gehörende Blatt (mit Entwürfen
zu einigen Nummern der »Ruinen von Athen«, mit einer Be-
merkung u. a. m.).**)
Nun kommen (S. 70 bis 142) Arbeiten zu allen Sätzen
der achten Symphonie.f) Dazwischen erscheinen (S. 83 und 85)
einige auf die Ouvertüre Op. 115 (mit dem Text »Freude,
schöner Götterfunken« u. s. w.) zu beziehende Aufzeichnungen,tt)
(S. 87) ein Posthornstückchen
Postillon
von
Karlsbad
^^:jinä^3^^-^
und gleich darauf ein Entwurf (in G-dur)
Polonaise fr
US- r rj 7 TC ?^a:fc±-&&-i^
JIj ^ iHj7"]T ^Ft"ijäi^ ^
♦) Siehe den Artikel XIV.
*♦) Siehe die Artikel XVII und XXV.
f) Siehe den in der vorvorigen Note erwähnten Artikel.
Bekanntlich hat Beethoven beim 2. Satz der 8. Symphonie einen
früher componirten Kanon benutzt. Nach Thayer's Meinung fallen die
Skizzen zu jenem Satz, weil sie in der zweiten Hälfte des Skizzenbüches
stehen und welche nach unserer Annahme frühestens im August 1812
geschrieben wurden, ins Jahr 1811. Thayer geräth hier mit Schindler
ins Gedränge, der (Biogr. I, 196) als Ohren- und Augenzeuge berichtet,
dass der Kanon im Frühjahr 1812 entstand.
•}"|-) Siehe Beethoveniana S. 37 f. und den Artikel IT.
19
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290
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Solo
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ä
zum Anfang einer Polonaise für Ciavier mit Begleitung des
Orchesters. Jenes Posthornstückchen muss, nach der davor
stehenden Bemerkung, Beethoven dem Postillon abgelauscht
haben, mit dem er, sei es in der Richtung nach Franzensbrunn
oder nach Teplitz, im August oder September 1812 von Karls-
bad wegfuhr.*) Daraus ergiebt sich weiter, dass Beethoven
um dieselbe Zeit mit der achten Symphonie, insbesondere mit
dem ersten Satz derselben, auf den sich die meisten der um-
gebenden Skizzen beziehen, beschäftigt gewesen sein muss.
*) Beethoven schreibt am 12. August 1812 aus Franzensbrunn
(Franzensbad) an Erzherzog Rudolph: »Von Töplitz beorderte mich mein
Arzt nach Karlsbad, von da hierhin, und vermuthlich dürfte ich von
hier noch einmal nach Töplitz zurück.« Nach andern Briefen war
Beethoven am 4. Juli 1812 noch in Wien; am 19. Juli und 8. August
war er in Teplitz. Demnach war er zwischen dem 8. und 12. August
in Karlsbad. Da der Weg von Franzensbrunn nach Teplitz über Karls-
bad geht, so muss Beethoven auf der Rückreise nach Teplitz, wo er
am 16. September war, wieder in Karlsbad gewesen sein. Auf diesen
Ermittelungen, bei denen einer der zweifelhaften Briefe an Bettina
von Arnim, nach welchem Beethoven schon am 15. August in Tepliii
gewesen sein soll, nicht berücksichtigt wurde, beruht die Annahme,
Beethoven sei im August und wahrscheinlich auch im September 1812
in Karlsbad gewesen.
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291
Zuletzt (S. 144 f.) erscheinen Entwürfe zu den letzten
drei Sätzen der Sonate fttr Ciavier und Violine in 6-dur
Op. 96*) und (S. 148) ein Entwurf
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Melodie in der rechten Band
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dass ich dir vom stil-len Au - ge
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iV. Ä ff erin noch 2 Strophen dazu wären würde es schöner sein.
ZU dem Liede »An die Geliebte« in der zweiten Bearbeitung
(mit Triolen in der Begleitung). Wie man sieht, deutet Beet-
hoven hier zuerst die Begleitung an, und dann schreibt er die
Melodie des Liedes, ohne eine Note zu ändern, nieder. Daraus
♦) S. Beethoveniana, S. 26.
19*
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292
ist zu ersehen, dass Beethoven, als er die Begleitung suchte,
die Melodie im Gedftehtniss hatte, dass dieselbe also schon
früher componirt war.*)
Die im Skizzenbuch berührten Compositionen sind der
Reihe nach:
die 7. Symphonie,
die 8. Symphonie,
die Ouvertüre Op. 115 (Vorarbeit),
die drei letzten Sätze der Sonate Op. 96 und
das Lied »An die Geliebte« in der zweiten Bearbeitung.
*) Das Autograph der ersten Bearbeitung des Liedes zeigt das
Datum: »1811 im December«. Die oben entworfene Bearbeitung war
für ein Stammbuch bestimmt.
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XXXII.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1814
Das vorliegende, im Archiv der Gesellschaft der Musik-
freunde in Wien aufbewahrte Skizzenbuch ist in Querformat
und besteht aus 164 Seiten mit 16 Notenzeilen auf der Seite.
Es ist, mit Ausnahme späterer HinzufUgungen und Aenderungen,
die meistens mit Bleistift geschrieben sind, fast durchgehends
mit Tinte beschrieben. Nach den Daten, welche sich an einige
der berührten Gompositionen knüpfen, ist als die Zeit, in der
es benutzt wurde, die von Februar bis September 1814 anzu-
nehmen.
Die erste grössere Hälfte (S. 1 bis 111) gehört beinahe
ausschliesslich der letzten Umarbeitung der Oper i^Leonore«
oder »Fidelio« an. Von dieser Oper erscheint zuerst (S. 1
bis 31) der Schluss des ersten Finales,
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rirr>h-£:r=F
^
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Leb wohlj du rvar-mes Son-nenlicht
dann (S. 32 bis 82) das ganze zweite Finale,
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U. 8. W.
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U. 8. W.
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l^^^ -l^^'-i^ ^ ^
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Heil sei dem Tag, Heil sei der Stun - de
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294
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Es sucht der Bru-der
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u. s. w.
sei-ne Brüder
Chor sehr lebhaft
Bringend^ geschwind
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Be-stra-fet sei der Bö -se- wicht
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Gott
Hin-tveg mit diesem Bö - se-wichi
u. 8. w.
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Wer ein hol-des Weih er-
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run-gen, stimm in un-sem Ju - ftW ein.
nie,
dann (S. 83 bis 90) der letzte Theil der Arie Florestan's*)
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ij^^, j. ; jM J> J> p'r f/ ^
I/nrf 5/^r ic/f
Lyft
U. 8. W.
'^) Mit Bleistift, also wahrscheinlich ausser dem Hause geschriebene
Entwürfe zu Florestan's Arie und zu andern Stücken der Oper kommen
auch auf anderwärts befindlichen losen Blättern und Bogen vor. Vgl.
»Beethoveniana« S. 74.
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295
und das Melodram,
ich glentbte Allo
Y^rfT~^t^ J3 nj ^
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aushalten da ist er
hierauf (S. 91 bis 106) die Ouvertüre in E-dur
^ poco meno A.
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i i r f! n
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Clar
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und dazwischen (S. 91) eine Stelle,
TYompete 1 ^ g_J ff * Jj j^
nach der es scheint, dass Beethoven vorhatte, das Trompeten-
Signal in der Ouvertüre anzubringen, endlich (S. 108 bis 111)
das Recitativ
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rL^^ ^ J ^"TjJj 'i-l^ ä
Jjj^rrr
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Ab'Scheu-H'Cher,
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Digitized by
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296
oder
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E jlri^ W,r=j: J J » i r ^
J^
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röAr/ Mi^A/f mehr dei - nen
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n - ger-sinn?
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ß — w
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y ; ^ ^' ^ r
/focÄ to-ben auch Mee-res-wo - gen dir in der See-le
und das ei-ste Vorspiel der Arie Leonorens.
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(Como) (Corno)
^
P^
P^
Komm
LjLg^Mr:/!
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Damit ist die Arbeit zu »Fidelio« zu Ende.*) Die bisher
mitgetheilten Skizzen gehören zu den zuerst geschriebenen
und zeigen nur zum Theil eine Annäherung an die gedruckte
Form. Die zuletzt geschriebenen, oben übergangenen Skizzen
stimmen im Wesentlichen mit der gedruckten oder endgiltigen
Lesart überein. Fehler im Text, wie z. B. in den mitgetheilten
Entwürfen zu Leonorens Eecitativ, wo an einer Stelle (vor
»Meereswogen«) das Wort »wie« vergessen ist, kommen öfters vor.
*) Beethoven schreibt am 13. Februar 1814 an Brunswick: »Meine
Oper wird auch auf die Bühne gebracht, doch mache ich vieles wieder
neu.« Femer findet sich in einem Tagebuch Beethoven's aus dem
Jahre 1814 die Notiz: »Die Oper Fidelio vom März bis 15. Mai neli
geschrieben und verbessert.«« Hiemach lässt sich die Zeit, der die
Skizzen angehören, ungefähr ermessen.
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297
Die Arbeit zum zweiten Finale wurde (S. 70 bis 72)
unterbrochen durch die zu einer ungedruckten Gelegenheits-
cantate (fllr den Magistratsrath Tuscher).*)
g^-hrr-f
W=^
^^w
Die Stun-de schlägt, wir müssen scheiden, ^ ^
^" ;ijj ^
Erwähnenswerth sind femer eine zwischen den Skizzen
zum zweiten Finale (S. 72) stehende Bemerkung
für Milder oben B:
t
^
und einige (S. 107) nach Beendigung der Ouvertüre in E-dur
geschriebene, zur Leonoren - Ouvertüre aus dem Jahre 1806
gehörende Stellen.
g^4rrir r
JJJ.U ^1
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j (aJ* I ^* 1 3g
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Fagolti , , ,
m
j>- ll ^^>> i rr i rrr l ^JXi
Jene Bemerkung ist nach ihrer Umgebung auf eine gegen
Ende des Sostenuto assai im zweiten Finale (beim Worte »ver-
lässt«) und in der fllr die Sängerin Milder bestimmten Partie
der Leonore vorkommende Stelle zu beziehen, und geht aus
*) Die bisher angenommene Compositionszeit der Cantate (1816)
erweist sich hiemach als irrig.
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/
298
ihr heiTor, dass Beethoven das hohe B geflissentlich ange-
bracht hat. Uebrigens kommt das zweigestrichene B auch
an andern Stellen der Oper und sogar in der Partie der
Marzelline vor. Bei den zur Ouvertüre in C-dur gehörenden
Stellen dachte Beethoven, so scheint es, an einzelne Aenderungen.
Die Fagotte sollten beim ersten Eintritt des Hauptthemas mit-
gehen u. 8. w.
Den Entwürfen zur Oper folgen (S. 112 bis 121) Entwürfe
zu einer ungedruckten italienischen Gelegenheitscantate (für
den Arzt Johann Malfatti),*)
^^ M i r-g r i f pTtffl -
Vn lie - to brtn-di - si tut - ti a Gio-van - ni
W
^u ff i r c r :. cid p c ^'i^
^ 7 U. 8. W.
ün lie - to Brin-di - si
(S. 128 bis 131 und S. 137) Entwürfe zum ersten Satz der
Sonate fttr Pianoforte in E-moU Op. 90**)
4j.J'J | J' J | J.."J l 'i> JP'iJ' iOi p
Ende
^f^ ff - , . r^ P i P* ß m
r ,r ^ rr rif^fifr
^1^1'^ ^
poco riten.
♦) Die Cantate wurde in engerem Kreise am 24. Juni 1814 in Wein-
baus bei Wien aufgefübrt.
**) Das Autograph der Sonate zeig^ das Datum: »Wien. Am
16. August 1814.«
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299
und (S. 133 bis 136 und S. 142 bis 144) Entwttrfe zum
Elegischen G«8ang Op. 118.
^ J * ' fc
kein Au - ge wein
j ; :n
U. 8
Sanfi wie du leb - test
An den zuletzt erwähnten zwei Sttteken hat Beethoven
gleichzeitig gearbeitet. Bei beiden wird die endgiltige Form
erreicht. Zwischen den zu ihnen gehörenden Entwürfen finden
sich manche liegengebliebene Entwürfe, darunter Stellen,
g^"=^rr
£
u''J'\*f r
i
:Sc=3t
die vielleicht ursprünglich zum letzten Satz der Sonate Op. 90
bestimmt waren, und Ansätze zu einer Symphonie.
Sinfonia 2tes Stück ^^^^^^
^^ ^ 1 .7^ ;n jt; I J T7T3 j r
Corni ^ ^-^
Ausserdem erscheint eine Aufzeichnung,
^F U. 8. w.
nicht
^
sondern
lieh sein
cklich sein
mit der die bisher zweifelhafte oder schwankende Lesart einer
in Marzellinens Arie vorkommenden Stelle (Takt 6 vor Schluss)
endgiltig entschieden ist, und eine Zusammenstellung von
Summen,
Hamburg
15 t± in Gold
Fraiikfurt
15 tt in Gold
Carlsruhe
12 4± in Gold
Grätz
120 fl.
Darmstadt
12 tt'in Gold
Stuttgard
12 tt in Gold
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300
welche, so müssen wir annehmen, Beethoven von den Aof-
fUhrungen seiner Oper in den angegebenen Städten als Honorar
für sich und den Dichter Treitsohke zu bekommen hoffte.*)
Nun erscheinen noch (S. 148, 149, 161, 162) Entwürfe zu
einem ungedruckten »Chor auf die verbündeten Fürsten«,**)
^
j j ."
Ihr wei - sm Grün - der glück -li - eher Staa - teft
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ZÜ
n r f ''■ "■ "■
Ihr wei - sen Grün - der
und dazwischen stehen (S. 150 ff.) Arbeiten zur Ouvertüre in
C-dur Op. 115***)
»rrrrr<r Tif^^ 4^ -.^-.
TTtJ JJ j ilüipinJrfWr^
^ j j ' i.Q j^-I-jM^
s^*
*) Mit obigem Ueberschlag der zu erwartenden Einnahmen lässt
sich ein Brief (ohne Datum) Beethoven's an Treitsohke in Zusammenhang
bringen, der kurz vor Beethoven's Benefiz -Vorstellung (18. Juli 1814)
geschrieben sein muss und in dem es u. A. heisst: »Wegen der Ab-
sendung der Oper ist auch zu reden, damit sie [Treitsohke] zu ihrem
4ten Theil kommen und sie nicht verstohlen in alle Welt geschickt
werde. Ich verstehe nichts vom Handel, glaube aber Die
Milder hat seit 14 Tagen ihre Arie.« Beethoven's Erwartungen scheinen
gänzlich unerfüllt geblieben zu sein. In keiner der genannten Städte
ißt (nach Angabe der musikalischen Zeitungen u. s. w.) seine Oper vor
dem Jahre 1831 zur ersten Aufführung gekommen.
**) Das Autograph zeigt das Datum: »1814 am 31ten September.«
*♦*) Vgl. den Artikel H.
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301
und (S. 160) ein kurzer Ansatz zum ersten Chor der Cantate
»Der glorreiche Augenblick«,
•L u in Es
Eu ' ro - pa steht
der höchstens beweist, dass Beethoven das Textbuch in Händen
hatte. Mit Entwürfen zur Ouvertüre Op. 115 schliesst das Buch.
Die im Skizzenbuch berührten, in der angenommenen Zeit
von Februar bis September 1814 bis auf zwei fertig gewordenen
Compositionen sind der Reihe nach:
Gelegenheitscantate »Die Stunde sehlägt«,
die Oper »Fidelio« in der letzten Bearbeitung,
Gelegenheitscantate »Un lieto brindisi«,
erster Satz der Sonate für Pianoforte Op. 90,
Elegischer Gesang Op. 118,
Chor »Ihr weisen Gründer«,
Ouvertüre Op. 115 (nicht beendet) und
erster Chor der Cantate »Der glorreiche Augenblick«
(nur ein Ansatz).
Die Arbeit zum »Glorreichen Augenblick« ist in einem
sich anschliessenden Skizzenbuch fortgesetzt worden.
Wir kommen nun auf »Fidelio« zurück. Mit Ausnahme
der ungefähr 50 Takte, welche dem Chor, mit dem das Skizzen-
buch beginnt, vorhergehen, sind in letzterem alle Nummern und
längeren Abschnitte der Oper vertreten, welche im Jahre 1814
neu componirt wurden. Jene fehlende Stelle ist ohne Zweifel
früher auf andern Blättern entworfen worden. Die kleineren
Stellen, welche in der letzten Bearbeitung der Oper geändert
erscheinen, mag Beethoven theils auf einzelnen Blättern ent-
worfen haben, theils hat er die Aenderung derselben gleich in
Manuscripten der früheren Bearbeitungen vorgenommen.*)
*) Aus einer Vergleichung der älteren Bearbeitung der Oper
(»Leonore«) mit der letzten (»Fidelio«) ergiebt sich Folgendes. Neu
componirt wurden i. J. 1814: die Ouvertüre, das Eecitativ der Leonore,
der SchlusB des ersten Finales ungefähr vom Eintritt Pizzaro's an
(Breitkopf & Härtersche Partitur S. 154 Takt 4 bis S. 170), das Recitativ
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302
Wie das Skizzenbuoh zeigt, wurden die Ouvertüre und
das Becitativ Leonorens zuletzt vorgenommen. Mit diesem
Ergebniss lassen sich einige Angaben in Einklang bringen. Die
Ouvertüre wurde nicht bei der ersten Auflffthrung der Oper
(am 23. Mai 1814), sondern erst bei der zweiten (am 26. Mai)
gespielt. Auf dem Zettel dieser zweiten Auffahrung stand:
»Die das vorigemal wegen Hindernissen weggebliebene neue
Ouvertüre dieser Oper wird heute zum ersten Mal voi^etragen
werden«. Was das für Hindernisse waren, ist leicht zu er-
rathen. Die Ouvertüre war noch nicht fertig. Dasselbe sagt
auch Treitschke (»Orpheus« v. J. 1841 S. 258).*) War die
Ouvertüre, bei der ersten Aufführung noch nicht fertig, so war
es noch weniger das Kecitativ Leonorens. Es kam erst am
18. Juli 1814 zur Aufführung. Hier stossen wir nun auf
Widersprüche.
Die Aufführung am 18. Juli 1814, die zum Benefiz Beet-
hoven*s Statt fand, wurde von Beethoven in der »Wiener Zeitung«
mit der Bemerkung angezeigt, dass dieselbe »mit zwey neuen
Stücken vermehrt« sei. Die Leipziger »AUg. Musik. Zeitung«
sagt in ihrem Bericht über die Aufftlhrung, Beethoven habe
dazu »noch zwey Arien neu componirt« und in den ersten Act
eingeschaltet »Die erste Arie [filhrt der Bericht fort] ward
und der letzte Theil der Arie Florestans (S. 174 Takt 1 bis S. 175 Takt 8,
S. 176 T. 9 bis S. 182), das Melodram und das zweite Finale. Eingelegt
in die Arie Pizzaro's mit Chor wurden 16 Takte (S. 95 T. 7 ff.), in die
Introduction zu Anfang des zweiten Actes 2 Tacte (S. 173 T. 4 u. 5)
n s. w. In der ersten Hälfte des ersten Finales wurde eine Stelle
(S. 151 T. 14 ff.) um einige Takte erweitert. Im Adagio der Arie Flo-
restans wurden einige Stellen geändert und andere wiederholt. Geändert
und gekürzt wurde in der Arie Marzellinens (S. 56 u. 58), im Terzett
in A-dur (Nr. 13), im darauf folgenden Quartett (Nr. 14) und Duett (Nr. 15).
Im Adagio der Arie Leonorens wurden das Vorspiel und die Singstimme
geändert. Gekürzt wurde das Terzett in F-dur (Nr. 5) an mehreren
Stellen (S. 73, 76, 77, 79, 80) u. s. w. In mehreren Nummern wurde der
Text geändert und die Musik blieb. Einige Nummern der älteren
Bearbeitungen fielen bei der neuen ganz weg. Damit wären die wich-
tigsten und meisten Abweichungen zwischen den früheren Bearbeitungen
und der späteren angedeutet.
'*') Man findet die Stelle in Schindler's Biographie I, 124.
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303
Hrn. Weinmüller (Rocco) zugetheilt. Schön und von vielem
Kunßtwerth ist die zweyte Arie, mit vier obligaten Wald-
hörnern (E-dur), welche Mad. Milder-Hauptmann (Leonore) mit
Kraft und Gefühl vortrug«. Treitschke sagt (a. a. 0.): »Die
siebente [Aufführung der Oper] am 18. Juli wurde Beethoven
zum Vortheile statt eines Honorares überlassen. In diese legte
er, zu grösserer Zugkraft, zwei Musikstücke, ein Lied für
Rocco und eine grössere Arie för Leonore; da sie aber den
raschen Gang des Uebrigen hemmten, blieben sie wieder aus^
Das in diesen Berichten erwähnte erste Sttlck ist die aus den
früheren Bearbeitungen herüber genommene Arie Rocco's: »Hat
man auch nicht Geld beineben«. Sie kann, wenn Treitschke's
Bericht in dieser Beziehung richtig ist, bei einigen späteren
Aufführungen, dann aber nicht mehr weggeblieben sein. Was
die andere Arie betrifTt, so haben die Angaben, sie sei mit
vier Waldhörnern begleitet gewesen und sie sei später wieder
weggeblieben, zu der Vermuthung Anlass gegeben, die nach-
träglich componirte und bei jener Aufführung von der Leonore
gesungene Arie sei verloren gegangen, wie denn z. B. Otto
Jahn im Vorwort zum Ciavierauszug der »Leonore« sagt:
»Von dieser neuen Arie habe ich keine nähere Kunde«. Daa
Skizzenbuch giebt uns nun die Gewissheit, dass die »neue«
Arie Leonorens keine andere ist, als die uns bekannte, in
allen Ciavierauszügen des »Fidelio« stehende, und dass die
Angaben jener Berichterstatter zum Theil unrichtig sind. Dieses
Ergebniss wird unterstützt durch das geschriebene Textbuch,
das bei den ersten Aufführungen der Oper und auch später
im Wiener Hofoperntheater (Kärnthnerthor-Theater) gebraucht
wurde. ^) In diesem Textbuch sind nachträglieh und, nach
*) Das Textbuch wird im Archiv des Hofopemtheaters aufbewahrt
und hat den Titel:
Leonore.
Eine Oper in zwey Aufzügen.
Nach dem Französischen neu bearbeitet.
In Musik gesetzt
von Ludwig van Beethoven.
Für das k. k. Hofopemtheater
1814
Druck und Aufführung.
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304
der Handsohrift zu urtheilen, gleichzeitig an zwei Stellen
Aenderungen vorgenommen worden, zuerst bei der Arie Roooo's
und dann bei der Arie Leonorens, also bei den zwei Stücken,
die am 18. Juli 1814 als neu aufgeführt wurden. Der Text
zu Rocoo's Arie stand anfangs nicht darin, sondern ist später
eingetragen worden, und die Worte zu Leonorens Arie, die
anfangs theilweise anders lauteten, sind später so geändert
worden, wie sie jetzt lauten.
In erwähntem Textbuch lautete der Text der Arie Leonorens
ursprünglich so:
Becitativ.
Abscheulicher! Wo eilst du hin?
Was hast du vor in deinem Grimme?
Des Mitleids Kuf, — der Menschheit Stimme, —
Rührt nichts mehr deinen Tigersinn?
Wohlan, Gefahren rasch entgegen!
Mein Gatte lebt, die Liebe ruft!
Verein uns Qual und Kerkergruft!
Sein Loos zu theilen, sei mein Segen.
Arie.
du, für den ich alles trug.
Könnt ich zur Stelle dringen.
Das Wort »Leonore « wurde später durchstrichen, und wurde dafür
mit Bothstift hingeschrieben: )»Fidelio<, ein Beweis, dass die um-
gearbeitete Oper ursprünglich den früheren Namen behalten sollte.
Auf der zweiten Seite steht u. A.: »Hr. Umlauf dirigirt.« Beethoven ist
als Dirigent nicht genannt. Am Schluss des ersten Actes steht: »Spielt
eine Stunde — V4 Stunde zum Sitzen.« Am Schluss des zweiten Auf-
zugs steht: »Spielt im Ganzen 1^/4 Stunde.« Bei dieser Zeitmessung ist
wohl auf Bocco^s Arie keine Bücksicht genommen. Auf der letzten
Seite stehen die Bemerkungen:
Die Aufführung wird gestattet.
P. Hofstelle, Wien d. 12. May 1814.
N. N. [J^ame unleserlich.]
Die Wiederaufführung wird gestattet.
Von der k. k. Polizey-Hofstelle.
AVien, den 25. October 1822.
Zettler.
. u, 8. w.
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305
Wo Bosheit dieh in Fesseln schlug,
Und süssen Trost dir bringen!
Ich folg dem innem Triebe,
Ich wanke nicht,
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Gatt^nliebe.
Hier kann nun die Frage aufgeworfen werden: hat Beethoven
diesen Text componirt? Mit dem Text der Bearbeitungen aus
den Jahren 1805 und 1806 stimmt er nicht ttberein. Die
Worte des Becitativs lauten in den früheren Bearbeitungen
ganz anders, als oben, und in der Arie fehlen die in der
Bearbeitung aus dem Jahre 1806 vorkommenden, dem obigen
Text vorhergehenden Verse:
Komm, Hoffnung, lass den letzten Stern
Der Müden nicht erbleichen!
Erhell ihr Ziel! Sei's noch so fem,
Die Liebe wirds erreichen,
Fast eben so wenig, wie mit dem Text der früheren
Bearbeitungen, stimmt der mitgetheilte Text mit dem der
Fidelio-Partitur überein. Letztere hat Worte und Zeilen, die
im Textbuch fehlen, und umgekehrt Es ist klar, eine Com-
Position jenes Textes ist nicht vorhanden. Hier ist nun zweierlei
möglich. Entweder hat Beethoven den Text componirt und ist
die Composition verloren gegangen, oder Beethoven hat den
Text nicht componirt. Das Letzere ist das Wahrscheinlichere.
Man kann dafür folgenden Grund geltend machen. Wie das
Skizzenbuch zeigt und wie es die Saöhe gebot, hat Beethoven,
als er zur Umarbeitung der Oper schritt, zuerst die wichtigsten
Stücke vorgenommen, nämlich diejenigen Nummern, in denen
der Gang der Handlung am meisten geändert worden war.
Diese Nummern sind die beiden Finale. Später wurden die
kleineren und diejenigen Stücke und grösseren Abschnitte in
Angriff genommen, bei denen Gründe anderer und verschiedener
Art (Beachtung des musikalischen Ausdrucks zur wirksamen
Hervorhebung einzelner Stellen, Gedrängtheit der Form, Rück-
20
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306
»iohten auf Sänger u. dgl.) massgebend waren. Dass nun
Beethoven das in Bezug auf die Handlung unwichtigere
Recitativ und die Arie Leonorens mit dem angefahrten Text
früher vorgenommen habe, als die beiden Finale, ist nicht an-
zunehmen. Und dass das nicht später geschah, dafür bürgt
das Skizzenbuch. Wenn nun der Text nicht componirt war,
so ist es selbstverständlich, dass bei den ersten sechs Auf-
führungen der Oper im Jahre 1814 keine andere Bearbeitung
des Recitativs und der Arie Leonorens gesungen werden
konnte, als die vorhandene, nämlich die aus dem Jahre 1806.
Sprach doch nichts gegen den alten Text. —
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XXXIII.
Ein anderes Skizzenbuch aus dem Jahre 1814,
bestehend aus 140 Seiten in Querfolio mit 16 Systemen auf
der Seite, gehört der Zeit von xmgefähr August bis Deoember
1814 an. Besitzer desselben ist Ernst Mendelssohn Bartholdy
in Berlin. Die erste grössere Hälfte (S. 1 bis 97) ist beinahe
ausschliesslich mit Arbeiten zu allen Nummeni der Gantate
»Der glorreiche Augenblick« (Op. 136) angefllllt*) Nur fehlt
der Anfang des ersten Chors. Die ersten Textworte, die er-
scheinen, sind die im ersten Chor: »Wer muss die hehre sein«
(Breitkopf & Härtersche Partitur Seite 7). Fast jede Text-
stelle kommt mehrmals vor und hat erst nach wiederholter
Vornahme ihren endgiltigen musikalischen Ausdruck gefunden.
Der Anfang des Schlusschors z. B. kommt wenigstens viermal
vor. Hier
j- ; I r r r r rT~^^rrT^'^ '' ^g
Vin-do - bo -na, Heil und Glück !Welt dein grosser Au- gen - blick
eine der ersten Fassungen. Später
*) Die Cantate wurde zum ersten Mal aufgeführt am 29. November
1814. In dem Vorwort der bei T. Haslinger in Wien erschienenen
Partitur wird u. A. bemerkt: ^Beethoven, von den Umständen gedrängt,
schrieb dieses grosse Werk in äusserst kurzer Zeit.c Wenzel Tomaschek,
der Beethoven im Jahre 1814 besuchte, fand ihn am 10. October mit
der Skizzirung der Cantate beschäftigt. Am 24. November wurde copirt.
S. »Libussa« 1846 S. 359, 1847 S. 430.
20*
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308
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j r c I r r r f I J i^^
Vin-do ' bo -na, Vin-do - bo - na Heil und Glück
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Welt,
Welt dein
gros
ser
Au - gen - blick
wird ein Doppelthema fttr den Chor aufgestellt. Das mit den
Worten »Dem die erste Zähre« beginnende Stflck (Part S. 60)
ist einmal als »Gebeth« bezeichnet Bei einer andern Skizze
ist bemerkt: »Schuppanzig 300 fl. voraus«.
Die Arbeit zur Cantate wird unterbrochen durch liegen-
gebliebene Entwürfe, darunter Entwürfe zur Composition des
Liedes »Merkenstein«. Dieser Entwurf (S. 91)
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Me - rke- stein, Me - rke-slein^wo ich wandle denk ich
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dem. Wenn in
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erstreckt sich auf das ganze Lied. Die ersten Takte haben
einige Aehnlichkeit mit dem Anfang des unter der Opuszahl 100
gedruckten Liedes.
Bald darauf und noch am Schluss des Skizzenbuches
(S. 92, 96 f., 138 bis 140) erscheinen Entwürfe zu der ersten,
einstimmigen Bearbeitung desselben Liedes. Hier (S. 96)
Mit lebhafter Empfindung
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Mer-ken - stein, Mer-ken - stein,
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309
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denk ich dein.
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der erste grössere Entwurf. (Die Takt 11 und 12 nach oben
gestrichenen Noten sind später hinzugeschrieben worden, bilden
also eine Variante.) Gleich darauf
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wo ich wandle
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giebt Beethoven Worten, die in jener Skizze einen guten Takt-
theil haben, einen schlechten, und umgekehrt. Als er das Lied
zum Stich gab, ist er zur ersten Fassung zurückgekehrt.*)
Den Entwürfen zur Cantate folgen femer, ausser liegen-
gebliebenen Entwürfen, von denen einer die üebei-schrift
>Sonate« zeigt, (S. 99) Ansätze
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Es theilt sich die Wel-le
*) Das Lied erschien in dieser Bearbeitung 1815 als Beilage zu
einem Almanach. Im Musikalienhandel ist es nicht erschienen. In
einem Tagebuch Beethoyen's aus dem Jahre 1814 ist bemerkt: »am
22. December ist das Lied auf Merkenstein geschrieben.« Damit ist die
obige Bearbeitung gemeint. Das die Opuszahl 100 tragende zweistimmige
Lied, dem man fälschlich jenes Datum beigelegt hat, entstand später.
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310
zur Composition von Goethe's »Meeresstille und glüeklicbe
Fahrt«, dann (S. 99) Vorarbeiten zu der Polonaise Op. 89 und
(S. 101) mehrere Entwürfe zu dem Liede »Des Kriegers Ab-
schied«, von denen wir einen der ersten hersetzen.
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Aus den Entwürfen zu Goethe's Lied geht höchstens
hervor, dass Beethoven schon jetzt an die Composition des
Textes dachte.
Das Thema zur Polonaise Op. 89 hat Beethoven nicht
gleich gefunden. Die ersten Ansätze
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311
lauten ganz anders und sehr verschieden. In seiner endgiltigen
Gestalt erscheint das Thema zuerst hier (S. 106),*)
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Die Entwürfe zur Polonaise laufen ziemlich lange fort
(bis S. 113) und werden, ausser durch die erwähnten Skizzen zu
dem Liede »Des Kriegers Abschied« und durch liegengebliebene
Entwürfe, durch eine zur Ouvertüre Op. 115 gehörende Stelle
*) Die Polonaise ist der Kaiserin von Russland Elisabeth Alexiewna
gewidmet. Es ist möglich, dass ein unerwartetes Geschenk der Kaiserin,
welche zur Congresszeit 1814 in Wien war, wenn nicht den ersten, so
doch einigen Anlass zur Composition und Widmung gab. Die Wiener
»Friedensblätter« vom 24. December 1814 erwähnen die von Beethoven
am 29. November und 2. December 1814 gegebenen Akademien und be-
merken dabei: »Die Kosten seiner letzten beyden Akademien betrugen
nach genauer und zuverlässiger Rechnung: 5106 fl. W. W. Man kann,
nach Abzug der zahlreichen Freibillets, leicht berechnen, was' unter
solchen umständen für den Unternehmer übrig bleiben möge. Es hätte
sich auf ein Minimum reducirt, wenn das grossmüthige Geschenk der
russischen Kaiserin, von 200 Dukaten, nicht eingetreten wäre. Von
seinen früheren Akademien ist es bekannt, dass er davon keinen Gewinn
gehabt, sondern sie aus reinem Kunsteifer unternommen habe« u. s. w.
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312
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unterbrochen. Dann erscheinen, ausser den erwähnten Skizzen
zu dem Liede »Merkenstein« (in Es-dur) und ausser unbe^
kannten Skizzen (S. 114 bis 133), Entwürfe zu dem in einem
andern Artikel*) erwähnten unvollendeten Concert fttr Piano-
forte in D-dur
1*1 r f, r-i^tZEi^ .
und (S. 140) die in Partitur geschriebenen, von der gedruckten
Fassung etwas abweichenden ersten zehn Takte des Kanons
»Kurz ist der Schmerz« in F-dur.**)
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Kurz
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*) XXIV.
'*'*) Es ist derselbe Kanon, den Beethoven am 3. März 1815 in Spohr's
Stammbuch schrieb.
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313
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Damit sehliesst das Skizzenbuoh.
EingaiigB wurde gesagt, dass das Skizzenbuoh der Zeit
Tou ungefähr August bis Deoember 1814 angehöre. Abgesehen
von den nur beiläufig berührten Werken sind also in jenem
Zeitraum der Reihe nach entstanden:
die Cantate »Der glorreiche Augenblick«,
das Lied »Des Kriegers Abschied«,
die Polonaise für Pianoforte in C-dur (Op. 89),
das Lied »Merkenstein« in seiner ersten Bearbeitung
in £s-dur und
der Kanon »Kurz ist der Schmerz« in F-dur (nicht
Yollständig).
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XXXIV.
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1815.
Dasselbe ist im Besitz von Ernst Mendelssohn Bartholdy
in Berlin und ist eines von den Heften, welche Beethoven in
der Tasche bei sich zu tragen pflegte. Es besteht, wie andere
Hefte dieser Art, aus in der Mitte zusammengelegten, durch
einen Bindfaden zusammengehaltenen Querfolio -Blättern und
zählt 60 grösstentheils mit Bleistift beschriebene Seiten. Ein
Theil der Skizzen ist mit Tinte nachgezogen. Als die Zeit, in
der es von Beethoven gebraucht wurde, lässt sich die von
Februar 1815 bis August desselben Jahres annehmen. Es läuft
eine Strecke mit dem im nächsten Artikel zu beschreibenden
Skizzenbuche parallel Einige in diesem Buche berührte Com-
positionen werden auch in vorliegendem Hefte berührt. Das
Yerhältniss des Skizzenbuches zum Skizzenheft ist klar. Das
Skizzenbuoh wurde zu Hause, das Skizzenheft ausser dem Hause
gebraucht. Lange fortlaufende Skizzen zu einem grösseren
Satz sind im Skizzenheft nicht zu erwarten. Wir begegnen
fast durchgehend nur kleinen Skizzen, augenblicklichen Ein-
fällen und Aufzeichnungen anderer und verschiedener Art.
Ausser mehreren unbekannten, zu übergehenden Entwürfen
und Andeutungen enthält das Heft der Reihe nach zunächst:
kleine abgebrochene Entwürfe
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315
Zwischensalz
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zum unvollendeten Clavierconeert in D-dur; eine Skizze,
Marsch nach der Trommel
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die möglicherweise in Folge der im Jahre 1815 an Beethoven
gerichteten Aufforderung entstand, fttr das bürgerliche Artillerie-
Corps in Wien einen Marsch zu schreiben*); eine Stelle
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Pr^ f I £/ r ^
de
aus dem Kanon »Kurz ist der Schmerz« in F-dur, aus der zu
entnehmen ist, dass der Kanon damals beinahe oder ganz
fertig war**); Skizzen
♦) In Folge dieser Aufforderung entstand schliesslich der im Druck
erschienene Militärmarsch in D-dur.
**) Es ist derselbe Kanon, der am Schluss des im vorigen Artikel
beschriebenen Skizzenbuches vorkam.
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316
Fug
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tu 8. W.
zum letzten Satz der Sonate Op. 102 Nr. 1*) und mehrere
zur letzten Hälfte der Ouvertüre Op. 115 gehörende Stellen,
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die wahrscheinlich während der Anfertigung der Partitur ge-
schrieben wurden. Bei der ersten Stelle (Takt 2) ist Beethoven
in die frühere Taktart der Ouvertüre hinein gerathen. Die
vorstehenden Stellen liefern den Beweis, dass die Ouvertüre
an dem zu Anfang des Autographs angegebenen Tage (1. Oc-
tober 1814) noch nicht fertig war. Zwischen und nach ihnen
erscheinen Entwtlrfe zu dem Liede »Merkenstein« Op. 100, von
denen der erste so anfängt
a due
Ater-kenstein
*) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum: »1815 gegen
Ende Juli.«
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317
uad der letzte der Melodie naeh mit dem Druck ganz über-
einstimmt. Es folgen nun: Ansätze
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Ler - ne schrvei-gen
schwei-gen
Freund
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fezzt
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a ' her
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zum Kanon :» Lerne schweigen«, die jedoch die gedruckte Form
nicht erreichen; liegengebliebene Ansätze
'A r T .H JTTj ^^
Sinfoni in hmoll
Pauken DA nur 2 .
ZU einer Symphonie und
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Sonate
Pastorale i
V
^nm-ra
Vdlo
Cemb.
^
ZU einer Sonate fllr Pianoforte und Violoncell; ein Ansatz zu
einem Marsch für »Hom in G« u. s. w.; doppelcontrapunktische
Uebungen mit einer unverständlichen Bemerkung;
Der G — pt der 5. und 3. ist leicht zu finden da er inner-
halb der Grenzen bleibt
ein Ansatz zu einer »Sonate in C-moU«; Entwtlrfe
r"r c I r_^JUi:rri r c
3^
Es zer- (heilt sich die Wel-le Es naht sich die Fer-ne
u. 8. w.
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318
zum zweiten Theil von »Meeresstille und glückliehe Fahrt«,
aus denen hervorgeht, dass das Werk ziemlich vorgeschritten
war; endlich Arbeiten zum letzten Satz der Sonate fttr Piano-
forte und Violoncell in D-dur.*) Das Fugenthema dieses Satzes
ist endgiltig festgestellt, erscheint aber immer bruchstückweise.
Beethoven sucht Engführungen, aus Motiven des Themas ge-
bildete Zwischensätze u. dgl.
ZSL
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^^^^f^Tw^vr
Die Skizzen zu genanntem Satz nehmen den meisten Raum
und ungefähr 22 Seiten des Heftes ein. Zwischen ihnen finden
sich u. A. Ansätze zu einem »Andante« in H-moU für »Bassi
pizzicati« u. s. w. mit einem »Trio« in H-dur fllr »Clarinetti«,
»Comi in D« u. s. w., wahrscheinlich für die früher angedeutete
Symphonie in H-moll bestimmt, und ein Ansatz zu einem Stück
»alla Polacca« in Es-dur mit der Bemerkung: »Ein Konzertant
♦) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum: »Anfang August 1815.«
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319
oder Sinfonie mit allen B. I. [Blasinstrumenten] solo auch
andere«. Die vielen im Skizzenheft liegengebliebenen Ent-
würfe sind ein Beweis, dass Beethoven während der Arbeit
an den Sonaten Op. 102 u. s. w. sich noch mit manchen andern
Compositionen trug. Auch Ansätze zu fugirten Sätzen kommen
zerstreut und in ziemlicher Anzahl im Skizzenheft vor. Hier
eine Zusammenstellung.
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la:
^^^^ Fuge
"•^if Cf r i sfcr^ ^
^&
Fuge
=^
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Bei allen Fugen
piano n. forte
Fuge
w- r ^ 'T-j
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^3L"sr r ^ ly te- i M-^w^
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M
^^=j u. s. w.
Erwähnenswerth sind auch zwei Notizen, zuei-st (Seite 3)
der Titel eines Buches
Gemälde der merkwürdigen Revolutionen von Samuel Baur
Ulm 1811 in der Stettinischen Buchhandlung —
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J
320
und dann (Seite 13) eine Nachricht über die Aufüihrang Ton
Beethoven'» »Schlacht bei Yittoria« in London.
im Durylane- Theater am löten Februar und auf aüge-
meines Begehren am ISten wiederhohU worden —
Wiener Zeitung vom zweiten März — *)
welche beiden Notizen wahrscheinlich in einem Gast- oder
Eaffeehause beim Lesen der Zeitungen niedergeschrieben wurden.
Die im Skizzenheft berührten und in, der angenommenen
Zeit von Februar bis August 1815 ganz oder nahezu fertig
gewordenen Compositionen sind der Reihe nach:
der Kanon »Kurz ist der Sehmerz« in F-dur,
das Lied »Merkenstein«: Op. 100,
die Ouvertüre Op. 115,
»Meeresstille und glückliche Fahrt« Op. 112,
der letzte Satz der Sonate Op. 102 Nr. 1 und
der letzte Satz der Sonate Op. 102 Nr. 2 (Vorarbeit).
*) In der »Wiener Zeitung« Tom 2. Harz 1816 steht: »Die Schlacht-
Symphonie, komponirt Ton Hm. yan Beethoven in Wien, und von
demselben Sr. königl. Hoheit dem Prinzen-Begenten gewidmet und über-
sendet, ist im Durylane- Theater am 10. Februar aufgeführt, und auf
allgemeines Begehren am 13. wiederhohU worden. Sie hat sehr starken
Zulauf und lauten Beyfall erhalten.«
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XXXV.
Ein Skizzenbuch aus den Jahren 1815 und 1816.
Das hier zu beschreibende Skizzenbuch ist im Besitz von
Eugen von Miller in Wien und besteht aus 56 Blättern in
Querformat mit 16 Notenzeilen auf jeder Seite. Es. ist, mit
andern Skizzenbtlchern von gleicher Grösse verglichen, weniger
reich an fortlaufenden Entwürfen zu grossen bekannten Werken,
als an Aufzeichnungen verschiedener Art. Wir gewinnen bei
der Betrachtung den Eindruck, dass die darin vorgenommenen
Arbeiten wenig drängten und dass Beethoven's Beschäftigung
mehr eine vielseitige, als eine auf ein bestimmtes Ziel ge-
richtete war.
Zuerst erscheinen (S. 1 bis 32) Arbeiten zu dem an einem
andern Orte angefangenen, unvollendet gebliebenen Clavier-
concert in D-dur. Wir setzen eine der grösseren Skizzen zum
Anfang des Stückes her.
Cembalo
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f^f/f | f^^r^ | j..^ nr^
loco
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322
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"• I"
^
Diese Arbeit wird unterbrochen (S. 1 bis 3) durch Ent-
würfe zu einer Romanze
m
h N
8 s r' e ^
Es blüht ei - ne Blu - me im Gar
t<ll
rr-i ; ; j^-i^ >' J J^J «^1 ^ u,
»ii?/w pfle - ^tfn
und zu einem Chor für Männerstimmen,
Bi^r r ^'M" p 'K i' ^' j H^H ^
u. s. w.
m
wir bmt ' eti und ster-hen, wir htm - en
Vivace
^^
'J! | I I ?- ..
JVir bau - en und ster - hen
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323
welche beide Stücke als Einlagen zu dem Schauspiel »Eleonore
Prohaska« von Friedrich Duneker bestimmt waren.*)
Das Skizzenbuch zeigt nun eine Lücke. Siebzehn Blätter
sind herausgeschnitten und ein Blatt ist halb abgerissen. Ver-
muthlich befanden sich auf den fehlenden Blättern Arbeiten
zum ersten Satz der Sonate Op. 101 und zu dem Liede »Das
Geheimniss«.
*) Die Stücke sind nicht gedruckt.
Eine Mittheilung von Leopold Sonnleithner lautet wie folgt: »Der
geheime Cabinetsrath Duneker aus Berlin (Joh. Friedr. Leop. Duneker»
erster Cabinetssecretär des Königs von Preussen und Geh. Ober-Begie-
rungsrath, f 1842) soll zur Zeit des Wiener Congresses das benannte
Schauspiel gedichtet, und Beethoven die Ouvertüre, Entr'acte, Chöre
und eine Traumscene dazu componirt haben. Die Censur (in Wien) soll
das Stück, das die Geschichte eines Mädchens darstellt, welches als
Soldat den Befreiungskrieg mitmachte, nicht erlaubt haben, und Herr
Duneker soll mit Beethoven*s Original -Partitur nach Berlin zurück-
gekehrt sein, wo er angeblich einen gleichfalls vergeblichen Versuch
machte, das Stück zur Aufführung zu bringen.« Dass Beethoven eine
Ouvertüre und Entr'acte dazu geschrieben habe, ist zu bezweifeln.
Eichtiger und übereinstimmend mit den vorhandenen Arbeiten erscheint
folgende, der »Neuen Zeitschrift für Musik« vom 20. August 1858 ent-
nommene Notiz: »Die dazu gehörenden Stücke waren: Chor, Romanze,
Melodram und der auf Wunsch des Dichters arrangirte Trauermarsch.
Letzterer wurde in Berlin wiederholt gespielt.« Vgl. auch die »Grenz-
boten« vom April 1857.
Eleonore Prohaska (Prochaska?), die Heldin des Stücks, geboren
in Potsdam am 4. März 1785, machte als freiwilliger Jäger unter dem
Namen Benz den Befreiungskrieg mit, fiel tödtlich verwundet am 16. Sep-
tember 1813 im Treffen bei Görde und starb am 5. October 1813 in
Dannenberg.
Im Leopoldstädter Theater zu Wien wurde zum ersten Mal am
1. März 1814 aufgeführt: »Das Mädchen von Potsdam (Eleonore Prohaska),
ein Schauspiel mit Chören in vier Aufzügen von Piwald, Ouvertüre und
Chöre von verschiedenen Componisten.« Das Stück wurde wiederholt
gegeben. Mit dem obigen Stück hat es keinen Zusammenhang. Die
Aufführung desselben macht aber die durch Sonnleithner überlieferte
Angabe, die Censur in Wien habe die Aufführung des Duncker'schen
Stückes nicht erlaubt, unwahrscheinlich, da sie doch die Aufführung
eines andern Stückes, das dieselbe Geschichte behandelt, erlaubt haben
mu88. Wahrscheinliche gelangte das Duncker'sche Stück deshalb nicht
zur Aufführung, weil das Sujet schon vorweggenommen war.
21*
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324
Die näehsten Skizzen (S. 33 bis 35)
iL-g-T ^ ::
^
dein In - ne - res dir nicht kund.
Im
betreffen das eben erwfthnte Lied »Das Gebeimniss«.*) Eine
dazu gehörende, den Vortrag betreffende Bemerkung
Innig vorgetragen — die Bewegung ja nicht schleppend^
doch auch nicht geschwind
ist im Druck etwas verändert worden. Zwischen den Skizzen
beginnt, als theoretische Studie im doppelten Contrapunkt, eine
Zusammenstellung von Intervallen. Eine darin vorkommende
Bemerkung
Falsche oder verminderte Terz in der ümkehrung die
übermässige 6.
Ausser den im Skizzenbuch vorkommenden zwei Stücken hatte
Beethoven, wie die »Neue Zeitschrift für Musik« richtig bemerkt, noch
zwei andere für das Duncker^sche Drama geschrieben. Diese Stücke
waren ein kurzes Melodram mit Begleitung der Harmonika und der für
Orchester gesetzte Trauermarsch aus der Sonate in As-dur Op. 26. Das
Autograph des übertragenen Marsches befindet sich in Wien. Der Marsch
ist nach H-moll versetzt und gesetzt für Streichinstrumente, 2 Flöten,
2 Clarinetten in A, 2 Fagotte, 2 Homer in D, 2 Hörner in E und Pauken.
Er ist überschrieben: »Trauermarsch«. Am Schluss ist mit Bleistift
bemerkt: »In gehender annehmlicher Bewegung.« Die zwei Theile des
Trios werden nicht wiederholt. Die Coda ist um 3 Takte gekürzt und
lautet (im Auszug) so:
1 i^ TTy. M^
i
Pauke
dim.
teEj-=£^^^ :j-^^;i ^^SH?Tr?^;a
Die Vortragszeichen stimmen meistens mit denen des Glaviersatzes (in
der ältesten Original -Ausgabe) überein. Bemerkbar macht sich, wie
dort, das wiederholte plötzliche Eintreten des p auf gutem Takttheil
nach vorhergehendem crescendo.
*) Das Lied erschien am 29. Februar 1816.
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325
wird Beethoven sohwerlieli eiaem Lehrbuch nachgeschrieben
haben. Kein Lehrbuch spricht von falschen Terzen.
Es kommen nun (S. 37 bis 47) Arbeiten zur Sonate für
Pianoforte und Violoncell in D-dur (Op. 102 Nr. 2).*) Hier
eine abgebrochene Skizze zum Anfang des ersten Satzes.
k ^n fjf] r \ ^ ^^ rr:^ mi
^^m
•i^ \ ^r \ r^ ^^^
Unter den Arbeiten zum zweiten Satz macht sich eine Auf-
zeichnung bemerkbar.
%
im Adagio
\ J^g^ | .^^"b4^t^a-»^ | C;
oder
m
^
(oder)
^ffif^^rr
(ode r) p=g^
^
Sie zeigt, dass Beethoven über die zu wählende Version einer
Stelle in Zweifel war. Im Druck lautet die Stelle wieder
anders. Die meisten Skizzen gelten dem letzten Satz. Das
Fugenthema erscheint vollständig und in seiner endgiltigen
*) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum: »Anfang August 1815.«
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326
Gestalt Wie in dem im Yorigen Artikel beschriebenen Skizzen-
heft, so suoht Beethoven auch hier Engflihrungen, Yerkleineningen
des Themas, aus Motiven des Themas gebildete Zwi^hensätze
u. dgl. Hier eine Skizze zum Schluss des Satees.
ff-ri^
fj f^ | ,¥f
tJ £ »^
^
Aus der Beschaffenheit sämmtlicher Skizzen geht heiTor, dass
die Sonate ihrer Beendigung nahe war.
Bevor wir weiter gehen, ist noch von einer Erscheinung
Kenntniss zu nehmen. Neben einer auf den letzten Satz der
genannten Sonate zu beziehenden Skizze, die sich meistens in
H-moU bewegt, im Druck aber nicht verwendet ist, findet sich
die Randbemerkung:
hmoU schwarze Tonart,
Das ist ein Beitrag zur Charakteristik der Tonarten, den Beet-
hoven gewiss nicht aus fremder Quelle geschöpft hat.*)
*) Schindler berichtet (Biogr. n, 164), Beethoven sei ein Anhänger
der Theorie Chr. Friedr. Dan. Schubart's über den verschiedenen Cha-
rakter der Tonarten gewesen, habe aber dessen Ansichten nicht alle
getheilt. Schubart spricht in seinen »Ideen zu einer Aesthetik der Ton-
kunst« nirgends von einer schwarzen Tonart, wohl aber von gefärbten
und ungefärbten Tönen, von stark colorirten Tönen, von einem finstem
Ton u. s. w. Die Tonart H-moll ist nach ihm »gleichsam der Ton der
Geduld, der stillen Erwartung seines Schicksals« u. s. w.
Dass die Tonarten für Beethoven eine symbolische Bedeutung
hatten, dass er ihnen einen verschiedenen Charakter zuerkannte, geht
auch aus andern Mittheilungen hervor. So hat uns Friedr. Bochlitz (»Für
Freunde der Tonkunst« IV, 356) eine Aeusserung Beethoven's über
Klopstock aufbewahrt, in der folgende Worte vorkommen: »Er fangt
auch immer gar zu weit von oben herunter an; immer Maestoso!
Desdur! Nicht?«'
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327
Die Arbeiten zur Sonate werden (S. 42) unterbrochen
durch Entwürfe zu dem irischen VolksKede »Robin Adair«.*)
Die Singstimme sempre piano
rr-ri J; •" ^ h -i ^ M ^
rrr-rjr r rr
r
'>• r r r i tft i r r r i r r h
Dann, nach Beendigung der Sonate ^ kommen eine ziem-
lich lange Strecke hindurch andere kleine Entwürfe und Be-
merkungen oder Aufzeichnungen verschiedener Art. Mehrere
beziehungslose Skizzen können übergangen werden. Anzuführen
sind zunächst: (S. 48 f.) Entwürfe zu einem ungedruckten
schottischen Liede;**)
^^^^l^lri^ f^ :
^
m
^^m
Eine Singstimme
— »^
^
^
*) Das Lied steht mit andern Liedern in einem in der königl.
Bibliothek zu Berlin befindlichen Autograph, das das Datum hat:
»1815 den 2dten Weinmonath.« Gedruckt ist es in >12 verschiedene
Volkslieder« Nr. 7.
**) Das Lied findet sich in dem in der vorigen Anmerkung au-
geführten Autograph, wo es gleich auf das vorhin genannte Lied folgt.
Eine andere, zweistimmige Bearbeitung des Liedes ist als Op. 108 Nr. 11
gedruckt.
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328
eine dazwischen vorkommende prosodische Studie über Home-
rißche Worte;
Hexameter
gqL-f g r c ^-
^
s
^
=S=P:
^
war es einan-derer nun den wir Da -na -er ehr^ten mit Weitkampf
Ansätze zur Composition von Goethe's »Gesang der Geister
über den Wassern«*);
m^
^
t < I ■.
=«=pc
^S
VomHim-mel kommt es, zum Bim-mel steigt es wie-der nie -der und
^3E
gnrnrrxj
=E
wie- der nie - der Er - de muss es
(S. 51) eine Andeutung,
auf jede Note einen Schritt
e ' wig wecJiselnd
: r:;r^TTj J=:JL| J J I J j^^
die wahrscheinlich auf einen später im Skizzenbuche vor-
kommenden Parademarsch zu beziehen ist und den dabei zu be-
obachtenden Rhythmus angeben soll; gleich darauf ein Entwurf
Fuge
£±
rj| r r r i r r
f^ Ende langsam
*) Beethoven schreibt am 23. Juli 1815 an Erzherzog Rudolf: »Als
Sie sich neulich in der Stadt befanden, fiel mir wieder dieser Chor ein.
Ich eilte nach Hause, selben niederzuschreiben, allein ich verhielt mich
länger hierbei, als ich anfangs selbst glaubte, und so versäumte icli
I. K. H. zu meinem grössten Leidwesen.«' Ob mit dem Chor der obige
Gesang oder »Meeresstille und glückliche Fahrt« gemeint ist, ist zweifel-
haft. Will man auf das in der Briefstelle vorkommende Wort »wieder«
Gewicht legen, so muss man es für wahrscheinlich halten, dass Beet-
hoven den letztgenannten Chor gemeint hat. Er würde jenes Wort
schwerlich vou dem andern Chor, zu dem sich nur die obigen Skizzea
vorfinden, gebraucht haben.
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329
mit einem Anklang an das Thema des zweiten Satzes der
neunten Symphonie; und eine bei einer liegengebliebenen Skizze
vorkommende Bemerkung.
Sinfonie erster Anfang in bloss 4 Stimmen 2 Viol, Viola
Basso dazwischen forte mit andern Stimmen u, wenn
^nöglich jedes andere Instrument nach u, nach eintreten
lassen —
Dann erscheinen (S. 52) Andeutungen und Ansätze zur Com-
position einer Oper.*)
TT f r f ^ff^^r]^ I ^ r r 1 ^
gü-ti-gerPan
es miiss abge . . tet werden aus dem B, M,
Tanz nur absatzweis —
: nicht ganz so
: bezeichnet
wo der
^EE^m
Comi
Dissonanzen vielleicht in der ganzen Oper nicht aufgelöst
oder ganz anders da sich in diesen wüsten Zeiten unsere
verfeinerte Musik nicht denken lässt. — muss das sujet
durchaus ais schäfermässig behandelt werden
!> r> r ^ ^ J U ^^
^
p r P
£
^
5
S
*) Beethoven hatte damals zwei neue Opemtextbücher in Händen,
eines »Bomulus« von Priedr. Treitschke, das andere »Bacchuse, das er
im März 1815 erhielt. Ob das Sujet, das er im Skizzenbuche vorhatte,
einem dieser Bücher oder einem andern Libretto angehört, muss dahin-
gestellt bleiben. — Die Leipziger AUg. Musik. Zeitung v. J. 1815 be-
richtet (S. 854) in einer »üebersicht der Monate October und November«:
»Unser genialer Beethoven soll, dem Vernehmen nach, an einer neuen
Oper: Romulus, gedichtet von Treitschke, arbeiten.« Es scheint aber
nicht, dass Beethoven die Composition begonnen habe, da er am 24. Sep-
tember 1815 an Treitschke schreibt: »Ich würde schon lange ihren Bo-
mulus angefangen haben« u. s. w.
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330
fVeiber
unis.
^
Volksgesang
ti - ge hei - li - ge
Männer ' I
unis. zzzzm
^ J^
1
£
r I r c-t.
gü - ti ' ger schü-tzen-der se - gen -der Pmi
^
i:
^
^
Diesen Notirungen folgen: (S. 55) eine Randbemerkung;
Bücher — für Karl*)
(S. 55) ein in Partitur gesetzter Theil des Räthsel - Kanons
»Lerne schweigen«**),
piano I
/TT^rg
|B^
E^
^
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ic^
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GoM /«tu
te-res Gold Ler-ne
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zjatjät
Q T3=^3^^
^
g
^
^
S
p C i r ^^L^ u^
♦) Karl van Beethoven, geboren am 4. September 1807, der Sohn
von Beethoven's Bruder Karl. Letzterer starb am 15. November 1815.
Am Tage vorher hatte er sein Testament gemacht. Obige Bemerkung
kann schwerlich vor diesem Tage geschrieben sein. Vgl. Schindler's
Biogr. I, 252; Thayer's Biogr. HI, 355.
*♦) Am 24. Januar 1816 war der Kanon fertig. Beethoven schrieb
ihn an diesem Tage mit dem gleich zu erwähnenden Kanon »Rede,
rede« in ein Stammbuch.
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331
aus dem hervorgeht, dass der Kanon noch nicht fertig war
und dass die Zusammensetzung der Stimmen einige Mühe ge-
macht hat (die hinauf gestrichenen Noten im 2. und 3. Takt
der Ober- und Mittelstimme sind später geschrieben); (S. 55)
der oflFen geschriebene, mit der gedruckten Form ttberein-
stimmende Kanon )»Rede, rede«;
Lebhaft
~^ — h — f — r^
l ' '— -H
^ ^ ^ — i-
Rede
die erste Strophe des J. M. Miller'schen Liedes »Die Zufrieden-
heit« mit einer von Beethoven gesetzten Melodie*);
|%)i ."ir J'f r i ff f' J J i ,^ r"f^^
Was frag ich viel nach Geld und Gut, wenn ich zu - frie - den
g f 7 ^ oL^
W
bin!
Giebt Gott mir nur ge - sun - des Blut, so
^^
^^
1 1 d \ J ^
hab ich fro^ - hen Sinn
und sing aus dank - ba-
s
s
m
^
¥ U>
rem Ge - müth mein Mor - gen- und mein A - bend - lied.
*) Bekannt sind die Melodien von Mozart und Chr. G. Neefe. Dass
die obige Melodie von Beethoven gesetzt ist, geht ans dazu gehörenden
Varianten und darin vorgenommenen Aenderungen hervor. Beethoven
hat auch ein Vorspiel dazu und eine zweite, etwas abweichende Melodie
angefangen, aber nicht beendigt. Die Vermuthung liegt nahe, dass das
Lied für den damals ungefähr acht Jahre alten Neffen Karl bestimmt
war. Dieselbe Bestimmung mag auch ein später erscheinendes Volks-
lied gehabt haben.
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332
und endlieh (S. 60 bis 65) wieder eine längere Arbeit, näm-
lich Entwürfe zu dem von C. L. Reiseig gedichteten Liede
»Sehnsucht«.*)
Hier wiederholt sieh die Erscheinung, die man bei der
Entstehung aller andern gedruckten Lieder, und seien es auch
sogenannte Gelegenheitslieder, beobachten kann. Das Lied
»Sehnsucht« ist keineswegs ein Product des ersten Augenblicks,
sondern das Ergebniss anhaltender, fortgesetzter Arbeit Die
Melodie wird stückweise zusammengesucht und ist in einer
beständigen Metamorphose begriflfen. Erst bei fortgesetzter
Arbeit und allmählich ftlgen sich die gefundenen Theile an
einander und gruppiren sich erst zu einem kleineren, dann zu
einem grösseren Bilde. Beethoven versucht das Lied in ver-
schiedenen Taktarten, triflft aber gleich die richtige, d. h. die
am Ende beibehaltene Tonart, von der er im Verlauf der
Arbeit nur einmal abweicht. Wie oft er das Lied angefangen
hat, mögen folgende Auszüge aus dem Skizzenbuch veran-
schaulichen.
M
moUo adagio
^ ; ; ; j ^
m
^^
Die Stil - le Nackt um - dun-kelt, er-^i-ckend Thal und Höh
J' J' / ; JU^^fM'j'iJiH l ^ l lTTJ /J ;
Die stalle Nacht
Die stil'le
iSif^prjynj^ j ^i j
P=^
it=±:
Die slil-le
iiy^ J. I ITTT? /'J\]' ji Ji TTTTB
Die stil'le
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Die Stil - le
*) Das Lied erschien im Juni 1816.
Die
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333
rjj.j'j.j.fffi^j-J-^J' i J' j'j^^rg
slil'le
DerSlem der Liebe funkelt
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Der
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j ^ ; ^-^
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334
Bald nach dieser Skizzengruppe erscheint (S. 68 bis 73)
eine andere, die ihrer Beziehung wegen noch mehr geeignet
ist, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen. Es sind
Skizzen zum Liederkreis »An die ferne Geliebte«.*) Man be-
trachtet dieses Liederwerk als den Urquell, aus dem spätere
Liedercomponisten, vor allen Schubert, schöpften. Die Skizzen
— wir haben hier auch die ausser dem Skizzenbuch vor-
kommenden Skizzen im Auge — beweisen, dass dieser Quell
mtlhsam aus der Tiefe herauf geleitet werden musste. Der
innige, überall treffende und doch so einfache Ausdruck, der
dem Liederkreis eigen ist und weswegen er als ein bleibendes
Muster hingestellt wird, sollte gleichsam nur durch die Zu-
dringlichkeit erreicht werden, mit der Beethoven dem Texte,
jedem einzelnen wichtigen Worte, seinem Klange und seiner
Bedeutung nach, zusetzte. Wie bei andern grosseren Gesang-
eompositionen hat Beethoven auch hier die Worte des Textes
nicht immer in der Reihe, in der sie gedichtet sind, vorge-
nommen, sondern meistens den Text an mehreren Stellen
zugleich angefasst Im Uebrigen wiederholen sich die Er-
scheinungen, die sich bei Skizzen zu kleineren Liedcomposi-
tionen beobachten lassen.
Der Liederkreis ist nicht, wie das Lied »Sehnsucht«, in
vorliegendem Skizzenbuche angefangen und beendigt worden.
Die ersten Skizzen dazu finden sich auf einzelnen Blättern.
Sie sind mit Bleistift flüchtig hingeschrieben. Eine Vergleichung
derselben mit den später vorzulegenden, im Skizzenbuch vor-
kommenden zeigt, dass in letzterem die Arbeit über ihr erstes
Stadium hinaus war. Man braucht nur eine Skizze zum An-
fang des Liederkreises,
f c p F I r ^ ^~gl
mif dem Hü- gel
wie sie eines jener Blätter bringt, anzusehen, um darnach den
Weg ermessen zu können, der noch durchzumachen war, um
*) Das Autograph zeigt das Datum: >1816 im Monath April.«
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335
für die ersten Worte den treffenden Ausdruck, wie wir ihn
kennen und wie ihn sehr annähernd schon das Skizzenbuch
bringt, zu finden. In obiger Skizze bewegt sich die Melodie
bei den Worten »sitz ich spähend« abwärts; im Skizzenbuche
und im Druck wird sie aufwärts geführt, und erst bei der
zweiten Silbe des Wortes »spähend« erfolgt ein Sprung ab-
wärts. Dieser Sprung, der ftlr das Wort »spähend« so charak-
teristisch ist, umfasst im Skizzenbuche im Anfang meistens
eine Septime; erst zuletzt bekommt der Sextensprung den
Vorzug.
Im Druck hat das letzte Gedicht zu Anfang seine eigene
Weise, und erst bei der letzten Strophe desselben wird auf
die Melodie des ersten Liedes zurückgeleitet. Im Skizzenbuch
aber erscheint das letzte Gedicht von Anfang an nur mit der
Melodie des ersten Gedichtes. Daraus ist zu schliessen, dass
der Liederkreis im Skizzenbuche nicht beendigt wurde und
dass einige Zeit vergehen musste, bevor ihn Beethoven ins
Reine schrieb.
Wir bringen hier einen Auszug der Skizzen in der Folge,
in der sie im Skizzenbuch erscheinen und wahrscheinlich auch
geschrieben sind.
: J' l J- r S C
^
m
ä
Auf dem Eü-gel sitz ich spä-hend in das blau-e Ne-bel-land
r [! i: f' I r xJL j
TEH
3^
WO ich dich
in das
^
^^
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#r-#
blau - e ^e -hei - Umd
oder
JiJ- -"-^jU jj l ^^
PÄ=
in das blau-e
r^Ar'.n- j'W ;, jiJ-p f,nr
weich dich Ge- liebte Auf dem Hü -gel
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336
(Aenderung).
^
blau-e Ne - bei-
t r^nrjxdJ_Ji
^^
^
Auf dem Hü-gd
in das blaute Ne- bei -fand, nach den
h S
^
# P I P
e^
•ff~ir-tr
fer-nen Triften se - hend Auf dem Hü- gel
oder
in das
^t
*Zäw^ A^^ - ft^/-
J J / J
71 J. J^ «1^ Mr=r^
«:
^ZöM - e Ne - bei- land, nach den fer-nen Triften
oder
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3tz=6c
r^-r j. J I J jl l -j J l f';; p
u4w/* rfem J?M - gel
in das
^^
-V-K
f^=?^
ÄZÖ*
tt rg r g-U-HLc^
Dtzf:
7iac/i ^^n
^
wo ich dich Ge-lieb-te
-iL.
J^^ I r ^ JlU^^ ^
fand.
fct^^C Cllni^
Wo rfiV ^er - ge so blau
Letzter Vers
r g [i
Leichte Seg-ler in den Hö-hen und Nimm sie hin denn, die-se
S^
j-j' ^\r r t-
j « ^ j I ; ä
3C=«^
/.!> - rf«r, die ich dir Ge - lieb - te sang, sin -ge sie dann A - bends
Digitized by
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337
^ J JV^TIp^ /
W
5S
^^
wte-der zu der Laute süs - sem Klang, die ich dir Ge-lieb - te
r j' j, I j j j' .'^ ^a
^
£=K
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Am^j «m - ^« $1« dann A - hends tvie-der
Auf dem. Ir l l ■•■ l
I
l if
?s=:t^
^^
^
i* y
^JH^-M^
nach den fer-nen Triften se - hend, wo ich dich Ge - liebste
^
fc
f \ j. j x \ i> j i
^s
fand.
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Jf^ö rft> Ber-gc so blau aus dem
-}. j j i js i ^rr] j. j
^^
neb-li - ^^n Crau schauen her -ein wo die Son-m ver-glüht,
^ ^'c r ^P^=^^?fgwrrrr r^
wö die WoV-ke um -zieht möchte ich sein!
Seg-ler
i; e f I I ji ;» I j . J "^ ^1 -^ ; 5 ^
I
in den Bö-hen Auf dem Bü-gel
(Variante)
r wr^ j
ittK
r=^
^
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' # • —
5: #• fkw?Ä rfdn fer - «^n Triften se * /i^nrf, wo wA
22
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338
^^
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dich Ge - lieb - ^^ /«nfl?.
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r^j. ^.i i fr rif'r r ^' i Jr^
Ber-ge so blau
schauen her - «tn
j ;H- *' J1 j. ^ ^ir rpir g ^
fTö </iV Son-ne ver - ^/fi^^
möchte ich
' rrrlr ™^l^'rrrl ^- J F^
sein.
Dort im ru - hi - gen
J. J jL-jr-faib J. ; / ;:=gFF?
r^aZ schweigen Schmerzen und Qual
^^r^'^^^-^^^H^i^T-:'-T^=^=n^
möchte ich sein.
^i> J J J-if* J J j | b^b,=i& :^=itQ^
Leich'te Seg-ler in den Bö-hen Leich-te Seg - (er
ysj, 1 ryv I r "i ^^T^i xi\ If ^
^
in den Bö-hen und du Bach- lein
^^/^ * ^yj M' ^J * '/p^pp7|^^g1P1flTpt
tausendmal,
oder das zweitemal - ^ m m * L^ • ^a ^-p-
^s
:?t«
Digitized by
Google
339
3ter Vers moll
^ P b t, * • ^ J sempre 4tel sostenuto j J * J '
fVird sie an den
treu in dei-nen
Ällegro
rT t M^ r^ ri r ^ ^^^^F^
Wo - gen se - hen mei - «^ Thrd-nen oh-ne Zahl Die - ^^
U r r i f ^'f r i L^rr-ifTB i Jj'^
Wol'ken in aen Höhen
tili
Jr ^ l fj^ r i r ( ;TiP .r p | fffr c
se-hen
spielen
nehmt mich mit
Diese Weste werden
f> n^ j jj-
iVtmm «V Am denn die-se Lie - rf^r
^
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^
p I p t | J 7 li^=#
fct
zu «{«r
^^
J I I JtlJ
Zau - ^^ sUs-sem Klang, weiht tmd ein lie -bend Herz er-
Jlj J JIt^
fTTlr r
^ j^v /;
rei'Chet
ja ein lie - ft^nrf IT^rz ge - we/At
rp p"3 ;'-jfrruL^J-i:^LiJA
Es kehret der Mai-en, es blü-het die Au, die LUf-te
rrrri^ V^riH-;^ ^fir ^^^
rinnen. Die Schwalbe die kehret
T3^-m
■f ■
^
sie baut sich
Die
r e J' J c
Lie - fttf soll woh-nen da drin-nen.
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340
Zwischen diesen Skizzen erscheint ein bekanntes Volkslied.
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y?=r
m- ten drei Rei-ter
Beethoven hat es wahrscheinlich aus Reichardf s »Eunstmagazin^
(I, 155) abgeschrieben.
Später (S. 76 bis 85) kommen Arbeiten zum zweiten Satz
der Sonate in A-dur Op. 101. Auf einen grossen Theil des
Satzes sich erstreckende Skizzen kommen, ausgenommen zum
Kanon, nicht vor. Man sieht fast nur Bröckelwerk. Jede Skizze
bricht ab. Es würde schwer sein, zwischen den einzelnen
Skizzen einen Zusammenhang herzustellen, alle ihre Beziehungen
zu finden, wenn man das gedruckte Stück nicht kennte. Den-
noch hatte Beethoven bei solcher Arbeit in Bezug auf die
ganze Anlage, auf den Modulationsgang u. dgl., wenn auch
nicht gleich zu Anfang, so doch bald, einen Plan im Auge.
Die zuerst erscheinende Skizze, die wegen theiiweiser
Unleserlichkeit nicht gut wiederzugeben ist, die aber eine un-
verkennbare Aehnlichkeit mit den ersten 3 oder 4 Takten
des gedruckten Satees zeigt, ist überschrieben:
2t€S Stück ÄUegro mar da
Aus dieser Ueberschrift erhellt, dass der erste Satz bereits
früher angefangen oder schon fertig war. Skizzen zu diesem
Satz haben sich nirgends gefunden. Hierauf gründet sich die
früher ausgesprochene Vermuthung, die ziemlich zu Anfang
des Skizzenbuches abgängigen Blätter könnten Skizzen dazu
enthalten haben.
Nach einer bei einer andern Skizze stehenden Bmierkung
Erster Theü in A ohne i\,\ repet.
sollte der erste Theil des Satzes in A-dur schliessen und nicht
wiederholt werden. Beethoven wurde später andern Sinnes.
Die Fortfllhrung der ersten Takte des ersten Theils zu
finden, hat Mühe gekostet Manche Versuche sind dazu an-
gestellt worden. Wir legen zwei Skizzen, in denen viel ge-
ändert wurde, vor, zuerst diese (S. 80),
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dann diese (S. 84).
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342
(Der ursprüngliche Entwurf steht unten; die später geänderten
Stellen stehen darüber.) Am Sehluss der letzten Skizze ist
bemerkt:
Hernach in Ädur thefn.-
Hier wurde also auch die Tonart A-dur zum Zielpunkte ge-
nommen. Offenbar legte Beethoven auf die Anbringung der
Tonart Werth. Auch im Druck ist sie angebracht, jedoch an
einer andern Stelle, als bei den Skizzen angegeben ist.
Auch der Kanon hat einige Mühe gekostet. Hier (S. 85)
der Anfang einer Skizze.
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Während der Arbeit am zweiten Satz entstanden An-
deutungen und Ansätze zu den letzten Sätzen der Sonate.
Der dritte Satz sollte ursprflnglioh so
Stes Stück poco AUegretto
i f; inJJ^JJ^^ kl ^ l it^pj » -^ ^
beginnen. Zum letzten Satz finden sich nur zwei abgebrochene
Skizzen, zuerst diese (S. 77),
Letzte presto
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J-^g I E JEJ^^ I P jj/ -g g-1
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344
bald darauf (S. 78) diese.
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Man sieht, nur das Hauptmotiv ist gefunden, das aber nicht,
wie im Druck, als ein ftlr sich bestehendes Glied, sondern
als Bestandtheil eines längeren Abschnittes erscheint. Beet-
hoven hat die Arbeit zum letzten Satz in einem andern Skizzen-
buche fortgesetzt.*)
*) Das Aatograph der Sonate hat die üeberschrift : »Nene Sonate
für Ham 1816 im Monath November.« Beethoven hat das Wort:
»Hammer-Klavier« nicht ausgeschrieben. Gewiss war er in Zweifel, wie
er es schreiben sollte. Man wird in dieser Ansicht bestärkt, wenn man
einen Brief liest, der sich auf die Sonate bezieht und geschrieben wurde,
als sie schon im Stich war. Der Brief ist an den Verleger Tob. Has-
linger gerichtet und lautet:
Die nun noch zu machende Korrektur ist mir sogleich zu über-
senden — was Seite 15 im letzten Stack betrifft, so dürfte es
gut seyn hey den Takten 18 19 20 21 die Buchstaben zu setzen,
— Es ist solches dem Hr. Adjutanten überlassen — in Betreff
des Titels ist ein sprachkundiger zu befragen, ob Hammer oder
Hämmer Klavier oder auch Hämmer- Flügel zu setzen, — Der-
selbe Titel ist mir auch vorzuweisen, —
L, V. Beethoven,
[Aussen:] an den AdjuloHten,
Die »Buchstaben«, die Beethoven meint, sollten zur deutlicheren Be-
zeichnung des Contra-E im zweiten Theil des letzten Satzes (Takt 109 ff.
des zweiten Theils) angebracht werden. Das Original des mitgetheilten
Briefes war früher im Besitz der Wittwe Haslinger in Wien und ist
dem spätem Besitzer entwendet worden.
Schindler sagt (Biogr. I, 240, 243), die Sonate sei im Februar 1816
in Wien öffentlich gespielt worden und Beethoven habe das gedruckte
Widmungsexemplar der Sonate am 23. Februar 1816 versandt. Diese
Angaben sind falsch, wie sich theils aus dem im Autograph angegebenen
Datum, theils aus dem Datum des Erscheinens der Sonate (Februar 1817)
ergiebt. Thayer hat (Biogr. III, 382, 384) Schindler's Angaben beibehalten.
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345
Es kommen nun (S. 86 bis 107) Arbeiten zum ersten und
dritten Satz eines unvollendeten Trios in F-moU flir Piano-
forte, Violine und VioloncelL Der Anfang des ersten Satzes
erscheint zuletzt in dieser,
irdi\r ri f i f f^i;77jj|^ i
^^iiii.i'if^ i ^^
das Hauptthema des letzten Satzes einmal in dieser Fassung.
=ggTgr ft±d^f^i^^
Beethoven hat später angefangen, den ersten Satz in Partitur
zu schreiben und denselben ziemlich zu Ende geführt. Dann
blieb die Arbeit liegen.*)
Zwischen den Skizzen zum Trio erscheinen: (S. 87) eine
Randbemerkung,
Varioitionen aus meinem Jünglingsalter
die wir, in Ermangelung einer andern oder besseren Deutung,
mit der Veranstaltung einer neuen Ausgabe der Variationen
*) Von den zur Reinschrift verwendeten Blättern sind nur wenige
vorhanden, und anter diesen fehlt das erste Blatt, welches den Anfang
des Trios enthalten mnss und nach dem sich Genaueres angeben Hesse.
Das Trio ist in einem Briefe gemeint, den Beethoven am 1. October 1816
an den Verleger Birchall in London schreibt und in dem es heisst:
»I offer you of my Works the following new ones. A Grand Sonata for
the Pianoforte alone £ 40. A Trio for the Piano with accompt of Violin
and VioloDoell for £ 50.« Die erwähnte Sonate kann nur die in A-dnr
Op. 101 sein. Das Trio in B- dur Op. 97 kann in dem Briefe nicht ge-
meint sein, denn Birchall hatte es schon. (Vgl. Chrysander's Jahrbücher,
I, 429 ff.).
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346
Aber das Thema »Venni Amore« oder eines andern Variationen-
Cyklus aus Beethoven's früherer Zeit in Zusammenhang bringen
möchten; (S. 93) eine Tonlei ter-Uebung;
Scalen für Lernende
80 auch hinauf, u. umgekehrt die rechte Hand eben so
hinauf u, hinunter une die linke
(S. 95) eine mit Bleistift geschriebene Briefstelle*);
Ich nahm die Wohnung indem ich dachte, dass Ew.
K, Hoheit mir einen kleinen Theü erstatten würden ohne
dieses hätte ich sie nicht genommen —
und (99 f.) Entwürfe zu dem Liede »Der Mann ron Wort«
Op, 99.**)
♦) Beethoven's Wohnung im Mai 1816 war: Seilerstätte Nr. 1055
und 1056. Im März 18l6 bezahlte er, so schreibt er an Ferd. Bies,
1100 Gulden Hauszins. Ob eines dieser Daten mit obiger Stelle in Ver-
bindung zu bringen ist und ob Beethoven einen Brief geschrieben hat,
in dem die Stelle vorkommt, muss dahingestellt bleiben.
**) Das Lied erschien im November 1816.
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347
Dann (S. 108 big 112) kommen Entwürfe zu dem frflher
erw&tmten Parade- oder Militairmarsoh.^) Hier eine Zusammen-
stellung von mehreren auf das Anfangsthema sieh beziehenden
Skizzen.
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i" r c/ r r rr ^ ^
Die Skizzen bestätigen die wiederholt anderwärts gemachte
Bemerkung, dass Beethoven's Verfahren, ein gefundenes Thema
wiederholt umzuändern, sich auch auf Gelegenheitscompositionen
erstreckt. Der Marsch erreicht die endgiltige Form nicht. Beet-
hoven hat die Arbeit dazu an einem andern Oi*te fortgesetzt.
Mit Skizzen zum Marsch schliesst das Skizzenbuch.
In unserer Darstellung sind manche unausgeführt gebliebene
Skizzen und einige Stellen, die abgeschrieben sein mögen, un-
erwähnt geblieben. Als die hervortretendsten von solchen
Skizzen und Stellen sind zu verzeichnen; (S. 9) Anfang einer
Doppelfuge in A-moU; (S. 33) »Sinfonia« in D-dur; (S. 37)
Anfang eines Vocalsatzes »Ehre sei dir«; (S. 39) zwei fugirte
Stellen, wahrscheinlich abgeschrieben; (S. 41) Anfang einer
Doppelfuge in D-dur; (S. 43) )i»Allemande« und »3tes Stück«;
*) Das Autograph ist überschrieben:
parade — am 3ten Juni 1816.«
»Marsch zur grossen Wach-
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348
(S. 47) »Pastorale« in C-dur; (S. 50) »Sonate in Desdur«;
(S. 51) drei instrumentale Anfinge in B-dur und D-dur;
(S. 53 f.) mehrere versohiedene Ansätze zu Instrumentalcom-
positionen; (S. 67) ein Anfang in F-moll,
als Deutseher vom letzten Stück
wahrscheinlich zum unvollendeten Trio bestimmt; (S. 105) der
nämliche Anfang mit derselben Ueberschrift; (S. 106) »Sinfonie«
in Es-dur und »Sonate« in £-dur.
Die im Skizzenbuch berührten und in der anzunehmenden
Zeit von Mai 1815 bis Mai 1816*) ganz oder nahezu fertig
gewordenen Gompositionen sind der Reihe nach:
zwei Stücke zu »Eleonore Prohaska« (ungedruckt),
(dem Vermuthen nach: erster Satz der Sonate Op.l01,)
das Lied »Geheimniss«,
Sonate Op. 102 Nr. 2,
irisches Lied »Kobin Adair«,
schottisches Lied (ungedruckt — andere Bearbeitung:
Op. 108 Nr. 11),
Kanon »Lerne schweigen« (Vorarbeit),
Kanon »Rede, rede«,
Lied »Sehnsucht« (»Die stille Nacht umdunkelt«),
Liederkreis Op. 98 (nicht beendigt),
zweiter Satz der Sonate Op. 101,
Lied »Der Mann von Wort« Op. 99 und
Marsch in D-dur für Militairmusik (nicht beendigt).
*) Offenbar ist die hier angenommene Zeit etwas zu weit gemessen*
Das Skizzenbuch kann ganz oder fast ganz dem Jahre 1815 angehören.
Der umstand jedooh, dass die letzten im Skizzenbuch berührten Gom-
positionen alle ins Jahr 1816 hinüber spielen, liess es rathsam erscheinen,
die Zeit nach dieser Seite hin nicht zu früh abzug^renzen.
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XXXVL
Ein Skizzenbucli aus dem Jahre 1817.
Dieses Skizzenbuch ist in andern Artikeln wiederholt er-
wähnt worden, und es kommt hier nur darauf an, dasselbe in
seinem Zusammenhang zu betrachten und von einer Anzahl
Skizzen und Bemerkungen, welche früher übergangen wurden,
Eenntniss zu nehmen.
Das Skizzenbuch ist buchbindermässig gebunden, hat einen
alten bunten Umschlag, ist beschnitten, ist ungefähr 16 Genti-
meter hoch, 13 Centimeter breit und besteht aus 128 grössten-
theils beschriebenen Seiten. Das kleine Format und der Um-
stand, dass fast alle Skizzen und Aufzeichnungen ursprünglich
mit Bleistift geschrieben und zum kleinen Theil später mit
Tinte nachgezogen sind, lassen darauf schliessen, dass es zum
Tragen in der Tasche bestimmt war und meistens ausser dem
Hause gebraucht wurde. Hier und da vorkommende Wachs-
flecken können zu Hause bei dem Nachziehen mit Tinte oder
bei dem Aussetzen der skizzirten Compositionen entstanden
sein. Der Besitzer des Skizzenbuchs ist A. Artaria in Wien.
Auf der Bückseite des vorderen Umschlagblattes steht:
Poldrini
1817
Mit inniger Empfindung, doch entschlossen, woM
accentuirt u, sprechend vorgetr,
»Poldrini« hiess der damalige Gesohäftsfbhrer der Hand-
lung Artaria u. Comp. Hatte er Beethoven das Buch zum
Geschenk gemacht? Aus der angeführten Jahreszahl ist zu
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350
entnehmen, dass das Skizzenbuoh im Jahre 1817 in Angriff
genonmien wurde. Die dann folgende Bemerkung, welche
sp&ter hingeschrieben wurde und in der das Wort »inniger«
nachträglich eingefttgt wurde, war zur Ueberschrift oder Vor-
tragsbezeichnung des Liedes »Resignation«, zu dem Arbeiten
im Skizzenbuch vorkommen, bestimmt. Im Druck des Liedes
ist das eihgefllgte Wort »inniger« weggeblieben«
Die zuerst erscheinenden Skizzen (S. 1, 2 u. 7)
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-ß-p^
i^ f - U. 8. W.
betreffen die bereits an einem andern Orte erwähnte un-
vollendete Fuge für fünf Streichinstrumente in D-moll*). Da-
zwischen finden sich (S. 4)
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^^^',\i \ 4}tl4^^
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^ ^
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zwei Stellen aus der Fuge in B-moU im ersten Theil von
Bach's Wohltemperirtem Ciavier, ein Ansatz
u —
- u ^ -
^
^
^
Zum Ba - de, zum Ba - de^ vom Blu - men - ge - sta - de
zur Composition von Matthisson's Badelied mit metrischer Be-
zeichnung, (S. 5) die in Partitur und auf fünf Systemen ge-
schriebenen letzten vier Takte der Quintettfuge Op. 137 und (S. 7)
*) Siehe den Artikel XX.
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351
i
^
'^Z^hf iWM^
STjj l j ' r-Fpr;
^
zwei Stellen aus Bach'g »Kunst der Fuge« (Contrapunctus 4).
Die ScUusstakte der Fuge Op. 137 wurden aller Wahrschein-
lichkeit nach während der Beinschrift, bei Anfertigung der
Partitur versuchsweise hingeschrieben und geht aus ihrem Vor-
kommen hervor, dass das Sttlck damals eben fertig war oder
fertig wurde. Die abgeschriebenen Stellen aus den Bach'schen
Fugen finden in der damaligen Neigung Beethoven's zur Fugen-
composition ihre Erklärung; doch wird es schwer sein, eine
besondere oder nähere Beziehung derselben zu den im Skizzen-
buohe berührten Fugen Beethoven's aufzufinden. Mit der Rich-
tung Beethoven*s zur Fugencomposition hängen auch zwei den
letzten Entwürfen zur unvollendeten Fuge unmittelbar folgende
Aufzeichnungen zusammen. Die erste derselben (S. 7) lautet so:
alle Btte Stücke eine wahre Fuge zum B. das Trio neues
Sujett welches oLsdenn heim Wiederholen dem ersten Thema
zum Kontrasubject dient
Die andere Aufzeichnung (S. 8)
Nr. /.
l f :J r f^mzLmrT-^
Nr. 2,
Gegenbetvegung
rTTi » p ^ [f r f; I r rM r
ebenfalls
^ .„ J^A • ^J.^J. J • .^*" ^^ückaänaiae Geaen^
in der D.
lückgängige Gegen-
g^
^
r l r;^ r;_:j
hewegung von Nr, 1
ebenfalls von Nr. 2.
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352
ist Marpurg'g »Abhandlung von der Fuge« (2. Theil, Tab. XVI
Fig. 1 bis 6) entnommen.
Es folgen nun (S. 10 bis 16) Entwürfe
^
lisch aus
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^
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etc.
^
:^=*±
meilleur
j P r r r I r r "• '• ^- \j^.
ge-het, sucht, sucht.
^i^^
fin-d et nicht
u. 8. w.
ZU dem Liede »Resignation^ aus deren allmfthliclier Annäherung
und sehliesslicher Uebereinstimmung mit der gedruckten Form
hervorgeht, dass das wahrscheinlich an einem andern Orte
angefangene Lied in diesem Skizzenbuche fertig wurde.*)
Gleich darauf (S. 18 bis 88) erscheinen Entwürfe zum
ersten Satz der Sonate in B-dur Op. 106, und diesen folgen
später (S. 75 bis 128) Entwürfe zum zweiten und (S. 116
bis 127) zum dritten Satz derselben Sonate. Diese Arbeit ist
in ihren Hauptzügen bereits anderwärts dargelegt worden.**)
Hier ist nur zu bemerken, dass, als das vorliegende Skizzen-
buch zurückgelegt wurde, der erste Satz der Sonate im Ent-
würfe fertig war, dass die Arbeit zum zweiten Satz sehr vor-
*) Das Lied erschien am 31. März 1818 als Beilage zu einer
Zeitschrift.
In einem in der königl. Bibliothek zu Berlin aufbewahrten Skizzen-
heft finden sich Entwürfe
t hau dm
(?)
LUeh am mein lAefU
»ttg amf - ge- hraiuU nun
^^
m
mit 4 Stimmen
hat man dir
zur Composition desselben Textes für 4 Stimmen und in G-dur. Vorher
gehen Arbeiten zum letzten Satz der Sonate in A-dur Op. 101 und zu
andern Stücken. Jene Liedskizzen können spätestens zu Anfang des
Jahres 1817 geschrieben sein.
**) Siehe den Artikel XVI.
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353
geschritten, dass der dritte Satz erat angefangen und vom
letzten Satz noch keine Kote gefunden war.
Inmitten der Arbeit zu den Sonatensätzen finden sich
(S. 92 bis 109) Entwürfe zum ersten §atz der neunten Sym-
phonie und Andeutungen und nicht benutzte Entwürfe zu den
folgenden Sätzen derselben Symphonie. Auch über diese Ent-
würfe ist anderwärts berichtet worden*), und braucht hier
nur bemerkt zu werden, dass im vorliegenden Skizzenbuch
nur die Arbeit zum ersten Satz der Symphonie ziemlich vor-
gerückt erscheint.
Eine zwischen den Skizzen zum ersten Satz der Sonate
Op. 106 vorkommende Bemerkung (S. 75)
preludien zu meiner Messe
kann nur auf Beethoven's erste Messe bezogen werden. Die
Gomposition der zweiten Messe stand damals noch nicht in
Aussicht
Nun sind noch einige Notizen anzuführen, welche sich
auf der innem Seite des hintern Umschlags (Seite 128 gegen-
über) mit Bleistift geschrieben finden. Selbige lauten, so weit
sie lesbar sind, wie folgt.
Der neueste deutsche Jugendfreund für Knaben Leipz. J.816
brosck, 4 fl. 30 xr,
34 xr. am Lusthaus
Bei Müller ansehen —
In der Leopoldstadt Nr. 575 in der AUee gegen die
Franzenshrücke 6 leichte Beisewägen zu verkaufen —
Wohnung Jlstervorstadt Haus Nr. 115 von 8 Zimmern etc.
mit Obstgarten um billigen Preis zu vermiethen von künf-
tigem Oeorgi an und beim Hausinspektor erkundigen
Die erste von diesen Nötigen, die ohne Zweifel in einem
Gast- oder Eaifeehause niedergeschrieben wurden, ist dem
Intelligenzblatt der Wiener Zeitung vom 9. December 1817
(S. 1291) entnommen und lautet da so:
♦) Siehe den Artikel XX.
23
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354
»Bey Carl Haas, Buchhändler (Tuchlauben, beym Kühfuss)
ist ganz neu zu haben:
Der neueste deutsche Jugendfreund, oder Erzählungen fttr
Knaben und Mädchen zur Bildung des Verstandes und
Herzens. Von H. Müller. Zwey Bände 8. Leipzig 1816.
Brosch. 4 fl. 30 kr.«
Die letzten zwei Notizen finden sich in den Intelligenz-
blättem zui- Wiener Zeitung vom 12., 15. und IT.Deoember 1817
(S. 1315 flf.), und lautet die erste derselben hier so:
»üeberftlhrte Reisewägen.
In der Leopoldstadt Nr. 575 in der Allee gegen die
Franzensbrticke sind 6 leichte Eeisewägen zu verkaufen.«
Die andere lautet so:
»Wohnung zu vermiethen.
In der Alservorstadt Haus No. 115 ist eine Wohnung,
bestehend in 8 Zimmern, Vorhaus, Speis, Keller, Holzgewölb,
Boden, nebst einem Obstgarten um billigen Preis zu vermiethen,
und auf künftigen Georgi 1818*) zu beziehen. Das Nähere
ist im nemlichen Hause beym Hausinspektor zu erfragen.»
Zur Erklärung dieser abgeschriebenen Anzeigen möge
Folgendes erinnert werden. Beethoven hatte im Jahre 1817
von der Philharmonischen Gesellschaft in London den Antrag
erhalten, nach England zu kommen. Am 9. Juli 1817 theilt
er Ferd. Ries die Bedingungen mit, die dieser der Gesellschaft
vorlegen soll. In diesem Briefe heisst es u. A.: »Ich werde
in der ersten Hälfte des Monats Januar 1818 spätestens in
London sein. Da ich gleich .... anfange, so weiset mir die
Gesellschaft die Summe von 150 Guineen hier an, damit ich
mich mit Wagen und andern Vorrichtungen zur Beise ohne
Aufschub versehen kann.« Warum Beethoven »Reisewägen«
suchte, ist also klar. Wozu brauchte er aber eine so grosse
Wohnung von 8 Zimmern, einen Obstgarten u. s. w.? Er ging
Ende 1817 und schon Mher mit der Absicht um, seinen NeflFen
aus dem Institut Giannatasio del Rio's zu sich zu nehmen und
nahm denselben auch wirklich Ende Januar 1818 zu sich.
*) Georgi fällt auf den 24. April.
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355
Am 12. November 1817 schreibt Beethoven an Giannatasio:
»Veränderte Verhältnisse könnten wohl machen, dass ich Karl
nicht länger als bis zum Ende dieses Vierteljahres bei Ihnen
lassen kann.« Und am 24. Janaar 1818 schreibt er: »Ich
komme nicht selbst — übrigens wünsche ich der Mutter wegen,
dass es eben nicht zu sehr bekannt werde, dass mein Neffe
jetzt bei mir ist.« Für den Neffen war auch das notirte Buch
bestimmt.
Aus den Daten, welche sich an die Anzeigen knüpfen,
geht hervor, dass das Skizzenbuch im December 1817 gebraucht
wurde. Von den im Skizzenbuch berührten Compositionen giebt
nur eine einen sicheren chronologischen Anhaltspunkt. Es ist
die Fuge Op. 137. Sie war nach dem auf dem Autograph
stehenden Datum am 28. November 1817 fertig und wird zu
Anfang (Seite 5) des Skizzenbuchs berührt. Demnach kann
das Skizzenbuch spätestens im November 1817 in Angriff ge-
nommen worden sein. Nimmt man ferner an, Beethoven habe
das Skizzenbuch ungefähr ein halbes Jahr gebraucht, so ergiebt
sich als die Zeit, der es im weitesten Umfang angehören kann,
die von ungefllhr September 1817 bis Mai 1818. Dieses Er-
gebniss verträgt sich nicht nur mit der auf dem vorderen Um-
schlagblatte eingezeichneten Jahreszahl 1817, sondern es lässt
sich damit auch die Zeit in Uebereinstimmung bringen, der
ein sich anschliessendes Skizzenheft, das Beethoven im Früh-
jahr und Sommer 1818 in Mödling brauchte, angehört
Von den im Skizzenbueh berührten Compositionen sind
also in der angenonimenen Zeit von September 1817 bis
Mai 1818 der Reihe nach fertig geworden:
die Quintettfuge Op. 137,
das Lied »Resignation« und
der erste Satz der Sonate in B-dur Op. 106.
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XXXVII.
Clavierspiel.
Carl Czerny erzählte mancherlei über Beethoven's Clavier-
spiel, dag wohl der Aufbewahrung werth ist. Er sagte fast
wörtlich Folgendes.
Beethoven besass eine ungeheure Fertigkeit, die sogar in
unserer Zeit alles übertreffen würde. Beim Spielen zeigte er
eine ausgezeichnet ruhige Haltung und ein würdiges Benehmen.
Der Oberkörper war immer gerade und ruhig. Nur als er
taub wurde, fing er an, um den Ton deutlicher zu hören, den
Kopf nach vorne zu neigen, so dass die Nase manchmal der
Glaviatur ziemlich nahe kam.*) Er verstand es ausserordent-
lich, volle Accorde, ohne Anwendung des Pedals, an einander
zu binden. Das Legatospiel, das ich hier meine, war ein
anderes, als das zum Fugenspiel gehörende; letzteres ist mehr
Fingerspiel. Ueber Grameres Uebungen, die Beethoven, als ich
(von 1815 an) seinen Neffen im Clavierspiel unterrichtete, durch
mich kennen lernte, äusserte er: »Sie machen das Spiel pappig
(klebrig); der Spieler lernt kein Staccato- und kein leichtes
Spiel daran«.**) — Das G-dur-Concert spielte er öffentlich
(1808) sehr muthwillig; bei Passagen nahm er manchmal andere
*) Nach Czemy's Annahme begann Beethoven's Taubheit später,
als gewohnlioh angenommen wird. Man darf aber wohl zwischen Schwer-
hörigkeit und Taubheit, zwischen beginnender und hochgradiger Taub-
heit einen Unterschied machen. Czerny meinte den letzteren Zustand.
**) Schindler spricht sich anders aus. Er sagt (Biogr. 11, 182): »Diese
Etüden (von Gramer) erklärte unser Meister als die Hauptbasis zum
gediegenen Spiel.«
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357
und viel mehr Noten, als auf dem Papier standen. — Als ieh
einst Beethoven auf dem Glacis begegnete, lud er mich ein,
ihn zu begleiten; er wolle mir etwas zeigen. In seiner
Wohnung angelangt, spielte er die zwei Sonaten fttr Pianoforte
und Violonoell Op. 102. Das Instrument war aber in so
schlechtem Zustande, bei mehreren Tasten waren alle Saiten
gesprungen, dass ich aus dem Spiel nichts verstand und mich
ans Geschriebene halten musste. — Einst spielte Beethoven
in einer Gesellschaft seine Sonate in A-dur Op. 101. Er spielte
sie sehr schön, äusserte aber später, er selbst habe von seinem
Spiel nichts gehört.
In seiner Pianoforte - Schule und in schriftlichen Auf-
zeichnungen (gedruckt im :» Jahresbericht des Conservatoriums
der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien« v. J. 1870)
äussert sich Czemy in gleichem Sinne. Er sagt, Beethoven's
Spiel habe sieh durch eine ungeheure Kraft, durch Charak-
teristik, unerhörte Bravour und Geläufigkeit ausgezeichnet;
Beethoven habe das Legato, das zu jener Zeit alle andern
Spieler auf dem Fortepiano ftlr unausfahrbar hielten, in einer
unübertrefflichen Art in seiner Macht gehabt; jedoch sei er
bei seinem Spiel von seinen stets wechselnden Launen ab-
hängig gewesen.
Dieses Urtheil müssen wir für voll annehmen. Czemy
hatte nicht nur einige Zeit (1801 und später) bei Beethoven
Unterricht im Ciavierspielen gehabt, hatte Beethoven oft spielen
hören, sondern er wusste auch, was Ciavierspiel war, und
kannte es, wie es zu seiner Zeit war, gewiss nach allen Seiten.
Er unterscheidet das Legatospiel Beethoven's von gebundenem
Fugenspiel. Dass er letzteres kannte, beweist, um nur ein
Beispiel anzuführen, sein Fingersatz zur fünfstimmigen Fuge
in Cis-moll in Bach's Wohltemperirtem Clavier.
Hat nun Beethoven's Clavierspiel die Eigenschaften be-
sessen, die Czerny hervorhebt, so müssen sie auch gepflegt
worden sein, namentlich diejenigen, die einer Pflege und fort-
währenden Uebung bedürfen. Ohne Uebung kein Meister.
Jenes wird durch Aufzeichnungen Beethoven's bestätigt. In
den Skizzenbüchern Beethoven's finden sich Uebungen, die auf
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358
die Entwickelung eines fertigen, geläufigen, krftjftigen, ge-
bundenen oder abgestossenen Spiels gerichtet sind und die
beweisen, dass Beethoven die Technik des Clavierspiels nicht
yemachlässigt hat. Die Uebungen sind meistens kurz und
bieten nichts Absonderliches. Auf den Markt gebracht, würde
es Marktwaare sein, wie jede andere. Es sind meistens Ton*
leiterübungen, Tonleitern für beide Hände auf und ab in
Octaven, Terzen, Sexten, Decimen, in entgegengesetzter Rich-
tung u. s. w. Bei andern ist es auf Doppelgriffe abgesehen,
auf Terzen- und Sextengänge, auf Triller, Doppeltriller, Sprünge,
Ineinandergreifen und Ueberschlagen der Hände u. s. w. Manche
haben ganz die Art und Form der täglichen Uebungen von
G. Czemy, so dass man Beethoven die Priorität in dieser Art
Uebungen zuschreiben kann. Einige Uebungen sind technisch
schwer. Vergleicht man sie, in Bezug auf Schwierigkeit, mit
manchen schweren Stellen in Beethoven's Claviercompositionen,
so wird man, der oft gehörten Behauptung entgegen, Beethoven
habe keine Rücksicht auf den Spieler genommen, der Ansicht,
dass er grundsätzlich bestrebt war, möglichst leicht und spiel-
bar zu schreiben.
Am meisten Interesse von den vorhandenen Uebungen
bieten die aus der Jugendzeit Beethoven's. Beethoven folgt hier
mehr seinen Launen und Eingebungen, als es später geschah.
Zugleich geben sie den Beweis, dass die Eigenschaften, welche
Czerny in Beethoven's Spiel hervorhebt, namentlich Kraft,
Fertigkeit und Legatospiel, schon in Bonn gepflegt wurden.
Wir stellen hier eine Auswahl aus der Zeit von ungefähr 1782
bis 1793 zusammen, sehen jedoch dabei weniger auf schwere,
als auf solche Uebungen und Aufzeichnungen, die aus irgend
einem Grunde bemerkenswerth erscheinen. Die Auswahl wird
meistens auf Stücke fallen, die eine Bemerkung enthalten. Ob
nicht einige von den Stücken von Beethoven nur abgeschrieben
sind, muss dahingestellt bleiben. Einige Uebungen haben ab-
sonderliche Fingersätze. Bei andern Aufzeichnungen kann man
sehen, wie Beethoven über Klangwirkungen speculirt, welche
Versuche er mit nachklingenden Tönen gemacht hat und dass
ihm schon der von Andern gern gebrauchte Effect bekannt
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359
war, wo bei einem Acoord ein Finger nach dem andern von
unten nach oben die Taste verlässt und so ein allmähliches
Verklingen des Accords bewirkt wird. Doch genug des
Commentars.
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herauf als herunter
in so geschwindem
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möglich.
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361
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Die haltenden Noten im Boss verursachen guten Effect, weil
der . Boss länger anhält, als in der Höhe bei solchen
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Zur Übung der Faust,
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363
Adagio mit Doppelgriffen.
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Andante,
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35
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Hierbei muss der 3te Finger über dem 4ten so lange kreuztveis liegen,
bis dieser wegzieht und alsdann der Sie an seine Stelle kömmt.
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Forlissimo
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diese Noten durchaus mit dem 3ten Finger,
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xxxvm.
Ein Spesenbuch.
Vorhanden ist ein »Handlungs- Spesen -Buch« des Ver-
legers Matthias Artaria in Wien, das vom Jahre 1824 bis zum
Jahre 1831 reicht und einen Einblick in den geschäftlichen
Verkehr mit mehreren Componisten der damaligen Zeit ge-
währt Auch Beethoven ist darin vertreten. Das Wichtigste,
was wir in Bezug auf Beethoven's Werke daraus erfahren, ist,
dass Artaria zwei vierhändige Bearbeitungen der Fuge Op. 133
bezahlt hat, erst eine an Anton Halm und dann eine an Beet-
hoven, womit denn die Behauptung Sohindler*s (Biogr. 11, 118),
das unter der Opuszahl 134 erschienene Arrangement der Fuge
rühre von Halm her, eine neue Widerlegung erfährt und die
in Thayer's chronologischem Verzeichniss (S. 157) aufgenommene
und auch dem Schreiber dieser Zeilen gethane Aeusserung
Hahn's, er sei -von Beethoven ersucht worden, die Fuge vier-
händig zu setzen, Beethoven habe aber seine Arbeit verworfen
und die Fuge selbst vierhändig gesetzt und sie so herausge-
geben, bestätigt wird. Ausserdem erfahren wir, dass das
Quartett in B-dur Op. 130 mit der Fuge Op. 133 als Finale
am 9. Januar 1826 mit 80 Ducaten, das jetzige Finale des-
selben Quartetts am 25. November 1826 mit 15 Ducaten
honorirt wurde, dass das von Dilrck nach Stieler*s Gemälde
gezeichnete Portrait (Beethoven in der Laube die Missa solen-
nis componirend) nicht, wie in der Wiener »Allg. Musikzeitungc
vom 14. August 1845 angegeben ist, im Jahre 1824, sondern
erst 1826 erschien u. s. w.
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365
Wir stellen hier die auf Beethoven zu beziehenden Posten
zusammen.
9. Januar 1826
12. May „
19. August r,
25. „
5. Septbr. „
16. Novbr. ri
25. ,
8. Januar 1827
30. „
15. Februar „
26. „
31. März
3. May
an Beethoven für Manuscript seines
Quartetts für 2 Viol. A & B. 80 4±
an Compositeur Hahn fttrs Arrange-
ment der Beethoven'schen Fuge
Hodick für die Partitur v. Beet-
hoven 79 Platten
Kurka fftr den Titel zu No. 835.
Beeth.-Quart.
zahle an Beethoven für den Kla-
vierauszug der Fuge 12 tt in
Gold ä 4 f. 47
Die Ankündigung von Beethoven's
Portrait
zahle an Haslinger für Beethoven
15 tt in Gold oder ....
Fracht für 1 Paq. mit Portraite
von Beethoven von Dürck . .
An Kurka fftr 1 Titel zur Beet-
hoven'schen Fuge . . . . .
An Kurka fftr 2 Titel zu den Beet-
hoven'sohen Partituren . . .
An Kurka die 2 Part Titel von
Beethoven zu ändern ....
Beytrag zum Requiem fftr Beet-
hoven
Zwey Ankündigungen in der Wie-
ner Zeitung von Beeth. Werk
2 fl. (Wiener Währung?) . . .
Cf.
381
40
63
25
57
2
70
3
25
30
2
12
36
12
24
45
40
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XXXIX.
Eme Skizze zum letzten Satz der Sonate Op. 90.
In Skizzenbflchern Beethoven's kann man oft genug beob-
achten, wie durch Umgestaltung eine Melodie zu einer Be-
deutung erhoben wird, die sie ursprünglich nicht hatte. Solche
Umgestaltung wird dann meistens durch Aenderung einiger
oder mehrerer Noten, durch Aenderung des Rhythmus u. dgl.
bewirkt. Seltener tritt der Fall ein, dass durch eine einzige
Note eine eingreifende Umgestaltung herbeigeführt wird. Ein
solcher Fall liegt vor. Wer die schöne, wie aus einem Guss
hervorgegangene Melodie betrachtet, die dem letzten Satz der
Ciaviersonate in E-moU zu Grunde liegt, wird schwerlich ver-
muthen, dass die Note auf dem 3. Achtel des 2. Taktes ur-
sprünglich, wie diese Skizze zeigt.
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368
nicht da war. Durch die an Stelle einer Pause eingeftL^e
Note, durch Ausfüllung eines Einschnittes und durch Ver-
bindung der Abschnitte hat die Melodie einen zu ihrer Schön-
heit wesentlich beitragenden Zug bekommen. Die Skizze zeigt
auch in den Auftakten der Melodie eine Abweichung von der
gedruckten Form. Allein die da Yorgenommene Aenderung,
äusserlich betrachtet nicht unbedeutender als die andere, war
nicht so eingreifend wie diese.
Die Skizze steht auf einem Bogen, der vorher Arbeiten
zum zweiten Finale des Fidelio enthält Als die Zeit der
Schrift ergiebt sich das Jahr 1814. Aus der Ueberschrift der
Skizze geht hervor, dass, als sie geschrieben wurde, der erste
Satz der Sonate angefangen oder fertig war.
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XL.
Skizzen zur Pastoral-Symphonie
kommen Yor in einem unTollständigen Skizzenbueh aus dem
Jahre 1808 und auf einzelnen Bogen und Blättern, die in der
königL Bibliothek zu Berlin aufbewahrt werden. Diese Vor-
lagen sind in ihrer Lückenhaftigkeit wenig geeignet, die Ent-
stehung und das aUmähliehe Heranwachsen der Symphonie!
zu zeigen. Eben so wenig verrathen sie, wie die aus der
Natur oder, um das bezeichnende Wort Beethoven's zu ge-
brauchen, dem Landleben geschöpften Bilder und Empfindungen
sich zu Tonbildern und zu einem Seelengemälde erhoben.
Ein Theil der Skizzen steht auf Blättern, die anfangs zur
Partitur der Symphonie in B-dur bestinmit waren. Auf den
obersten drei Systemen der ersten Seite eines Blattes stehen
ursprünglich den Violinen und der Viola (jetzt den Blasin-
strumenten) zugetheilte acht Takte aus dem dritten Satz der
vierten Symphonie, und darunter und auf der folgenden Seite
erscheinen Entwürfe zur ersten Messe
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und zur gechsten Symphonie.
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Schhiss des 1. Theüs
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371
Die Entwürfe zur Messe, und zur Symphonie stehen durch- und
naeheinander^ ein Beweis, dass Beethoren gleichzeitig an beiden
Werken gearbeitet hat. Zugleich zeigen sie, dass damals die
Arbeit zur Messe ungefähr bis zu ihrer Mitte gediehen, .die
zur Symphonie aber noch in ihrem ersten Stadium begriffen
war. Femer steht auf dem obersten System jeder Seite eines
Bogens eine der ersten Violine zugetheilte Stelle aus dem
ersten Satz der vierten Symphonie, und darunter Scheinen
Entwürfe zu den letzten vier Sätzen der Pastoral -Symphonie.
Wir setzen den Anfang eines Entwurfs zum Anfang des letzten
Satzes,
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der hier, wie man sieht, ohne die im Druck yorhergehenden
acht Takte erscheint, und eine auf den Uebergang vom dritten
zum vierten Satz zu beziehende Stelle her.
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372
Die vierte Symphonie wurde, nach Angabe des Original-
Manuscriptes, 1806 componirt. Die Messe war am 13. Sep-
tember 1807 fertig, weil sie an diesem Tage zum ersten Mal
aufgeführt wurde. Aus dem Zusanmientrefifen der angeführten
Stellen ergiebt sich, dass die Arbeit zur Pastoral-Symphonie
möglicherweise schon im Jahre 1806, jedenfalls aber vor Sep-
tember 1807 begonnen war. Am 52. Deeember 1808 war die
Symphonie fertig, weil sie an diesem Tage zur ersten Auf-
führung gelangte. In den Skizzen fertig war sie yermuthlich
schon um die Mitte desselben Jahres.
Wir wählen nun Yon den auf den übrigen Blättern und
in erwähntem Skizzenbuoh vorkommenden Skizzen mehrere aus.
Der dritte Satz wird in einer der früheren Skizzen so
begonnen:
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Eine später geschriebene Skizze, mit dem Druck überein-
stimmend, beginnt so:
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und eine etwas sp&ter geschriebene Skizze (mit einer Variante)
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zu der rhythmisch verschobenen Tanzmelodie im dritten Satz.
£iner der früheren Entwürfe zum letzten Satz, der sich einem
Entwurf zum Yorletzten Satz anschliesst, ist hier
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374
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und der früher mitgetheilte Entwarf gehört, wird das jetzige
Hauptthema des Satzes allmählich gefunden.
Zwischen den Skizzen zur Symphonie finden sieh mehrere
Bemerkungen, die theils auf die Fassung der Ueberschriften
gerichtet, theils allgemeiner Art sind. Wir erfahren daraus
nicht yiel mehr, als was die gedruckten Ueberschriften sagen»
Immerhin beweisen sie^ dass Beethoven bei der Abfassung der
üebetsehriften mit Ueberlegung zu Werke ging. Wir setzeu
die Bemerkungen her.
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3T5
man Überlässt es dem Zuikärer die Situationen auszufinden
Sinfonia caracterisHca — oder Erinnerung an das Landlehen
eine Erinnerung an das Landlehen
Jede Maklerei, naehdem sie in der Instrumentalmmsik zu
weit geirußfen, verlidurt —
Sinfonia pastoreUa, Wer auch nur je eine Idee vom Landr
lehen erhalten, kann sich ohne viele Überschriften seihst
denken, was der Autor wül —
Au^h ohne Beschreibung wird man das Ganze welches
mehr Empfindung als TongemSMde erkewnen.
Bei emer Skizze zum letzten Satz ist bemerkt:
Ausdruck des Dankes. Herr, wir danken dir.
Die letzten vier Worte sind nicht so zu nehmen, als wenn sie
gesungen werden sollten. Sie sagen in anderer Form dasselbe,
was die ersten drei Worte sagen.
Wenn die Beobachtung yon gewissen, in das Gebiet der
Töne hinttberspielenden Naturerseheinungen als im weitem
Sinne zur Geschichte der Pastoral -Symphonie gehörend ange-
sehen werden kann, so kann auch dieser L J. 1803 gemachten
Aufzeichnung Beethoren's gedacht werden.
^ Murmeln der Bäche,
Andante molio.
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fi;vJ3Srp:^:'' ' j3S ^
'W"!^
^ x.;--"^ i"g; ^ fun ^
f0 ^ ^ ^
2do
je grösser der Bach je tiefer der Ton —
Eine Aehnliohkeit mit der vorherrschenden rhythmischen Be-
wegung der Scene am Bach ist nicht zu veriLennen. Man
kann sogar sagen, in der Aufzeichnung sei der Conception
jenes Stückes vorgearbeitet. Man wttrde aber zu weit gehen,
wollte man in der Aufzeichnung das Embryo zu jenem Satze
sehen und aus ihrem Yorkomsien die Ansicht schöpfen, die
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376
Idee, ein pastorales Instramentalwerk za sehreiben, habe sohoa
zu jener Zeit in Beethoven gesohlommert. Der Natur abge-
lauschte und der menschlichen Seele entströmte Töne — das
sind von Grund aus verschiedene Dinge. Jene Aufzeichnung
beweist, dass Beethoven ein aufinerksamer Beobachter des
Tonlebens der Natur war. Sie beweist auch, dass er bei der
Gomposition des zweiten Satzes der Pastoral-Symphonie nicht
realistisch verfuhr, denn er hat da eine andere Tonart und
Tonhöhe gewählt, als er oben verzeichnet hat Die Frage
kann aufgeworfen werden, ob seine Beobachtung der Wirk-
lichkeit entspricht. Hat ein murmelnder Bach jenen Rhythmus
und jene Tonhöhe? In Betreff des Rhythmus kann nur eine
subjective Bestätigung erwartet werden.*) In Betreff der Ton-
höhe lässt sich auf Untersuchungen verweisen, die vor mehreren
Jahren in der Schweiz bei Wasserfällen angestellt wurden und
bei denen die von Beethoven verzeichneten Töne C und F
sich als zwei der hörbarsten herausstellten.**)
Nach einer Wiener Tradition und nach einer Mittheilung
Schindler's (Biogr. I, 154) soll die »Scene am Bach« an einem
Bache nahe bei Heiligenstadt entstanden sein. Die Tradition
verlegt die Scene in das von einem Bach durchflossene, durch
eine Anhöhe von Heiligenstadt getrennte, jetzt sogenannte
*) Hier kann an das bei der »murmelnden Quelle« in HändeFs
= erinnert werden.
»Acis und Galatea« Larghetto^^ ^ ^
herrschende Motiv
**) Nach den Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in
Sohaffhausen hat Albert Heim wiederholt durch sachverständige Musiker
die Töne bestimmen lassen, welche die Wasserfalle durch das Auf-
schlagen auf Steine u. s. w. hervorbringen. Die Angaben, so wird be-
richtet, seien stets die gleichen gewesen. Stets wurde der C-dur-Drei-
klang (C, E, G) und daneben das tiefere, nicht zum Accord gehörende
F gehört. Dieses F hörte man sehr stark. »Es ist ein tiefer, dumpfer«
brummender, wie aus grosser Feme klingender Ton, der um so stärker
wird, je grösser die stürzende Wassermasse ist. Man hört ihn noch
hinter einer Bergecke oder hinter dichtem Walde, wo die andern Tone
nicht mehr wahrnehmbar sind. Neben dem F werden am meisten
C und G gehört. Das E ist sehr schwach und verschwindet dem Ohre
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377
Beethoven - Thal, Schindler hingegen an den Baoh, der von
Grinzing nach Heiligenstadt fliesst. In Sehindler's Berieht ist
ein Widerspruch, zu dem Schindler, der hier als Begleiter
Beethoven's bei einem Spaziergange berichtet, bei seiner langen
Abwesenheit von Wien wohl verleitet Werden konnte. Die
von ihm beschriebene Gegend ist eine andere, als die von
ihm genannte. Seine Beschreibung passt auf das Beethoven-
ThaL Beethoven wird zu ungestörtem Aufenthalte nicht eine
Stelle in der Nähe des die Ortschaften (rrinzing und Heiligen-
stadt verbindenden Fahrweges, sondern das abgelegene, nur
von einem Fusspfad durchzogene, fast nur von Winzern be-
suchte Beethoven-Thal gewählt' haben. In jener Ueberlieferung
kann nur das wahr sein, dass nur ein Theil des zweiten Satzes,
darunter wahrscheinlich die Scene am Bach im engeren Sinne,
die Stelle nämlich, wo Nachtigall, Wachtel und Kuckuck sich
vernehmen lassen, an jenem Orte concipirt wurde. Wäre der
ganze zweite Satz da entstanden, so mttsste, da Beethoven,
wie die Skizzen beweisen, an allen Sätzen der Symphonie
gleichzeitig arbeitete, fast die ganze Symphonie da componirt
worden sein.
Nun mag noch Folgendes zur Mittheilung kommen. Im
Autograph der Symphonie findet sich ftlr den Copisten die
Bemerkung:
NB. Die detUschen Üeberschriften schreiben Sie aUe in
die erste Violine,
bei kleinen Wasserfällen fast ganz. Diese Töne C, E, G und F wieder-
holen sich bei allem rauschenden Wasser, bei grossen Wasserfallen oft-
mals in verschiedenen Octaven. Bei kleinen Wässern hört man die
gleichen Töne, nur 1, 2, manchmal 3 Octaven höher, als bei starken
Wässern. Andere Töne sind nicht zu finden. Bei ganz starken Wässern
ist F am leichtesten zu hören, bei allen schwächeren G. Diejenigen,
die zum ersten Mal Töne herauszufinden streben, erkennen meistens
zuerst C. Dass Wasser immer den C-dur- Akkord mit dem untern F
giebt, muss wohl tief in der Natur des Wassers begründet sein — und
wohl zugleich in der Luft, die das Aufschlagen der Tropfen mildert —
kann aber jedenfalls nicht im Gestein liegen, .da die Töne dann am
reinsten und deutlichsten sind, wenn ein freier Wasserstrahl in ein
grosses Wasserbecken stürzt.«
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378
Diese gesdudebcae Violingtimae irt efhdteii. Sie wM im
AroUT der CreseUsilMft der MaBaLfreniide in Wies anfbemthrt
Der da stehende TiM Isntet:
Sinfonia Paetoretla.
Pastaral' Sinfonie
oder
Erifinerung an das Landleben.
\: ]dehr Äuedruck der Empfindung ah Maiklerei :|
Der 1. Satz ist ttbersohrieben:
Angenehme heitre Empfindungen, welche hey der Anknnß
auf dem Lande im Menschen erwachen, AUegro ma
non troppo.
Der 2. Satz:
Scene am Bach. Andante molto moto quasi AUegretto,
Der 3- Satz:
Lustiges Zusammenseffn der Landleute. Aüegro,
Der 4. Satz:
Donner, Sturm, Allegro,
Der letzte Satz:
Hirtengesang, WoMthätige mit Dank an die Gottheit v«r-
hundene Gefühle nach dem Sturm. Allegretto.
Das waren also die ursprünglichen Uebersebriften. Die bei
der Herausgabe gewählten weichen davon etwas ab. Reiehardt,
der bei der ersten Auffllhnmg zugegen war, theilt (Vertraute
Briefe, I, 256) ein mit dem obigen im Wesentlichen überein-
stimmendes Programm mit.
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XLI.
Skizzen znr Sonate Op. 22
treffen sniBammen mit Arbeiten za einigen Quartettsätzen.*)
Sie betreffen den ersten, zweiten und vierten Satz der Sonate.
Die zu den zwei ersten Sätzen können übergangen werden.
Sie kommen theils der gedruckten Form nahe, theils gewähren
sie in ihrer Abgerissenheit kein zusammenhängendes Bild.
Interesse bieten einige Skizzen zum letzten Satz. Das Thema
des Bondo hat einige Wandlungen durehmachen müssen, bis
es seine endgiltige Form und den ihm eigenthümlichen graziösen
Zug fand. Anfangs lautete es so:
gfc; ^3 1 P-^ m
U. 8. W.
dann so:
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rj^^f^^f!^ -
*) Vgl. den Artikel VII.
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380
na; I p^ t; I c; f£:f I c^^ ^ i
und später so:
<££j l Üg-^H i rr gjI r i 'C&{,'>rr i
U. 8. W.
In einer Skizze zum Anfang des Zwisohensatzes
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OTje' ^ I ^FH^ L^ I ^^'^ I
f , g^.f>
g-Cff I f/ ' JiLJ^ ^^r^:i^^ I
macht sich im dritten Takt bei den Doppelsohlägen eine un-
genaue Bezeichnung bemerkbar, die auch in den Druck über-
gegangen ist.
Zwischen Entwürfen zum Kondo (in der Nähe der zuletzt
nütgetheilten Skizzen) erscheinen Entwürfe
rX'7^_^Jo■ l ^r^^r ^-^7 rH/J n
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381
zum ersten und zweiten Satz der Sonate für Pianoforte und
Violine in A-moll Op. 23. Es scheint, dass wir hier die ersten
Entwürfe zur genannten Sonate vor uns haben und, da sie
sich bald der endgiltigen Form nähern, dass Beethoven zur
Composition der zwei Sätze wenig Zeit gebraucht hat
Auf der ersten Seite des Bogens, der die erwähnten
spätem Entwürfe zum Bondo in B-dur und die ersten Ent-
würfe zur Sonate Op. 23 enthält, findet sich eine Stelle von
6 Takten aus dem Adagio der Sonate für Pianoforte und
Hom Op. 17. Aus der Beschaffenheit dieser Stelle und aus
der Handschrift ist zu entnehmen, dass Beethoven den Bogen
ursprünglich zur Reinschrift der Sonate Op. 17 bestimmt hatte.
Die Sonate wurde zum ersten Mal öffentlich gespielt am
18. April 1800 und kann, nach einer Mittheilung von Ferd.
Kies (Notizen S. 82) nicht lange vor diesem Tage fertig ge-
wesen sein. Daraus ergiebt sich, dass die Sonaten Op. 22
und Op. 23 im April 1800 noch nicht fertig waren. Die ersten
Arbeiten zur Sonate Op. 22 treffen, wie anderwärts bemerkt,
mit Arbeiten zu Sätzen der Quartette Op. 18 Nr. 1 und 6
zusammen, gehören also wahrscheinlich dem Jahre 1799 an.
Ende 1800 war die Sonate druckfertig. Die Jahre 1799 und
1800 sind also als ihre Compositionszeit anzunehmen. Die
Sonate Op. 23 mag ganz dem Jahre 1800 angehören.*)
*) Zu Terweisen ist auf den Artikel XXYII.
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XLII.
Skizzen zu den ClaYierYariationea aber ein
Originalthema in 6-dnr.
Die Yorhandenea Skizzen sind ganz in der Art, wie die
zu andern ähnlichen Variationen. BeetfaoTen achreibt das
Thema nieder und deutet von den Variationen, theils in Noten,
theilfi in Worten, nur die Anfänge oder die Art der Be-
wegung an.
^
^^1 J /' f. l-TjTTjTI J-j i 'J I J 04
^
p I j-jj;-;]; l--^jj jj I ji ll i:
tj-^ I ^nr[it ^^ I ff u \
^ fi \ :^ . % jyn '^\^ \ j"^ ii \ ^
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±3t
rF^F^m
Triolen — ßasso ißtel — Mi-
nore — rechte Hand 32tel —
Coda
P
w
etc.
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383
Wie überall, so ist Beethoyen bei der Ansffilmuig auch diesem
Entwürfe idehi ganz naehgekcnamen.
Der Anfang des Yariationentbemas (rtimnrt, was die Melodie
betrifft, niebt in Betreff der Tenart, mit dem Anfang des ersten
ZwiscbensatEes im Rondo der Sonate Op. 22 tfberein. Diese
Uebtt^instimmang fUirt ans anf eine ^isebeinimg, welebe 4ie
Skizzen zn beiden Compoiritionen bieten. Die Skizzen zu den
Variationen finden sich bei Entworfen zum letzten S«te des
Streiehqnartetts in <J-dur (Op. 18 Nr. 2),
^
^
ij N- Jj q^ 1 1'^ M r
^
fc
U. 8. W.
welche der endgiltigen Foim ziemlich nahe kommen und also
die Arbeit zu diesem Quartettsatz ihrem Ende ziemlich nahe
zeigen. Einige der ersten Skizzen zum Rondo finden sich
zwischen Entwürfen zum letzten Satz des Streichquartetts in
B-dur (Op. 18 Nr. 6), in welchen die Arbeit zu diesem Quar-
tettsatz noch in ihrem ersten Stadium begriffen erscheint.*)
Das Quartett in G-dur ist von den sechs Quartetten Op. 18
der Entstehung, d. h. den ersten Entwürfen nach das dritte,
das in B-dur entweder das fünfte oder das sechste. Ver-
gegenwärtigt man sich nun noch, dass es Beethoven's Art war,
an verschiedenen Stücken gleichzeitig oder abwechselnd zu
arbeiten, dass mit dem Anfang einer Arbeit meistens die Fort-
setzung oder Beendigung einer früher begonnenen Arbeit ver-
bunden war, so kann man nicht zweifeln, dass zwischen der
Niederschrift jener Skizzen zu den zwei Quartettsätzen, also
auch zwischen der Entstehung jener zwei Ciavieretücke nicht
viel Zeit verfloss, dass hier eine Entlehnung Statt fand und
♦) Vgl. die Artikel VII und XLI.
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384
dafis die Entlehnung wiBsenflioh geschah. Von welcher Seiie
die Entlehnung ausging, ob von dem Yariationenthema oder
vom Rondo, ist schwer zu entscheiden. Beachtenswerth ist
auch das Yerhältniss der Tonarten der betheiligten Stücke.
Die. Skizzen zu den Variationen haben die Tonart der ihnen
benachbarten Skizzen zum Quartett in G-dur, die zum Rondo
die der sie umgebenden Skizzen zum Quartett in B-dur. Nach
der Umgebung in der die Skizzen zu den Variationen er-
scheinen, ist das Jahr 1800 als die Compositionszeit derselben
anzunehmen.
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XLin.
Die Musik zur »Weihe des Hauses«.
Bekanntlich hat Beethoven zu dem von Carl Meisl ge-
dichteten Festspiel »Die Weihe des Hauses«, mit welchem am
3. October 1822 das Josephstädter Theater in Wien eröffnet
wurde, ausser zwei neuen Stücken einen Theil der ungefihr
11 Jahre früher componirten Musik zu Eotzebue's »Die Buinen
von Athen« benutzt. Die zwei eigens zur Eröfihung des
Theaters in der Josephstadt componirten Stücke waren die
Ouvertüre in C-dur Op. 124 und ein ungedruckter Chor in
B-dur (»Wo sich die Pulse« u. s. w.). Mit Hilfe der bisher
bekannten Berichte, Briefe u. dgl. aus der damaligen Zeit
lassen sich höchstens drei Stücke bezeichnen, welche aus den
»Buinen von Athen« hinüber genommen wurden. Welche Stücke
aber sonst den »Buinen von Athen« entnommen waren und
in welcher Folge sämmtliche Stücke gebracht wurden, das ist
noch nicht festgestellt worden. Die meiste HoflTnung, hierüber
Aufschluss zu erhalten, war an die Erlangung des Textbuches
geknüpft. Dieses ausfindig zu machen, ist gelungen, und es
lassen sich nun mit dessen Hilfe bis auf einige Punkte, welche
zweifelhaft bleiben, die Stücke der Beihe nach angeben, welche
in der »Weihe des Hauses« vorkamen. Der Text findet sich
gedruckt in dem von Carl Meisl herausgegebenen »Taschen-
buch vom K. K. priv. Theater in der Leopoldstadt. Zwölfter
Jahrgang. Wien 1825.«
25
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386
lu den vorhandenen, zur »Weihe des Hauses«: gehörenden
Gesangstttoken, nämlich im ersten Chor (»Folge dem mächtigen
Kufe«), im Chor mit Tanz (»Wo sich die Pulse«) und dann
in dem unter der Opuszahl 114 gedruckten Marsch mit Chor
(»Schmückt die Altäre«), stimmt der Text, wie ihn Beethoven
componirt hat, nicht ganz mit dem im Textbuch befindlichen
tiberein. Ferner wird in einigen Berichten über die Auf-
ftlhrungen der »Weihe des Hauses«, statt des im Textbuch
auftretenden Apollo, die Pallas oder Minerva genannt*)
Hieraus ist zu schliessen, dass Meisl den Text so hat drucken
lassen, wie er ihn geschrieben hat und wie er ihn der Theater-
direction übergab, ohne die anlässlich der Aufführung vor-
genommenen' Aenderungen zu berücksichtigen. Dass jedoch
die Textänderungen auf Beethoven's Musik im Ganzen, auf
die Wahl und Zusammenstellung der Stücke Einfluss gehabt
habe, lässt sich nicht voraussetzen. Wir lassen nun den Text,
wie er in erwähntem Taschenbuch gedruckt ist, mit An-
merkungen begleitet, folgen.
Die Weihe des Hauses.
Gelegenhcitsstüok in einem Aufzuge von Meisl.
Zum erstenmale aufgeführt den 3ten October 1828**), bei Eröffnung des
K. K. priv. Joaephstädter Theaters.
•) Die »Wiener Zeitschrift für Kunst* vom 10. October 1822 be-
richtet u. A.: »Der Inhalt ist allegorisch .... In dieser Hinsicht er-
scheint Pallas dem vom Genius der Kunst begeisterten Mimen Thespis.
ermuntert ihn . . . , Der Schutzgeist Oesterreichs führt sie zur Weihe
.... MUe. Kaiser wirkte als Pallas durch imposante Haltung.« Vgl.
auch Schindlers Biogr. 11, ().
Die * Weihe des Hauses« wurde an vier aufeinander folgenden
Abenden gegeben.
♦*) Schreib- oder Druckfehler. Es muss 1822 heissen.
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387
Personen.
Apollo.
Ein Jüngling.
Ein Mädchen.
Die Grazie,
Der Tanz,
Das Lustspiel,
Die Satire,
Die Posse,
Die Parodie,
Das Melodram,
Priester.
Jungfrauen.
personifizirt.
Erste Seene«
(Eine rauhe Gegend.)
Unsichtbarer Chor.*)
Folge dem mächtigen Rufe getrost!
Hieher! hieher!
Hier mnket dir Fnede, es toinkt dir Trost.
Hieher! hieher!
*) Eine von Beethoven revidirte Abschrift des folgenden Chors
befindet sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.
Der Text lautet, abweichend von dem obigen: »Folge dem mächtigen
Rufe der Ehre! Hieher, hieher! Geschwunden sind die Jahi'C der Bache.
Er ist versöhnt. Auf! Folge ! Hieher, hieher ! « Die Musik ist, abgeseheu
vom Text, von Note zu Note ganz dieselbe, wie die zum ersten Chor
in den »Ruinen von Athen« (Tochter des mächtigen Zeus!). Dass der
Chor in dieser Fassung nicht zu den »Ruinen von Athen« gehört, zeigen
die Anfangsworte »Folge dem mächtigen Rufe der Ehre ! « , welche nicht
an die in letzterem Stück auftretende Minerva gerichtet sein können.
Die im MeisPschen Text vorgenommenen Aenderungen sind zum grossen
Theil aus musikalischen Gründen zu erklären. So eignen sich z. B. zu
den drei Noten
WF
^^^ - S^^^l
25*
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388
Thespis
(kommt mit einem Karren, auf dem die Attribute des Lustspiels, des
* Schauspiels, des Gesanges und des Tanzes sichtbar sind).
Hieher rufen mich die Stimmen;
Ja — ich folg' etich wohlgemuth. —
MüssV ich Strchne auch durchschtvimm^nf
Müssf ich Felsen auch erklimmen,
SuchV ich doch mein höchstes Gut, —
Eine heiVre Ruhestätte,
Einen Tempel für die Kunst, —
Wo die Crrossmuth und die Gumt
Sie zu ihren Schützern hätte.
Lang' irr' ich von Land zu Land;
lieber unerm^ss'ne Wogen
Bin ich bis an diesen Strand
Aus der Feme hergezogen, —
Unsichtbare Führer schritten
Mir ermunternd stets voran;
Und der Hoffnung goldene Leuchte
Goss ein Licht auf m^ine Bahn,
Hier bin ich. — Doch was ich schaue,
Zeigt mir nicht der Reise Ziel.
Diese Gegend — diese rauhe —
Sah wohl nie der Künste Spiel.
die Worte »der Ehre« besser, als das Meisl'sche Wort »getrost«. Wo
Beethoven den Meisl'schen Text beibehalten hat, da ist mitunter die
Textunterlegung nicht glücklich, so z. B. bei folgender Stelle:
M^^mm
w=
hie - her, hie
Diese Beispiele zeigen, dass Meisl bei Verfassung des Textes auf die
vorhandene Musik Beethoven's nicht die gehörige Bücksicht genommen,
oder, was auf Eins hinaus kommt, den vorliegenden Eotzebue'schen Text
nicht genau genug nachgebildet hat. Die von Schindler (11, 7) mit-
getheilte Aeusserung Beethoven's über Meisl: »Zum Meissel ist er gut,
aber zum Bildner?! « — ist begreiflich. Erwähnte Abschrift ist zu Anfang
mit »Nr. 2« bezeichnet. Nr. 1 war die Ouvertüre.
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389
Nimmer weiss ich's mir zu deuten:
Meine Stimmen sind verhallt f
SoU ich bleiben? Vorwärts schreiten?
(Akkord.)
Zweite Soene«
Voriger. Ein blonder Götterjüngling aus einer lichten Wolke.
Thespis.
Welche göttliche Gestalt!
Kommst du, unbekanntes Wesen,
Meine Zweifel mir zu lösen?
Apollo.
Muthig kommst du hergezogen
Wohl aus einem fernen Hau^^
Hast gekämpft mit Meer und Wogen,
Hast bestanden manchen Strauss.
Das Gefühl der Kunst im Busen.
Trieb dich vorwärts immerdar;
Und dein Streben ward den Musen,
Den du huldigst, offenbar,
Und der Hoffnungssterne Schimmer
Leuchteteti dir hell voran.
Und ich schützte dich ja immer
Bis zum Ziele deiner Bahn,
Thespis.
Find ich's hier?
Apollo.
Du mUst verzagen? —
Wenig keimst du deine Kunst,
Diese Kunst aus grauen Tagen
Ist geschützt durch CRittergunst.
Gleich der Sonne dringt belebend
Sie durch jede Finstemiss,
Äüerquickend — dllerhebend —
Zaubert sie ein Paradies
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390
Äu^ der uHwirthbaren Wüste,
Aus der unhewohnteti Küste.
Aus den Felsen lockt sie Blumen,
Melodie aus dem Gestein.
Selbst den Sturm macht sie verstummen.
Nachtigallen flöten dWein. —
(Unter diesen von einer fernen Harmonika begleiteten Worten erhellt
sich die Bühne mit einem rosigen Lioht. Die rauhe Gegend verwandelt
sich in eine reizende Landschaft, die Felsen in Rosenbüsche eto.) .
Thespifl.
Welche Wunder — nie geahnet —
Seh ich rings um mich erstehn?
Welch ein Oott hat mich gemahnet,
Muthig auf zu ihm zu sehn? —
Wer bist du, verklärtes Wesen, —
Seihst die Kunst?
Apollo.
— — Ich hin Apoll!
Thespis.
Tief in meiner Seele lesen (beugt die Knie)
Kannst du mei^ier Ehrfurcht ZoU.
Apollo.
Nicht sollst du die Kniee heugen,
Dieses ziemt dem Künstler nicht.
Freisinn — Kunstsinn sei ihm eigen;
Dann gelanget er ans Licht. —
Zwar bescheiden fiihV er immer
Seine Mängel in der Brust;
Stille stehen soll er nimmer, —
Torwarts dringeti stets mit Lust.
Nach dem Bessern muss er strehe^i,
Bleibt sein Ziel gleich unerreicht.
Menschen ohne Seele kleben
Nur an dem, was nicht entweicht.
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391
Wenn er dann mit regem Eifer
Nur das BessWe hat gesucht j
Wird des Neides gelber Geifer
Nie vergiften seine Frucht. —
Thespis.
Jedes Wort sei dem Gemüthe
Unzerstörbar eingeprägt, —
Und des Kunstsinns zarte Blüte
Werde treu von uns gepflegt —
Doch vergieb die Frage immer:
SoU im menschetUeeren Hain
Wohl die Kunst mit ihrem Schimmer
Dieses todte Land erfreuen? —
Herzen wiU die Kunst bewegen,
Freude zaubern in die Brust;
Mitgefiüil muss Künste pflegen, —
Dann gewahren Künste Dust,
Unbewohnt scheint diese Gegend;
Nenne mir den stolzen Strom,
Der, in Buh sich fortbewegend,
Fest umgürtet diesen Dom?
Apollo.
Kennst du das Land,
Auf dem des Himmels Segen
Vom Anbeginne herrlich ruht?
Wo unter Trauhenlast und Blüthenregen
Gedeihet Lust und Muth? —
Und das dem Adler gleich, der schützend es beschirmet.
Den Flug zur Sonne nahm, wenn auch die Holle stürmet?
Kennst du den Strom, entsprungen deutschen Gauen,
Der deutschen Fleiss nach Stambul trägt,
Der dieses Landes blumenreiche Auen
Mit Muttersorge tränkt und pflegt, —
Der Ströme erster — der Nationen müd bewirthet —
Und. der mein Oesterreich, wie seine Braut, umgürtet?
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392
Kennst du die Stadt, an diesem Strom erhaltet,
Die alte grosse Kaiserstadt,
Die einem Riesen gleich nach West und Süden schauet,
In der die Kunst noch Tanpel hat? —
Die Donau ist der Strom, das Land mein Oesterreich,
Die Stadt das treue Wien — an jedem Vorzug reich!
Dahin — dahin —
Wo aUe Künste hlüh%
Solist du, mein Zweifler, ziehen! —
Thespis.
Wohl erkenn ich die Äegide,
Unter der die Kunst gedeiht,
Wo der Kunstsinn, wo der Friede
Ihrer Zartheit Stützen beut,
Wo so manche zarte Pflanze
Sich zum Biesenbaum erstreckt,
Der jetzt in dem höchsten Glänze
Nur Beunmderung erweckt.
Doch, das eben macht mich zagen; —
Wie soll ich mit solchem Olanz
Unbescheidenen Wettstreit wagen?
Bingen nach dem Ehrenkranz?
Unter Tempeln hehr U7id prächtig
Bauen ein bescheidenes Haus?
Unter Künstlern stolz und mächtig
Wagen mich zum Kampf heraus?
Apollo.
Nicht mit Grossen sich zu messen,
Doch das Niedere zu verschmä^i'n.
Magst du immer unvergessen
Eine Mittelstrasse gehn.
Ich will dir die Bahn bereiten,
Du betrete sie mit Muth!
Wo die Götter selbst dich leiten
Winket dir ein hohes Gut.
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393
Deine Kräfte lass mich zählen.
Deine Mittel lass mich schauen,
Dann wül ich das Bessere wählen.
Seihst dir deinen Tempel hau^n.
Thespis.
Ernst sei der Weihgesang,
Den ich dir zur Frob^ erkoren.
Dritte Seene«
Ein Jüngling und ein Mädchen (idealisch gekleidet, kommen klagend). *)
(Ruinen von Tempeln werden sichtbar.)
Thespis.
Denn in Fesseln liegt seit lang
Dort die Kunst, wo sie geboren.
Wo sie blühend heimisch war,
Seufzt sie nur noch aus Ruinen.
Eingestürzt ist ihr Altar,
Muss zum Götzenopfer dienen.
Bei den Galliern, bei Germanen
Fand sie gastliches Asyl.
Dieses Bild vor uns zu bauen.
Zeigt das kurze ZtcischenspieL
Apollo.
Mit beredten wahren Bildern
Zeigtest du mir den Verfall.
Doch nicht alles sollst du schildern
Aus der Zeiten Wogenschwall.
*) Hier wurde offenbar das Duett (Ohne Verschulden) aus den
»Ruinen von Athen« eingelegt. Cass solches vorkam, geht aus den
Berichten der Zeitungen hervor. Die »Wiener Zeitschrift für Kunst«
vom 10. October 1822 sag^: »Wir können das treffliche Duett nicht
übergehen, das von dem jungen griechischen Paar (Mad. Ney und Hrn.
Kreiner) vorgetragen wurde.« Die Wiener allg. musik. Zeitung vom
Jahre 1822 nennt (S. 660) »ein Duett in 6-moll«. Auch Schindler spricht
(II, 9) von einem »Duett zwischen Sopran und Tenor«.
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394
Ewig wird die Kunst doch hWieiiy
Weil kein Schwert ihr Inneres toürgt.
Mu88 sie einen Schauplatz fliehen^
Isfs ein neuer, der sie birgt.
Bleiben wir in diesem Lande,
Das die Sonne mild erfreut.
Dem zum Segensunterpfande
Gott die reichsten Gäben leiht,
Wo so manches Edlen Wohnung
Gastlich sich den Künsten weiht.
Jedes Gate der Belohnung
Sich im reichen Maass erfreut,
Wo die Sittlichkeit die Weihe,
Tugend 's Bürgerrecht ertoirbt,
Bei dem Volk, in dem die Treue
Für das Herrscherhaus nie stirbt.
Dieses Volk mit frohem Herzen, —
Frohsinn wohnt bei Sitte nur —
Dies vergnüg' mit Spiel und Scherzen,
Heimisch sei dir diese Flur.
Kommt herbei, Thaliens Sprossen,
Breitet eure Schwingen aus.
Zieht als freundliche Genossen
Ein in dieses neue Haus — (winkt).
Vierte Soene.
(Das AeuBsere des Hauses.)
Vorige. Der Tanz und die Grazie (begleitet von ihrem Grefolge erscheinen
tanzend.)
(Tanz, an dessen Ende sich alles gruppirt.)
Der Tanz.*)
Wo sich die Pulse
Jugendlich jagen.
Schwebet im Tanze
Das Leben dahin.
*) Eine revidirte Abschrift des folgenden Chores befindet sich im
Archiv der (Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Der Anfang der
Siugstimmen lautet:
(
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395
Leicht ist die Freude,
Hüpfend die Jugetid;
Frohsinn heisst tanzen,
Kriechen heisst Schuld.
Lasst uns im Tanze,
Das fliehende Lehen
Neckend erhaschendy
Dem Drucke entschweben,
Ist es im Herzen
Arglos und jung,
Ist selbst das Streben
Zur Ruhe ein Sprung.
Allegro mm troppo.
4.
k^ jirmtmt^H^ i
mtlMl-ij^H^^^r^ h^ ^- i
Wo, wo, wo sich die Pal - te Ja - gend-Uoh Ja -gen,
Der Text stimmt nicht ganz mit dem obigen überein. Zeile 4 bis 7
Bind weggeblieben. Zwischen Zeile 22 und 23 sind die Verse eingefügt:
Lasset im Tanze
Glühendes Leben
Fröhlich entfalten
Mit heiteren Sinnen.
Jugend und Liebe —
Göttergefühle.
Jugend muss tanzen,
Ihr winket Freude.
Mögen die Alten,
Mögen sie schleichen,
Uns rufet Freude
Zu fröhlichen Tänzen.
Jugend und Frohsinn
Pflücken die Blumen,
Winden sie alle.
Zu festlichen Kränzen.
Aufgeführt wurde der Chor, wohl zum erstenmal seit 50 Jahren, am
23. März 1873 in einem Gesellschafts-Concert in Wien.
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396
Grazie.
Paart sich dem Tanze
Die Änmuth im Blicke,
In den Geberden
Die Grazie mild.
Wird es ein Bild
Des verschönerten. Lebens,
Lasset un^ tanzend
Blumen hier pflücken
Und mit Entzilcken
Gönnern sie streuen,
(Kurzes Solo, nachdem sich alles rechts gruppirt.)
Apollo.
Du Lustspiel sollst uns jetzt erscheinen,
Zu scherzen ist ja deine Pflicht,
Wenn Tanz und Grazie sich vereinen.
Verschmäh^ auch die Posse nicht.
\
In einigen neueren Schriften wird der Chor als »Schlusschor« be-
zeichnet. Diese fälschliche Bezeichnung scheint von einer geschriebenen
Notiz Leop. Sonnleithner's ausgegangen zu sein.
Beethoven schreibt am 27. Februar 1823 an Erzherzog Rudolph u.a.:
»Dass E. K. H. mir aber allzeit gegenwärtig, beweisen die hier folgenden
Abschriften einiger Novitäten, welche schon mehrere Monate für E. K. H.
bereit gelegen.« Die übersandten Novitäten waren: der obige Chor, die
Ouvertüre Op. 124 und der für Hensler, den Director des neuen Joseph-
städter Theaters, componirte Gratulations-Menuet (gedruckt bei Artaria
und später bei Breitkopf & Härtel). Wir bemerken dieses, weil in den
Brief Sammlungen, welche den Brief Beethoven's aufgenommen haben,
die Yermuthung auf andere Compositionen Beethoven's gelenkt wird
und der Brief nicht die richtige Jahreszahl bekommen hat. — Die Ab-
schrift der Ouvertüre ist von Beethoven's Hand überschrieben: »Ouver-
tiu>e zur EröfiPhung des Josephstädter Theaters am 3ten Oktober 1823«,
die des Chors: »Geschrieben gegen Ende September 1823 — aufgeführt
am 3ten Oktob. im Josephstädt. Theater«, die der Menuett: »Gratu-
lations Menuett von L. v. Beethoven im November 1823«. Beethoven
hat allen drei Stücken eine falsche Jahreszahl (1823 statt 1822) bei-
gesetzt. Der Schreibfehler ist zu erklären, wenn man annimmt, dass
er die Abschriften um die Zeit überschrieb, als er sie dem Erzherzog
schickte.
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397
Fünfte Seene.
Vorige. Das Lustspiel (Arm in Arm) mit der Satire, mit der Posse und
mit der Parodie (die halb einen ernsthaften, halb komischen Charakter
darstellt).*)
Seht Thdliens Erstgebornen^
Fröhlich jatichzend steht er hier.
Ihre Liebe wird ihn spornen;
Streben wird er für und für,
Ihre Liebe zu erheitern,
Ihre Herzen zu erweitern.
Jeder Gram soll da enttveichen,
Wo er seinen Zepter hebt
Stirnen furchen, Haare bleichen
Soll kein Ch'am, da wo er lebt,
Satire.
Diese Geissei in der Hand
Will ich, die Satire, schwingen, —
Nicht verwunden, bessern nur.
Mit der Thorheit will ich ringen.
Mein Gebiet ist jede Flur,
Auf der irgend Menschen wohnen;
Sachen wohl, doch nie Personen,
Geisselt meine Laune nur,
Parodie.
Auch die ernsten Gestalten
Wandle ich zu Frolisinn um.
Lasst mich arglos immer walten,
Ich entweih'' kein Heiligthum,
Scherzen will ich, verletzen nie,
Eure Sclavin Parodie,
*) Die folgenden Worte werden wohl vom »Lustspiel« gesprochen
und mag solche Ueberschrift beim Druck vergessen sein.
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398
Sechste Seene.
Das Melodram und der Gesang.
Apollo.
Melpomeneits Hochgestalten
Wohnen zwar in Herrlichkeit
Dortj wo diese Kunst der Alten
Ihr den schönsten Tempel weiht.
Polyhymniens Gesänge
Wiegen, wie mit Zaiibe^'ei'n,
In dem Dome süsser Klänge
Aller Hörer Herzen ein.
Doch das iveiche Herz zu rühren
Durch der Wahrheit ernsten Schein,
Ist auch dir vergönnt. — Drum führen
Sie sich schwesterlich hier ein.
Von den Alpen tönen Lieder,
Aus der Hütte tönt der Sang.
Diese schallen hier auch wieder; —
Ohne Anbruch sei ihr Klang.
In des Busches grünen OtHften
Klagt die Nachtigall und flieht.
Doch in Gottes freien Lüften
Singt die Lerche auch ihr Lied.
Lass Gesang und Tanz sich einen,
Ernst paar^ mit Frohsinnn sich —
Ü7id dein Tempel soll erscheinen.
Folge und erkenne mich\
(Akkord.)
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399
Siebente Seene.
(Ein prächtiger Tempel mit 4 AltäreDf in deren Fussgestell zu lesen ist :
Lustspiel — Tanz — Melodram — Gesang, — mit Thaliens, Melpome-
nens, Terpsichorens und Polyhjrmniens Bildnissen geschmückt.)
Priester und Jungfrauen treten eio.
Priester.*)
Schmückt die Altäre!
Jungfrauen.
— — — Sie sind geschmückt,
Priester.
Pflücket Rosen!
Jungfrauen.
Sie sind gepflückt,
Priester.
Harret der Kommenden!
Jungfrauen.
— — — Wir sind bereif.
Alle.
Wir sind bereit.
Oberpriester.**)
Es wandelt schon das Volk im Feierkleide
Und füllt die Strassen und frohlockt.
Auch mich, den Greis, in dessen Eingeweide
Nun lange schon das träge Blut gestockt^
*) Der Text zum folgenden Chor ist bis auf zwei Zeilen, welche
Meisl übersehen haben mag, dem Kotzebue^schen nachgeschrieben. In
Beethoven's Composition, unter der Opuszahl 114 gedruckt, ist der Text
weiter ausgeführt.
**) Die folgenden 16 Zeilen finden sich, wenige Wörter ausgenommen,
gleichlautend bei Kotzebue. Selbstverständlich trat dazu auch das in den
»Buinen von Athen« (Partitur S. 59) unter der Ueberschrift »Musik
hinter der Scene« vorkommende begleitende Instrumentalstück.
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400
Auch mich hat heut die seltne hohe Freude
Demi nie verlassenen Sorgenstuhl entlockt:
Und in dem schönen, frohen Augenblicke
Griff ich noch einmal nach bestaubter Krücke.
Und sieh! Wie mich der Kindheit Träutne wiegen,
Erkenn' ich kaum die alte Vaterstadt;
Palläste sind mit PracJU emporgestiege^i,
Wo einst der Knabe öde^i Sand betrat
Das Gute musste sich zum Schön^i fügen,
Es keimte überall die reiche Saat;
Sie schoss empor in tausend üppigen Halmen,
Sie steht beschattet von den Friedenspalmen,
Recitativ.*)
Mit reger Freude, die nie erkaltet,
Wird uns die Zukunft offenbar;
Denn wo mit hohem Ernst die Muse sittlich waltet,
Da opfert auch der Weise gern auf ihrem Altar.
Was, mit dem Schicksal kämpfend, grosse Seelen litten.
Das hat Melpomene uns warnend aufgestellt,
Indess Thalia, wachejid über die Sitten,
Zu ernsten Lehren muntern Spott gesellt,
WoMthätig wirkt der Musen geistig Spiel;
Der Sterblichen Verehrung ist ihr Ziel.
Chor.
Wir tragen empfängliche Herzen im Busen,
Wir geben uns willig der Täuschung hin.
Drum tceilet gern, ihr holden Musen,
Bei einem Volke mit offenem Sinn.
\
*) Von hier an bis zu den Worten »Er ist's, wir sind erhört« ist
der Text, einige Zeilen ausgenommen, welche verändert sind, gleich-
lautend bei Kotzebue. Das dazu gehörende Musikstück war also das in
den >»Ruinen von Athen « (Part. S. 82 bis 104) unter Nr. 7 vorkommende
Recitativ mit Arie und Chören.
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401
Oberpriester.
Will unser Genius noch einen Wunsch gewahren.
Durch eines Volkes fromme Bitten bewegt,
0, so erhebt sich zwischen diesen Altären
Sich noch ein dritter^ der sein Büdniss trägt.
Der Schutzgeist dieses Reiches zeige,
Uns schirmend, sich — mit seiner HvM!
Apollo.
Vater Zeus! gewähre ihre Bitte!
(Donnerschlag. In der Mitte steigt auf einem Prachtaltare Oesterreichs
Genius empor, kennbar an den Farben und an der Aufschrift des Altars
— Oesterreichs Schutzgeist, sich stützend auf das Wappenschild von
. Dieses ist von grünen Lorbeerzweigen umwunden. Zu seinen
Füssen ruht ein schlummernder Löwe, auf dem ein Adler seine Fittige
ausbreitet. Der ganze Tempel wird plötzlich transparent. Opferflammen
entzünden sich.)
Chor,
Er isVs! Wir sind erhört!
Apollo.
Beschirmt von der mächtigen Aegide,
Die wir vor uns mit süsser Liebe schaun.
Komm in das tiefbewegte Herz der Friede!
Ihm und der Gönner Huld kannst du vertraun.
Das Gute zu erringen, niemals milde,
Musst du mit Kraft an der Vollendung bau^n,
Und Schwächen, die sich in dem Baue finden.
Mit festem Sinn, mit Starkmuth überwinden,
Ihr alle aber, die ihr hier im Stillen
Den Weihältar der Künste treu umsteht,
Vernehmt durch mich der Götter festen Willen
Und den BescJUuss, der hier an euch 'ergeht:
Sie wollen eure Wünsche dW erfüllen,
Erhören euer inneres Gebet,
Den Buhm des Vaterlatides euch erhaUen;
Die Künste werden dann wohl nie veralten.
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402
Chor,*)
Heü unterm Kaiser! Heil! Heil!
Vernimm uns, o Gott!
Dankend schwören wir aufs Neue
Alte österreichische Treue
Bis in den Tod!
(Grosses Tableau.)
Die zur »Weihe des Hauses« gehörenden Stücke waren
auf Grund des Textbuches und mit Einschluss der Ouvertüre,
welche unmittelbar vor dem Vorspiel gespielt wurde, der Reihe
nach folgende :
1) Ouvertüre in C-dur Op. 124,
2) erster Chor aus den »Ruinen von Athen« mit ver-
ändertem Text,
3) Duett aus den »Ruinen von Athen« (Part. S. 32),
4) Chor »Wo sich die Pulse« (ungedruckt),
5) Marsch mit Chor Op. 114 (Umarbeitung der 6. Nummer
der »Ruinen von Athen«),
6) Musik hinter der Scene aus den »Ruinen von Athen«
(Part. S. 59),
7) Recitativ, Chor und Arie mit Chor aus den »Ruinen
von Athen« (Part. S. 82 bis 104) und
8) Schlusschor aus den »Ruinen von Athen«.
Von diesen 8 Nummern sind 6 den »Ruinen von Athen« ent-
nommen. Von den zur letzteren Musik gehörenden Nummern
fehlen, ausser der Ouvertüre, zwei: der Derwischchor und der
türkische Marsch. Wären diese dabei, so bestände die Musik
zur »Weihe des Hauses« aus 10 Nummern. Nun giebt Beet-
hoven selbst 10 Nummern als Bestand dieser Musik an. Er
schreibt am 6. October 1822 an seinen Bruder Johann in einem
die »Weihe des Hauses« betreffenden Briefe: »Ausser den
♦) Die folgenden Schlusazeilen sind denen Kotzebue's nachgebildet.
Die dazu tretende Musik war also der Schlusschor aus Beethoven's
»Ruinen von Athen«.
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403
2 Nummern die sie (die Verleger Steiner u. Comp.) schon
haben, sind noch 8 Nummern: die Ouvertüre und 7 andere
Nummern«. Später bemerkt er, dass in der »Weihe des Hauses«
ausser der Ouvertüre »2 Nunmiern bloss Instrumentalmusik«
vorkommen. Diese Zahl 10 kann nur durch Heranziehung:
des Derwischchores und des türkischen Marsches voll gemacht
werden. Andere Stücke sind nicht vorhanden. Durch den
türkischen Marsch würden auch die »2 Nummern blos Instru-
mentalmusik« vollständig werden. Das Textbuch kann uns wegen
der Einfügung der Stücke keine Schwierigkeiten machen. Sie
würden, ähnlich wie in den »Ruinen von Athen«, nach dem
Duett zwischen dem Griechen und der Griechin einzulegen
sein. Wo Griechen sind, durften Türken nicht fehlen. Das
Bild von dem gedrückten Zustande der Griechen, das Thespis
dem Apollo vorfllhrt, würde, ohne einen Einblick in die tür-
kische Wirthschaft zu geben, nicht vollständig. So weit hat
unsere Vermuthung einen sichern Boden, ja, sie steigert sieh
zur Gewissheit. Es machen sich aber einige andere Dinge
geltend, die das Eine oder Andere in Frage stellen. Wir
rechnen hierzu den im Textbuch am Schluss der 1. Scene vor-
geschriebenen »Akkord« und die in der 2. Scene geforderte
Begleitung »einer fernen Harmonika^c. Ob Beethoven diese
Begleitung componirte und ob sie verloren gegangen ist, ob
sie vom Theaterdirector besorgt wurde, ob sie wegfiel u. s. w.
— das muss dahingestellt bleiben. Bedenken kann auch eine
alte Abschrift des Chors »Wo sich die Pulse« machen, in
welcher dieses Stück mit No. 4 bezeichnet ist, eine Bezeichnung,
welche nur passt, wenn Derwischchor und türkischer Marsch,
aber auch jener vorgeschriebene »Akkord« und die Begleitung
der Harmonika wegfallen. Alle Bedenken könnten vielleicht
gehoben werden, wenn sich der alte Theaterzettel vorf&nde.
Schindler erzählt (Biogr. II, 7), Beethoven habe im Sep-
tember 1822, als der neue Chor (»Wo sich die Pulse«) vollendet
und nun eine Ouvertüre zur »Weihe des Hauses« zu schreiben
war, auf einem Spaziergange zwei Motive zu einer Ouvertüre
notirt, von denen das eine im freien, das andere, ein- Fugen-
Motiv, im strengen und zwar im Händerschen Styl auszufahren
26*
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404
Bei; auf Beethoven's Frage habe er (Schindler) den Wunach
freäussert, das letztere Motiv ausgeführt zu sehen, und Beet-
hoven habe auch dieses Motiv der Ouvertüre zu G-runde ge-
legt Diese Erzählung ist glaublich. Sie findet, was das
Wesentliche betrifft, ihre Bestätigung in den Skizzen.
Das erste Stück von der Musik zur »Weihe des Hauses«,
das Beethoven in Angriff nahm, war der Chor »Wo sich die
Pulse«. Zwischen den Skizzen zu diesem Chor erscheinen
Ansätze zu einer Ouvertüre, welche Beethoven verworfen hat
und von denen einer so
Overtura, Allegro,
JA
j^^0^^^^^m&m^-:jL' r ri f f ^
lautet; ferner Andeutungen verschiedener Art, welche auf eine
Beschäftigung mit dem Text zur »Weihe des Hauses« schliessen
lassen. Nach Beendigung des Chors konmien Arbeiten zu einer
Ouvertüre in C-dur. Zwischen einer Anzahl von unzusanmien-
hängenden Stellen, zu denen folgende nur auf den Einleitungs-
satz der Ouvertüre zu beziehende Entwürfe gehören,
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VioL in 8va c. B.
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J. D
aus welchem zu ersehen ist, dass der jetzige Einleitungssatz
der Ouvertüre Op. 124 mit einem uns unbekannten Hauptsatz
verbunden werden sollte. Das war also die zuerst geplante
Ouvertüre. Das dem Hauptsatz zu Grunde liegende Thema
hatte anfangs, in einer abgebrochenen Skizze eine etwas andere
Fassung.
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3
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Beethoven lässt nun die Arbeit zu diesem Hauptsatz liegen,
nicht aber die zu jenem Einleitungssatz. Eine neue Arbeit
macht sich bemerkbar. Es wird ein neues Thema aufgestellt,
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408
in dem wir alsbald das Thema des AUegro-Satzes der Ouyertare
Op. 124 erkennen. Einige von den ersten Versuchen, welche
Beethoven mit diesem Thema angestellt hat, mögen hier stehen.
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Später zeigen sich Andeutungen zur Durchführung des Themas.
Der Einleitungssatz zur früheren Ouvertüre wurde mit hinüber
genommen zur neuen Arbeit, und so hat die Ouvertüre Op. 124
einen Einleitungssatz bekommen, der ursprünglich für ein
anderes Werk bestimmt war.
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XLIV.
Ein Skizzenbuch aus dem Jahre 1804.
Das hier vorzunehmende Skizzenbuch ist für die Geschichte
der Oper »Leonore« in ihrer ersten Bearbeitung (rom Jahre 1805)
von Wichtigkeit Der erste, der diese Wichtigkeit erkannt
und in diesem Sinne, wenn auch kürzer, als es hier geschehen
soll, darüber berichtet hat, ist Otto Jahn.*) Das Skizzenbuch
ist zum grössten Theil angefällt mit Arbeiten zu den letzten
Stücken des ersten und zu aUen Stücken des zweiten Aktes
jener Oper. Es bildet, wie es vorliegt, einen starken Band
in Querformat mit 346 Seiten und mit 16 Notenzeilen auf der
Seite. Ursprünglich bestand es aus zwei, genauer gesagt: aus
dem zweiten und dritten von vier ihrem Inhalt nach zusammen-
gehörenden Skizzenbüchern, von denen das erste, das Arbeiten
zum ersten Drittel der »Leonore« enthalten haben muss, und
das vierte, in dem die in dem vorliegenden Buch nicht be-
endigte Arbeit zum zweiten Finale und zur Ouvertüre fort-
gesetzt sein muss, verloren gegangen sind. Beim Binden des
Buches sind Blätter verbunden worden und sind Blätter hinein
gerathen, die nicht dazu gehören. Richtig gebunden und mit
Auschluss der nicht dazu gehörenden Blätter würden die Seiten
so aufeinander folgen: Seite 23—26, 1—22, 27—182, 187—198,
203—338. Zwischen Seite 26 und 1 fehlen Blätter. Die
zwischen S. 182 und 187, ferner die zwischen S. 198 und 203
liegenden Blätter gehören nicht zum Skizzenbuch und sind hier
*) »Gesammelte Aufsätze über Musik«, S. 242 f.
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410
von einer Betraehtung ganz auszuscheiden. Aueh die letzten
vier Blätter (S. 339 bis 346) gehören nicht zum eigentlichen
Bestände des Skizzenbuohes. Da sie jedoch Aufzeichnungen
und Andeutungen zu Aenderungen enthalten, die nachträglich
an mehreren Stücken der »Leonore« vorgenommen wurden, sa
können sie in unserer Betrachtung nicht übergangen werden.
Das eigentliche Skizzenbueh, das also mit Seite 23 beginnt
und mit Seite 338 aufhört und in dem die bezeichneten Blätter
als nicht vorhanden zu betrachten sind, ist auf Grund einiger
Erscheinungen, die theils bei der Beschreibung eines andern
Skizzenbuches zur Sprache gebracht sind*) und denen wir
theils hier begegnen werden, zum grössten Theil in das Jahr 1804
zu setzen.
Der Besitzer des Skizzenbuches ist Ernst Mendelssohn
Bartholdy in Berlin.
Aus einigen Skizzen geht hervor, dass die Oper nach dem
Textbuch, welches Beethoven bei seiner Arbeit in Händen
hatte, aus 2 Akten bestand. Aufgeführt wurde sie zuerst in
3 Akten. Wir folgen der Eintheilung in 2 Akte, und das ist
dieselbe Eintheilung, welche bei der Aufführung der Oper in
ihrer zweiten Bearbeitung (im Jahre 1806) gemacht wurde.
Abgesehen von nachträglichen Aenderungen u. dgl. hat
Beethoven die Gesangstücke der Oper in der Reihenfolge vor-
genommen, in der sie im Textbuch v. J. 1805 stehen.
Bei Skizzen, welche sich auf ganze Abschnitte des Textes
oder auf ganze Stücke erstrecken und welche sich oft lange
fortspinnen, hat Beethoven in der Regel nur die obere Hälfte
einer Seite benutzt. Diese Art des Skizzirens hatte ihren
guten Grund. Die leer gebliebene untere Hälfte war zur Auf-
nahme späterer Aenderimgen bestimmt.
Erinnert kann noch daran werden, dass eine vollständige
Partitur der ersten Bearbeitung der Oper nicht vorhanden ist
Wir sind auf die zwei vergriffenen, von Beethoven selbst
herausgegebenen Ciavierauszüge der zweiten Bearbeitung, auf
*) »Ein Skizzenbuch von Beethoven aus dem Jahre 1803.« Leipzig,
Breitkopf u. Härtel, 1880.
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411
den von 0. Jahn herausgegebenen Clavierauszug und auf einige
zerstreute Ueberlieferungen und Schriftstücke beschränkt.
Wir nehmen die Skizzen so viel als möglich in chrono-
logischer Ordnung vor, beginnen also mit Seite 23.
Zuerst ercheinen (S. 23) Entwürfe zum Duett zwischen
Leonore und Marzelline im ersten Akt der »Leonore« (»Um
in der Ehe froh zu leben«). Die Entwürfe gelten nur einzelnen
Stellen des Textes und kommen der gedruckten Fassung wenig
nahe. Eine grössere Skizze kommt nicht vor. Beethoven muss
die Arbeit an einem andern Orte und wahrscheinlich auf im
Skizzenbuche fehlenden Blättern fortgesetzt haben. Später
(S. 68) erscheint eine Skizze, aus der hervorgeht, dass das
Duett (in seiner ursprtlnglichen Gestalt) inzwischen fertig ge-
worden war. Die Skizze ist »fine« überschrieben und bezieht
sich auf den von der letzten Wiederholung des Hauptthemas
beginnenden Schluss.
Es folgen nun Arbeiten zum ersten Finale. Zuerst kommen
(S. 24) einige abgebrochene Entwürfe
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.t^ , , I p ^^
^^
2E
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Tvel - che Lust, den A - them frei zu
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f fVf • r f I r ^
o fiel - che Lust und welch ein
zum Anfang des Gefangenen-Chors. Eine Aehnlichkeit mit der
gedruckten Fassung haben sie nicht. Ein darauf folgender
Entwurf
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•^~^"?~g"
o wel - che Lust,
o wel - che Lust
■)i-Cr . V tff .. I V^ J£^
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412
kommt derselben insofern näher, als die Anfangsworte eine
Seeunde höher wiederholt werden. Die daneben angedeutete
Begleitung beweist, dass Beethoven noch nicht an das jetzige
Begleitungsmotiy dachte, von dem bekannt ist, dass es früher
zum Anfang des letzten Satzes des Clavierooneertes in Gr-dur
verwendet werden sollte.*) Die nun folgenden Skizzen bringen
es. Beethoven schreibt (S. 25) folgenden Anfang,
f-f-]^r^|^^ll^f' fif fif t ^ tt rrirtr
rvel'che Lust, o wel-che Lust, o rvel-che Lust, den A-them
und nicht weit davon ist das Begleitungsmotiv
angedeutet. Es folgen einige grössere Skizzen, die sich der
gedruckten Fassung immer mehr nähern. Einige Schwierigkeit
scheinen die Worte »in freier Luft« u. s. w. gemacht zu haben.
Man sehe hier (S. 26) den Anfang der ersten Skizze
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Ä-
f nr . r . f fS
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1
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wel -che Lust
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53
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ffi fr ei- er Luft den A-them frei zu he- hen
*) Siehe )»Beethoveniana « S. 13.
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413
und dann (S. 4 und 22) diese Stellen aus der zweiten und
dritten Skizze.*)
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tv— K
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in frei-er Luft
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?\— K
^
5
^m
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a. 8. w.
in frei-er Luft
Bevor der Gefangenen -Chor in den Skizzen fertig war,
wurden auch die folgenden Auftritte des Finale angefangen.
Zuerst erseheinen (S. 32 bis 37) der Reihe nach kleine, zu-
sammenhangslose Entwürfe zu den Worten: Erst hat er mich
gelobet — Ich bin es nur noch nicht gewohnt — Wir müssen
gleich zum Werke schreiten — Ich soll das Grab des Gatten
graben — Heute, noch heute? — So säumen wir nun länger
nicht — Dann gehen wir schon beide — Entfernt euch jetzt
u. s. w. Beethoven hat einen Theil dieser Bröckel in eine
grosse Skizze (S. 38 bis 44) aufgenommen, welche so anftngt
Si
aui-i-
s s J jJ J^ s
t
ife
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Ent-feml euch jetzt! Mvn, könnt ihr
i' J' > ■•■ i- J -J^
ä
ei - len7
^
wei r len.
^
?
ihr könnt ja mor - gen län - ger hier ver-
U. 8. W.
Nim sprecht, wie gifig^s!
und bei den Worten »Ja wir gehorchen schon« abbricht Eine
Uebereinstimmung mit dem Druck zeigt sich nur bei einzelnen
Stellen in der ersten Hälfte der Skizze. Die zweite Hälfte
*) Die in obiger Wieder^be beigefügten Kreuze zeigen den Ort
des Eintritts der ausgezogenen Stellen an.
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414
hat das AuffaUende, dass in ihr im Ganzen derselbe Modu-
lationsgang beobachtet ist, wie im Druck. Sowohl Skizze als
Druck bringen die ersten Worte des zweiten Auftritts »Wir
müssen gleich zum Werke schreiten« in Es-dur, die letzten
Worte »Wir folgen unsrer strengen Pflicht« ebenfalls in Es-dur,
die ersten Worte des folgenden Auftritts »0 Vater, eilt!« in
C-moU, und die letzten Worte »Ja wir gehorchen schon« auf
der Dominante von D-molL Die Themen oder Melodien aber,
welche diesen Worten gegeben sind, lauten in der Skizze ganz
anders als im Druck. Da nun die Hauptpunkte jenes Modu-
lationsganges auch in den nächstliegenden Skizzen beibehalten
werden, so kann man wohl fragen, ob das absichtlich und mit
Rttcksicht auf den verschiedenen Charakter der Tonarten ge-
schah, oder nicht.
Es hat etwas Mühe gekostet, für die Worte »Noch immer
zaudert ihr« u. s. w., mit denen Pizarro den letzten Auftritt
des Finale eröffnet, den geeigneten Ausdruck zu treffen. Die
verschiedensten Ansätze finden sich dazu. In der vorhin er-
wähnten grossen Skizze lautet die Stelle
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^och immer
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zaudert ihr,
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noch immer seid ihr
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hier? Ihr müsst — Nicht mehr ein Wort — weil ihr — fort, fort,
u. 8. w.
anders, als in einigen später folgenden Skizzen, z. B. in dieser
(S. 78),
* •*■ ?*
^J^rrfn^/yPMiMB^
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415
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iVorA im - mer zau - dert ihr, noch im • mer
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f<?jW lÄr AfVr, nöcÄ im -mer zau - </^r^ lÄr, noch im -mer
i P i :z^ -mLt 1 C C CH ^
seid ihr hier. Ihr müsst — Nicht mehr ein Wort —
WO die den ersten Worten gegebene Melodie sich mehr für
einen plaudernden Buifo eignet, als für einen Gebieter und
Wütherich, wie Pizarro es ist. Auch zu den Vorspielen, welche
Pizarros Kommen begleiten, und zu den Worten, mit denen
er sich etwas später an die Soldaten wendet, iiifden sich die
verschiedensten Ansätze. Einmal (S. 56)
JtS
\ ^ \ ^^2n \ ^-{j^^ Wf^
wird PizaiTos Solo durch ein marachartiges Vorspiel und gleich
darauf, zwei Zeilen später,
^^is^htJ^
:^^
^
^
euch, auf euch nur will ich bau - en,
mit abgebrochenen Läufen eingeleitet.
Viele Stellen des Finale haben im Skizzenbuch ihre ge-
druckte Fassung gefunden. Zu den Ausnahmen gehört eine
Stelle, bei der wir an eine Erzählung Sohindler's erinnert
werden. Derselbe berichtet (Biogr. I. S. 132), Beethoven habe,
um den Sänger Meier, der 1805 den Pizarro gab, von seinem
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416
grossen Selbstvertrauen zu euriren,^ eine Stelle in seiner Rolle
angebracht, die an sich leicht, aber deshalb schwer zu singen
war, weil jede zu singende Note von den mitgehenden Streich-
instrumenten mit einem langen Vorschlag der Seounde begleitet
war, und es sei denn auch der Sänger durch diese »spanischen
Eeiter« aus dem Sattel gehoben worden. Schindler giebt seine
Quelle nicht an. Augenzeuge konnte er nicht sein. So wie die
Stelle im Skizzenbuch (S. 56) lautet,
•j'i>' f n»"r^ifTf ri^j J J
Bald wird sein Blut ver - rin - nen, bald krümmet sich der Wurm
u. 8. w.
konnte der Sänger nicht irre geführt werden, denn da hat
auch die Singstimme die Wechselnoten, die im Druck nur die
Begleitung hat. Da nun die gedruckte Version nicht im
Skizzenbuche vorkommt, so beruht sie offenbar auf einer
spätem Aenderung, und insofern kann Schindler*s Erzählung
glaublich erscheinen. Wir glauben aber, dass Beethoven einen
andern und zwar einen künstlerischen Grund zur Aenderung
gehabt hat und dass er die widerhaarigen Noten für den
unbeugsamen Charakter Pizarros geeignet hielt; denn wie wäre
es sonst zu erklären, dass er die Stelle so drucken liess, wie
er sie angeblich des Sängers wegen änderte.
Zwischen dea Skizzen zum Finale kommen vor: Arbeiten
zum zweiten Satz der Sonate in F-dur Op. 54, zum Tripel-
concert Op. 56, zur ersten Hälfte des letzten Aufzugs der
»Leonore« von der Introduetion an bis zum Quartett, femer
zur Arie Marzellinens und zu Rocco's Arie im ersten Aufzug
der »Leonore«. Wir nehmen diese Stücke der Reihe nach vor.
Zum letzten Satz der Sonate Op. 54 entwirft Beethoven
(S. 8 bis 10) eine ziemlich grosse Anzahl zusammenhangsloser
Stellen, in deren Reihe das Hauptmotiv und andere benutzte
Motive zum Vorschein kommen. Dann folgt (S. 12, 13 und
18 bis 21) eine auf den ganzen Satz sich erstreckende Skizze;
in welche jene einzelnen Stellen grösstentheils aufgenommen
sind. Die Skizze entspricht bis auf einige Stellen der ge-
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417
druckten Form. Zu Anfang ist als Tempo: »Moderato«, später
(da wo jetzt »Piü aÜegro« steht): »Presto« angegeben. Dipr
zweite Theil wird nicht wiederholt. Andere bemerkenswerthe
Abweichungen von der gedruckten Fonn finden sich bei zwei
Stellen. Die erste Abweichung betriffl; den ziemlich im Anfang
des zweiten Theils vorkommenden chromatischen Bassgang.
Derselbe ist in der Skizze*)
fW~\^p~^h}-\]±i-^ ^
71 >7
j_ »i. «
ws=
^^
länger als im Druck. Vielleicht ist der Grund der Kürzung
eben in jener Länge und der damit verbundenen Einförmig-
keit zu suchen. Die zweite Abweichung betrifft einen gegen
die Mitte des zweiten Theils vorkommenden Gang, dessen
ursprüngliche Fassung
%^^:xL^X44-f\^A
^y if ^
A^^S^jb^ji^
♦) In obiger Wiedergabe ist die fortgehende Figuration der rechten
Hand gekürzt und deren harmonischer Kern, so weit er anzugeben ist,
durch Ziffern angedeutet.
27
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zwar im Druck nieht gekQrzt, aber doch zu Gunsten einer
^össeren Reichhaltigkeit seines figurativen Inhalts geändert
Tfurde. Beethoven hat dadurch, dass er ein aus dem Haupt-
thema gewonnenes, etwas spÄter deutlicher auftretendes Motiv
heranzog, die Stelle mehr in Verbindung mit ihrer Umgebung
gebracht Aus der Stellung, welche die Skizzen zum Sonaten-
satz haben, geht hervor, dass der Satz begonnen und beendigt
wurde, bevor der Gefangenen-Chor fertig war.
Bevor der Sonatensatz in den Skizzen fertig war, wurde
auch am zweiten Satz des Tripelooncertes Op. 56 gearbeitet.
Auch diese Arbeit beginnt (S. 14) mit der Aufzeichnung kleiner,
unzusammenhängender Stellen. Die meisten derselben sind
auf die Bildung des Themas, einige auf die üeberleitung zum
dritten Satz gerichtet. In einer bald darauf (S. 15) erscheinen-
den grösseren, auf den ganzen Satz sich beziehenden Skizze
I
te
f
m
jSPlf'^
^^^^^ SM, ,
finden wir die meisten von jenen durcheinander stehenden
Stellen in richtiger Folge und etwas verändert wieder. Beet-
hoven hat in der Skizze dem Satze vier einleitende Takte
gegeben, die im Druck weggeblieben sind. Die Melodie weicht
an mehreren Stellen von der gedruckten Form etwas ab. In
später (S. 140, 199, 206, 306) vorkommenden Skizzen, von
denen eine mit »Adagio« bezeichnet ist, wird die gedruckte
Form nahezu erreicht.
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419
lieber die Skizzen zu den zwei andern Sätzen des Tripel-
<M)neerte8, die das Skizzenbuoh (S. 17, 69, 97, 214 u, s. w.)
bringt, ist wenig zu sagen. Bemerkenswerth ist nur, dass
Beethoven daran dachte, eine Cadenz eigener Art im letzten
Satz anzubringen. Nach einer Skizze (S. 142) sollte es eine
»Cadenza fugato« über oder mit einem »Point d'orgue« werden.
Eine andere Aufzeichnung (S. 214), die uns aber nicht ganz
verständlich ist, lautet:
Cadenza im Rondo colli strömend di fiatto sempre sos^enendo come una
fantasia, ^^
^^^'d^^ ^^
Aus der Stellung sämmtlicher Skizzen zum Concert geht hervor,
dass es noch nicht fertig war, als Beethoven am zweiten
Finale der »Leonore« arbeitete.*)
Aus den Skizzen zum Anfang des zweiten Aufzugs der
Oper ergiebt sich, dass ursprünglich gleich mit dem Recitative
Florestans begonnen werden sollte. Erst später kam Beethoven
auf den Gedanken, demselben eine kurze Introduction vorher-
gehen zu lassen. Einige der ersten Skizzen zum Recitativ
finden sich hier (S. 87).
' ^^>^^^^^^^^^^^^.#>^^
aas
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wg/-:j^gr'"Cp - f^^
schwe-re Prü-fung
l~rWJ^ rTryi:^^-J—i--= ^,
Gott weUh ein Dun - kel hier
Wie man hier sieht, sollte ein jetzt nur in der Introduction
verwendetes Motiv ursprünglich im Recitativ vorkommen. Aus
sämmtlichen Skizzen, sowohl zum Recitativ als zur Introduction,
*) Das Concert wurde begonnen 1803 nnd erschien 1807.
27*
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420
IftBst sioh kein Ganzes herstellen, und in ihnen wird, abgesehen
von zwei Instrumental-Motiven, von denen eines in der vorhia
gebrachten Skizze zu finden ist, keine Uebereinstimmung mit
den gedruckten oder Oberhaupt bekannten Bearbeitungen er-
reicht. Wenn aus den vorkommenden Skizzen eine Bearbeitung
hervorging, so ist letztere verloren gegangen. Als sicher müssen
wir annehmen, dass die Bearbeitung, welche als die älteste
gilt und aus der 0. Jahn in seinen Aufsätzen über Musik
(S. 252) ein Stück mittheilt, später und nicht vor 1805
entstand.
Sehr zahlreich sind die Skizzen zur Arie Florestans. Diese
Arie sollte, wie sich aus dem Skizzenbuche ergiebt, ursprüng-
lich aus drei Theilen bestehen.
Der erste Theil der Arie ist in etwas kürzerer Gestalt,
als er im Skizzenbuch erscheint, in die Ciavierauszüge über-
gegangen. Er hat viel Mühe gekostet. Die Arbeit wird mit
einer grossen Anzahl kleiner, abgebrochener Skizzen begonnen
und in grösseren, zusammenhängenden Skizzen fortgesetzt Von
den kleinen und sich nur auf die Anfangsworte beziehenden
Skizzen sind diese (S. 82 und 86)
a^^^^£^33 r fjf J'^' r, r. m
In des Le-hens Frühlings 'ta- gen In des Le-hens
In In "^
~rPtTr .
h-TT
O; ü •" ! ¥
m
*' W ^.
ö^
^t^
In
ist das Glückvonmir ge-flohn
einige der ersten. In der letzten von diesen Skizzen scheint
der Anfang der gedruckten Melodie nahezu gefunden zu sein.
In Wirklichkeit ist er es aber noch lange nicht; denn Beet-
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421
lioven fängt an zu schwanken und kommt bei 8ein:n Ver-
suchen auf ganz andere und unbekannte Fassungen. Dem
Anfang einer solchen fremden Melodie werden wir später
begegnen.
Der zweite Theil sollte ein »Moderato« in F-dur mit
obligater Flöte werden und diese Textworte
Ach, es waren schöne Tage,
Als mein Blick an deinem hing,
Als ich dich mit frohem Schlage
Meines Herzens fest umfing!
bekommen. Er ist nicht in den Druck übergegangen,
setzen den Anfang einer Skizze (S. 107) her.
Wir
_rfr^if^ i ff,f §^,|7f a ^ ^ f ^
^
Ä-
i- H— ^i--f
^
Ach, es wa - ren schö - ne
r~j i i' ; I J- ^ m
1% I iLi
hhuj
Ta - ge als mein Blick an dei-
Der dritte Theil, wie er im Skizzenbuehe vorkommt, stimmt
den Noten nach im Ganzen genommen mit dem zweiten Theil
der Arie in der Bearbeitung vom Jahre 1806 überein, nicht
aber dem Text nach, denn dieser beschränkt sich im Skizzen-
buch auf die Worte:
Mildre, Liebe, deine Klage,
Wandle ruhig deine Bahn.
Sage deinem Herzen, sage:
Florestan hat recht gethan.
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422
!Eine Skizze (S. 158) beginnt so:
^
Je
r > :/M^ rim-|fc-C-ilH
if=±
¥ t y,
Mil-dre, Lie-be, dei-ne Kla-ge, tvan-dle
^m
^^m
^m
sa ' ge
Flo - re-stan
^^
^
i«E
f—t i^ g
= P — £ < — ^
/'/o - rtf - stan
Auf den ersten Blick muss mau der Ansicht werden, dass die
Melodie sich für den Text, zu dem sie erfunden ist, mehr
eignet, als für den, den sie im Druck bekommen hat.
Von dem Vorhandensein eines Manuscriptes, in dem die
Arie in der projectirten dreitheiligen Gestalt ausgeführt ist, ist
nichts bekannt worden. Dass dieselbe in den Skizzen gans
liegen geblieben sei, ist nicht gut denkbar. Wenn Beethoven
später durch Gründe zu einer andern, kürzeren Fassung ver-
anlasst wurde, so können das nur solche gewesen sein, die
mit der Darstellung oder Aufführung zusammenhingen. E»
konnte geltend gemacht werden, dass ein aus einem Recitativ
und einer so langen Arie bestehender Sologesang der Rolle
des bis auf den Tod geschwächten Florestan nicht gemäss sei
und die Handlung unnöthig aufhalte. Andeutungen zu einer
Kürzung und zu einer andern, als zu jener dreitheiligen
Fassung der Arie finden wir im Skizzenbuche, so weit wir e»
hier zu betrachten haben, nicht. Die von Ferd. Ries (Biogr.
Nachrichten S. 105) mitgetheilte Erzählung RöckeFs, der 1806
den Florestan gab, die Arie hätte »bei der ersten Bearbeitung
mit dem Adagio im J-Takt aufgehört«, der Sänger habe vier
Takte hindurch das hohe F auszuhalten gehabt u« s. w., be-
stätigt sich nicht. Wenn an dieser Geschichte etwas Wahres
ist, so kann dasselbe nur auf eine spätere Bearbeitung bezogen
werden.
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423
Der Arie Florestans sollte ein Melodram folgen. Dasselbe
findet sich (S. 320) vollständig entworfen vor. Hier der Anfang.
Rocco: (setzt seine Laterne auf die Höhe des Vor Sprungs,
und das Theater erhellt sich zur Hälfte,)
^ Hier unter diesen Trümmern ist die Zisterne,
von der ich dir gesagt habe. Wir brauchen
nicht tief zu graben, um an die Oeffmmg
zu kommen.
^
^W
^^^r^^, /TgF I ^ - «■ «■ y|"rfj
Das darin verwendete Instrumental - Motiv ist dem Duett im
ersten Finale »Wir müssen gleich zum Werke schreiten« ent-
nommen.*)
Von Interesse ist auch ein Entwurf (S. 311),**)
Introduzione
fiel 2do atto
^
m
u. s. w. bis
^
Gott, welch ein Dun - kel
hier In des Le-hens
5
Frühlings-
^
u. s. w. bis
ta-geu
9^ ^\t rrtvi^T^^^^
^ Flaulo
T^I^O ^ =^^
^
u. 8. w. biß
Clarinetto
| #<i'. ff I r r r^]g^r^r^^-^H-^^ ^
MWrtf
*) Die Ciavierauszüge haben das Melodram nicht.
♦*) In obiger Wiedergabe ist der Entwurf an mehreren Stellen gekürzt.
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f F l - u. B. w. bis iJ^
J24
Melodrame
±
1-
8. w. bis
Lie-be
telEF-ij-
ift>r 15/ rft> Zisterne — u. s. w. bis
der alle Stücke vom Anfang des Aktes an bis zum Duett
zwischen Leonore und Rocco im Zusammenhang zeigt. Die
Introduetion, welche die Skizze zu Anfang bringt, ist sehr kurz
und lautet anders als in früheren Skizzen. Florestans Arie
hat die dreitheilige Form. Die fremde Melodie, welche die
ersten Worte des ersten Theils der Arie bekommen haben,
ist auch in andern Skizzen gepflegt worden.
Beim Duett zwischen Leonore und Rocco hat Beethoven
einen ziemlich langen Weg machen müssen, um einen den
Worten und der Situation gemässen Ausdruck zu finden. Zu-
erst werden (S. 82 f.) in kleinen Skizzen einzelne Stellen des
Textes vorgenommen. Die meisten von diesen Skizzen sehen
aus wie prosodische Uebungen, wo es gilt, die Satztheile auf
verschiedene Weise zu trennen und bald dieser, bald jener
Sylbe den Accent zu geben. Eine Skizze
^irr^lfvt; i"'itp I : !;-4 =^ p c ^ | r c j_ / ^
Nur hurtig fort es
bringt zu den ersten Worten Roccos eine Melodie, welche mit
geringer Aenderung später Leonore zu den Worten »Ihr sollt
ja nicht zu klagen haben« bekommen hat. Anklänge an diese
Melodie konunen auch in andern Skizzen vor. Hier und da
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425
taucht in den Skizzen ein Begleitungsmotiv auf. Eines der
vorkommenden Motive wird (S. 114 f.) zu einer grossen, bei-
nahe auf das ganze Duett sich erstreckenden Skizze verwendet.
!>^ j , rj;| ^^ aif L ^ ,. f ffi I f r J^j I
^^
-? — u. 8. w. bis
Tjr0j'\h,t> ^^^
Nur hurtig fort
Dann kommen wieder metrische Versuche, und ein bei dieser
Arbeit gefundenes Begleitungsmotiv giebt (S. 118) ebenfalls
Anlass zu einer grossen Skizze.
^=^P ^^ A m m^. '*
httrtig
Von den vielen kleinen, nicht weiter benutzten Skizzen sind
einige (S. 83, 113, 116)
^
~^V t ^ U. 8. W.
'Nur hurtig
F^t*^^
T" TTT
f»>ffrfii' •'
iVi
iVwr
Mr Aur/f^ /br/
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426
^
hurtig
s
P
Ffc^t's^
wegen der in ihnen aufgestellten Begleitungsmotive bc-
merkenswerth.
Wir betrachten die bisherige Arbeit zum Duett als eine
noch in ihrem ersten Stadium stehende. Unser Augenmerk
ist dabei besonders auf zweierlei Dinge gerichtet: auf die
Begleitungsmotive, denen hauptsächlich die Charakterisirung
der Situation übertragen war, und auf die Behandlung der
Textworte. Von den zu grösseren Skizzen benutzten Be-
gleitungsmotiven wird man nicht behaupten können, dass der
unheimliche Ton, den das Stück verlangt, in ihnen getroffen
sei, und eine mehr oder mindere Geeignetheit zu solcher
Charakterisirung wird man höchstens bei zweien oder dreien
der in den zuletzt angeführten kleinen Skizzen vorkommenden
Motive finden. Was den Text betrifft, so hat Beethoven in
den bisherigen Skizzen die Worte Leonorens eben so behandelt,
wie die Roccos, d. h. er hat beide im Ausdruck nicht unter-
schieden. Es ist aber klar, dass Leonore und Rocco mit ver-
schiedenen Gedanken und Empfindungen bei der Arbeit be-
schäftigt waren, dass die innerlich erregte, mit ihrem Plan
der Bettung beschäftigte Leonore anders singen musste, aU
der nur mit der aufgetragenen Arbeit beschäftigte Rocco. In
den nun folgenden Skizzen ist eine Schwenkung bemerkbar.
Das Begleitungsmotiv wird fortan (S. 119 f.)
-f
Q; "•
Nur
^
W
^P^^
J^
*=T
^
^
U. 8. W.
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ISLiR
427
JViir hur-tig
r 7 IT 7
J J
in Triolen aufgestellt, und allmählich bildet sieh auch das
kurzathmige Motiv des Contrabasses so, wie wir es kennen.
Damit waren für die Begleitung die geeigneten Ausdrucks-
mittel gefunden. Fortan wird auch der Text anders behandelt
Die Rollen werden verschieden aufgefasst. Die Worte Roccos
nehmen, so z. B. hier (S. 122),
g-g cci^r^c :c i ^^-t-gTr^
■f ß ß—W
=tz^55c
m
Ntar huriig
^-gJLg-O-g-g I r gy 1 1 y iip jL:jf=F^I=^i^
Nur hurtig
es
den Gesprächston an, und die Rolle Leonorens wird über-
wiegend melodisch gehalten.
Die Arbeit wird nun in vielen Skizzen fortgesetzt, in
denen jedoch die gedruckte Lesart nicht an allen Stellen er-
reicht wird. In letzterer Beziehung lassen sich die ersten
zwei Takte des Duettes anführen, welche Rocco zu singen
hat und welche an keiner Stelle des Skizzenbuches so lauten
wie im Druck.
Aus den vorkommenden Skizzen ist noch Einiges heraus-
zuheben. Ein bereits mitgetheiltes Begleitungsmotiv wird
(S. 122) zu einer grossen, auf das ganze Duett sich erstreckenden
Skizze benutzt, welche so
^^
^^w
w^
ö
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anfängt und in der einige Stellen
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428
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ein we - nig noch
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^ ^ . ^
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m
et - was noch
es ist nicht leicht es ist nicht leicht
^ib
^
ii=4
^ir-r^T^l ^ u. ,.
Nur hurtig
^^
^^
13»^-
wegen der in ihnen angebrachten Tonmalerei bemerkenswerth
sind; zuerst die Stelle mit dem steigenden Bassgang, der seehs
Takte hinduroh das Heben des Steines begleitet, und dann die
gleich darauf folgenden, durch Halbpausen unterbrochenen
Acoorde, die ebenfalls ihre symbolische Bedeutung haben.
Was das ftlr eine Bedeutung ist, darüber giebt eine andere
Skizze Aufschluss. Im Textbuch ist nach den Worten :»E8 ist
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429
nicht leicht«, wo Leonore und Rocoo vom Heben des Steines
ennüdet scheinen, bemerkt: »Sie holen Athem«. Beethoven
hat, realistisch genug, dieses Athemholen auszudrücken ver-
sucht. Er schreibt (S. 162):
J ■
1
i i
fii -
^^3
-ö^
¥=
Athemholen
Athemholen
Und damit erklärt sich auch die frühere Stelle. Im Druck ist
weder von dieser, noch von der früher vorkommenden Malerei
etwas zu sehen.
Die ersten Skizzen zu dem dann folgenden Terzett (S. 85)
stehen in F-dur und zeigen keine Aehnlichkeit mit der ge-
druckten Form.. Die eigentliche Arbeit beginnt später (S. 156 f.).
Die hier gewählte Tonart ist A-dur. Die Skizzen weisen bald
bekannte Züge auf und kommen schliesslich von den ge-
druckten Bearbeitungen der in Jahn's Ciavierauszug S. 183 f.
stehenden am nächsten. In dieser Arbeit haben wir den Fall
vor uns, dass überall nur einzelne, aus dem Zusammenhang
des Textes gerissene Stellen durcheinander und jede wieder-
holt vorgenommen werden. Eine auf das ganze Duett oder
auf einen beträchtlichen Theil des Textes sich erstreckende
Skizze kommt nicht vor. Dazu kommt, dass, abgesehen von
einzelnen Abweichungen, sich beinahe das ganze Terzett durch
die vorkommenden Skizzen belegen lässt. Diese Erscheinung
ist der Beantwortung einer Frage günstig, welche sich bei
andern abgerissenen Skizzen mit weniger Sicherheit beant-
worten lässt, nämlich der Frage: hat Beethoven bei solcher
Methode des stückweisen Arbeitens einen Modulationsplan vor
Augen gehabt? Das Skizzenbuch bejaht diese Frage, wie sie
denn auch, wenn sie apriorisch gestellt würde, zu bejahen
wäre. Es würde zu umständlich sein, das Gesagte durch
Beispiele zu beweisen. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass
Beethoven bei einzelnen Stellen geschwankt hat und später
von seinem ursprünglichen Plan abgegangen ist. Ein solcher
Fall kann vorgelegt werden.
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430
Im Druck geht die Modulation au der Stelle, wo Leonore
Ton RoGOO die Erlaubniss erwirkt, Florestan ein Stfiekcheu
Brot geben zu dürfen, von F-moU über Cis-moU (eigentlich
Des-moll) mit enharmonisoher Verwechslung nach C-dur. Da»
ist ein gewaltsamer, gezwungener Uebergang, der aber hier,
wo Leonore mit Rocco's eigenen Worten »Es ist ja bald um
ihn gethan« auf den gutmüthigen Mann eindringt und ihn zur
Nachgiebigkeit bewegt, an rechter Stelle ist. Der Zug würde
seine symbolische Bedeutung verlieren, wenn z, B. die Modu-
lation von F-moH gleich nach C-dur geführt würde. Im
Skizzenbuch kommt die Stelle viermal vor. In den zwei
ersten Fassungen (S. 174 u. 176)
üT r rir t^ rpfT-9^ '^iU-^ s
w
Es ist ja bald
So sei's, ja, ja
u. 8.
vj^^vr~r^=^^ ^ '^ ^^
w
Es ist ja bald um ihn ge - than
^^
fuf^
^
hat sie nichts Herbes, und erst in den zwei späteren Skizzen
(S. 204) hat sie in ihrem mit der gedruckten Fassung überein-
stimmenden Modulationsgang auch das Scharfe bekommen.
Beethoven ist also auch auf diesen Zug nicht gleich anfangs
gekommen. Wir nehmen an, er habe sich die im Text vor-
gezeichnete Situation immer mehr vergegenwärtigt und sei
dann durch das Unnatürliche, das jene Worte in Leonorens
Munde haben und das nur aus ihrer Zudringlichkeit zu er-
klären ist, bewogen worden, ihnen jenen scharfen Ausdruck
zu geben.
Erwähnenswerth ist, dass die Worte Florestans »0 dass
ich euch nicht lohnen kann«, welche im Druck (wo z. B. das
unwichtige Wort »dass« einen guten Takttheil und die längste
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431
Note bekommen hat) prosodiseh nieht gut aosgedrttekt sind,
im Skizzenbuch (S. 172) in einer Fassung rorkommen,
j-j-l r r ^ ^
i- r i J^ i
^=^
TH
mehr als ich
dass ich
in der jener Fehler vermieden ist
Dem Schluss des Terzettes gilt eine Bemerkung (S. 188),
Nel terzetto gegen das Ende immer mehr pianissimo
welche auch befolgt worden ist.
Zu dem nun folgenden Quartett wird (S. 84, 133 u. s. w.)
in yerschiedenen Tonarten angesetzt, in £s-dur, G-moll und
A-moU. Erst dann (S. 208) wird die Tonart D-dur aufgestellt
und wird in kleinen und grossen Skizzen (S. 208 bis 297)
die gedruckte Form bei den meisten Stellen ganz oder an-
nähernd erreicht. Betrachtenswerth sind die Skizzen zu zwei
Stellen, nämlich zu der Stelle, wo Leonore sich als Florestans
Weib zu erkennen giebt, und zu der, wo sie Pizarro die
Pistole vorhält.
Die erste Stelle erscheint zuerst (S. 209) in diesen
Fassungen.
i
^=^
^' V T T i t
Tödt erst sein Weib! Weib!
ZJZl
1^
Er soll he - sira-fet
-^f^ZHF
£
Weib
fr^^.
^ü
sieh hier Le - o - no -re
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432
Man sieht, Beethoven ist (bei dem Worte »Weib«) mit wenig
Schritten von einer milden Dissonanz zu einem scharf disso-
nirenden Accord gekommen, und dieser Aocord wird, mit
enharmoniseher Verwechslung zweier Töne, nach H-moll ge-
führt Nun werden andere Behandlungen des gefundenen
Accords versucht. Hier (S. 215)
V
^ £d. ^
^
p^
w
Tödt erst sein WeL
Mew
Sein Weib?
£^rs-^4#-r^q^
^
^
fVeib
Ja sieh hier Le - o - no - re. Ich bin sein
^^^
Sein fVeib
■-^ T-JMH- i r r l 'r^
Weih. Ge - schwo-ren hob ich ihm Trost, Ver - der - ben dir.
u. 8. w.
wendet sich die Modulation bei der Auflösung nach Gis-moll
(eigentlich As-moU), und hier (S. 220)
^ ^ ^ I ^ ^
^ ^ =>g:;g: ^^
Tödt erst sein Weib
^^M
Vi-
^=^^
Ja steh hier Le - o - no - re.
m
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Ich bin sein
Google
433
1i
Weib, ge • schtvo-ren hob ich ihm Trost, Ver - der - hen dir.
u. 8. w.
-de
f r r I (f»' r I , p p ^ ^
m
Ich hm sein Weib
Trost
zunächst wieder nach H-moU, dann (in der Variante) nach
D-moll. Wir können uns die verschiedenen Versuche nicht
ohne die Annahme erklären, dass Beethoven über die nächst-
liegenden zulässigen Auflösungen des Accords reflectirt hat.
Bei der andern Stelle ist Beethoven nicht gleich, sondern
allmählich auf das Ausdrucksmittel des rhetorischen Accents
gekommen. In der ersten Skizze (S. 210)
=fe=5b^
^
tr r 7-
^to
w
Noch ei • neu Laut, und du bist
todt.
q(=i=
m
#
#
if^bJ J J-TpTJ J | 0: Tg
^
U. 8. W.
behandelt er das wichtige Wort »todt« gleichgiltig, indem er
ihm einen Secundenschritt abwärts giebt. Später (S. 210
und 219)
%T-nr?.Tf^i rTTfr -"T]'
\ds±
Noch ei - nen Laut, und du bist todt
f r r r i r r r r a, >r r r \ rm
Noch ei - nen Laut
^^
• ^>
t^zCiZ
todt
28
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434
-wird das Wort durch einen Terzen- und zuletzt (S. 223}
^^
Noch ei - nen Laut
fg l fflTTTT^^^^
y,i f,irf,T-ff | /
l
^
Du bisi ge-ret'tet, grosser Gott
u. 8. w.
dureh einen Sextensprung aufwärts hervorgehoben.
Der Sehluss des Quartetts ist im Skizzenbuoh verschieden
angegeben. Ein Sehluss erfolgt in der Haupttonari Eine
später geschriebene Version (S. 224)
3!ir^^i;7P ^ I fr.pl^
T
Jm j Mi I r ^ U_n f J J J
( ? ) ^ TS
fe±||5
dient zur Ueberleitung in das folgende Reeitativ. Bemerkens-
werth ist noch, dass die schöne Melodie in B-dur, welche in
den vorhandenen Bearbeitungen die Flöten nach dem ersten
Trompetensignal haben, im Skizzenbuch nicht vorkommt Sie
muss später und vermuthlioh während oder nach der Com-
Position der zweiten Ouvertüre eingelegt worden sein.
Dass Beethoven die schon im Jahre 1803 entworfene
Arie Marzellinens hier nochmals vornahm, lässt schliessen, das»
er mit der früheren Arbeit nicht zufrieden war.*) Die hier
vorkommenden Entwürfe sind verschieden. Zuerst erseheint
(S. 89) ein Ansatz, aus dem (S. 90) eine grössere Skizze
hervorgeht, die mit Benutzung einer Variante so anfängt
f. \ i'^U'iW'l(hWdf :^\^^ ^fr
Tvdr ich schon
XL 8. V.
*) Siehe »Ein Skizzenbuch von Beethoven aus dem Jahre 1803«, S. 67.
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435
und die der in Jahn's Clayieraoszug S. 173 f. stehenden Be-
arbeitung 80 nahe kommt, dass man von den gedruckten Be-
arbeitungen die genannte der Entstehung nach fllr die zweite
halten muss.*) Später (S. 146 und 147) erscheinen zwei voll-
ständige Entwürfe,
M r f. r n r " r M f B ^ M"S
w
war ick schon
gm r B i ^FJüc i f'f'^M^r,
war ich schon
Q. S. W.
von denen es nicht bekannt ist, ob Beethoven sie ausgefthrt
hat. Man muss das Gegentheil vermuthen, wenn man sieht,
dass er gleich darauf (S. 147)
Vi-
war ich schon und
war ich schon
-de
nuih Ti I Jii ^^
auf eine frühere Bearbeitung zurückkommt.*'*') Später (S. 149)
erscheinen Andeutungen
tutti
^ ^ 2iemal Voce ^»^»^^
TL 8. W.
*) Die erste von den gedruckten Bearbeitungen ist die in Jahn's
Clavierauszug S. 178 f. vorkommende.
**) Es ist die in der vorigen Randnote angeführte Bearbeitung.
Nur ist die Tonart geändert. Obige Skizze steht in C-dur, und die ge-
druckte Bearbeitung fangt in C-moU an und geht später nach C-dur.
28*
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436
zur Begleitung der Arie, welche von den vorhandenen Be-
arheitungen am ehesten derjenigen angehören können, welche
in einer in der königl. Bibliothek zu Berlin befindlichen, in
Jahn's Ciavierauszug S. 16 f. benutzten Abschrift erhalten ist.
Zur Arie Rocco's findet sich (S. 92) ein Entwurf,
fV'f f\i- ^' ;f^ \ t^r^'^t \ r.t. ^
Bat man rächt auch Gold
von dem nicht bekannt ist, ob Beethoven ihn ausgeführt hat.
Bald darauf (S. 95) erscheint eine Aufzeichnung,
Ä
acc.
Ül^T
nicht
T^Vt ^''^^'^
^
aus der sich entnehmen lässt, dass die Arie, wie sie gedruckt
ist, nahezu oder ganz fertig war. Hat Beethoven bei der
Begleitungsfigur, auf deren Aenderung die Skizze abzielt, an
die Bewegung der Finger beim Geldzählen gedacht?
Zwischen den Arbeiten zur ersten Hälfte des zweiten
Aktes der »Leonore« erscheinen auch Entwürfe zu dem Liede
»An die Hoffnung« Op. 32, zur Sonate fftr Pianoforte in F-moll
Op. 57 und (S. 205) zu einem unbekannten Marsch.
Auf das Lied »An die Hoffnung« beziehen sich (S. 151
bis 157) fünf grosse, meistens vollständige und eine ziemlich
^osse Anzahl kleiner, abgebrochener Skizzen, von welch
letzteren diese
^
^^ g g ; I i-' J^ j- ; i~m
Die du so gern in heil - gen dächten fei -
erst
die erste ist. Eine Uebereinstimmung mit der gedruckten
Form wird nur an einigen hervortretenden Stellen erreicht
Wir halten die Skizzen für eine Vorarbeit. Einige Zeit musste
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437
noch vergehen, his die endgiltige Fassung gefunden wurde.
Die Skizzen wurden während der Arbeit am Terzett im zweiten
Akt der »Leonore« geschrieben.*)
Von der Sonate in F-moll erscheint (S. 182, 187 bis 198
und 203) zuerst der erste Satz. Das Hauptthema ist (S. 182)
gleich gefunden.
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b-
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l 19^ ^
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Die Stelle mit den Trillern scheint Bedenken erregt zu haben.
Beethoven schreibt sie anders.
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-W'
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^
t^
j-^yy- r 'r I r i
An den vierten Takt dieser Skizze anknüpfend wird nun
(S. 182) die Arbeit bis zum Anfang des zweiten Theils fort-
gesetzt.
=^?
*-^* *
ji^rnt^TTf^ ^
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^
*) Das Lied erschien im September 1805.
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438
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T' \ >f' [V-T ^
T^-nwir^
^^
£=
ff •^ U. 8. W.
Ein wichtiger Bestandtheil, der Mittelsatz in As-dur, ist
noch nicht gefunden, üeberhaupt wird die parallele Dur-
Tonart nicht berührt. Die Skizze kommt aus dem Moll nicht
heraus. Das Stürmische und Düstere herrscht Das Milde
fehlt und mit ihm der Contrast. Zunächst wird nun in einer
Skizze, die wir übergehen, der Anfang der vorigen Skizze
geändert und wird damit der Hauptsatz seiner endgiltigen
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439
Form n&her geftlhrt. Eine dann folgende grosse, bis zum
Anfang des zweiten Theils reichende Skizze (S. 192), Ton der
wir den 22. bis 34. Takt hersetzen.
^
^^^^
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^
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Tl fj] I J ^ j-^rp -g
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BE
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-«r
i ^ i^ ?
-n^-
bringt in einer Variante den Mittelsatz in seiner ursprüng-
lichen Fassung. In einer später geschriebenen Skizze (S. 190)
jj ijjji^T^'[ i yrP[frrt^fM ,=^
^
jjj'j-j-j'j
it
^
SfeS
^^
^.;-rrir^ |mJj ^P
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440
klärt sich auch der Schlusssatz, jedoch mit Äumiahme seine»
Anfangsmotiyes, das auch hier noch nicht, wie im Drack^
wiederholt wird. Von der Wiederholung dieses Motives auf
gleicher Stufe hing die Ausbildung des Anfangs des Schluss-
satzes ab. In allen früheren Skizzen wird der Schlusssatz mit
zwei zweitaktigen, in der zuletzt angeführten mit zwei drei-
taktigen und im Druck mit zwei viertaktigen Abschnitten er-
öffnet. Die gedruckte Fassung kommt im Skizzenbuch nicht
vor. Das ist auch eine von den vielen Stellen, von der man
meinen sollte, sie könnte von Anfang an nicht anders gewesen
sein, als sie jetzt ist. Die übrigen Skizzen gelten meistens
dem zweiten Theil und dem Schluss. Sie kommen der
endgiltigen Fassung noch weniger nahe, als die zum ersten
Theil. Der zweite Theil scheint einige Mühe gemacht zu
haben. Dies lässt sich schon daraus schliessen, dass Beet-
hoven einige Zeit (S. 187 bis 197) Versuche mit einem Nach-
ahmungsmotiv
f^^-jmiSF^-^mi itf 1 ^
-rrrrr^
^
angestellt hat, das im zweiten Theil verwendet werden sollte,,
aber nicht zur Verwendung kam. Bei der Gedrungenheit und
Einheitlichkeit, die der zweite Theil im Druck zeigt, ist
schwer einzusehen, wie und wo das Motiv angebracht werden
sollte. Der Schluss des Satzes ist verschieden angegeben und
jedesmal kürzer gehalten, als im Druck.
Die Arbeit zum zweiten Satz der Sonate (S. 190 bis 195)
beschränkt sich fast nur auf die Andeutung einiger Reihen
Variationen. Von jeder Variation ist, wie man z. B. in der
zuletzt vorkommenden Reihe (S. 195)
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441
2do
3zo
i
s
^
simplice
^i=?
^^
senza repetizione
Imo
sehen kann, nur der Anfang und das zu Grunde liegende
Figuralmotiv angegeben. Das Thema selbst kommt vollständig
nicht vor, kann also früher fertig gewesen sein. Auch dieser
Satz hat seine endgiltige Form im Skizzenbuch nicht gefunden.
Der letzte Satz sollte (S. 191) ursprünglich so
ultimo pezzo
mm ^n ^^MM
-^^ \ -'-' ihptp\i^ M^
anfangen. Bald darauf (S. 191 bis 197) erscheinen einige ab-
gebrochene Entwürfe, welche nur der Ueberlcitung vom zweiten
zum dritten Satz gelten und von denen einer (S. 191)
f ^ g-^f^
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442
an die letzten Takte der letzten Variation anknüpft und in-
mitten des zweitaktigen Hauptmotivs des letzten Satzes ab-
bricht, ein anderer jenes Hauptmotiv ungekürzt bringt u. s. w.
Skizzen, die über dies Hauptmotiv hinausreichen, eigentliche
Skizzen zum Finale kommen nicht vor. Zu beachten ist die
Stellung der angeführten Skizzen, Jene verworfene Skizze
(^»ultimo pezzo«) zum Anfang des letzten Satzes steht auf den
zwei obersten Systemen derselben Seite ^ auf deren unteren
Systemen Entwürfe zum zweiten Satz und zur Ueberleitung
in den dritten Satz durcheinander eingetragen sind. Es ist
also unzweifelhaft, dass jener verworfene Anfang früher ge-
schrieben wurde, als die darunter vorkonmienden Skizzen.
Hieraus ergiebt sich, dass das Finale während der Arbeit an
den Variationen und an einem andern Orte, wenn nicht fertig,
so doch angefangen worden war.*)
Eine andere Nachbarschaft giebt Anlass zu einer Ver-
muthung. Als die Sonate in F-moll angefangen wurde, war
das Duett »Nur hurtig fort, nur frisch gegraben« noch in der
Arbeit begriffen. Das Begleitungsmotiv war ungefähr 50 Seiten
früher gefunden. Eben jene pochende Triolenbewegung mit
ihren wiederholten Achtelnoten spielt auch im ersten Satz der
Sonate eine Rolle, und da ist die Möglichkeit nicht auszu-
schliessen, dass ein Einfluss der einen Arbeit auf die andere
stattgefunden und die Beschäftigung mit der einen zur Ent-
stehung der andern beigetragen hat.
Wir gelangen nun zu den zwei letzten Nummern der
Oper, nämlich zum Recitativ und Duett zwischen Leonore und
Florestan und zum zweiten Finale.
*) Nach einer Erzählung von Ferd. Ries (Biogr. Not. S. 99) wurde
das Finale in Döbling concipirt. Beethoven wohnte in Döbling im
Sommer 1803 und 1804; 1805 wohnte er in Hetzendorf. Das demnach zu
wählende Jahr der Composition kann nur 1804 sein. In Thayer's Biographie
(Bd. 3 S. 158) steht, Beethoven habe die Sonate Op. 57 im Herbst 1806
componirt. Dass das nicht richtig sein kann, geht, abgesehen von dem
Ergebniss, das sich an Bies' Mittheilung knüpft, sowohl aus der Nähe der
(25 Seiten früher vorkommenden) Skizzen zu dem i. J. 1805 erschienenen
Liede »An die Hoffnung c, als aus der Nähe der (S. 187 bis 189 und 204 ff.
vorkommenden) Skizzen zu Stücken aus der Oper »Leonore« hervor.
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443
Jenes ReoitaÜT hat Beethoven (S. 230 bis 236) viermid
Tollstftndig and einmal unvollständig entworfen. Jeder Ent-
wurf lautet anders. Der erste Entwurf beginnt so:
m
^
^-^t ^ -f'
^
U. 8. W.
Ich kann mich noch nicht fas - sen
Erst in der letzten Skizze
^ J^^ ' l J^^ ^^<-' ^
rfc ijt|f£j^
ist eine theilweise Uebereinstimmung mit dem Druck be-
merkbar.
Beim Duett selbst nimmt Beethoven (S. 227 bis 242)
zuerst einzelne Stellen des Textes vor. Später erscheinen
grössere Skizzen, die das Stück der in Jahn's Ciavierauszug
S. 194 stehenden Bearbeitung ziemlich nahe bringen. Be-
kanntlich hat Beethoven zum Hauptthema eine ursprünglich
für die i. J. 1803 begonnene Schikaneder'sche Oper bestimmte
Melodie gewählt.*) Sehen wir, wie diese Melodie in die neue
Oper eingeführt wird. In vorliegendem Skizzenbuch kommt
die Melodie bald zum Vorschein, und ausser ihr wird kein
anderes Hauptthema aufgestellt. Sie erscheint zuerst (S. 227)
iiiV( | fJ^^rf | ffr^fr i r;rff
#
^^m
r i r r r f i ^ ; „.
Mein Weib, mein Weib an tnei - ner Brust
*) Vgl. »Beethoveniana « S.
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444
genau so, wie sie in der Mheren Arbeit lautet Jedoeh ist
ihr kein Text beigegeben, was nicht ohne Grund geschehen
sein kann und deswegen auffallend ist, weil die folgenden,
von Florestan zu singenden Takte mit Text versehen sind.
Der Grund war: die ersten Worte des neuen Textes (»0 namen-
lose«) Hessen sich den ersten Noten der Melodie nicht unter-
legen. Was geschieht nun? Beethoven fttgt der Melodie
r if r nr/t;^ ^^
na - men na - meti
vorne eine Note hinzu und wiederholt zwei Sylben.
Die Arbeit zum zweiten Finale (S. 244 bis 333) beginnt
mit der Vornahme einzelner Textstellen. Später werden in
grösseren Skizzen die einzelnen Abtheilungen des Textes ziem-
lich in der Reihenfolge vorgenommen, in der sie im Textbuch
vorkommen. Dabei wird die Vornahme einzelner Textstellen
fortgesetzt Eine Aehnlichkeit oder Uebereinstimmung mit der
gedruckten Form wird nur an einzelnen Stellen erreicht Die
Arbeit muss an einem andern Ort fortgesetzt worden sein.
An sich bieten die Skizzen wenig Bemerkenswerthes. Am
auffallendsten ist ihre Verschiedenheit unter sich. Wir be-
schränken uns bei der Aushebung auf den Anfang einer
Skizze (S. 284)
^^
m
-g ft* ff f;
^m
V ¥ •
Qoill Wie lan-ge habt ihr sie ge-
T=ynF^^ J / /
tra - gen 7
Ich weiss es nicht,
zu einem gegen Ende des Finale und nur in der ersten Be-
arbeitung der Oper vorkommenden Recitativ und auf einen
Theil der Skizzen
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445
Corus
ff^r tfwi hoUdes Weih
?nn--f^^ iTr II ,., gCFTif
^P^
w
-?-=52-
^<?r
Schlusschor
^^^:^=-. r^r^-Mc^^
zi=i==ii
^'V;* /?i;i
etc.
^
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c r 'M r <tr r^^^
ir^
^Vr
^
F=g=
^ f" ^ I f ' ^ ^^ rr I f< P j
zum Anfang: des Schlusschors. Diese letzte Auswahl mag in
ihrer Verschiedenheit eine Vorstellung von der Arbeit zu
andern Stellen geben.
Zwischen den Arbeiten zum zweiten Finale findet sich
{Ö. 263) ein Ansatz
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446
Overtur
i^, dl! LUn- rr ^ I uü t.r^ g
Violoncelli
Xllf ^ I J^ ^
tf/C.
zu einer Oaverture, die wahrgeheinlioh für die Oper bestiHimt
war, (S. 291) eine Bemerkung,*)
Am 2ten Juni — Finale immer simpler — alle Klavier-
Musik ebenfalls — Qott weiss es — warum auf midt
noch meine Klavier -MusUc immer den schlechtesten Ein-
druck [macht,] besonders wenn sie schlecht gespieU wird,
und dann (S. 333 bis 337) kommen Skizzen zum ReoitaiiT
und zur Arie Leonorens.
Es musB auf den ersten Blick auffallen, dass, der sonst
von Beethoven befolgten Ordnung entgegen, von dem vocalen
Theil der Oper die Arie Leonorens nach dem zweiten Finale^
*) Nach unserer Annahme fallt diese Bemerkung ins Jahr 1804.
Gegen die anderwärts aufgestellte Annahme, die Bemerkung sei im
Jahr 1805 geschrieben, spricht schon die Kürze der Zeit, die Beethoven
zur Vollendung der Oper übrig blieb. Die Ouvertüre war noch nicht
angefangen, die Arbeit zum zweiten Finale war kaum über ibr erstes
Stadium hinaus, andere Stücke des zweiten Aktes waren noch nicht
vollendet, als die Bemerkung geschrieben wurde, und dass in der kurzen
Zeit vom 2. Juni 1805 bis zum Tage der ersten Aufführung (20. No-
vember 1805) jene Stücke fertig wurden, die Stimmen abgeschrieben,
die nöthigen Proben gehalten werden konnten u. s. w. , ist unwahr-
scheinlich. Ueberdies ist als sicher anzunehmen, dass die Oper eine
ziemlich geraume Zeit vor der ersten Aufführung fertig war. Dies geht
aus folgenden Mittheilungen hervor. Der Wiener Correspondent der
Leipziger AUg. musik. Zeitung vom Januar 1806 (S. 237) sagt in seinem.
Bericht über die erste Aufführung: »Das merkwürdigste unter den
musikalischen Produkten war wol die schon lange erwartete Beet*
hoven'sche Oper.« Ferdinand Bies erzählt (Biogr. Not. S. 102): »Eine»
Tages, wo eine kleine Gesellschaft nach dem Conoerte im Augarten mit
dem Fürsten (Lichnowsky) frühstückte, worunter auch Beethoven und ich
waren, wurde vorgeschlagen, nach Beethoven's Haus zu fahren, um seine
dazumal noch nicht aufgeführte Oper Leonore zu hören.« Was Bies
erzählt, kann natürlich erst 1805 geschehen sein.
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447
also zuletzt yorgenommen wurde. Hier ist zweierlei mögUeh.
Entweder wurde Leonore erst im letzten Augenblick mit einer
Arie bedaeht, oder es kam hier auf die Composition einer
neuen Arie oder auf die Umarbeitung einer früher geschriebenen
an. Das Erstere ist unwahrscheinlich. Sollte der Verfasser
des Textes, der sogar Rocco und Marzelline je mit einer Arie
bedacht hatte, der wichtigsten Person der Oper keine Arie
gegeben haben? Wir können also nur das Andere annehmen,
und hierttber werden die Skizzen hinreichenden Aufschluss geben.
Zunächst zeigt sich, dass der zur Composition vorgenommene
Text nicht der Im Textbuch y. J. 1805, sondern der im Text-
buch V. J. 1806 und in den Clayierauszttgen stehende ist.
Jedoch kommen nicht alle Worte dieses Textes vor; jAnf
Zeilen aus dem zweiten Theil der Arie fehlen.*) Die Skizzen
*) um das Yerhältniss auch von einer andern Seite und genauer
beobachten zu können» setzen ¥rir die frühere und die spätere Fassung
des Textes her und machen in letzterem die in Beethoven's Skizzen
vorkommenden Wörter durch einen stärkeren Druck kenntlich.
Früherer Text.
(N«eb dem TMtbncb v. J. 1805.)
Arie.
brich noch nicht, du mattes Herz!
Du hast in Schreckenstagen
Mit jeder Stunde neuen Schmerz
Und neue Furcht ertragen.
folge deinem Triebe!
Erliege nicht
Der hohen Pflicht
Der treuen Gattenliebe.
du, für den ich alles trug,
Könnt ich zur Stelle dringen,
Wo man dich in die Ketten schlug.
Und süssen Trost dir bringen!
Dass dieser Sieg mir bliebe!
Ich wanke nicht,
Mich ruft die Pflicht
Der treuen Gattenliebe.
Späterer Text.
(Mach den GUTleraanQgen ; niobtgass überein-
Btlmmend mit dem Im T»xtbaob r. J. 1806
Torkommenden Text)
Becitativ.
Ach brich noch nicht, du mattet Nerz!
Du hut in 8chrocl(cnfta|cn
Mit jedem Schlaf )a neuen Schmerz
Und bange Anftt ertragen.
Arie.
Komm Hoffnung! latt den letzten Stern
Der MOden nicht erbleichen!
Erhell' ihr Ziel! Sey*f noch so fern,
Die Liebe wird's erreichen.
du, fOr den Ich alles trug,
Könnt ich zur Stelle dringen,
Wo Bosheit dich in Fesseln schlug,
Und süssen Trost dir bringen.
Ich folg' dem Innern Triebe,
Ich wanke nicht.
Mich stärkt die Pflicht
Der treuen Qattenllebe.
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448
sind meistens kurz und betreffen mit geringer Ausnahme nur
einzelne aus dem Zusammenhang gerissene Stellen des Textes.
Skizzen zum Keoitativ stehen zwischen Skizzen zum zweiten
Theil der Arie u. s. w. Begonnen wird die Arbeit mit dem
Recitativ (S. 333)
< Reo.
1^^ Ji f i -a H^- ^ ^ ^^
- U. 8. W.
brich noch
und mit abgebrochenen Stellen zum zweiten Theil der Arie,
Ton denen diese (S. 333)
-^j jr:: J^7J-^-H^^-^7=^ ^
ftir Hörn bestinunt zu sein scheint. Die Tonart dieser ersten
Skizzen ist theils D-moll, theils F-dur. Dann wird fttr den
ersten Theil der Arie (S. 333)
pip pj]7J3 | f'^irfriJ#[^^lJ ^|j
n
Komm Hoffnung
die Tonart E-moll, ftir deren zweiten Theil die Tonart £-dur
gewählt, und diese letztere Tonart wird nun als Haupttonart
der Arie nicht mehr verlassen. Das Recitativ wird fortan in
Cis-moU aufgestellt, so hier (S. 334)
Cismoll
m
:t^
£=fc
Ach brich noch nicht, du mat - tes Herz
und hier (S. 336).
»< h ^
JTd rri^»
^^
^
:Mz=it
2Z
=M
Ach brich noch nicht,du mat-tes Eerz
m
:;izi;sz
^ ^
U. 8. W.
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449
Von allen yorkommenden Skizzen ist die zuletzt erwähnte
die längste; sie erstreckt sich anf das ganze Kecitativ. Von
den in E-dur stehenden Skizzen zum ersten Theil der Arie
ist diese (S. 335)
r^ i :Lu i i|.i.Mi ^
Du Hoffnung
lass den letz-ien
^m
■I 'h r ff l i p JB
Stern der Mü - den
die erste. Die Skizze bringt ein Begleitungsmotiv, das nun
weiter gepflegt wird. Bei den Skizzen zu diesem Theil
schwankt Beethoven in Betreff der Taktart. Ein Theil der
Skizzen steht im |-, ein anderer, zu dem diese Skizze (S. 336)
ä
^
^
ptano
^
Fagott
gehört, im J-Takt. Die Beziehung der zuletzt angef&hrten
zwei Skizzen ist klar. Sie bringen den Beweis, dass der erste
Theil der Arie, wie er gedruckt ist, noch nicht oomponirt war.
Bei den Skizzen zum zweiten Theil der Arie kann man von
dem Augenblicke an, wo dafür die Tonart E-dur gewählt
29
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450
wurde, zwei Arten unterBoheiden. Die Skizzen betreffen haupt-
fläohlich zwei auseinander liegende Stellen des Textes. Die
Skizzen der ersten Art, z. B. diese (S. 333),
Tempo aüo
»
7'!f ^ I fff ^ I j, ^ ^
Corni
^
^^
diese,
|, j;^ g.^lto aJJ^»J^ B y
Y fi \^ '*f 1" =^
(O* Ä-
rftt, für den ich al - les trug
M
-gf i ■!' ^' i- i' W
Ich folg dem in - nern Trie - he
diese
Allegro
jrjj-jr^U fprPf^^
w
;si
r» F p
^
> t »
<^u, /th* ^«n m;A äl'les
trug
und diese,
^ "" iJiiJXU.^ I rH- j j j j I ^ 3i
^
;sc =5z:^;se: =2r=g^ zz!:zz=
W
^*
— tf^<r.
rftt
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451
lesohrftaken sich auf die Anfangsworte, überhaupt auf den-
Anfang des Theils und unterscheiden sich in ihrer Art nicht
von den Skizzen zu andern Gesangcompositionen. Die der
hindern Art, z. B. diese (S. 333)
der treu-e
-ja^ jHj ii^ I fif
— — — ;i Gat'ten
und diese,
-4St-
>gf I f f
^
Ga
tten
hefassen sich nur mit den Schlussworten der Arie und sind
nur auf den melismatischen Ausdruck der Worte gerichtet;
Themen oder Motive, welche den Grundstock einer Composition
bilden könnten, werden nicht gesucht, und von einer thema-
tischen Verschiedenheit, wie wir sie z. B. bei den zum Recitativ
und zum ersten Theil der Arie gehörenden Skizzen beobachten
können, kann hier nicht die Bede sein.
Das Ergebniss der Skizzen ist Folgendes. Die Skizzen
zum Becitatiy und zum ersten Theil der Arie sind auf eine
neue Composition gerichtet; die zum zweiten Theil der Arie
gelten, mit Ausnahme des Anfangs, mit Bücksicht auf die
Musik genauer gesagt: mit Ausnahme der Ueberleitung vom
ersten zum zweiten Theil, der Umarbeitung einer früher ge-
schriebenen Arie. Abgesehen ist es in den Skizzen auf eine
Arie in £-dur mit obligater Begleitung von drei Hörnern und
einem Fagott, und die Bearbeitung, welche schliesslich aus
ihnen hervorgegangen ist, wenigstens darin angebahnt wurde,
ist die in den Ciavierauszügen stehende. Jene früher ge-
schriebene Arie, als deren Haupttonart wir auf Grund der ersten
29*
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452
auf ihre Umarbeitung gerichteten Skizzen F-dur anzunehmen
haben und deren Text ohne Zweifel der im Textbuch y. J. 180&
Torkommende war, ist •verloren gegangen.
Ein grösseres, genaueres Ergebniss lässt sich aus den
Skizzen schwerlich gewinnen. Nach welcher Seite wir uns
auch wenden, überall gerathen wir auf einen unsicheren
Boden. Wir wollen nur einen Punkt berühren. Die ersten
Skizzen zur Arie stehen auf derselben Seite (S. 333), auf der
die zum zweiten Finale aufhören, und die Blätter mit den
Seitenzahlen 331, 332, 335 und 3S6, welche theils Skizzen
zum Finale enthalten und auf welchen theils die Arbeit zur
Arie fortgesetzt wird, hängen am hintern Bande zusammen
und bilden einen Bogen. An der chronologischen Zusanmien-
gehörigkeit der auf den Blättern vorkommenden Skizzen l&sst
sich also nicht zweifehi, und der Gedanke, die in Angriff ge-
nommene Arie könne von Anfang an nur für die i. J. 1806
veranstalteten Aufführungen, also nur für die zweite Bearbeitung
der Oper bestimmt gewesen sein, kann nicht aufkommen. Nun
ist es nicht zu beweisen, dass die Arie bei der ersten Aufführung
i. J. 1805 fertig war und gesungen wurde, und es ist im
Gegentheil wahrscheinlich, dass die verloren gegangene Arie
zur Aufführung kam. Für diese Ansicht kann man geltend
machen, 1) dass es bei der zweiten Bearbeitung der Oper auf
Kürzung abgesehen war und die neue Arie jener Forderung^
nicht nachkommt, 2) dass das Textbuch v. J. 1805 den Text
der verloren gegangenen Arie enthält und 3) dass in der
Leipziger Allg. Musik. Zeitung (Vm, 236) in dem Bericht
über die erste Aufführung der Oper als Tonart der von Leonore
gesungenen Arie F-dur angegeben wird. Soll man bei dieser
üngewissheit nun noch annehmen, die Arie sei vorläufig in
den Skizzen liegen geblieben und Beethoven habe später die
Arbeit wieder aufgenommen und zu Ende geführt?
Auf der letzten Seite des Skizzenbuches (S. 338) stehen
Entwürfe zur ersten Leonore -Ouvertüre.*) Ihrer Beschaffen-
*) Es ist wohl unnöthig, zu bemerken, dass von der Oayerture
Op. 138, welche in den Ausgaben fälschlich als die erste von den Leonore-
Ouvertüren bezeichnet ist, sich keine Spur im Skizzenbuche findet.
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453
lieit nach müssen sie zu den zuerst geschriebenen gehören.
Sie sind klein. Ein zusammenhängendes Bild lässt sich aus
ihnen nicht gewinnen. Florestans Melodie
-iMHT^-F-H^r r y I r ¥Tr ^ f r-
4f-^
^
^
\^^
^^=^=J^
^
sollte angebracht werden; nach einem kurzen Lauf der Violinen
sollte ein Trompetensignal
Mi:^ii\ rr£f n '^-^ ^n^
£
•eintreten; ein aus den Anfangsnoten der Melodie Florestans
hervorgegangener Schluss
8 ^
Fine
^ ^r f \ ^ jk \^^ f |t ^
etc.
ist angegeben u. s. w. Auch eine ziemliche Anzahl verworfener
Skizzen kommt vor. Viel mehr lässt sich den Skizzen nicht
entnehmen. Damit sind wir mit dem Skizzenbuch in seinem
engeren Bestände zu Ende.
Die auf Grund des Skizzenbuches i. J. 1804 theils ange-
fangenen, theils fortgesetzten Compositionen sind der Reihe nach:
Duett in C-dur (»Um in der Ehe«) im 1. Akt der
Oper »Leonores
erstes Finale der Oper,
zweiter Satz der Sonate in F-dur Op. 54,
zweiter und dritter Satz des Tripelconcertes Op. 56,
die ersten Nummern des zweiten Aktes der »Leonore«
bis zum Quartett in D-dur,
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454
Marzellinens Arie und Roooob Lied im 1. Akt der Oper^
Lied >An die Hoffnung« Op. 32,
erster und zweiter Satz der Sonate in F-moll Op. 57,.
Recitatiy und Duett in G-dur im 2. Akt der Oper,
letztes Finale der Oper,
Leonorens Arie im 1. Akt der Oper (zweite Be-^
arbeitung) und
die erste Leonore-Ouverture.
Unbekannte Entwürfe, d. h. Entwürfe zu liegen gebliebenen
Compositionen kommen im Skizzenbuch wenig vor — ein
Beweis, dass Beethoven's Aufmerksamkeit vorherrschend aur
die Oper gerichtet war.
Noch sind die vom eigentlichen Bestände des Skizzen-
buches auszuschliessenden letzten Blätter zu berücksichtigen^
Es sind vier einzelne, nicht zusammenhängende, in keiner
chronologischen Folge stehende Blätter. Beaohtenswerth sind
sie uns am meisten wegen der auf ihnen vorkommenden
Andeutungen zu Kürzungen und andern Aenderungen, welche
ohne Zweifel durch die im Winter 1805/6 unternommene Um-
arbeitung der Oper veranlasst wurden, welche jedoch nicht
alle so, wie es beabsichtigt war, zur Ausftihrung kamen^
Bevor Beethoven die Blätter zu dem angeführten Zweck be-
stimmte, wurden sie zu Skizzen und andern Aufzeichnungen
benutzt.
In einer Aufzeichnung (S. 344)
Duetto mit Muller*) und Fidelio
(für sich)
i
das.
m
3?
i-N?^
i
fc
^
der
hien' für Fidelio ein anderer Text, der mit
ihr einstimmt. Gleich darauf wird ge^
schlössen — alles übrige ausgelassen.
*) Louise Müller, engagirt in der zweiten Hälfte des Jahres 180^
als Sängerin im Theater an der Wien, gab 1805 und 1806 die Marzelline.
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455
wird ftr den Schluss des Duettes in C-dur ein anderer Text
gesucht und sollte das Duett früher sehliessen. Die gefundenen
:» einstimmenden« Worte der Leonore, welche an die Stelle der
wiederholten Anfangsworte (»Um in der Ehe« u. s. w.) traten,
lauten auf Grund der Glavierauszüge:*)
Das Leben soll dir sanft verfliessen,
Voll Blumen deine Wege sein.
Diese der Leonore zugedachten Zeilen fehlen im Textbuch
y. J. 1805 und müssen auch in der verloren gegangenen ersten
Bearbeitung des Duettes gefehlt haben.
Der Arie Leonorens gehören an (S. 340 und 343), ausser
einer zu übergehenden Skizze, nachträgliche Aenderungen zu
neun Stellen, welche theils, wie hier
2temal
cresc.
erstemal
piano
^ I ^ &r 'j~^
der Begleitung, theils, wie hier,
W
^
^ o,^ ^^ ^, ^ ^ ß
g^g:
etc.
^ ^u I rJJ^ ^:j Ol r-j \
«F
♦) Vgl. Jahn's Ciavierauszug S. 78 f. — Im Textbuch v. J. 1806
lauten die Worte etwas anders und zwar mit Einschluss der vorher-
gehenden Worte Marzellinens so:
Marzelline.
Die Tage werden sanft verfliessen,
Voll Blumen unsre Wege sejrn.
Leonore.
Die Tage sollen sanft Dir fliessen,
Voll Blumen deine Wege seyn.
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456
^g;j^3p^fM:^r:ffr | rr>f|f ri^
mich itärktdiePßicht
U. 8. W.
^ 1 ^ ^^1' I ^^ Jir^T^
^
der Singstimme und vorherrschend der Colorirung der letzten
Worte der Arie gelten.*) Aus der BesohaflFeuheit der vor-
kommenden Stellen geht hervor, dass die früher begonnene
Arbeit der Reinsehrift nahe war.
Florestans Arie sollte bedeutend gekürzt werden. Nach
einer Aufzeichnung (S. 344)
Bedtaiiv kurz und in fmoll geschlossen
Gleich die Singstimme,
5^
£
l¥ost
r-g-xx
p r ^
Süsser
R.
met' ne
OHR-f-
^
^
^
met -ne
rj.j.^lJTTifMij'JTJlJJJfa
s
fr^T^
rollt in
fällt ins Duodrame
sollte auf den ersten Theil der Arie gleich das Melodram
folgen.**) In einer andern Aufzeichnung (S.'346)
*) Man vergleiche mit den mitgetheilten Stellen Jahn's Clavier-
auszug S. 82 T. 1, S. 85 T. 14, S. 86 T. 6 f. der Variante, S. 84 T. 1 f. und
S. 85 T. 23. Berührt werden auch die Stellen bei Jahn S. 81 T. 20 und 21,
S. 82 T. 3, 8 und 16.
**) Bas Melodram sollte also bei der zweiten Bearbeitung der Oper
nicht ausfallen. Daraus ist mit Sicherheit zu schliessen, dass es bei den
ersten Aufführungen i. J. 1805 auch gemacht wurde.
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457
1 ^J^vJ^ ^i rjN/f/ i 1 1^1 1^1 h iJ^^I'i^
Rocco
^^g*^/? I ^ -if^ p? I J^?^^^ I ^ ^^/^r s
IffiZ
sehen wir ein Nachspiel zum ersten Theil der Arie, bei dessen
letzter Note sohon Rocco eintritt.^) Ohne Zweifel sollte auch
hier das Melodram sich anschliessen. Die Verwandtschaft der
zusammentreffenden Tonarten spricht dafür. Wenn das Melo-
dram wegfiel, so konnte nur das Duett zwischen Leonore und
Rocco folgen, und dass die nicht verwandten Tonarten As-dur
und A-moU unmittelbar aufeinander folgen sollten, kann nicht
die Absicht Beethoven*s gewesen sein.
Im Duett in A-moll sollten nach einer Aufzeichnung
<S. 344)
Beim Ende des Duetts vom Graben die Posaunen auszulassen
O'r^-^p^üjgAfetj^l^, j yjp l r-r.r p
decresc.
Jj.- , iJf i r ry I J^ jiiMi j j j jl ^
*) In einer jedenfalls der zweiten Bearbeitung der Oper an-
gehörenden autographen Partitur ist es ebenfalls auf eine bedeutende
Kürzung der Arie abgesehen. Das Manusoript beginnt mit Angabe der
Instrumente und des Tempos »adagio« und bringt mit einigen Ab-
weichungen den ersten Theil der Arie vom zweiten bis zum letzten
(oder 22.) Takt so, wie er im Ciavierauszug gedruckt ist. Im letzten
Takt, unmittelbar nach der mit einem Buhezeichen versehenen Achtel-
pause, steht in jedem System ein Doppelstrich, also ein Schlusszeiohen.
Dann sind mit Bleistift, ebenfalls von Beethoven's Hand, in allen
Systemen das Taktzeichen C* darauf in einer Stimme die py eintretenden
ersten zwei Noten des im Druck folgenden Andante un poco agitato
und in den andern Stimmen Viertelpausen angegeben. Nach diesem
Manuscript sollte also Florestan's Arie ohne Eeoitativ beginnen und nur
aus ihrem jetzigen ersten Theil bestehen. Femer ist nach besagtem
Manuscript der im Druck stehende zweite Theil später angehängt worden.
Mit der im Skizzenbuche ins Auge gefassten dreitheiligen Form der
Arie kann das Manuscript schon deswegen nicht zusammenhängen, weil
keine Flöte angegeben ist.
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458
die in der Bearbeitung y. J. 1805 verwendeten Posaunen weg-
bleiben und sollte nach einer andern Aufzeichnung (S. 346)
ganzes andere Ritamell ausgelassen
ä W M
-^ ^ ^
?:.'im i
Nur hur-tig fort
das Vorspiel gekürzt und auf seinen ersten Takt beschränkt
werden.
Eine zum Duett in G-dur gehörende Bemerkung (S. 340)
Zu Ende der
Arie statt
£ ^ ^^f^f , - , M
flF
dieses
I
b*
^
^
Ig
=«=
^
^^
geht hauptsächlich auf die Tieferlegung einer in der früheren
Bearbeitung vorkommenden Stelle der Leonore aus*) und giebt
am Schluss die Vorschrift:
Dtw Duett nicht zu gross.
Ferner sollte das Recitativ das Tempo >un poco adagio« be-
kommen. Nur eine dieser angedeuteten Aenderungen wird
man in den Ciavierauszügen ausgeführt finden. Das Duett ist
nämlich um ein Drittel gekürzt worden. Die Stelle der
Leonore ist zwar geändert worden, aber anders, als oben
angegeben ist
Die auf den letzten Blättern vorkommenden Skizzen, die
jedoch, wie bereits bemerkt wurde, einer früheren Zeit an-
gehören, betreffen den 2. und 3. Satz des Tripelconoertea
Op. 56 und die erste Leonore -Ouvertüre. Die Arbeit zu
letzterer (S. 345 f.) ist im Vergleich zu der früher erwähnten
etwas vorgerückt.
*) Siehe Jahn's Ciavierauszug S. 200 T, 26 f. und S. 201 T. 24 bis 30.
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459
Florestans Melodie
te.
irrirtiJ i mif'^tr i rjjr" ^
wird auch im |-Takt aufgestellt, der einer Klausel dieser
Melodie sich anschliessende Lauf der Violinen*)
[^ i rf"gHjreJj-rLP;|tf;ff:rr
ist angedeutet u. s. w. Dann haben wir noch zu bemerken,
dass auf den untersten Zeilen der letzten Seite (S. *346) die
thematischen Anf&nge des ersten und zweiten Satzes des
Quartettes in F-dur Op. 59 Nr. 1 angegeben sind. Eine
Folgerung ist daraus nicht zu ziehen, es sei denn die, dass
die Sätze damals fertig waren.
lieber die wichtigeren Skizzen welche auf den tlbrigen
nicht zum Skizzenbuche gehörenden Blättern (S. 183 bis 186
u. 8. w.) vorkommen, ist an andern Orten berichtet worden.
*) Eine kleine Abweichung macht sich bemerkbar. Die erste Note
des Laufs lautet in der Skizze: C, in der Partitur der ersten Ouvertüre: D,
in der Partitur der zweiten Ouvertüre wieder: C. Man bezweifelt die
Dichtigkeit dieses C.
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XLV.
Drei Skizzenhefte aus den Jahren 1819 bis 1822.
Die hier zugammengestellten Hefte echliessen sich zwar
nicht unmittelbar aneinander an; jedoch ist die Zeit, welche
zwischen ihnen liegt, eine so kurze und dann besteht yennittelst
einiger in ihnen berührten Compositionen ein solcher Zusammen-
hang zwischen ihnen, dass sie wohl in einer Folge betrachtet
werden können. Besitzer der Hefte ist A. Artaria in Wien.
Sie sind in Querformat und bestehen aus zusammengenähten
Bogen.
Das erste Heft zählt gegenwärtig 50 Blätter mit 16 Noten-
zeilen auf jeder Seite. Ursprünglich hatte es ungefähr 8 Blätter
mehr. Zwischen Seite 80 und 81 sind 4, und zwischen Seite 98
und 99 ungefähr eben so viel Blätter herausgerissen. Die dort
und hier fehlenden Blätter können Entwürfe zum Sanctus und
Benedictus der zweiten Messe enthalten haben. Das Heft
beginnt (S. 1 bis 34) mit Entwürfen zum Credo genannter
Messe. Aus der Beschaffenheit der Entwürfe ergiebt sich,
dass die Arbeit zum Credo der Beendigung ziemlich nahe war.
Zwischen den Skizzen findet sich (S. 7) eine das Benedictus
betreffende Bemerkung.*) Dann (S. 36 bis 78) kommen Ent-
würfe zum zweiten und dritten Satz der Sonate in E-dur
Op. 109. Die Entwürfe zum zweiten Satz (hier :^ Presto« über-
schrieben) kommen von Anfang an der gedruckten Fassung
sehr nahe, woraus zu schliessen ist, dass die Arbeit dazu in
*) Siehe Artikel XIX.
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461
einem früheren Skizzenheft begonnen war. Weniger rorge-
schritten zeigt sich die Arbeit zu den Variationen. Man sehe
hier (S. 67),
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hier (S. 75)
j^ri' i r f'f i ^lc'irjf^rri^f"^
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und hier (S. 78).»)
462
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Inmitten dieser Skizzen erseheint (S. 75) ein Ansatz
/ 1 y j' ■ i
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U. 8. W.
Thut auf
ZU einem Kanon, und nach denselben (S« 76 bis 79) kommen
Entwürfe zu den fünf Bagatellen Op, 119 Nr. 7 bis 11.**)
Zuletzt erscheinen (S. 81 bis 100) Entwürfe zum Benedictus
der Messe, in denen die endgiltige Fassung allmählich ange-
bahnt, aber nicht erreicht wird. Man sehe hier (S. 81),
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Be 'fie - diC'tus
qui ve - ntt qui ve -ntt m
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wo - mt - n^
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hier (S. 88)
j.j. | j-jj>j -4v.ijia
r r i rr^ffPlfri^
*) Siehe auch »Beethoveniana < S. 35. Die Sonate Op. 109 erschien
im November 1821.
**) Vgl. den Artikel XVm. Es kann auch auf Grund eines Con-
versationsheftes bemerkt werden, dass Beethoven Anfang 1820 um einen
Beitrag zu Starke's PianoTorteschule ersucht wurde. Demnach scheint
$chindler*8 Angabe (Biogr. I. 270), das Credo der Messe sei Ende October
1819 fertig gewesen, etwas verfrüht zu sein.
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463
und hier (S. 98).
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Mit Arbeiten zum Benedictus schliesst das Heft
Das zweite Heft zählt mit Einreehnimg eines halb abge-
rissenen Blattes, 88 theils 16-, theils 20zeilige Seiten. Mehrere
Ton den Blättern, aus denen es besteht, waren vor der Heftung
zu andern Aufzeichnungen benutzt worden. Wir reohnen zu
solchen früher geschriebenen Stellen: (S. 9) eine Stelle aus
einem ungedruckten schottischen Volksliede in B-dur und im
5-Takt; (S. 10) zwei Stellen aus den Variationen Op. 107 Nr. 8;
(S. 13) einige Skizzen zur ersten Abtheilung von Wellington's
Sieg, Op. 91, mit einer auf die Einrichtung des Ganzen und
^uf die Ueberschrifteu abzielenden Bemerkung;
faUt in 2 Theüe jedoch
ohne gänzlich abzusetzen —
Schlachtgemälde — Siegssimphonie
ferner (S. 63) einen wahrscheinlich ursprünglich zur Sonate
Op. 109 bestimmten Entwurf in Cis-moll mit der Ueberschrift:
nächste Sonate
adagio molto sentimento moltissimo espressivo.
Abgesehen von diesen und mehreren andern Aufzeichnungen,
welche also von dem chronologischen Gange auszuschliessen
sind, bringt das Heft zu Anfang und weiterhin (S. 1 bis 62)
Skizzen zum Agnus Dei der Messe. Dieselben stimmen anfangs
mit der endgiltigen Fassung gar nicht oder wenig überein,
nähern sich derselben aber allmählich. Man sehe hier (S. 9),
*
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J-
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464
hier (S. 14),
j I I , I -*■ ^-Kj^rr-r-T-gr-i
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do ' na do - na no - bis
r r r M rg/ I ^ r r
hier (S. 14),
hdur
do ' na
agmu dei
iermit
pauken in h u. fis ^ 'anfang-
pauken in h u. fti
nur von weitem
femer hier (S. 15), wo ein cantus-firmuß-artiger Gang in ver-
schiedenen Taktarten aufgestellt wird,
ganze Noten
simple
oder
oder
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jOu.
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pa
poco adagio
pa -
j J i r rKTTfJ
Zl
B
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r 1^1 n r i r i
dann hier (S. 17),
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hier (S. 18),
^* OO - ^ U. 8. W.
r^ciV. miserere miserere agnus dei
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465
liier (S. 20),
tutti
rTf r ^ I J» j ij j I ' V i-f^^^^dH-^^
fdo
äo-na no-bis
Mer (S. 57)
r-f i rT P
3^«
^^
und hier (S. 61).*)
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cem
Zwiseheo diesen Skizzen finden sich: (S. 5) das Ende eines
Becitatiys aus Händeis »Messias« überschrieben: Ausgang aus
dem Becit.y und der Anfang des darauf folgenden Chores (Er
trauete Gott u. s. w.); (S. 26 u. s. w.) einige Ansätze zu Fugen,
von denen einer überschrieben ist: Fuga per ü cembälo o or-
gano; (S. 60) eine Bemerkung,
bloss mit blasenden Instramenten die Fuge bis zu
HMM^
^-
^
^
^
^
welcher Beethoven im Wesentlichen nachgekommen ist (vgl.
Gesammtausgabe, Part. S. 136 bis 147) u. a. m. Dann er-
scheint eine neue Arbeit. Es folgen (S. 64 bis 88) Entwürfe
zur Sonate in As-dur Op. 110.**) Zuerst wird der erste Satz
vorgenommen, dessen Anfang bald (S. 65)
neue San.
*) Vgl. den Artikel XIX.
**) Das Autograph der Sonate zeigt das Datum : »sm 2o8ten Dezbr. 1821.«
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466
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U. 8. W.
gefunden ist. Dann erscheinen der Seihe naoh die Fuge,
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^ j- J J' I >-7^^
U. 9. W»
xs:
r- f I J. f I J. J ^'^
der zweite Satz und das Ada^o, das naeh einer spätereot
Skizze (S. 88) so
jjNjU' flfmj - Ut j^^
,^ Andante ma non troppo
r=^^U-4
f" s J?- ^- «• ^•
beginnen sollte. Inmitten dieser Entwürfe finden sieh Ent-
würfe zu andern Sonatensätzen, so hier (S. 63),
fi. f^ I .jM^£ ai- \ r r I r T i
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467
hier (S. 75),
ate Sonate
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allegro con brio
hier (S. 76)
sul una corda
2te St
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adagio
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und Wer (S. 76).
Sies Stück
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468
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f I jTU L^ I Ti J3S4
Aus diesen Ansätzen ist zu ersehen, dass Beethoven, als er
an der Sonate Op. 110 arbeitete, sich mit der Composition
«iner andern, neuen Sonate trug. Füglich können die erste,
dritte und vierte von den mitgetheilten Skizzen als zu einer
Sonate gehörend gedacht werden. Aus der Ueberschrift der
zweiten Skizze »2te Sonate« geht hervor, dass, als sie ge-
schrieben wurde, die Sonate in E-dur Op. 109 fertig war, denn
isonst würde Beethoven diese mitgezählt und dort »dritte Sonatec
geschrieben haben. Am merkwürdigsten ist wegen ihrer Ueber-
«chrift die letzte Skizze, weil hier das Thema des ersten Satzes
der Sonate Op. 111 zum Thema eines dritten Sonatensatzes be-
stimmt ist. Mit Entwürfen zur Sonate Op. 110, deren end-
^Itige Fassung jedoch nicht ganz erreicht wird, schliesst
das Heffc.
Das dritte Heft zählt 128 16 zeilige Seiten. Beethoven
hat ihm mit Bücksicht auf die Messe, welche hier fertig
49kizzirt wurde, die Ueberschrift »letztes Buch« gegeben. Es
beginnt (S. 2, 3, 65 bis 78) mit Entwürfen zum Agnus Dei
•der Messe und (S. 3 bis 64) zur Sonate Op. 111. Von letzterer
wird zuerst der erste Satz vorgenommen. Die ersten Skizzen
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469
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oder
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U. 8. W.
befassen sich mit einer fugenmässigen Behandlung des aus dem
vorigen Skizzenbuoh herüber genommenen Themas. Bald er-
scheinen auch andere Bestandtheile des Satzes und (S. 12) die
Introduction. Aus den Vorkommen der letzteren Iftsst sich der
8chluss ziehen, dass jenes Thema nun nicht mehr einem dritten^
sondern einem ersten Sonatensatz zu Grunde liegen sollte.
Die erste auf den zweiten Satz zu beziehende Skizze (S. 24)
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gilt dem Thema. Später hat Beethoven in dieser mit Tinte
geschriebenen Skizze mehrere Stellen mit Bleistift geändert
und so dem Thema eine Fassung gegeben,
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adagio
cresc.
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welche der endgiltigen nur wenig näher kommt, als die erste.
Naeh dieser Doppelskizze konunen Entwürfe zu den Variationen
'{S. 25 bis 64). Betrachtet man diese fortlaufende Arbeit, so
wird man der Ansicht, dass Beethoven erst mit dem Heran-
wachsen der Variationen auf das im Thema verwendete und
auch in den Variationen in versohiedenen Formen durch-
5^
schinmiemde Motiv
gefdhrt wurde. Unterstützt
wird diese Ansicht durch eine etwas spftter (S. 28) vor-
kommende Notirung,
zfdeizt
j- i j-uMrp
s^
*:
-ß-m.
^
^
^
in welcher jenes Motiv sich noch nicht zeigt Aus dieser
letzten Aufzeichnung und aus einer kurz vorher (S. 27) vor-
kommenden Bemerkung
zuletzt das Thema
ist zu entnehmen, dass der zweite Satz, wie es im letzten
Satz der Sonate Op. 109 geschieht, mit dem einfachen Thema
geschlossen werden sollte. Zu verzeichnen ist noch eine (S. 23)
bei den letzten Skizzen zum ersten Satz der Sonate in G-moll
vorkommende Bemerkung,
am IBten die neue Sonate
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471
welche allem Anschein nach behufs des der Reinschrift jener
Sonate zu gebenden Datums niedergeschrieben wurde,*) und
eine zwischen den Skizzen zu den Variationen (S. 25) vor-
kommende Bemerkung.
im 2ten Theil zuweilen das was im ersten Theü die rechte
Hand und umgekehrt.
Die den bisher erwähnten Arbeiten folgenden Seiten (78 bis 82)
liat Beethoven zu verschiedenen Aufzeichnungen benutzt. Zu
erwähnen sind: der Anfang eines unbekannten, mit Streich-
instrumenten begleiteten Becitativs und eine darüber stehende,
nicht richtige Erklärung,
Recitativo accompagnato
nemlich nach dem Takt
beides vielleicht, eben so wie die im zweiten Skizzenheft vor-
konmiende Becitativstelle aus HändeVs Messias, anlässlich des
im Agnus Dei anzubringenden Becitativs niedergeschrieben;
eine Bemerkung;
Das Kyrie in der Neuen Messe bloss mit blasenden In-
Strumenten u, Orgel
«in Ansatz
Göthe
j^ ^^J7i I o j I j^ J^ I j "■
Yu einem Liede, wahrscheinlich zu Goethe's »Heidenröslein«;
eine kleine Skizze zu dem Liede »Der Euss« Op. 128; die
Arbeit zu einer nachträglich in der Sonate Op. 110 vorge-
nommenen Aenderung;**) endlich mehrere Bemerkungen.
Stücke aus aüen Tonarten für 3 u. 4 Hom —
alle künftige Partituren mit Bleistift geschrieben und vor-
her Linien ziehen lassen —
*) Das Autograph der Sonate Op. 111 hat zu Anfang das Datum:
»am 13. Xänner 1822«.
**) Die Aenderung betrifft eine Stelle in der Alternative des iweiten
Sfttzes. Die Stelle von 12 Takten, welche jetzt (von der Vorzeichnung
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472
nicht mehr (ds 3 Takte auf jede Seite —
in die Violin Partitur Stimme die kleinen Noten —
Bassi e Violoncelli muss in die Partitur gesetzt werdet^
zum Stechen. —
dona nobis pacem darstellend den innern u. äussertt
Frieden
den Triller in den Var. Cdur mit 1 2 bezeichnen*)
als declamatorisch (?)
Blosse rithmische Übungen —
Posaunen u. Pauken durchsehen —
Posaunen —
agnv^ beim älla — (? aUegro)
Bezifferung —
Pauken —
Aus diesen Bemerkungen ist u. a. zu ersehen, dass, als sier
geschrieben wurden, die Sonate Op. 111 fertig und BeethoyeiL
mit der Reinschrift des letzten Stückes der Messe beschäftigt
war. Nun beginnt eine neue Arbeit. Es folgen (S. 83 bis
113) Entwürfe zu den Air die Eröfinung des Josephstädter
Theaters geschriebenen Stücken, zuerst zu einem Chor aus
MeisFs »Die Weihe des Hauses«:,
Des-dur an gezählt) vom 21. bis zum 32. Takt da steht, bestand ur-
sprünglich nur aus diesen 4 Takten.
i_ Uy 1 — "T 1 h^ ß Ml i-fc= 1 1 '"^ 1
Kl 1 m^^' h* r'T F J
' 1 1 1 1 ' 1 1 1 r ' 1
iß. ß. te £ Pe^-
l — * 1- M-CJ5 M -^ — 1 i-^^
So war die Stelle früher skizzirt und so lautete sie anfangs in der
autographen Beinschrift. Im vorliegenden Skizzenheft ist dann die
Stelle so geändert worden, wie wir sie kennen.
*) Nämlich im letzten Satz der Sonate Op. 111. Man kann aus der
Bemerkung entnehmen, dass der Triller mit der Hauptnote angefangea
werden sollte.
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473
^m
^m
}Vo sich die Pul - se ju-gend-lich ja - gm
dann zur Ouvertüre Op. 124 und zu noch einer Ouvertüre,
welche letztere aber in den Skizzen liegen blieb.*) Dazwischen
findet sich (S. 111) eine das Judioare im Credo**) und (S. 112)
eine das Gloria der Messe betreffende Stelle, nach welch
letzterer der Schluss des Gloria drei Takte später eintreten
sollte, als es jetzt der Fall ist Die meisten der noch folgenden
Blätter enthalten (S. 113 bis 125) Arbeiten zu allen Sätzen
der neunten Symphonie.***) Dazwischen und später erscheint
eine Anzahl vei-schiedener Aufzeichnungen. Zu erwähnen sind
folgende: (S. 114 bis 117) Uebungen im Beziffern, angestellt
auf Grundlage des 2. Theils von Ph. E. Bach's »Versuch«
(2. Ausg. S. 89—138) und ohne Zweifel anlässlich der in der
Messe anzubringenden Bezifferung unternommen;!) (S. 115)
wiederum eine kleine Skizze
^
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Ich war bei
ZU dem Liede »Der Euss<c Op. 128;tt) (S. 117) ein Ansatz
overiur
?
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P^
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*) Näheres über die Skizzen im Artikel XLTTT. Das Josephstädter
Theater wurde eröffnet am 3. October
*♦) Siehe den Artikel XIX.
***) Die wichtigsten Skizzen sind mitgetheilt im Artikel XX.
f) Später hat Beethoven die Orgelstimme ausgesetzt, und dadurch
wurde die Bezifferung unnöthig.
ff) Das Lied wurde schon i. J. 1798 componirt. Bei der späteren
Bearbeitung, deren Autograph das Datum »1822 im Dezbr.« zeigt, sind
nur einige Stellen geändert worden.
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474
zu einer Ouvertüre; ein Ansatz
kommt mitten vor ff ' L* P
Rö
anTT j-
slein
roth
ZU einer Stelle aus Goethe's »Heidenröslein«; (S. 120) eine
Bemerkung,
Quintett in Cmoll wie das in Es mit den blasenden
Instrumenten
deren Beziehung zweifelhaft ist; (S. 121) eine Andeutung
auch statt einer neuen Sinfonie eine neue Overture auf
Bach sehr fugirt mit 3 (Posaunen? Subjekten?)*)
zu einer neuen Composition; (S. 121) eine die Messe betreffende
Bemerkung,
den Bithmus von 3 Takte im Gloria anzeigen —
bei der man fragen kann, welche Stelle Beethoven gemeint
hat; (S. 122 u. 123) wiederum Versuche, den Aooorden'beim
Judioare im Credo der Messe eine andere Lf^e und Fassung
zu geben;**) (S. 125—127) Entwürfe zu einigen in Op, 120
vorkommenden Variationen; (S. 126) ein Ansatz
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j' j- j' l J' j'7=J^:a i
£
Den flüch'ti-gen Ta-gen wehrt kei-ne Ge - walt
ZU Gleim's Lied »Flüchtigkeit der Zeit«; (S. 127) die Notation
zweier VersfÜsse;
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» fn f r rH r j
ö
fffff if
Päan
Anrrpast
*) Das letzte Wort ist zweifelhaft.
**) Siehe den Artikel XIX.
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475
endlich der Entwurf eines Kanons.
canan *
h rj rJ I fj r^ I ^
T
£ - del half- reich sey der Mensch
^
^
^
^
Damit sohliesst das Skizzenheft.
Die in den drei Heften berührten und in der angenommenen
Zeit von 1819 bis 1822 in ihren Hauptzügen oder ganz fertig
gewordenen Compositionen sind der Reihe naeh:
(im 1. Heft:)
Credo der Messe Op. 123,
2. und 3. Satz der Sonate Op. 109,
5 Bagatellen Op. 119 Nr. 7 bis 11,
BenedictuB der Messe (in den Skizzen nicht yoU-
stftndig),
(im 2. Heft:)
Sonate Op. 110,
(im 3. Heft:)
Sonate Op. 111,
Agnus Dei der Messe,
Chor zur »Weihe des Hauses«^
Ouvertüre Op. 124 und
Lied »Der Euss« Op. 128 (Umarbeitung).
Der früher erw&hnten Lücken wegen, welche den Skizzen-
heften anhaften, kann jedoch diese Zusammenstellung nicht
als ein vollständiges Yerzeichniss der in jener Zeit entstandenen
Oompositionen gelten. So fehlt z. B. das Sanctus der Messe.
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XLVI.
Zwei Skizzenbücher
aus den Jahren 1798 und 1799.
Vor Kurzem sind zwei Skizzenbtteher zugänglich geworden^
welche besonders für die Geschichte der Quartette Op. 18 von
Wichtigkeit sind und welche geeignet sind, die bisherigen
Mittheilungen über jenes Quartettwerk zu vervollständigen und
zum Theil zu berichtigen. Beide Skizzenbücher gehören zu-
sammen. Die im ersten Buche abgebrochene Arbeit ist im
andern fortgesetzt worden. Dies der Grund, warum sie hier
zusammengestellt werden.
Das erste Skizzenbuch war früher im Besitz F. A. Grajs-
nick's in Berlin. Es ist in Querformat, hat einen alten Ein-
band, einen bunten Umschlag, ist (vielleicht mit Ausnahme
eines Blattes, welches herausgenommen sein kann) so be-
schaffen, wie es von Beethoven zurückgelegt wurde, besteht
aus 39 Blättern und hat auf jeder Seite 16 Notenzeilen.
Das Buch beginnt mit nicht benutzten Entwürfen. Dann
folgen (S. 1 bis 58) Arbeiten zu allen Sätzen des Quartetts in
D-dur Op. 18 Nr. 3. Aus der Beschaffenheit der Skizzen ist
zu ersehen, dass die Arbeit zu den drei ersten Sätzen des
Quartetts früher an einem andern Orte begonnen und schon
sehr vorgeschritten war, als Beethoven das vorliegende Skizzen-
buch in Angriff nahm. Diese Skizze (S. 3)
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477
5
M- ^j i"Pj '1 . 1
zeigt die Fassung eines früher f&r den letzten Satz bestimmten
Anfangsthemas. Alle Sätze des Quartetts erreichen im Wesent-
lichen, abgesehen von nachträglich vorgenommenen Aenderungen
im Skizzenbuche ihre endgiltige Form,
Zwischen den Arbeiten zum Quartett in D-dur findet sich,
-ausser vielen nicht benutzten Entwürfen, eine Anzahl von Auf-
zeichnungen, welche zum Theil von Interesse sind. Aus der
Ueberschrift eines nicht benutzten Entwurfes zu einem Quar-
tett (S. 9)
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quarl 2
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^' j r; j i '>
i=?=i=y
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ist zn entnehmen, dass, als am Quartett in D-dur gearbeitet
wurde, ein »zweites« Quartett noeh nicht gesehrieben war;
und hieraus ist zu folgern, dass von den seehs Quartetten
Op. 18 das dritte der Entstehung nach das erste ist.
Bald darauf (S. 11) erscheint] ein Entwurf zu Chr. F. Weisse's
Lied »Der Euss«.
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ick war bei Chlo-en ganz al - lein und küs - sen wollt ich
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sie, und küssen, käs -sen, küs - sen wollt ich sie, jedoch sie
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^
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U. 8. W.
sprach, sie wür - de schrein, sie wür - de schrein
Digitized by LjOOQ IC
478
Der Entwurf beweist, das« dae unter der OpuBzahl 121 (jetzt
Op. 128) ersohienene Lied eine frtthe Compodtion ist, die im
Jahre 1822 nur etwas umgearbeitet wurde. Ein wesentlicher
Unterschied zwischen Skizze und Druck zeigt sich in der Sing-
stimme nur in den ersten zwei Takten.^)
Dem vorigen Entwurf folgt (S. 12, 13) einer
eis h
rf f r Hr H-J '^ l -^' ^ i T-Tfl^F^
»
Die Flam^me lo^dert
Pffjj. j|J J J^nr r rJr r-^ B
^
^r \r c j I ^-^
tu 8. W.
ZU Matthisson's »Opferlied«. Entwürfe zum nämlichen Liede
kommen auch früher und später in andern Skizzenbüchem vor..
Später (S. 23) begegnen uns Entwürfe zum Rondo fllr
Ciavier in G-dur, Op. 51 Nr. 2. In ihrer ursprüngliohea
Fassung hatte die Melodie
^^^frfrrnrv^^
^m^\^_M ^ ^ I \'M^^t^
noch nicht das graciöse Wesen, welches sie im Druck haL
Spätere Skizzen decken sich mit dem Druck.
*) In einem angeblich im Jahre 1816 aufgesetzten Verzeichnin von
Compositionen Beethoven's (siehe: Thayer's »Beethovens Leben« HL 487)
ist angeführt : »Bei Chloe war ich ganz allein^ von Gleim.« . Damit musa
das oben skizzirte Lied gemeint sein. Das letzte Wort jener Noti&
beruht wohl auf einem Schreibfehler. Gleim hat, so yiel wir wissen^
kein Lied gedichtet, dessen Text mit den obigen Worten anfinge.
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479
Dann erseheinen (S. 25) einige Worte
e
^
^
g
1
E^
mttf j Wn lie - ^rr Fa - ter
tvoh
neu
aus Sohiller's Hymne an die Freude, ferner ein vollständiger
Entwurf (D-moU, J) zu Geliert's Lied »Meine Lebenszeit ver-
streicht«, welcher jedoch eine Beziehung auf das gedruckte
Lied (Op. 48 Nr. 3) nicht zulässt,*) und (S. 34) ein Entwurf
Intermezzo zur Sonate aus cmoll
i\'^ ^u. [X^ a
*=i:
m
^
^H"rf^
^
^
g
r , f r i f¥
<r/c. durchaus so ohne Trio
ftur ein Stück.
zu einem für die Sonate Op. 10 Nr. 1 bestimmten Intermezzo.^*)
Dann kommen (S. 37 bis 42) Arbeiten zum ersten und
zweiten Satz des Clavierconcertes in B-dur Op. 19. Was das
Skizzenbuch da bringt, sind aber nicht eigentliche erste Ent-
würfe, denn das Concert (in seiner uns unbekannten ursprflng-
*) In dem in der vorigen Anmerkung erwähnten Verzeichniss ist
auch angefahrt: »Heine Lebenszeit verstreicht — GKmolL« Damit kann
die im Skizzenbuch vorkommende Bearbeitung gemeint sein und ist dann,
in jenem Verzeichniss in Betreff der Tonart ein Schreibfehler an-
zunehmen.
**) Beethoven hatte schon früher vor, der Sonate ein Intermezzo zu
geben. Siehe Artikel IV.
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480
liehen Gestalt) war längst fertig, sondern gilt einer Umarbeitung.
Dies geht aus einigen Bemerkungen hervor, welche zwischen
den auf den ersten Satz zu beziehenden Skizzen vorkommen
und welche lauten: »bleibt wie es war« — »von hier an bleibt
alles wie es war« — »etc. bleibt«. Worauf aber die Um-
arbeitung gerichtet war, ist in Bezug auf den ersten Satz aus
den Skizzen nicht zu ersehen und Iftsst sich mit Sicherheit
nicht sagen. Die Skizzen zu diesem Satz betreffen sowohl
Tutti- als Solostellen, sind meistens lang und erreichen schliesfi-
lich die endgiltige Form. Jedenfalls war die Umarbeitung
eine durchgreifende. Will man einer Vermuthung Raum geben,
so lautete das Hauptthema des Satzes ursprünglich anders, als
jetzt, und hat dessen Aenderung die Aenderung eines grossen
Theiles des Satzes nöthig gemacht Diese Vermuthung gründet
sich darauf, dass nach einer anderwärts befindlichen, früher
geschriebenen Skizze das Anfangsmotiv so,
^ j ^' j' ri j^^
also andere lautete als jetzt. Noch jetzt sind einige Stellen
in der Partitur zu finden (man sehe den 17. Takt vor Schluss
des Satzes u. s. w.), welche das Motiv in der Fassung jener
Skizze bringen und welche vielleicht mit Absicht nicht ge-
ändert worden sind. In zweiter Linie lässt sich auch die
gedruckte Cadenz zum ersten Satze des Goncertes in Betracht
ziehen, nach welcher, wenn sie zur ersten Bearbeitung gehörte,
das Motiv ebenfalls anders als in der gedruckten Partitur ge-
lautet haben muss. Mit mehr Sicherheit lässt sich angeben,
worauf es beim zweiten Satz abgesehen war. Diese Arbeit
gilt beinahe ausschliesslich dem jetzigen 61. bis 68. Takt des
Satzes. Diese Stelle, welche schon an sich wie eine Art ein-
gelegter Cadenz erscheint, muss in der früheren Fassung ent-
weder viel kürzer oder gar nicht dagewesen sein, so dass
bald oder gleich nach dem jetzigen 60. Takt in das Takt 69
eintretende Tutti eingelenkt wurde. Zuletzt (S. 42) schreibt
Beethoven in ungefilhr 20 Takten den Anfang einer (nicht
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481
1)ekannten) Cadenz zum ersten Satz hin, und dann kommt
noeh eine Stelle von 6 Takten (Takt 207 bis 212) aus dem
letzten Satz des Gonoertes. Das Vorkommen jener angefangenen
€adenz macht es wahrscheinlich, dass dieselbe und mit ihr
die ganze Arbeit durch eine in Aussicht stehende Aufführung
Tcranlasst wurde.
Nach den Arbeiten zum Concert erscheinen (S. 42)
^
^
^
T^T^rriTTrctr^
Lie-be
Lie-he lass mich los
«inige zur Composition vorgenommene Worte aus Goethe*s
Gedicht »Neue Liebe neues Leben« und Entwürfe zu Liedern
mit englischem und französischem Text. Jene Skizze zu Goethe*s
Worten Iftsst keine Beziehung auf die gedruckte Composition
<0p. 75 Nr. 2) zu.
Nach allen bisher erwähnten Arbeiten erscheinen (S. 59
bis 72) Entwürfe zu den Variationen für Ciavier über Salieri's
Thema »La stessa, la stessissima«*) und dann (S. 73 bis 78)
Entwürfe zum ersten und zweiten Satz des Quartettes in F-dur
Op. 18 Nr. 1. Von den Quartettskizzen nehmen die zum ersten
8atz bei Weitem den meisten Raum ein. Das Hauptthema des
Satzes musste manche Wandlung durchmachen, ehe es seine
«ndgihige Form fand. Man sehe hier (S. 73),
(?)
^^
s
^m
3^
r?l j ji-i ^-^iii-i-^
*) Salieri's Oper »Falstaff«, in der das Thema vorkommt, wurde
zum ersten Mal aufgeführt in Wien am 3. Januar 1799, und Beethoven*s
Variationen über das Thema worden als erschienen angezeigt am
2. März 1799. Diese Daten geben einen sicheren Anhaltspunkt, tim die
Zeit zu bestimmen, welcher die Skizzen zu den Variationen und die
ihnen vorhergehenden und folgenden Arbeiten angehören.
31
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482
dann hier,
^ ij^ jit-ff^jüMr'yrnr ^ «• »• -
dann hier,
fy 1^ j ji^»-^ ' ^ rr i r <^
Ui-} j | j i .-\r^rt \ ? f ^
dann hier (S. 74),
uu. fi t jrr' - i j. JiJ JiJ ^^
dann hier,
^ j.. jnT> -^-B f ^ j j' Ij ' -i
ISi
dann hier,
f &; r vr^ ii^ ^fi^^-^f rt r i ticrff|£g
dann hier,
'>^Mj.J^,jji7i j if^jji^^-]r-c^i^r P i
dann gleich darauf hier.
fflrJtTurir r-^
(?>
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483
dann diesen Anfang einer etwas längeren Skizze (S. 75)
j, J7^ j^ I , i-^rrnh^^A^m^
^ J \x r
^
zy-jt
^S
^
4=
und zuletzt hier (S. 76) diesen Anfang einer längeren Skizze.
l^^l , iiU-^;^liiMr6/^
^
"jJ^ ^ ^-^.hiiiLLfl ;^ 1 ^^ M "'
Das Thema des Mittelsatzes erscheint (S. 77) einmal in
dieser Form:
^^cj-ltrcf rr l fLT^^j' l r r'%
Die letzte Skizze des Skizzenbuohes betrifft die 3>Coda«
des ersten Satzes, stimmt aber nur zum Theil mit der ge-
druckten Fassung überein. Sie bringt aber mit andern Skizzen
den Beweis, dass, als das Skizzenbuoh zurückgelegt wurde^
die Arbeit zum ersten Satz ziemlieh vorgerückt war.
Dagegen ist die Arbeit zum Adagio wenig vorgerückt.
Die vorkommenden Skizzen, in D-moU und im |-Takt ge-
schrieben, lassen kein festes Thema und kaum mehr als die
in den Druck übergegangene Begleitungsfigur in Achtelnoten
erkennen.
Zwischen den Skizzen zu den beiden Sätzen des Quartettes
in F-dur stehen (S. 74
^S
Stes in cmol
^
^fe
¥
31»
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484
und S. 77)
quarUU 3
zwei liegengebliebene Entwürfe, die mit ihren Uebersebriften
beweisen, dass, als das Quartett in F-dur angefangen war, von
dem der Entstehung nach dritten Quartett noch keine Note
geschrieben war. Das Quartett Op. 18 Nr. 1 ist also der Ent-
stehung nach das zweite.*)
Wir nehmen nun das andere Skizzenbueh vor. Dasselbe
war ebenfalls im Besitz F. A. Grasniek's in Berlin. Der frühere
Besitzer war Aloys Fuchs in Wien, der es, wie von seiner
Hand auf einem vorae eingebundenen Blatte angegeben ist,
^in der Yerlassenschafte- Lizitation Beethoven's am 5. No-
vember 1827« gekauft hatte.**) Das Skizzenbuch ist in Quer-
format, hat einen neuen Einband, besteht aus 42 Blättern, von
denen jedoch das letzte und vielleicht auch das vorletzte nicht
dazu gehören, und hat (von S. 1 bis 82) auf jeder Seite
16 Notenzeilen. An einigen Stellen sind Blätter herausge-
nommen. Zwischen Seite 30 und 31 und zwischen S. 58
imd 59 sind je 2 Blätter und zwischen S. 62 und 63 ist
1 Blatt herausgenommen. Abgesehen von diesen Lücken und
Jenen von der Betrachtung auszusehliessenden Blättern kann
man mit Sicherheit dem Gange des Skizzenbuches folgen.
*) Vgl. den Artikel XXVII. 2. Anmerk. — Ferd. Eies sagt (Biogr.
Not. S. 103): »Von seinen Violin-Quartetten, Opns 18, hat er das dritte
in D*dar von allen Quartetten zuerst oomponirt; das jetzt voranstehende
in F-dur war ursprünglich das dritte.« Bies' erste Angabe bestätigt
«ich, die andere nicht.
**) A. Fuchs giebt im Stuttgarter Beethoven-Album (S. 123) eine
kurze, nicht ganz richtige Beschreibung des Skizzenbuches. Noch un-
richtiger ist eine angeblich auf einer Aufzeichnung 0. Jahn's beruhende
kurze Darlegung in Thayer's »Beethovens Leben«, Bd. 2, S. 115. So
kommen z. B. Skizzen zu den Variationen Op. 44, welche nach dieser
Darlegung im Skizzenbuche vorkommen sollen, nicht darin vor.
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485
Das Skizzenbuch beginnt (S. 1 bis 11) mit der im vorigea
Skizzenbueh abgebrochenen Arbeit zum ersten Satz des Quar-
tettes in F-dur Op. 18 Nr. 1. Die erste Skizze, die im Buche
vorkommt, ist ziemlich lang und beginnt so:
l/5/] l , '> I J.J 9;3l +ttt£:&!'ü' | rf|JPta
U. 8. W.
Inmitten der Arbeiten zum ersten Satz erscheinen Ent;
wtlrfe zu den andern Sätzen des Quartettes. Aus diesen Ent-
würfen, die sich lange (bis S. 44) fortziehen, sind einige aus-
zuwählen. Eine nicht benutzte Skizze zum Schluss des
Adagios (S. 9)
les demiers sattpirs
Ta^TryrlTgn^j j7 | i^ ^ ^i3|^ p
*.
s
i
ist wegen ihrer Ueberschrift merkwürdig. Letztere ist ge-
eignet, die auf einer Erzählung Amenda's beruhende Mit-
theilung, Beethoven habe bei der Composition des Adagios die
Grabesscene aus Romeo und Julie vorgeschwebt, zu unter-
stützen. Der dritte Satz sollte anfangs (S. 10) so
JRlJ 1^ tJ I ^ »^ r i f r i' i rcr
g^'l *
n; | |:][T nr f=fP
c^
^
beginnen. Das Hauptmotiv des letzten Satzes hat anfangs (S. 4)
allegretto
CtJ ^ r
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486
und aueh späterhin (S. 22),
^w
U. 8. W.
mit der gedrackten Fassung verglichen, etwas Eckiges in der
Bewegung. Beide Skizzen unterscheiden sich vom Druck auch
durch die angegebenen Tempi.
Zwischen diesen Quartettskizzen finden sich Aufzeichnungen
zu andern Compositionen. Ein Entwurf (S. 26)
Rondo pour le quat. 3.
moderato
;iJ.f! f, VJ7^lrrrMJ.pf J8 C^lrrrt
beweist mit seiner Uebersohrift, dass das der Entstehung nach
dritte Quartett auch jetzt noch nicht angefangen war. Später
(S. 31) begegnen wir einem Ansatz zu Goethe^s »Wechsellied
zum Tanze«
^
i' i' j' i j
-0^
Komm mit, o Schö-ne, komm mit mir zum Tan - ze
-if^-F?
i C t \ f f.
und (S. 37 bis 42) Entwürfen zur Composition des Goethe'schen
Liedes »Nähe des Geliebten«, von denen der erste (S. 37)
so beginnt:
m
r-cj I r— t-i- !; r. H
Ich den - ke
dein,
wenn mir der
r-"T~^ F p i-J^J J r3 1 5
Son - ne Schim - mer vom Mee
strahlt,
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487
Beethoven hat alle vier Strophen des Gedichtes vorgenommea
und giebt ihnen verschiedene Melodien. Die Strophen sind
-durch Zwischenspiele getrennt; die dritte Strophe tritt in G-dur
ein u. s. w. Es sollte demnach ein durchcomponirtes Lied mit
Ciavierbegleitung werden. In einem später geschriebenen Ent-
würfe (S. 41), der ebenfalls einem durchcomponirten Liede
mit Ciavierbegleitung gilt, hat die der ersten Strophe des
Gedichtes zugetheilte Melodie diejenige Fassung bekommen, in
der sie Beethoven als Thema zu den vierhändigen Variationen
in D-dur verwendet hat. Einem Theil dieses Variationen-
werkes werden wir später begegnen.
Ausserdem erscheinen zwischen den Entwürfen zum Quartett
in F-dur die ersten Entwürfe zum Quartett in G-dur Op. 18
!Nr. 2. Dieses Quartett ist also der Entstehung nach das dritte.
Die Arbeit dazu (S. 31 bis 63) zieht sich ziemlich lange fort.
Wir heben einige Skizzen aus. Der erste Satz zeigt erst
(S. 31) diesen,
rFTTTfTrr
ir
|=y=?=
S^
^
^
^
später (S. 33) diesen Anfang.
a
^
'(jr^U^^ l j^iMA
^
U. 8. W.
Die Entwürfe zum zweiten Satz (S. 45 bis 63) sind alle im
C-Takt geschrieben. Eine mit der im |-Takt stehenden ge-
druckten Fassung übereinstimmende Skizze kommt nicht vor.
Auch findet sich keine Skizze zu dem im |-Takt stehenden
Intermezzo. Letzteres muss also später entstanden sein. Dass
aber die gedruckte Fassung des Hauptthemas aus der skizzirten
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488
hervorgegangen ist und auf einer allerdingg durohgreifenden
Umarbeitung beruht, zeigt ein Blick auf einige der zuerst vor-
kommenden Skizzen. Man sehe hier (S. 48)
m
^3
ß I
^
^Ö
fT ^pTE ^ ^-
und hier (S. 49).
^
gi^cfES^^ jfif^^
Vergleicht man die letzte Skizze mit dem Anfang der ge-
druckten Melodie, so sieht man, dass die Noten rhythmisch
geändert sind imd dass bei dieser Aenderung die ursprünglich
zweitaktige Grliederung der ersten Abschnitte des Anfangs-
themas in eine dreitaktige umgewandelt v^orden ist. Auch
haben die Skizzen im Allgemeinen mit dem Druck das auf
eine Yariirung des Hauptthemas abzielende, aus Zweiund-
dreissigstel-Noten und andern kurzen Notengattungen bestehende
Passagenwerk gemeinsam.
Der Anfang des dritten Satzes erscheint zuerst (S. 41) in
dieser Gestalt,
L^Lfc4r.^ i J^^P1ij> ^-
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489
der des letzten Satzes zuerst (S. 53) in dieser,
3=
f ^ r i \ i n>i i ^
|S^^^
^^
-JÖL.
:fefe±
später (S. 56) in dieser Gestalt.
9^^^ l rrrrin-ij,jj|j.j] | jjjjljt i
Alle Skizzen zum letzten Satz sind im C-Takt geschrieben.
Während der Arbeit am G-dur-Quartett geschahen die
ersten Striche zum Quartett in A-dur und entstanden die vier-
händigen Variationen in D-dur, zu deren Thema die früher
erwähnte Melodie des Liedes »Nähe des Geliebten« gewählt
ist. Vor dem Blatte, auf dem zuerst Skizzen zu den Variationen
vorkommen (S. 59), sind einige Blätter, auf denen ohne Zweifel
die ersten Entwürfe standen, herausgenommen, so dass sicli
über den Beginn dieser Arbeit nichts Näheres angeben lässt.
Die Skizzen, die vorkommen, befassen sich nur mit der letzten
Variation. Das vorhin erwähnte Quartett in A-dur, Op.^ 18
Nr. 5, ist also in der chronologischen Reihenfolge der Quartette
das vierte. Aus den dazu gehörenden Skizzen (S. 55 bis 74)
lassen sich auswählen: eine der ersten Skizzen zum Anfang
des ersten Satzes (S. 65),
£^j?^li,%T | i.'^i^ | f | r-..|r-r gl
rrrr i rl! WlJ^'^pIr'f Mr M^g
U. B. W.
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490
eine Skizze zum Anfang des zweiten Satzes (S. 69)
fii f i rrrr^JNg
m
TBx
^^
w
J , < !| | - •/• X
f
U. 8. W.
imd ein Entwurf (S. 67),
h
'» fi ^ I j^XLcLCS-tf ^ cJ [£; I
tf^#^n
Cf ^14
«-i^-*-
# 7 : :i
ff gjj» i f-f r, pf f ' ^ I p'^l I J^r^^l g
der das Thema der Variationen in seiner ersten Gestalt zeigt.
Der Entwurf hat eine schwer lesbare Uebersohrift. Man möchte
:^Fastordle^ lesen. Bei Entwürfen zum letzten Satz
ife
im££fefiM^
SP
8va
=Z^=;2=
ist der C-, nirgends der (t5-Takt vorgezeichnet.
Zwischen den zum Quartett in A-dur gehörenden Skizzen
finden sich auch (S. 63 bis 80) Entwürfe zum zweiten, dritten
und vierten Satz des Septetts Op. 20 und (S. 63) einige nach-
träglich geschriebene, zum Andante des Quartetts in D-dur
gehörende Stellen. Vom Septett wird zuerst der vierte, dana
der zweite und dann der dritte Satz vorgenommen.
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491
In der ersten Skizze zam vierten Satz des Septetts (S. 63)
mnn^\h-t!^ w ^ \ !T:nn^
•^i i tff./^
it
Ä
i
^/^'y ri i ar
W
VcUo
\
rgn i ^r i r^^i?^'\r gju
Contra ßasso
-ß — P ^ß — P-
IL
m
U. 8. W.
erscheint vom Thema nur der erste Theil, und gleich darauf
wird mit Yariirung desselben begonnen. Man darf daraus
nicht den Schluss ziehen, dass es die ursprüngliche Intention
Beethoven*s war, das Thema nur aus jenem ersten Theil be-
stehen zu lassen.*) Vom zweiten Satz ist (S. 79)
y [ ^\ijßi\f^ rj j\rf^Q^f^ni
2temal
■^tjT^ "*• U. 8. W.
*) In A. Kretzschmer's »Deutsche Volkslieder mit ihren Original-
Weisen«, Berlin 1838 (S. 181), steht die an einigen Stellen abweichende
Melodie des Variationen-Themas mit der Bezeichnung: »Niederrheinisches
Volkslied« und mit der Bemerkung: »Von Beethoven in seinem Septett
zu Variationen benutzt.« Die Melodie soll also nicht von Beethoven
componirt sein. Worauf sich die Angabe gründet, ist nicht gesagt.
Das Skizzenbuch widerspricht ihr nicht. Dennoch muss ihre Richtigkeit
bezweifelt werden: erstens, weil der Anfang des zweiten Theils der
Melodie mit seinen gleichstufigen Noten einer Volksweise nicht gemäss
ist; zweitens, weil die Richtigkeit der Angabe durch nichts bewiesen
und von keiner Seite bestätigt wird, weil z. B. Eies und Wegeier als
Rheinländer etwas davon gewusst haben müssten und ein Wort darüber
gesagt haben würden.
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492
nieht viel mehr, als die Anfangsmelodie angegeben. Wenn
man die erste Skizze zum dritten Satz (S. 79) sieht,
M» Como, ^
m^^TTTTTTTm^ | ,j jj I j JJ Ut^
SO kann man der Meinung werden, Beethoven habe demselben
ursprünglich ein eigenes Thema geben wollen und er sei erst
dann auf den Gedanken gekommen, das Thema des zweiten
Satzes der Ciaviersonate Op. 49 Nr. 2 dazu zu verwenden.
Beethoven schreibt dieses Thema, wie die obige Skizze zeigt^
nur bis zum Ende des dritten Taktes und (in seinen Halbnoten
zu Anfang des 1. und 2. Taktes u. s. w.) rhythmisch überein-
stimmend mit der Form hin, die es in jenem Sonatensatz hat
Wir sehen darin eine Bestätigung des durch andere Skizzen
gelieferten Ergebnisses, dass das im Septett vorkommende
Thema jenem Sonatensatze entlehnt wurde und dass nicht daa
Umgekehrte der Fall ist.*)
Die Entwürfe zu den Variationen des Septetts ziehen sieh
mit Unterbrechungen beinahe bis zu Ende des Skizzenbuches fort.
Unterbrochen wird die Arbeit u. A. durch die bereits er-
wähnten drei letzten Sätze des Quartetts Op. 18 Nr. 5 und
(S. 75 bis 79) durch die Variationen für Ciavier über P. Winter's
Thema »Kind, willst du ruhig schlafen«. Ausserdem findet sich
auf den ersten zwei Systemen zweier gegenüber liegender
Seiten (S. 70 und 71) eine die Tonart Es-dur oder C-molI
und den |-Takt andeutende Vorzeichnung, und darüber stehen
die Worte: ^des Bctgatdles par L, v, Beethoven<^, Sonst sind
die Seiten leer geblieben; Beethoven hat keine Note hinge-
schrieben. Die Seiten waren also zur Aufnahme von Bagatellen
bestinmit. Unter den kleinen Stücken, die damals fertig sein
konnten, findet sich nur eines, auf welches jene Vorzeiohnung
bezogen werden könnte. Dieses ist die ungedruckte Bagatelle
in C-moU, welche gleichzeitig mit der Sonate in C-moU Op. 10
Nr. 1 entstand.**)
*) Vgl. »Beethoveniana « S. 1.
*♦) Vgl. Artikel IV.
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493
Aus der Stellung, welche die Skizzen zu den Variationen
^ber Winter's Thema einnehmen, ergiebt sieh, dasg die Varia-
tionen geschrieben wurden, als das Quartett in A-dur in den
Skizzen (d. h. dem Skizzenbache nach) fertig, die Sätze des
Septetts aber noch in Arbeit waren.*)
Wir sind am Ende. Zu erwähnen ist noch, dass in beiden
Skizzenbttehem sehr viele nicht benutzte, meistens für Streich-
quartett, kleinerentheils für Ciavier oder andere Instrumente
gedachte Entwürfe vorkommen, von denen in unserer Dar-
legung nur die wichtigsten erwähnt sind.
Aus den in einigen Anmerkungen niedergelegten chrono-
logischen Ergebnissen ist zu folgern, dass alle Skizzen, welche
von der 59. Seite des ersten Skizzenbuches bis zur 79. Seite
des zweiten vorkommen, in der Zeit von frühestens Januar 1799
bis spätestens December 1799 geschrieben wurden. Das zweite
Skizzenbuch gehört denmach ganz dem Jahre 1799 an, und
1)eide Skizzenbücher zusammen genonmien sind in die Zeit
von ungefähr Mitte 1798 bis Ende 1799 zu setzen. Die in
beiden Skizzenbüchern berührten Compositionen sind, niit Be-
rücksichtigung des Umstandes, dass die kleineren eher fertig
werddn mussten, als die grösseren, der Reihe nach:
Lied: ^T>er Kuss^c, Op. 128. Frühere Bearbeitung.
Opferlied. Vom Druck etwas abweichende Bearbeitung.
Rondo für Ciavier in G-dur, Op. 51 Nr. 2.
Geliert's Lied: »Vom Tode«. D-moll. Nur aus der
Skizze bekannt.
(Clavierconcert in B-dur, Op. 19. Umarbeitung.)
Quartett in D-dur, Op. 18 Nr. 3.
Variationen fllr Ciavier über das Thema »La stessa,
la stessissima«.
Lied: »Nähe des Geliebten«. Vollständig nur aus den
Skizzen bekannt.
Quartett in F-dur, Op. 18 Nr. 1.
*) Die Variationen über »Kind, willst du ruhig schlafen« wurden
am 21. December 1799 als erschienen angezeigt. Die Skizzen dazu
müssen also spätestens gegen Ende 1799 geschrieben worden sein.
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494
Yierhftndige Yariationeii in D-dur.
Quartett in Gr-dur, Op. 18 Nr. 2. Mit Ausnahme de»
später umgearbeiteten zweiten Satzes.
Quartett in A-dur, Op. 18 Nr. 5.
Variationen für Clavier über das Thema »Kind, willst
du ruhig schlafen«.
Zweiter, dritter und vierter Satz des Septetts Op. 20.
Angefangene Arbeit.
Diese Gompositionen gehören also alle der Entstehung naeb
der Zeit yon ungefähr Mitte 1798 bis Ende 1799 an, und sind
die in den letzten acht Zeilen angeführten mit Sicherheit in»
Jahr 1799 zu setzen.
In Betreff der sechs Quartette Op. 18 ist festgestellt^
welche vier zuerst und in welcher Reihenfolge sie componirt
wurden, nämlich: Nr. 3, 1, 2, 5. Von dem Versuch, auch die
Reihenfolge der noch übrigen zu bestinunen, stehen wir ab.
Skizzen dazu sind zwar vorhanden. Es würde aber schwer
oder bedenklich sein, daraus ein chronologisches Ergebniss
gewinnen zu wollen.
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XLVII.
Ein anderes Skizzenbuch aus dem Jahre 1808.
Das hier vorzunehmende Skizzenbuch, früher im Besita:
von F. A. Grasnick in Berlin, ist in Querformat, war vor dem
Gebrauch buchbindermässig gebunden, hat .einen alten bunten
Umschlag und besteht, zwei vorn und hinten beigebundene
weisse Blätter ausgenommen, aus 86 Seiten mit 16 Notenzeilen
auf jeder Seite. An drei Stellen sind Blätter herausgenommen
worden, und muss das Buch ursprünglich aus 48 Notenblättern
bestanden haben. Zwischen Seite 2 und 3 ist 1 Blatt, zwischen
S. 74 und 75 ebenfalls 1 Blatt, und nach S. 86 sind 3 Blätter
herausgenommen. Nach chronologischer Schätzung ist da»
Skizzenbuch in die Zeit von frühestens Mitte 1808 bis spätesten»
Anfang 1809 zu setzen.
Beethoven hat sich im Skizzenbuch eingehend nur mit
zwei Compositionen beschäftigt. Die^ erste derselben ist die
Phantasie für Pianoforte, Chor und Orchester, Op. 80. Der
grösste Theil des Skizzenbuches (S. 1 bis 75) ist ihr gewidmet.
Im Ganzen genommen ist der Gang der Skizzen der der
gedruckten Form. Zuerst wird der instrumentale, dann der
vocale Theil vorgenommen. Aujszunehmen ist die Einleitung^
für Ciavier allein, über welche später einige Worte zu sagen
sein werden. Die zuerst erscheinende Skizze
•y.", ; :3 ^j J I r pj f r l -CJ-if-f^
L'fj.jJ|-^4j^^^
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496
betrifiPl; die Stelle, mit der das Orehester einsetzt, und gleich
darauf kommt
^if I rrpT I C-CXJ' I er-
die zu Grunde gelegte, bekanntlieh dem früh componirten
Bürger'schen Liede »Gegenliebe« entnommene Melodie zum
Vorschein. Nun folgt (S. 1 bis 52) eine lange Arbeit zu
Variationen über jenes Thema. Letztere werden so ziemlich
in der Reihe vorgenommen, in der sie im Druck erscheinen,
und ein paralleles Verhältniss zwischen Skizze und Druck
lisst sich auch im Einzelnen bei vielen Stellen beobachten.
Bei den Skizzen zum vocalen Theil lässt sich ein solches
Verh<niss wenige): beobachten, und das ist nicht nur zu ver-
stehen von der darin erreichten Lesart, sondern auch vom
Text. Die Skizzen bringen manches Fremde, nicht in die
Partitur Uebergegangene, und die endgiltige Form wird nicht
ganz und weniger erreicht, als beim instrumentalen TheiL
Letzteres ist ein Beweis, dass die Arbeit anderwärts fort-
gesetzt und beendigt wurde. In Betreff des Textes ist Folgendes
anzuführen. Hier (S. 26)
=P=F
Lr cj I F p i^Tf - ^-j-^ c I :m
woUi ihr mit uns ge-hen so wol-len wir euch sehn
u. 8. w.
findet sich zum ersten Mal Text bei einer Skizze, der aber
fllr die Composition, die Beethoven in Arbeit hatte, nicht be-
stimmt gewesen sein kann und ohne irgend eine Beziehung
imtergelegt zu sein scheint. Gleich darauf erscheint eine Stelle
^pTTTt
U. 8. W.
dass dein Dank mei-nem Gruss
aus dem früheren Liede, die, weil Noten und Worte von der
ursprünglichen Fassimg etwas abweichen, aus dem Gedächtoiss
niedergeschrieben zu sein scheint. Hier (S. 37)
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497
tört ihr wohl hart höri
=tz=tc:
hat zum ersten Mal eine Skizze Worte erhalten, die eine Be-
ziehung zur Phantasie mit Chor zulassen. Die Skizze betrilER
die Stelle, wo zum ersten Mal die Singstimmen einsetzen.
Nun erst kommen in meistens kurzen, abgebrochenen Skizzen
(S. 54, 57 u. s. w.) einzelne Stellen aus dem uns bekannten
Gedieht zum Vorschein. Die bruchstückweise vorkommenden
Worte, die wir in der Reihenfolge, in der sie im gedruckten
Text erscheinen, hier zusammenstellen,
Blttht dann neu und schön empor
Hat ein Geist sich aufgeschwungen
Nehmt denn hin ihr schönen Seelen
Froh die Gaben schöner Kunst
Wenn sich Lieb und Kraft vermählen
Lohnt dem Menschen Göttergunst
gehören nur der letzten von den drei achtzeiligen Strophei^
an, aus denen das Gedicht besteht. Aus den vorhergehenden
Strophen kommt kein Wort vor. Man kann hieraus nicht den
Schluss ziehen, der Text habe ursprünglich nur aus der letzten
Strophe bestanden, denn nach dem Inhalt dieser Strophe
mussten nothwendig Verse vorhergehen. Auffallender Weise
tauchen zwischen Skizzen, welche Worte aus den eben ange-
führten sechs Verszeilen, also aus dem jetzigen Text haben,
wiederholt, so hier (S. 56)
^m
us^
und hier (S. 62),
hört ihr wohl hört ihr wohl
hier erst die Singstimmen
f-#-
^
t=?=
; ;i j
P=t2=
^
hört ihr wohl hört ihr wohl
U. 8. W
32
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498
jene anrufenden Worte wieder auf, welche die Singstimmen
auch nach einer früher geschriebenen und mitgetheilten Skizze
bei ihrem Eintritt bekommen sollten. Aus allen diesen Er-
scheinungen geht zunächst hervor, dass Beethoven die Com-
Position anfing, ohne einen Text in Händen zu haben; denn
hätte er von Anfang an einen geeigneten Text vor sich ge-
habt, so würde er schwerlich den ersten Skizzen Worte bei-
gefügt haben, die mit der Idee des Werkes nicht verträglich
sind. Ferner ist daraus die Möglichkeit abzuleiten, dass die
Anfangsworte des Gedichtes ursprünglich anders lauteten, als
jetzt; denn Beethoven würde schwerlich bei den Worten »Hört
ihr wohl« geblieben sein, wenn ihm die geeigneteren Worte
:» Schmeichelnd hold« vorgelegen hätten.
Von den übrigen Skizzen und Bemerkungen bietet nur
eine kleine Anzahl einiges Interesse. Bei einer Skizze (S. 7)
zum Schluss der dritten Variation f&r Orchester steht die
Bemerkung:
schon beim letzten Anfang der Contra Boss crescendo.
Man erinnere sich, dass die ersten drei Variationen mit p oder
dolce bezeichnet sind und dass kurz vor Schluss der dritten
Variation ein Crescendo vorgeschrieben ist. Jene Bemerkung
beweist, dass diese Steigerung eine von Anfang an beabsichtigte
ist. Einige andere Bemerkungen sind dagegen wenig oder
gar nicht benutzt worden. Nach einer Skizze (S. 4) zu dem
gleich nach jener Crescendo -Stelle vom ganzen Orchester ge-
brachten Thema steht:
dann cemh: Variazioni
Diese Bemerkung ist nicht genau befolgt worden. Unmittelbar
folgen keine Clavier-Variationen. Femer sind die ersten
Noten des Themas an einer für den vocalen Theil bestimmten
Stelle (S. 63)
S
mit einer Vortragsbezeichnung versehen, welche nicht in die
Partitur übergegangen ist. Endlich ist dieser Entwurf (S. 24)
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499
LL r "P ß^ - \ F ß mJd ---^ I eic. Q L stimmen ein-
^"^ r"M~'< ^ iJ ^ 7 I J=: =f=f= wi«/, dann
Voce
r I r , f , f
w
//«nn Chorus
Cembalo varier
zum Anfang des vooalen Theils nicht genau und wörtlich zur
Ausführung gekommen.
Von der gedruckten Einleitung für Clarier allein kommt
im Skizzenbuoh keine Note vor. Dieselbe entstand, wie ander-
wärts nachgewiesen ist, später und erst im Jahre 1809.*)
Das Skizzenbuch enthält drei Aufzeichnungen, welche einer
Einleitung gelten. Sie beweisen, dass Beethoven auf den
Oedanken, das Werk mit einer längeren Einleitung nach Art
«iner freien Phantasie für Ciavier allein beginnen zu lassen,
erst später gekommen ist. Nach der ersten Aufzeichnung (S. 11)
vieUeickt mit einein Quartett anfangen —
finale welches sich mit einem quartett in Es anfängt —
Anfang
ffllff ^
«oUte das Streichquartett anfangen. Dieser kurze Anfang (S. 53)
Anfang der
Fantasie
TB ^JTpJ lMilAkl
I
7 X
*) Vgl. Artikel XXIX.
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500
scheint flir Ciavier gedacht zu sein. Auf eine unzweifelhaft
dem Ciavier zugedachte Einleitung (in C-moll) ist es hier (S. 75)
■tis^ 17: jj^^
a. s. w.
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abgesehen. Die Skizze, von der unsere Wiedergabe die Haupt-
motive und nur den Anfang, eine etwas später und eine gegen
Ende vorkommende Stelle bringt, flillt im Skizzenbuch beinahe
eine Seite, enthält aber in ihrer fragmentarischen Fassung
Andeutungen, die auf eine längere Ausführung schliessen
lassen. Die ersten Takte sollten später in andern Tonarten
(Gr-moU, F-moU u. s. w.) wiederkehren u. s. w.
Damit sind die auf die Phantasie mit Chor zu beziehenden
Skizzen zu Ende. Gleich nach jener Skizze zu einer Ein-
leitung kommen (S. 76 bis 86) Entwürfe zum ersten Satz des
Clavierconcertes in Es-dur. Ohne Zweifel sind die Skizzen,
die wir hier vor uns haben, die ersten zu diesem Werke. Die
Tonart Es-dur stand von Anfang an fest. Die meisten der
zuerst erscheinenden Skizzen sind auf die Bildung des Haupt-
themas gerichtet. Ein Motiv, ein Thema nach dem andern
wird verworfen. Erst nach mehreren Ansätzen, die nichts ent-
halten, was an das gedruckte Hauptthema erinnern könnte^
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501
werden einige Fassungen aufgestellt, die zwar von der end-
«riltigen Form noch weit entferat sind, die aber einen un-
ischeinbaren Keim enthalten, der in andern, wieder etwas
später geschriebenen Skizzen umgebildet erscheint und nach
dessen Umgestaltung bald die endgiltige Form gewonnen
wird. Man sehe zuerst hier (S. 78)
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p=-^
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^^^JN-^Jjjr7?;äJ!r??^
und hier (S. 78),
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r.N J- J I j j
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— in welchen beiden Skizzen man sich die erste Note ent-
fernt, die zweite rerlängert denken möge u. s. w. — später
hier (S. 80),
^
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«Uum hier (S. 80),
rm. 'J \ n^r \ rlTVJ J TJTf
gleich darauf hier,
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^^ I j ^j ^
dann hier (S. 80)
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502
und endlich hier (S. 80).
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g.^=;^j J.jir- "^ cnrrr-r-
Einigen der mitgetheilten nnd nicht mitgetheilten Skizzen geht
ein Vorspiel für Ciavier allein yorher, und aus diesen Ansätzen
ist die Einleitung, welche der erste Satz endgiltig bekommen
hat, allmählich hervorgegangen. In einer für sich allein
stehenden Skizze (S. 81)
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' ■ rh u
T=i= H- r r f ^ ^u.
ist der erste Schritt zur $^edruekten Form geschehen. Ob
nicht Beethoven auf den Gedanken, dem Goncertsatz ein Vor-
spiel zu geben, in dem nichts auf später eintretende Themen
deutet, durch die kurz vorher geschriebene Einleitung zur
Phantasie mit Chor geführt wurde?
Auch ein anderes Thema des Satzes musste merkwürdige
Wandlungen durchmachen, ehe es seine endgiltige Form fand.
Man sehe hier (S. 84),
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U ^ f ; I r 7
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'—^ p rr"t"T r ^"T
^ ß
dann hier (S. 86)
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503
lind bald darauf hier (S. 86).
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fH^f tj- i r f fc; I r f r rf^^
trriri rr rr I r f r i'iI'i' e..
Die Arbeit zum ersten Satz des Concertes ist im Skizzen-
buch nioht weit gediehen. Von den andern Sätzen kommt
keine Note vor.
Zwischen den Skizzen zur Phantasie und zum Concert
finden sieh, ausser einigen Bemerkungen, nur zwei kleine
Skizzen (S. 38 und 85), die nicht auf jene Werke bezogen
werden können. Aus dieser Erscheinung, die in wenig andern
Skizzenbttchem vorkommt, ist zu schliessen, dass namentlich
die Arbeit zur Phantasie so gut wie gar nicht durch Anderes
unterbrochen wurde und dass es Beethoven um eine rasche
Vollendung des angefangenen Werkes zu thun war.*)
*) Carl Czemy erzählte: Kurz vor der am 22. December 1808 ge»
gebenen Akademie kam ihm » die Idee, ein glänzendes Schlussstück für
diese Akademie zu schreiben. Er wählte ein schon viele Jahre früher
componirtes Lied, entwarf die Variationen, den Chor etc., und der
Dichter Knffner musste dann schnell die Worte (nach Beethoven's An-
gabe) dazu dichten. So entstand die Phantasie mit Chor Op. 80. Sie
wurde so spät fertig, dass sie kaum gehörig probirt werden konnte.
Beethoven erzählte Dieses in meiner Gegenwart.« (S. Thayer's Bio-
graphie, Bd. 3, S. 59.) Was den Hergang und die Sache betrifft, so
lässt sich Czemy's Erzählung mit den Erscheinungen, welche die Skizzen
bieten, in Einklang bringen. Nur bezweifeln wir die Richtigkeit der
Angabe in Betreff des Verfassers des Textes. Dieser Zweifel gründet
sich vor Allem darauf, dass in den im Jahre 1845 in 20 Bänden er-
schienenen Werken Christoph Kuffner's, welche sogar die unbedeutendsten,
kleinsten Gedichte enthalten, der erwähnte Text nicht zu finden ist und
dass in der im letzten Bande beigegebenen Biographie Kuffner's, wo
u. A. von dem Verhältniss zu Joseph Haydn und Beethoven, von dem
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504
Von den erwähnten zwei Skizzen kann nur die erste (in
C-TnoU)
im requiem lästt
u. 8. w. sich der Todten
Marsch anbringen
wegen einer dabei stehenden Bemerkung beaehtenswerth er-
seheinen. Die Bestimmung ist klar.
Zwischen den Skizzen zur Phantasie finden sich auf einer
sonst leer gebliebenen Seite (S. 32) die mit Bleistift geschrie-
benen Worte:
pastoral Sinfonie keine Mdlerey sondern worin die Em-
pfindungen ausgedruckt sind
welche der genuss des Landes im Menschen hervorbringt
wobei einige gefUJUe des Landlebens geschildert werden —
Ruhm sey Gott in der höh
im Kirchenstyl
heilig im Kirchenstyl
Flavio piccolo Seh . . .
statt plewi sunt codi Es jauchzen die Himmel die Erde
statt osanna amen
gellerts Lieder könnten dabei gute Dienste thun.
»auf dringendes Verlangen BeethoTen*8< gedichteten Oratoriom »Sani«
und von andern zur Composition bestimmten Dichtungen die Bede ist;
von jenem Text nichts erwähnt wird. Auch sprechen innere Gründe
gegen die Autorschaft Kufiner*s. Man muss sich vergegenwärtigen, das«
es hier galt, zu einer gegebenen Melodie Worte zu finden, deren Inhalt
im Allgemeinen gewiss von Beethoven vorher angedeutet war. Die
Worte, die gefunden wurden, sind gewiss von keinem unserer grössten
Dichter, aber sie zeigen in der Lösung jener Aufgabe ein Verständniss
für die Musik, eine Geschmeidigkeit in der Sprache und einen Schwang,
den man in Kuffher's Gedichten schwerlich finden wird. Eher kann
Friedrich Treitschke der Dichter sein. Und diese Vermuthung wird
dadurch unterstützt, dass Beethoven, als er im Jahre 1809 und ungeföhr
ein halbes Jahr später den Text zu einem in »Christus am Oelberg«
einzulegenden neuen Chor haben wollte, gleich an Treitschke denkt.
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505
Zur Erläuterung Folgendes.
Am 22. Deeember 1808 gab Beethoven ein Concert, in
dem u. Ä. die Pastoral-Symphonie und das Gloria und Sanctus
aus der Messe in G-dur zum ersten Mal in Wien aufgeführt
wurden. In jenen Bemerkungen ist es theils auf die Abfas-
sung eines kurzen erklärenden Titels zur Pastoral-Symphonie,
theils auf die Verdeutschung einiger Stellen aus dem Messtext
abgesehen, und die ganze Aufzeichnung gilt hauptsächlich dem
bei jenem Concert auszugebenden Programm*). In jenem Con-
cert gelangte auch die Phantasie mit Chor zur ersten AuflfÜh-
rung. Hieran knüpft sich das Ergebniss, dass nicht nur sämmt-
liche Skizzen zur Phantasie mit Chor vor dem Tage jener Auf-
fllhrung geschrieben worden sein müssen, sondern dass auch
das Concert in Es-dur vor jenem Tage begonnen wurde; denn
hätte Beethoven die letzten Seiten des Skizzenbuches nicht
mit Entwürfen zum Concert angefüllt gefunden, so würde er
die Arbeit zur Phantasie mit Chor in demselben Skizzenbuche
fortgesetzt haben.
Femer sind auf dem dem Skizzenbuch am Schluss bei-
gebundenen weissen Blatte die Worte zu lesen:
Geht es nicht mit den lAebhaher Konzerten so reise ich
gleich anfangs in der Fasten
Es gegen Ende der Fasten
Die letzte Zeile ist nicht verständlich. Bei dem Worte „Fasten'*
kann Beethoven nicht an die Fastenzeit des Jahres 1808, zu
welcher Zeit das Skizzenbuch noch nicht in Angriff genommen
worden sein kann, sondern nur an die des Jahres 1809 ge-
'^) Die Stücke aus der Messe wurden zwar mit lateinischem Text
gesungen, durften aber im Programm nicht mit lateinischen Worten
angeführt werden. In Ankündigungen des Concerts sind sie so angeführt:
»Hymne mit lateinischem Text im Kirchenstyl geschrieben
mit Chor und Solos.«
»Heilig mit lateinischem Text im Kirchenstyl geschrieben mit
Chor und Solos.«
Vgl. Schindler's Biographie, I, 147 f., Reichardt's Briefe (1810),
I. 256 f. u. s. w.
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506
dacht haben. Die Reise, die Beethoven anzutreten gedachte^
kann nur mit dem Ruf nach Cassel in Zusammenhang gebracht
werden. Beethoven erhielt den Antrag, nach Cassel zu kommen,
angeblich vor dem 1. November 1808; abgelehnt wurde der
Antrag vor dem 1. M&rz 1809*). Auf Grund dieser Daten
muss jene Bemerkung zwischen October 1808 und M&rz 1809
geschrieben worden sein. Zweifelhafter ist, was für Liebhaber-
Concerte Beethoven gemeint hat. Um die Zeit, von der hier
ttberhaupt die Rede sein kann, gab es in Wien zwei Gesell-
schaften, welche Concerte jenes Namens gaben. Eine dieser
Gesellschaften gab ihr erstes Concert im November 1807, und
ihr letztes (im Universitätssaale) am 27. März 1808. Das
Orchester stand anfangs unter der Leitung eines Dilettanten,
später unter der des Violinspielers Clement**). Die andern
Liebhaber -Concerte, bei denen Fürst Lobkowitz mit seinem
Orchester betheiligt war, fanden im Winter 1808/9 Statt; ob
auch früher oder später, ist nicht bekannt***). Der Zeit nach
*) In einem in Wien am 1. März 1809 geschriebenen, in der
Leipziger Allg. Musik. Zeitung v. J. 1809) (S. 883) abgedruckten Berichte
heisst es: )»Das8 Beethoven hier bleibt und nicht nach Cassel geht, ist
jetzt bestimmt.« Vgl. auch Thayer's Biographie, Bd. 3, S. 47.
**) Unter Beethoven's Leitung kamen dessen zweite und vierte
Symphonie, die Coriolan- Ouvertüre (diese zum ersten Mal) und andere
Werke zur Aufführung. Vgl. Wiener »Vaterländische Blätter« v. J. 1808,
Hanslick's »Geschichte des Concertwesens in Wien« (S. 75).
***) Reichardt (»Vertraute Briefe* L 218, 465; 11. 1) nennt sie die
»Liebhaber-Conoerte bei der Frau von Rittersburg« . Aufgeführt wurden
ausser Orchester -Compositionen, darunter in Beethoven's Gegenwart
dessen Ouvertüre zu »Coriolan«, italienische Arien, Guitarre -Compo-
sitionen (von Giuliani gespielt) u. a. m. Mitwirkende und Zuhörer
waren auf drei kleine Zimmer beschränkt. Nach diesen und andern
Andeutungen, die Reichardt giebt, können die Concerte schwerlich von
der Bedeutung gewesen sein, dass Beethoven sich hätte bewogen finden
können, eigene Compositionen darin zur Aufführung zu bringen oder in
einer andern Art mitzuwirken. Man muss aber berücksichtigen, dass
Beethoven, als er die obige Bemerkung schrieb, möglicherweise ab-
warten wollte, ob die Concerte zu einer Mitwirkung oder Betheiligung
sich geeignet zeigen würden und dass die andern Concerte auch nicht
gerühmt werden.
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507
kann Beethoven diese letzteren Liebhaber -Coneerte, und die
ersteren kann er nur in der Voraussetzung gemeint haben^
dass sie auch im Winter 1808/9 Statt finden würden.
Das chronologische Ergebniss des Skizzenbuches ist
kurz: das Concert in £s-dur wurde begonnen in der zweiten
Hälfte des Jahres 1808 und bevor die Phantasie mit Chor
fertig war.
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xLvm.
Der dritte Satz der Sonate in Es-dur Op. 7
ist eines von den vielen Stücken, die nicht in einem Zuge,
sondern stückweise entstanden. Man kann das auf einem ein-
zelnen Bogen sehen, der augenscheinlich die Fortsetzung einer
anderwärts begonnenen Arbeit enthält und auf dessen erster
Seite zu allen Theilen jenes Satzes gehörende abgerissene
Stellen durcheinander stehen*). Es würde schwer sein, von
diesem Abgebrochenen der Entstehung etwas in der gedruck-
ten Composition, wo alles im Fluss erscheint, zu finden. Erst
später erscheinen einige grössere Skizzen, in denen die früher
gefundenen kurzen Stellen zusammengefasst werden. Nach
einer dieser Skizzen, zu der eine (mit -f bezeichnete) Variante
gehört,
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*) Der Bogen befindet sich im brittischen Museum.
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509
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519
sollte der zweite Theil des Hauptsatzes anfänglich eine Quarte
tiefer beginnen, als er jetzt beginnt. Die Skizzen zum Minore,
von denen eine so,
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eine andere so lautet,
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machen sich wegen ihrer Schreibweise (in lauter Viertelnoten)
bemerkbar.
Auf erwähntem Bogen erscheinen später unbekannte Ent-
würfe, z. B. dieser
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511
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und dieser,
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^ ^ ' I r t :fl u. 8. w.
die alle, wie aus ihrer Beschaffenheit hervorgeht, zu kleinen
Stücken bestimmt waren. Ohne Zweifel sind diese Stücke in
einer Bemerkung gemeint, die am Rande der letzten Seite
des Bogens steht und die so lautet:
diverse 4 hagatelles de B.
inglese laudier u. s, w.
Der Umstand, dass der Bogen keine Skizze enthält, die auf
den ersten, zweiten und letzten Satz der Sonate Op. 7 bezogen
werden kann, legt die Vermuthung nahe, dass der dritte Satz
der Sonate ursprünglich zu den in jener Bemerkung gemeinten
Bagatellen gehören sollte und er erst später der Sonate ein-
gefügt wurde.
Mehrdeutig ist eine andere Bemerkung, die auf der vor-
letzten Seite des Bogens bei der zuletzt mitgetheilten unbe-
kannten Skizze vorkommt und welche so lautet:
geschrieben und gewidmet das Gan. B, C, (?) als Andenken
seines Aufenthalts in P.
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512
Der mit einem Fragezeichen bezeichnete Buchstabe erscheint
als ein lateinisches C mit einem unten angefbgten, nach Art
einer Cedille nach vorne gezogenen Häkchen, so dass man
ihn auch ftir ein G halten kann. Thayer (Biographie n, 9)
deutet die letzten Worte auf eine Gräfin Clam Gallas und auf
Prag, wo Beethoven 1796 war. Vielleicht sind die letzten
Worte auch so zu lesen: das Concert Babette Ceglevich (rich-
tig: Keglevich) als Andenken seines Aufenthalts in Pressburg*).
Keine von diesen Lesungen ist wohl als unzweifelhaft richtig
zu betrachten. Immerhin zeigt die Bemerkung, durch wa»
für ein Motiv Beethoven zu einer Widmung veranlasst werden
konnte.
*) Gewidmet sind der Gräfin B. Keglevich die Sonate Op. 7 und
das Concert in C-dur Op. 15. Pressbnrg war der Wohnsitz des Fürsten
G. Odescalchi, mit dem sich B. Keglevich im Februar 1801 vermahlte.
Es mag gestattet sein, hier eine Stelle aus dem Briefe eines Neffen
der Gräfin B. Keglevich einzurücken. Die Stelle lautet: »Die Sonate
^wurde von Beethoven für sie, als sie noch Mädchen und er ihr Lehrer
war, componirt. Er hatte die Marotte — eine von den vielen — dass
er, da er vis-ä-vis von ihr wohnte, in Schlafrock, Pantoffeln und Zipfel-
mütze zu ihr ging und ihr Lectionen gab.««
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XLIX.
Einige Entwürfe znm Qnintett Op. 16.
Von Interesse ist ein Entwurf
Jf£Li_cg c HTZ i T-r^ , - g ' U f^g
-T#f I rfVf L^ g f I r g j f. 1 1'; j ^^jEg
^t^^^r^jj w^m rmv^
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zum Anfang des zweiten Satzes und ein Entwurf
s=?Ti7-rfT i r g 'r g r IUI
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r (! j M r "p'^i; i r g rr^ -• -• ^
33
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514
zum Thema des Mittelsatzes im Rondo des Quintetts ffir
Glavier und Blasinstrumente in Es-dur. Beaohtenswerth ist
die Stellung des Doppelsehlagzeiohens im 4. Takt der erstea
Skizze. Das Zeichen ist hier so geschrieben, dass dessen Aus-
führung nicht zweifelhaft sein kann. Bei manchen ähnlichen
Stellen, wo der Doppelschlag eben so auszuführen ist, ist das
Zeichen später und erst über der nächstfolgenden Note an-
gegeben.
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Entwürfe zum Trio Op. 11 und zu
unbekannten Stücken.
Zwei im brittischen Museum befindliche Bogen enthalten
zu Anfang unbekannte Skizzen und dann Entwürfe zum ersten
und zweiten Satz des Trios für Ciavier, Clarinette und Violon-
cell in B-dur Op. 11. Die unbekannten Skizzen nehmen den
meisten Raum ein. Sie betreffen zwei Stücke. Das erste Stück
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fc=5:
S
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£
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scheint in den Skizzen fertig geworden zu sein. Es ist ein
lang ausgeführtes, rondoartiges Stück in G-dur fllr Ciavier
und Violonoell. Das zweite Stück (in C-moU)
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p — -jg {■*,
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TT-f^
n^' y I f^^^= t ^ tc lr *:^^
H-i IST ÜST^ " -
hat die Form eines Sonatensatzes. Welche Instrumente Beet-
hoven dabei im Sinne hatte, ist zweifelhaft. Immerhin können
diese Arbeiten zum Beweise dienen, dass manche Compo-
sitionen unfertig in den Skizzen liegen blieben. In einer Skizze
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516
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g*
~0 Mi.
f ^ J Jl j
£
ff J jurt •->' 5
^
^""b5 ^ ^- 8- "w.
zum ersten Satz des Trios in B-dur ist die Notation auffallend.
Hat Beethoven beim 5. bis 8. Takt den Sopranschlüssel im
Sinne gehabt oder an eine As-Clarinette gedacht? Und hat
er im 8. Takt, als er den Bassschlüssel hinschrieb, an das
Violoncell gedacht und bei den dann folgenden Noten den
Violinschlüssel im Sinne gehabt? Die ereten Entwürfe zum
Thema des Adagios des Trios, von denen einer so,
a I f I r-n fj:|j j g- i r^ i r ^^
rf
r r r I f^i^^-M^; , f ^ , , ^
ein anderer so lautet,
£M-f-H^fgif:l I ^ t:^^4^^^ ^^
Cembalo
^^j:^i I f
s
dar
kommen in den ersten Takten der gedruckten Form wenig
nahe. Man wird hier etwas an den Anfang des Menuettes in
der Sonate Op. 49 Nr. 2 (und im Septett) erinnert. Man
würde wohl zu weit gehen, wollte man vermuthen, Beethoven
habe den Anfang später nur deshalb geändert, um die Aehn-
lichkeit mit jenem Menuett zu vermeiden.
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LI.
Skizzen zum Octett Op. 103.
Die anzuführenden Skizzen interessiren uns weniger an
«ich, als wegen eines chronologischen Ergebnisses, das sie mit
sich führen.
Zwei in der königl. Bibliothek zu Berlin befindliche zu-
sammengehörende Bogen enthalten der Reihe nach: ein un-
bekanntes Lied,
AlleareUo
W^
r7]rr[fTlHHFn
a=z:
Mein Mut-ter fragt mich immer trinkst du
Entwürfe zum Menuett des Octetts für Blasinstrumente in Es-dur,
*^
■irir i r ny^ ^m
^
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^rr-H"- ! ' n T3: = hf rlJ 2^
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u. s. w
eine im letzten Satz des Trios in C-moU Op. 1 Nr. 3 benutzte
Melodie *)
^
^
d^
*) Vollständiger ist die Stelle mitgetheilt S. 26.
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518
und das Naehspiel des Liedes »Feuerfarb« Op. 52 Nr. 2.
^ * r \ u. 8. w.
jjhf^i ^nrar ^ ^ ' ^ i gf^
Dieses Nachspiel giebt einen Anhalt. Das Lied »Feuerfarb «
war um Neujahr 1793 fertig, ob in der ersten Fassung, wo
das Naehspiel anders lautet, oder mit obigem, ofifenbar später
entstandenen Naehspiel, ist nicht gewiss.*) Jedenfalls kann
nicht viel Zeit zwischen der einen und andern Fassung liegen.
Da die Skizzen zum Ootett früher geschrieben wurden, als
jenes Nachspiel, so lässt sich als die Compositionszeit des
Octetts fi-flhestens das Jahr 1792, spätestens 1793 annehmen.
Für das nach dem Octett bearbeitete, 1796 ei-schienene
Quintett für Streichinstrumente Op. 4 bleiben also die Jahre
1793 bis 1796 übrig.
*) Fischenich schreibt am 26. Januar 1793 aus Bonn an Charlotte
von Schiller (Charlotte von Schiller und ihre Freunde, 3. Bd. S. 100):
»loh lege Ihnen eine Composition der Feuerfarbe bei .... Sie ist von
einem hiesigen jungen Mann , . . . . den nun der Kurfürst nach Wien
zu Haydn geschickt hat.«
In seiner ersten Fassung ist das Lied erwähnt in »Beethoveniana <
Seite 7.
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LIL
Metronomisclie Bezeichnung der ersten
elf Streichquartette,
Bei einer früher (»Beethoveniana« S. 131 f.) unter-
nommenen ZnsammenBtellung der von Beethoven selbst metro-
nomisirten Werke musste die Bezeichnung der ersten elf
Streichquartette unvollständig bleiben, weil ein Exemplar des
Heftohens, welches diese Bezeichnung enthält, damals nicht
aufzufinden war. Dieses Heftchen ist inzwischen zum Vorschein'
gekommen. £s ist in Sedezformat und hat den Titel:
Bestimmung
des
musikalischen Zeitmasses
nach
Mälzers
Metronom
Zweite Lieferung
Beethoven
sämmtliche Quartetten
von dem Author selbst bezeichnet
Wien
bei S. A. Steiner u. Comp.
No. 2812.
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520
Das Heftelien besteht aus 12 Seiten. Jedem Quartett ist eine
Seite gewidmet. Rechts stehen die thematischen Anfänge,
und links die Tempi mit den metronomischen Bezeichnungen.
Wir lassen die metronomisohen Angaben hier folgen und ver-
weisen in Betreff des Näheren auf das oben angeführte Buch.
Quartett in F-dur, Op. 18 Nr. 1. Erster Satz: Allegro
con brio, J^ == 54. Zweiter Satz: Adagio, J^ «= 138. Dritter
Satz: Allegro molto, J. = 112. Vierter Satz: Allegro, J « 120.
Quartett in G-dur, Op. 18 Nr. 2. Erster Satz: Allegro, j = 96.
Zweiter Satz: Adagio, J^ ^ 72. Allegro (f-Takt), J = 69.
Dritter Satz: Allegro, J, = 52. Vierter Satz: Allegro molto,
quasi presto, J = 92.
Quartett in D-dur, Op. 18 Nr. 3. Erster Satz: Allegro, J = 120.
Zweiter Satz: Andante, J^ == 92. Dritter Satz: Allegro, J, = 100.
Vierter Satz: Presto, ^'. = 96.
Quartett in C-moU, Op. 18 Nr. 4. Erster Satz: Allegro, j =^ 84.
Zweiter Satz: Andante scherzoso, J. = 56. Dritter Satz:
Menuetto, AUegretto, J^ = 84. Vierter Satz: Allegro, ^ = 66.
Prestissimo, ^ = 84.
Quartett in A-dur, Op. 18 Nr. 5. Erster Satz: Allegro, J. = 104.
Zweiter Satz: Menuetto, J^ == 76. Dritter Satz: Andante can-
tabile, J^ = 100. Poco Adagio (Takt 10 vor Schluss), J^ = 88.
Vierter Satz: Allegro, ^ = 76.
Quartett in B-dur, Op. 18 Nr. 6. Erster Satz: Allegro con
brio, = 80. Zweiter Satz: Adagio ma non troppo, ^fe == 80.
Dritter Satz: Scherzo, Allegro, J, = 63. Vierter Satz: Adagio
(La Malinconia, |-Takt), J^ = 58. AUegretto quasi allegro
(|-Takt), J. = 88. Prestissimo (Takt 21 vor Schluss), J. « 112.
Quartett in F-dur, Op. 59 Nr. 1. Erster Satz: Allegro, ^ == 88.
Zweiter Satz: AUegretto vivace, j. = 56. Dritter Satz: Adagio
molto, J^ = 88. Molto cantabile (Takt 72 von Anfang), ,^ = 88.
Vierter Satz: AUegro (Thöme russe), J = 126. Adagio ma
non troppo (Takt 19 vor Schluss), ^ = 69. Presto (Takt 9
vor Schluss), J = 92.
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521
Quartett in E-moU, Op. 59 Nr. 2. Erster Satz: AUegro, J. = 84.
Zweiter Satz: Molto adagio, J = 60. Dritter Satz: AUe-
gretto, J, = 69. Vierter Satz: Presto, o = 88. Piü presto
(26 Takte vor Schluss), o = 112.
Quartett in C-dur, Op. 59 Nr. 3. Erster Satz: Andante
con moto, J = 69, Allegro vivace, J =« 88. Zweiter Satz:
Andante con moto, J. = 56. Dritter Satz: Menuetto gi-azioso,
J = 116. Vierter Satz: Allegro molto, & =« 84.
Quartett in Es-dur, Op. 74. Erster Satz: Poco adagio,
J = 60. Allegro, J = 84. Zweiter Satz: Adagio ma non
troppo, ^ ^ 72. Dritter Satz: Presto, J^ = 100. Piü presto
quasi prestissimo (Alternative in C-dur), ^* = 100. Letzter
Satz: AUegi-etto con Variazioni, J = 100. Un poco piü vivace
(zu Anfang der 6. oder letzten Variation), J « 76. Allegro
(Takt 11 vor Schluss), J « 84.
Quartett in F-moll, Op. 95. Erster Satz: Allegro con
brio, J = 92. Zweiter Satz: AUegretto ma non troppo, J = 66.
Dritter Satz: Allegro assai vivace, J^ = 69. Piü allegro
(24 Takte vor Schluss\ J.= 80. Letzter Satz: Larghetto, J^ = 56.
AUegretto agitato, J. « 92. Allegro (Takt 43 vor Schluss —
im Verzeichniss steht das Tempo: Allegro molto), & = 92.
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Lni.
Ein unvollendetes Quintett.
Im Jahre 1826 erhielt Beethoven von dem Verleger
Diabelli den Antrag, ein Quintett zu schreiben. Ob es, wie
man nach dem Verzeiehniss des musikalischen Nachlasses
Beethoven's (Nr. 173) schliessen muss, ein »Violinquintett«,
oder, wie es im Briefwechsel mit Diabelli heisst, ein »Quintett
für Flöte« werden sollte, ist zweifelhaft. Beethoven ging auf
den Antrag ein und hat die Arbeit ziemlich weit gef&hrt
Ein Satz (Andante maestoso in C-dur) ist sogar fertig und,
leider nicht in der ursprünglichen Gestalt, bei Diabelli u. Comp,
gedruckt worden. (Vgl. Thematisches Verzeiehniss S. 152 und
»Beethoveniana« S. 79.) Die übrigen Sätze waren in den
Skizzen angefangen. Eine der ersten dazu gehörenden Skizzen
Ändaiite zum ötett
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findet sich in einem im Sommer 1826 gebrauchten Tasohen-
skizzenheft, das ausserdem Arbeiten zu den letzten Sätzen
der Quartette Op. 135 und 130 enthält. Später geschriebene
und zahlreichere Skizzen finden sich in einem früher bei
A. Schindler, jetzt in der königl, Bibliothek zu Berlin befind-
lichen kleinen Skizzenbuch. Die ersten 12 Seiten desselben
sind beinahe ausschliesslich dem Quintett gewidmet. Dieser
Anfang (Seite 6)
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523
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scheint ftlr den ersten Satz, dieser (S. 12)
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fllr das Scherzo und dieser (S. 5),
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der später (S. 8) so
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geändert erscheint, für den letzten Satz bestimmt gewesen zu
sein. Von einer Verwendung der Flöte ist in den Skizzen
nichts zu sehen. Es scheint denmach, dass es auf ein Streich-
quintett abgesehen war. Beethoven ist über der Arbeit ge-
storben. Das zuletzt erwähnte Skizzenbuch ist von Seite 13
an leer. Nach der letzten Skizze (S. 12),
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moderaio
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die jedoch nicht zum Quintett zu gehören seheint, ist von
Schindler*s Hand bemerkt: »Dies hier auf dieser Seite sind
die letzten Noten, die Beethoven ungefähr 10 bis 12 Tage
vor seinem Tode in meinem Beisein geschrieben.«
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LIV.
Der erste Entwurf zum Finale
des Quartetts Op. 130.
Bekanntlich wurde Beethoven in Folge der ungünstigen
Aufnahme, welche die ursprünglich das Finale des Quartetts
in B-dur Op. 130 bildenden Fuge Op. 133 bei der ersten
Aufführung (am 21. März 1826) fand, bewogen, ein anderes
Finale zu schreiben. Diese Arbeit wurde begonnen, als er im
Sommer 1826 mit dem Quartett in F-dur Op. 135 beschäftigt
war. Das zuerst dazu bestimmte Thema
Finale in B zum
4(en Quartett
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525
zeigt gar keine Aehnlichkeit mit dem uns bekannten. Ob es
zu bedauern ist, dass jener Ansatz verworfen wurde und
einer andern Arbeit Platz machte? Wenigstens ist ein Keim
zu dem Humor, der sieh im jetzigen Finale entfaltet und
durch den es so einzig da steht, darin nicht zu finden. In
der Uebersohrift hat sich Beethoven verschrieben. Das Quar-
tett in B-dur ist von den letzten sechs Quartetten der Ent-
stehung nach das dritte.
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LV.
Eine Bagatelle in A-moll.
Vor mehreren Jahren ist ein Clavierstüek in A-moll er-
schienen, das im Autograph überschrieben ist: „Für Elise am
27. April zur Erinnerung von L. v. Bthvn." In einer Ausgabe
ist 1808 als das Jahr der Composition angegeben. Worauf
sich diese letztere Angabe gründet, ist nicht gesagt. Haltbar
ist sie nicht.
Ein Bogen enthält auf der ersten Seite und auf den
obersten Systemen der vierten Seite den mit der gedruckten
Form ziemlich übereinstimmenden Anfang und Schluss jenes
Ciavierstücks,
Nr. 12. molto grazioso
ped.
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auf der zweiten Seite eine Bemerkung
Der Tod könnte ausgedrückt um^den durch eine Pause
und Entwürfe zu einem ungedruckten Marsch in F-dur,
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527
auf der dritten Seite und auf den unteren Systemen der
vierten Seite wieder Entwürfe zu jenem Marsch. Dass viel
Zeit zwischen dem Niederschreiben der angefahrten ver-
schiedenen Stellen vergangen sei, ist nicht anzunehmen. Die
zum Clavierstttck gehörenden Stellen können höchstens einige
Monate vor den Entwürfen zum Marsch geschrieben sein.
Letzterer hat in einer Abschrift aus dem Nachlass des Erz-
herzogs Rudolf die Aufschrift: »Marsch für S. K. Hoheit den
Erzherzog Anton von Ludwig van Beethoven 1810 Baaden
am 3ten Sommermonath« (Juni). Die auf der zweiten Seite
vorkommende Bemerkung bezieht sich auf Egmont (vgl Par-
titur S. 71), mit welchem Werke Beethoven im Frühjahr 1810
beschäftigt war. Hieraus ergiebt sich als die Compositions-
zeit des Ciavierstücks die erste Hälfte, genauer (mit Heran-
ziehung des auf dem Autograph angegebenen Datums): der
27. April des Jahres 1810.
Besagter Bogen ist von Beethoven mit andern Bogen, die
ebenfalls Arbeiten zu kleinen Stücken enthalten, zusanmien-
gelegt worden, und hat der erste davon die Ueberschrift »Baga-
tellen« erhalten. Die vorkommenden Stücke sind zum Theil
als Bagatellen (in Op. 119 und 126) gedruckt worden. Die
Bezeichnung des Stückes in A moU als »Bagatelle« ist also zu
vertreten.
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LVL
Skizzen zur Symphonie in C-moll und zu
einigen anderen Werken (Op. 61, 69).
Von den auf vorhandenen losen Bogen und Blättern vor-
kommenden Skizzen zur Symphonie in C-moll sind, ausser den
bereits an einem andern Orte mitgetheilten,*) einige des Heraus-
hebens und der Beachtung werth.**)
Eine in ihrem weitern Verlauf der gedruckten Form nahe
kommende Skizze zum Anfang des dritten Satzes
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zeigt in ihrem Anfang eine auffallende Abweichung von der
gedruckten Form. Der Anfang des Themas ist nach vorne ver-
längert. In Folge dieser Verlängerung macht sich das Takt-
gewicht, welches das Thema mit seinem zu zweitaktiger Glie-
derung geneigten Rhythmus verlangt, gleich beim Eintritt
fühlbarer, als es im Druck der Fall ist. Im Druck erscheinen
die ersten vier Noten des Themas im Auftakt Beethoven hat
♦) S. Beethoveniana S. 10 f. und 62 f.
**) Die meisten von den in diesem Artikel benutzten Blättern be-
finden sich in der königl. Bibliothek zu Berlin.
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529
ispftter die in der Skizze stehenden Vortakte vielleicht aus dem
Grunde entfernt, weil sie, als ein unnöthiger Ballast, als nicht
wesentlich zum Thema gehörend und ausser ihm stehend, das-
selbe in seiner melodischen Bildung beeinträchtigt haben wür-
den. Bei der ersten Wiederholung des Themas nach dem
Trio lag die Sache anders. Hier ist einer von jenen Vor-
takten stehen geblieben.
Ursprünglich sollte der dritte Satz so
t=j^ -rit-t-
schliessen, und sollte der vierte Satz ohne Ueberleitung ein-
treten. Diese Ueberleitung, welche also später ins Auge ge-
fasst wurde, ist wiederholt und verschieden entworfen worden.
Hier einer der ersten Entwürfe dazu.
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Von den später versuchten Fassungen legen wir diese
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*) Die letzte von diesen Stellen ist einer Skizze entnommen, welche
vom 2. Theil des Trios des 3. Satzes bis weit in den 4. Satz hinein reicht
und, mit Ausnahme eines Theils der oben ausgezogenen Stelle, fast ganz
und im Wesentlichen mit der gedruckten Fassung übereinstimmt. Daraus
ist zu schliessen, dass, als die Skizze geschrieben wurde, die ganze
Symphonie in ihren Hauptzngen fertig skizzirt war.
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530
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Dieser Entwurf
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scheint zur zweiten Ueberleitung (inmitten des letzten Satzes)
zu gehören. In allen diesen Skizzen ist von dem Orgelpunkt
auf Quint und Ootav, den Beethoven in der Partitur vor dem
Finale angebracht hat, nichts zu sehen. Erst ganz zuletzt ist
Beethoven auf die jetzige Fassung gekommen, und es ist mög-
lich, dass er, als er das Werk in Partitur schrieb, noch aa
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531
der Stelle änderte. Diese Möglichkeit wird aus dem zunächst
Mitzutheilenden von selbst hervorgehen. Damit haben wir den
Beweis, dass die mehr eigenartig als schön zu nennende lieber-
leitung zum letzten Satz nicht ein Werk der ersten Gonception^
vielleicht das Ergebniss späterer Reflexion war.
Auf dem obersten und untersten System der ersten zwei
Seiten eines ursprtLnglich zur Partitur der C-moll-Symphonie
bestimmten Bogens steht eine der 1. Violine •
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erese.
1
und eine dem Gontrabass zugedachte Stelle aus der Ueber«
leitung vom dritten zum vierten Satz der Symphonie. Die
Stelle des Gontrabasses stimmt mit dem Druck überein, die
der 1. Violine aber nicht. Warum Beethoven den Bogen ver-
warf, wissen wir nicht. Man kann vermuthen, er habe sich
verschrieben, oder es sei ihm eine andere Fassung der Stelle
eingefallen. Wir nehmen das Letztere an. Später fand der
Bogen eine andere Verwendung. Auf der dritten Seite des-
selben stehen 29 Takte aus dem letzten Satz der 6-moll-
Symphonie von Mozart Diese Nachbarschaft ist eine Ver-
rätherin. Sie verräth, dass die ersten neun Noten des Themas
des dritten Satzes von Beethoven's G-moU-Symphonie, der Ton-
folge (nicht dem Rhythmus und der Tonart) nach, ganz die-
selben sind, wie die ersten neun Noten des Themas des letzten
Satzes von Mozart's G-moU-Symphonie. Ob Beethoven die
Aehnliohkeit bemerkt hat? — Femer finden sich auf den mitt-
leren Systemen der 2. Seite jenes Bogens, also zwischen den
zur Ueberleitung vom dritten zum vierten Satz der G-moll-
Symphonie gehörenden Stellen, Entwürfe zur Gomposition des
Goethe'sohen Liedes »Sehnsucht«: (»Nur wer die Sehnsucht
kennt«). Einer dieser Entwürfe
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532
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betriflft die zweite von den vier zu jenem Liede componirten
und herauBgekonunenen Melodien. Dieses Zusammentreffen
trägt zu einer genaueren Bestimmung der Gompositionszeit der
C-moU-Symphonie bei. Die vier Melodien waren nach dem
dem Originalmanusoript beigefügten Datum, am 3. März 1808
fertig. Jener Entwurf muss früher geschrieben sein, da in-
zwischen noch die dritte und \ierte Melodie des Liedes ge-
schrieben werden mussten. Als der Entwurf geschrieben wurde,
war, wie aus jenem Zusammentreffen hervorgeht, die Sym-
phonie in den Skizzen ganz, in der Reinschrift bis zu Ende
des dritten Satzes fertig. Berücksichtigt man nun, dass einige
Zeit zwischen der Ausscheidung jenes Bogens und der Rein-
schrift der vier Melodien vergehen musste und dass nicht sehr
viel Zeit vergehen konnte, bis das Finale der SjTnphonie in
Partitur fertig geschrieben war: so wird man nicht anstehen,
die Beendigung der C-moll-Symphonie spätestens in den März
1808 zu setzen. Die Möglichkeit, dass sie schon 1807 fertig
vnirde, ist damit nicht ausgeschlossen. Das Ergebniss, zu
welchem andere Skizzen geführt haben (vgl. »Beethoveniana«
8. 16 u. 69), lässt sich mit dem hier gewonnenen in Einklang
bringen.
Skizzen zur Symphonie in C-moll treffen einerseits zu-
sammen mit Skizzen zum Violinconcert, andererseits mit Ar-
beiten zur Sonate für Pianoforte und Violoncell in A-dur.
Elinige zusanmiengehörende Bogen bringen auf einer Seite
zuerst einen abgebrochenen Entwurf
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533
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zum Anfang des ersten Satzes der Symphonie in G-moU und
gleich darauf Entwürfe
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zum ersten Satz des Violineoncertes, zwischen denen auch das
Thema
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des letzten Satzes desselben Werkes zum Vorschein kommt.
Auf zwei andern zusanmiengehörenden Bogen erscheinen
zuerst Entwürfe
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zum letzten Satz der Sonate fttr Pianoforte und Violoncell in
A-dur und dann der gedruckten Form nahe kommende Entwürfe
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534
U. 8. H^.
zum zweiten Satz der Symphonie in G-molL
Das Yiolineonoert, das, wie die Skizze zeigt, damals noch
Bieht weit gediehen war, war, nach der Uebersohrift des Auto-
^aphs, im Jahre 1806 fertig und soll, nach einer Angabe
€. Czemy^s,*) »in sehr kurzer Zeit« componirt worden sein.
Die Sonate Op. 69 wurde begonnen 1807 und war im Anfange
des Jahres 1808 fertig. Die ersten Züge zur Symphonie in
O-moU geschahen, so viel bekannt ist, im Jahre 1803. Fertig
war sie, wie vorhin angegeben, spätestens im März 1808.
Beethoven hat also mehrere Jahre und, wie die Skizzen er-
geben, mit Unterbrechungen daran gearbeitet.
Als beaohtenswerth ist noch anzufahren ein früherer
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fTr<r i frrr i f'r i r^f'nrfff i riMi
und ein späterer Entwurf
Scherzo
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Vctt
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zum Scherzo der Sonate Op. 69. Beide abgebrochene Entwürfe
kommen wieder auf andern Blättern vor.
♦) Pianoforte- Schule, 4 Theil, S. 117. Bei der von Caerny aa-
gegebenen Jahreszahl (1808) ist wohl ein Druckfehler anzunehmen.
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Lvn.
Skizzen zur »Adelaide<^ nnd zu einigen
andern Stacken.
Auf einem in der königl. Bibliothek zu Berlin befindliohea
Blatte finden Bioh Entwürfe zum Reeitativ des Bttrger'sehen
Liedes «Seufzer eines Ungeliebtem
ntf'^''>tm ': ^ ii V'f-f'^- \ 'r :^
r < vr rW^J:f=^i:i-f[U-iHt^
und zu den ersten zwei Sätzen des Sextetts fbr Streichinstru-
mente und Homer in Es-dur Op. 81^.
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536
Erstere Entwürfe kommen der gedruckten Form wenig, letz-
tere sehr nahe. Ferner finden sieh auf einem im Archiv dei^
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrten Blatte
Entwürfe zu dem Schluss des zu jenem Bürger'schen Liede
gehörenden Liedes »Gegenliebe«
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Gegengunst
und zur »Adelaide«.
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Aus der Beschaffenheit dieser Skizzen geht hervor, dass das^
Lied »Gegenliebe« damals bald fertig, die »Adelaide« jedocb
erst im Entstehen begriffen war. Da nach andern Ermittelun-
gen die Compositiön, d. i. die Vollendimg der »Adelaide« in die
erste Hälfte des Jahres 1795 zu setzen ist, so ist als die wahr-
scheinliche Compositionszeit der andern in den Skizzen l)e-
rührten Stücke, nämlich des Sextetts Op. 81^ und des Doppel
liedes »Seufzer eines Ungeliebten und Gegenliebe«, eine etwa»
frühere Zeit, also 1794 oder Anfang 1795 anzunehmen.
Skizzen zur »Adelaide« finden sich nur auf einzehien zer-
streuten Blätteni. Die meisten Skizzen sind kurz. Von den
grösseren ist eine auf den ganzen zweiten Theil sich beziehende
die anziehendste*).
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*) Die Skizze befindet sicH im brittischen Museum.
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537
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Die Skizze ist eine von den zuletzt geschriebenen und ohne
Text. Letzterer lässt sich aber leicht unterlegen. Skizze und
Druck treffen bei den Hauptpunkten zusammen und gehen
dann wieder auseinander, Man wird_ bemerken, dass. in der
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538
Skizze das Vorspiel ohne Auftakt erscheint. Von den andern
Abweichungen lassen sich folgende hervorheben. Die gleioh
nach dem Vorspiel eintretende Melodie ist im Druck um einige
Takte verlängert worden und hat dadurch mehr Schwung be-
kommen. Am Sohluss dieser Melodie und im weiteren Verlauf
leidet die Skizze an einigen Wiederholungen, die im Druck
vermieden sind. Die in der Skizze im 13. Takt eintretende
Phrase wird nach vier Takten mit unwesentlicher Aenderung
auf gleicher Stufe wiederholt; im Druck erfährt sie bei der
Wiederholung eine eingreifende Aenderung. Im 33. und 34.
Takt der Skizze wird eine Stelle vom Pianoforte in derselben
Lage gebracht, in der sie vorher vorkommt; im Druck wird
sie bei ihrer Wiederholung eine Quarte höher gelegt. In der
Stelle in B-moU werden in der Skizze (Takt 52 f.) einige
Schritte unverändert, im Druck variirt wiederholt. In Folge
dieser und anderer kleinen, feinen Aenderungen, welche der
Druck aufweist, sind die Mittelpartien mehr herausgehoben
worden und hat das Ganze mehr Colorit bekommen. Der
Schluss ist im Druck neu componirt, und nur die letzten Noten
der Skizze sind beibehalten. Die Aenderungen sind ein Be-
weis, wie streng Beethoven bei der Arbeit war. Sie sind von
der Art, dass man der Ansicht wird, Beethoven habe sich
dabei weniger von der freien schöpferischen Phantasie, als
von dem, was man im engeren aesthetischen Sinne Geschmack
nennt, leiten lassen.
Erwähnenswerth sind auch zwei Stellen, welche auf einer
leer gebliebenen Seite des Manuscriptes der ungedruckten,
spätestens 1797 entstandenen Variationen für Blasinstrumente
Aber ein Thema aus :»Don Giovanni« sich verzeichnet finden
und von denen eine
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auf die »Adelaide«, die andere
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539
auf das Lied »La partenza« zu beziehen ist. Für eigentliche
Skizzen kann man die Stellen nicht nehmen. Daftlr sind sie
zu kurz; auch spricht ihr vereinzeltes Vorkommen dagegen.
Die erste Aufzeichnung lässt sich als die nachträglich versuchte
Aenderung einer früher anders lautenden Stelle betrachten. In
den Druck ist die Aenderung nicht übergegangen. Wenn man
der andern Stelle, wie sie oben notirt ist, die dazu gehören-
den Worte
lo vivrö sempre in pene,
io non avrö piü bene.
unterlegt, so kommen zwei Fehler zum Vorschein. Der erste
Fehler, ist, dass die zweite Sylbe des Wortes vivrö ein
schlechtes Taktglied bekommt; der andere, dass das Wort
non auf eine gute Taktzeit fällt und daher, den andern
Worten gegenüber, zu sehr betont ist Beide Fehler sind im
Druck vermieden, und gewiss war Salieri an deren Beseitigung
betheiligt. Vgl. »Beethoven's Studien«, L 227.
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LVIII.
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1824.
Dasselbe befindet sich, einem andern Hefte beigebonden^
in der königl. Bibliothek zu Berlin und besteht aus 30 Blättern
in Querformat mit theils 12, theils 16, theils 8 Notenzeilen
auf der Seite. Die nicht nur in der Rastrirung, sondern auch
in der Farbe des Papiers verschiedenen Blätter waren, bevor
sie, ohne Zweifel von Beethoven selbst, zu einem Hefte ver-
einigt wurden, an mehreren Stellen beschrieben. Dieser Um-
stand macht es rathsam, die vor der Heftung und zu verschie-
dener Zeit geschriebenen Skizzen und Aufzeichnungen von den
nach der Heftung und in chronologischer Folge geschriebenen
in der Betrachtung zu trennen.
Als der früheren Zeit angehörend sind zu erwähnen: ein
Entwurf zum ersten Satz der neunten Symphonie; Andeutungen
4 Bände in 8va
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wieder die
tmtem
2 Hände
etc.
H^ftl l ü/J^P
zu einem vierhändigen Clavierstüok;*) Reihen von Sext- und
Quartsext-Aecorden u. dgl. und (auf der andern Seite) eine
*) Die Arbeit, zu der Beethoven hier ansetzt , ist nicht zur
Ausführung gekommen, wenn auch in Briefen wiederholt von einer
solchen die Bede ist. L. Nohl (Biogr. ni, 855) erwähnt eines am
7. August 1819 von Beethoven geschriebenen Briefes, in dem es sich
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541
^on fremder, anscheinlich von eines Knaben Hand geschriebene,
den Quintsext-Accord betreflFende Uebung aus Tllrk's »Kurze
Anweisung zum Generalbassspielen« (1. Ausg., § 132, S. 181)*);
ein Ansatz
Messe aus cis-moll
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JUt JIJ j
f
do
na do -na no - bis pa-cem
^—twr F
do - na
zu einer dritten Messe; ein mit der gedruckten Form nicht
ganz übereinstinmiender Entwurf
IT Oig Flam-me 'w
um eine vierhändige Sonate in F handelt. Dass die obige Skizze nicht
dieser Sonate gelten kann, geht aus der Verschiedenheit der Tonarten
hervor. Die Tonart der Skizze ist entweder Es-dur oder £-dur. Schindler
theilt mit (Biogr. 11, 95), Beethoven habe i. J. 1824 von dem Verleger
Diabelli den Antrag erhalten, eine vierhändige Sonate zu schreiben und
Beethoven habe diesen Antrag angenommen. Am 24. August 1824 schreibt
Beethoven an Diabelli u. Comp.: »Es war mir nicht möglich, Ihnen
eher zu schreiben. Sie wünschen eine^ grosse 4 händige Sonate. Es
liegt zwar nicht in meinem Wege d. g. zu schreiben, aber ich will
Ihnen gern meine Bereitwilligkeit hierin zeigen, und werde sie schreiben.«
In einem späteren Briefe an die Verlagshandlung schreibt Beethoven,
sie würde »die 4 händigen Sonaten ganz gewiss« von ihm erhalten.
Dem Verleger Schlesinger schreibt Beethoven am 15. Juli 1824 von einer
vierhändigen Ciaviersonate. Dass Beethoven im Sinne hatte, ein solches
Werk zu componiren, kann demnach nicht bezweifelt werden. Ausser
der oben mitgetheilten Skizze findet sich aber in den uns bekannten
Skizzenbüchem aus der späteren Zeit nichts, was auf eine solche Com-
Position bezogen werden könnte.
*) Das Blatt, das diese Aufzeichnungen enthält, war offenbar ur-
sprünglich für den Unterricht bestimmt. Der Schüler war Beethoven's
Neffe, Karl, und der Lehrer war der Oheim selber. Die Seite, auf der
die von Beethoven geschriebenen Accorde stehen, erscheint verkehrt ein-
geheftet, so dass man, wenn man sie lesen will, das Heft umwenden muss.
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542
ti'JiU' \ iii , i \ i ;ijiiiM^^ m
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J^^"r|rr;rnj-Irrf fiKrlrJLj^
U. 8. "W.
zum Opferlied Op. 121b; ein Entwurf
n^l jlTTP^J' J1 J- J' J. ;■ I J /J ^^
\^ V-> v^— Vi/ — v^
XL 8. W.
zum Anfang desselben Liedes, aber ohne Text und mit
metrischer Bezeichnung, wobei zu bemerken ist, dass letztere
zuerst hingeschrieben wurde und dass es diesem Umstände
zuzuschreiben ist, wenn, wie man es an einigen Stellen in
dem mitgetheilten Bruchstück sehen kann, das Zeichen der
Kürze nicht inmier an der richtigen Stelle angebracht ist; einige
Versuche
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im FünMerteltakt; Entwürfe
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U. 8. W.
ZU einer Bach-Ouverture; ein mit der gedruckten Fassung nicht
ganz übereinstimmender Entwurf
Presto
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IB^
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sempre forte aussi d^apres du chani
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543
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u. B. w.
zum Bandeslied Op. 122; endlich wieder ein Ansatz (inDes-dur)
4^L^-J^
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i-U M-i
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ZU einem ftlr die dritte Messe bestimmten Dona nobis pacem.
Die nach der Heftimg geschriebenen und ins Jahr 1824
zu setzenden Skizzen betreffen ausschliesslich Compositionen
für Streichquartett. Zuerst (S. 1 bis 42) erscheinen Skizzen
zum dritten Satz des Quartetts in Es-dur Op. 127. Die ersten
Skizzen sind auf die Bildung des Hauptthemas gerichtet. Sie
sind kurz, sind flüchtig geschrieben und geben kein deutliches
Bild. Das in ihnen gewählte Motiv zeigt wohl hin und wieder
eine Aehnlichkeit mit dem in der gedruckten Partitur vorkom-
menden, jedoch erscheint es auch anders. Der Vordersatz des
achttaktigen Themas bewegt sich zwar ungefähr eine Octave
aufwärts, der Nachsatz abwärts, und ist letzterer wenigstens
in einer Skizze einer andern Stimme übergeben als ersterer,
jedoch wird der Nachsatz nicht, wie es in der Partitur der
Fall ist, durch Umkehrung des Vordersatzes gewonnen. Dieser
Schritt gesbhieht erst später (S. 32).
Gleieh darauf wählt Beethoren
f~7~"* "g^giiL 7 *77-|-J~71 j "•'
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544
die Tonart der Parallele zur Aafstellung des Themas, und
hier (S. 34)
^M'. rp\^
eij^rir?
^
^
U. 8, W.
erscheint letzteres in der Lage, in der es im Druck gebracht
wird. Es scheint also, dass Beethoven erst im Verlauf der
Arbeit auf den Gedanken kam, das Mittel der Umkehrung zur
Bildung des Nachsatzes anzuwenden und letzteren einer andern
Stimme zu übergehen.
Einige der später geschriebenen Skizzen bringen Erschei-
nungen, die über das in der Partitur erreichte Ziel hinaas-
gehen. So ist z. B. in einer auf vier Systemen geschriebenen
Skizze (S. 42) jedem der vier Instrumente theils ein eig'enes
Motiv, theils eine besondere Notengattung übergeben, die es
acht Takte hindurch beibehalten und fortführen soll. Die erste
Violine bekommt in jedem Takt
^-r\^-f-
^
eine Viertelpause und eine Halbnote, die zweite Violine hat
1r
^^P
^
9=
eine aus dem Hauptmotiv entstandene Klausel, die Viola
bekommt durchweg Viertel- und das Violonoell Achtelnoten.
Dabei stehen folgende Bemerkungen:
alle 4 Stimmen auf eine jede un dlirum cantum —
bei jeder Wiederholung alle 4 St, umgewandt.
Wenn Beethoven unter dem letzten Worte, wie wir annehmen,
verstand: versetzt oder verwechselt (nicht: mit oder ohne Ver-
wechslung der Stimmen in Gegenbewegung aufgestellt), so
hatte er es auf den vierfachen Contrapunkt abgesehen.
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545
Etwas räthselhaft sind die rhythmisohen Versuche, welche
Beethoven (S. 42) in vier abgehrochenen Skizzen
prtmo
tii;lr r H^ rlr r crlr rglr r g I
(?)
prtmo
m
;sz==5z=:z52==;;sE
^^
r-rr-w tu 1 1^
forse Triolen
2do primo l^o
2do
Coda
oder
i r^ I rlftDi/lr r l Jihrtg
etc.
mit einem Motiv anstellt. Sie können nur der Stelle kurz vor
Eintritt des Trios (Presto) und der Coda gelten. Jedoch ist
anzunehmen, dass die Umgebung, in der sie sich Beethoven
dachte, damals eine andere war, als auf die wir sie jetzt be-
ziehen.
Inmitten der Entwürfe zum Quartettsatz finden sich (S. 3
bis 43) Entwürfe zum zweiten Satz desselben Quartetts, über
welche bereits anderwärts berichtet ist*), und (S. 9) zwei
Choralzeilen, von denen eine
/ a
H^
— I-
1^'
p
=9=
— ^i
=F
— f—
— t"
=b=
-4q
=^
A...
-J—\
SL
— äL
^
— «^
=^
nicht figurirt, die andere etwas figurirt ist. Der Gedanke,
mit dem sich Beethoven in diesen letzten Ansätzen beschäftigt,
ist bald darauf in anderer Weise zur Ausführung gekommen.
*) Siehe den Artikel XXII.
35
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546
Später (S. 43 bis 55) ersoheinen Elntwürfe zum letzten
Satz des Quartetts Op. 127. Das Thema hatte anfangs, wie
diese, zwei Skizzen zeigen,
/>: rJ t\ ^ »J|JpiJ jip^p^ ^
^tc.
fJ ^U: \ i;^f tifflsTi^ J^J^ I j j J ^
^
771 I -J FP n ^
^
1
i Lo #
mj r ' ^ dLr^'^dll
TP !^ \ rj\f^
m
eine kürzere Fassung, als es jetzt hat. Anführen lässt sich
noch eine verworfene, ursprünglich zur Mittelpartie desselben
Satzes bestimmte Skizze (S. 53)
fjzrr r r
ttefj>üaF|frii
^pyl» | rj»toriir
=^^
und ein Entwurf (S. 54),
'■^- i i i ^ I g^^XTüU-^ J jl J ^ •' j
^rr i r.!^^f,rsf^ff i _. ^
dessen Fassung mit einigen Aendenmgen beibehalten wurde.
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547
Bald nach Beginn dieser Arbeit geschahen auch die ersten
Züge zam ersten Satz des Quartetts in A-moU Op. 132. Zu-
erst wird zum Hauptthema angesetzt. Auf die Bildung des-
selben sind mehrere, meistens abgebrochene Skizzen gerichtet,
z. B. diese
^^"^^iJtfiJ jftjg' ^ r Mr^ ^
2ter Theil
mit einer später geschriebenen Variante,
+
qj j j:3 j O S
dann diese (S. 46),
^^^^^
diese (S. 46)
^^ "•
diese (S. 47)
J f-' J^j i J"pi7;r r"f>>f^
und diese (S. 57).
j:3 f^ "^ I J itJ J I ^^ r r gl^ ^
F^T-pr
^S^ i r r ^N^
( ? )
^
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35*
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548
Ansätze, die auf die Einleitung bezogen werden können, finden
sieh Wer (S. 52),
^ I J. J' J? : ^!^
hier (S. 56)
SX^ttn^^
r ' iilVJ
^
^
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n
fe
Äi
g tfii | J||jM r;rTT y-tr-r
und hier (S. 57),
=«——«►
^
Efe
WO das gesuchte Motiv gefunden ist. Zur Auffindung desselben
können andere Skizzen beigetragen haben. Hiervon später.
Aus den übrigen Skizzen heben wir eine (S. 57) aus
1 ^J.5rTrlF
^
l> h
^
wegen ihres Beethoven'schen Zuges und weil man in ihr das
Embryo zu einer in der Partitur ganz anders gefassten Stelle
(Takt 10 bis 12) des Allegros sehen kann.
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549
Nun wird auch bald zu andern Sätzen desselben Quartetts
umgesetzt Der letzte Satz sollte ursprünglieh diesen Anfang
(S.49)
,i.MJT77 '>pfrrr T^^N r[^
U. 8. W.
bekommen. Gleich darauf (S. 49)
8 .-.-^
( ? ■ )
^^^^^^^^^^^^
f^- i r .rp I J B^ u
erscheint das wirklich gewählte Thema, jedoch mit merklichen
Abweichungen von der gedruckten Form.*) Dieser Anfang (S.50)
marcia serioso paihet (?)
^J^ i Jji ;-j|fj^ "-^p
fi \ ^ Jli1
war dem zweiten und dieser (S. 51)
3ies Stück
i-t-4 i-fV-^
rt f^ i f . f^
S
fgi|fgf[i", ll ny)! pf ^ „ . ,
*) Eine früher geschriebene Skizze, welche Anklänge an das Thema
enthält, ist S. 180 angeführt.
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550
dem dritten Satz zugedacht. Der ersten Intention naeh soUte^
al0O, so ist aus den Skizzen zu entnehmen, das Quartett aus
vier Sätzen bestehen.
Noch ist von einer Erscheinung Eenntniss zu nehmen.
Unmittelbar vor und nach der zuerst mitgetheilten Skizze zur
Einleitung des Quartetts in A-moU ist (8. 52)
'^^^m^sf^tm^w
ein Fugenthema in zwei verschiedenen Fassungen verzeichnet,
und zwar stehen diese drei erwähnten Skizzen im Baume
dreier Notenzeilen übereinander. Dasselbe Fugenthema wird
bald darauf (S. 53)
Thema
1 ncmu p—fM
nochmals in anderer Lage aufgestellt. Das skizzirte Fugen-
thema kann für keine der Arbeiten, die Beethoven damals
vorhatte oder an die er denken konnte, bestimmt gewesen
sein. Wir müssen also jene Skizzen, wie so manche andere,
flir Aufzeichnungen halten, die vor der Hand keine Bestim-
mung hatten. Unbenutzt liegen geblieben sind sie aber nicht
Es ist aus ihnen später das Thema der Quartettfuge Op. 133
hervorgegangen. In den diese Fuge betreflFenden Skizzen wird,
das Thema zuerst in einer Fassung
^
m
Ö
aufgestellt, die über dessen Abstammung und ttbei- die Herüber-
nahme aus dem vorliegenden Heft keinen Zweifel lässt. Sp&ter
wird es so
s
fe
ä
^
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551
und 80
^^
SS
und nooh anders verändert, bis die endgiltige Form gefunden
ist*). Aber auch aus der Nähe, in welcher in vorliegendem
Heft die Skizzen zum Fugenthema zu der Skizze zur Einleitung
des A-moll-Quartetts stehen, lässt sich ein Ergebniss ziehen.
Es ist wahrscheinlich und wird fast zur Gewissheit, dass Beet-
hoven aus den Skizzen zum Fugenthema das aus vier Ganz-
noten bestehende Motiv geschöpft hat, mit dem der erste Satz
des Quartetts in A-moll eingeleitet wird und das auch später
darin zur Verwendung kommt Von jenen Fugenskizzen wäre
also eine zweifache Wirkung ausgegangen.
Keiner der im Skizzenheft bertthrten Quartettsätze hat
darin seine endgiltige Fassung gefunden; sogar deren Haupt-
themen sind nicht alle endgiltig festgestellt; länger fortgespon-
nene Skizzen konunen wenig vor; und unter den nach der
Heftung geschriebenen Skizzen findet sich keine, die nicht als
eine Quartettarbeit gedeutet werden könnte. Mit diesen Er-
scheinungen macht das Heft den Eindruck, dass es Beethoven
vor AUem auf rasche Conception, auf das Hinwerfen einer
Anzahl Skizzen ankam, die nöthig waren, um den Grundstock
zu mehreren Quartettsätzen zu bilden, und deren weitere Aus-
führung einer späteren Zeit überlassen wurde.
♦) Siehe Artikel I.
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LIX.
Ein Skizzenheft aus dem Jahre 1816.
Dasselbe befindet sich, einem andern Hefte beigebunden,
in der königl. Bibliothek zu Berlin, ist in Querformat, besteht
aus 16 Blättern und hat auf jeder Seite 16 Notenzeilen. Ur-
sprünglich war das Heft grösser; es fehlen Blätter. Aach
mögen die zwei ersten Blätter ursprünglich nicht dazu gehört
haben. Ein chronologisches Ergebniss ist aus dem Hefte nieht
zu ziehen.
Zuerst (S. 1) erscheinen Skizzen
Marsch .... für die . . .
>r 7 ;g J j-U-jg^ ^
IBl
^^
^
¥
tromhe
u. 8. w.
ZU einem Marsch, dessen Bestinmiung unbekannt ist. Die
dann folgende Arbeit (S. 5 bis 31) betrifft fast ausschliesslich
den zweiten und dritten Theil des letzten Satzes der Sonate
für Oavier in A-dur Op. 101. Angefangen wurde dieser Satz
in einem an anderer Stelle beschriebenen Skizzenbuche.*)
*) Siehe Artikel XXXV. Die Sonate Op. 101 zeigt im Autograph
das Datum »1816 im Monath November« imd erschien im Stich im
Februar 1817. Diese Daten können hier wiederholt werden, weil Thayer
im dritten Bande von »Beethoven's Leben« (S. 382) die unrichtige An-
gabe, die Sonate sei am 15. (18. Februar? — Thayer giebt den Monat
nicht an) 1816 öffentlich geispielt worden, aufrecht hält. Urheber dieser
Angabe scheint Schindler (Biogr. I. 240) zu sein.
A
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553
Jedoch Bohliessen sieh die hier und dort vorkommenden Skiz-
zen nicht aneinander an. Zwischen beiden Heften mass eines
liefen, das zur Ausbildung des ersten Theils jenes Satzes ge-
dient hat. Ein grosser Theil der im vorliegenden Heft vor-
kommenden Skizzen gilt dem Fugato. Das zu Gi-unde liegende
Thema erscheint in verschiedenen Fassungen, z. B. hier (S. 5) so,
j'ijjffjijTj i j_^rsiJJ^"J i j] J^
hier (S. 5) so,
Fug
^
hier (S. 5) so
P
P ir
"^'Jin
H— « " rf 7 — U. 8. w.
und hier (S. 11) so.
tr
^
jg^ i -tu- i j[^ i ^u-i^J3
f j]^ jr^ i> I n^i I r ^ "• '■ -
Nach der ersten der hier mitgetheilten Skizzen scheint es, dass
das Fugato ursprünglich in einer der Oberstimmen (also zwei
Octaven höher, als im Druck) begonnen werden sollte. In
Betreflf der zweiten Skizze, wo das Thema in einer andern
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554
Tonart (D-dur) auftritt, ist zu bemerken, dass Beethoren an-
fangs daran dachte, auch in der Coda des Satzes ein Fu^ato
anzubringen. Wo dieses Fugato beginnen sollte, kann man
bei dieser Skizze (S. 6) sehen.
f^ i ^ & \ [iL: \ m
In andern Skizzen werden Engftlhrungen gesucht, und am
Sohluas dieser zum Ende des zweiten Theils gehörenden Skizze
(S. 27)
Emoll
^
Tt
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-^[TTii^Jir
^^^^^
1/
^
jj i j j i >H^fj-'H-^HHr
5&= i>. c.
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555
ist es auf eine Yergrösserung des Hauptmotives abgesehen,
von der wenig in den Druck übergegangen ist. Auf andere
Stellen sich beziehende Skizzen können wir übergeben. Die
Skizzen nähern sich allmählich der endgiltigen Form, und es
scheint, dass die Arbeit zu dem Satze im vorliegenden Hefte
ganz zu Ende geführt wurde.
Anzufahren ist noch ein zwischen den Skizzen zum Sonaten-
satz (S. 32) vorkommender Ansatz mit einer Bemerkung,
m
Öt
? ^ ?
tMC
M
Christ ist
^ erstanden
:r . Variationen
bei der Beethoven an eine Form dachte, die ungefähr 8 Jahre
später im Quartett in A-moll zur Anwendung kam, und (S. 32)
ein Ansatz
r rrU^y-^-^
»
U. 8. W.
mit ^Stimmen
Lisch aus, mein Licht, sonst hast du lu - stig auf-ge-hrmmt
zu dem Liede »ßesignation«, aus dem hervorgeht, dass Beet-
hoven dasselbe anfangs mehrstimmig behandeln wollte.
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LX.
Entwürfe zu Clärchens Liedern.
Eine ziemlich beträchtliche Anzahl meistens auf einzelnea
Blattern vorkommender Skizzen giebt Gelegenheit, den Weg
zu beobachten, den Beethoven bei Composition der Lieder
Clärchens nahm. Am meisten nimmt das erste Lied uni&er
Interesse in Anspruch.
Die Arbeit beginnt mit der Vornahme einzelner Text-
abschnitte und kommt in den ersten Skizzen^ z. B. in dieser,
pl[r^r^ ^^ ftJ^n[m^Wj w
Die Trommel ge-rühret
über eine prosodische Behandlung des Textes nicht hinaus.
Eine Wortmelodie wird gesucht, und ein Streben nach volks-
thümlicher Fassung, nicht nach Charakterisirung ist bemerkbar.
Diese dedamatorische, die einfachste Liedform anstrebende
Behandlung des Textes wird aufgegeben. Beethoven tritt dem
Inhalt des Gedichtes und damit der Situation näher. Er geht
auf den Sinn einzelner Wörter und auf ein Ausmalen derselben
ein. Die Trommel
^n,'rWl.
j' ^ J> j
i^P
Die Trommel ge-rüh'ret, das u. s. w.
;;z=i5z=
Digitized by
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557
wird ins Spiel gebracht, ein marsohartiger Zwisohensatz
np^t , ti^^ \ ^^^f \ nr,
wird aufgestellt und bald gesellt sieh aueh das Soldatenpfeif-
chen hinzu. Diese in kurzen und abgebrochenen Skizzen
niedergelegten Vorbereitungen führen zu einer grossen Skizze,
'>v ^ I r^-T-l^ J' ^ J' j m
Die Trom-mel ge - rührt
^^
tZZIÄ
^
das Pfeif' chen ge- spielt
mem
tijri. ^^^' h:^ ^^1 J| P-T^^
Lieb-ster
die Laii'Ze
die
tutti
LeU'te
wie klopft
wie
tutti
wallt hatt
folgt ihm zum Thor^naus
mit
jj^Ji^ ^
^ ^ ^ -
m
mu - thi - gern Schritt
Digitized by
ging
Google
558
nrrrj' i' fii j^..'j' J' M' ^
durch die Pro-vm-zen
ging ü - ber-all mit
{tutti)
rppr^p 'nr'F/r^^E/ ^Tg^pj' i
welch
g ^J J' Jinih-jh]j-Jj | g 1?' p J^ J: J|
Glück oh - ne Gleichen ein
=#=*
^
^^
^
^
; sempre diminuendo
ein MannS'hild
in der alle Elemente der Tonmalerei, die das Gedicht bieten
konnte, vereinigt sind. Beethoven hat des Dichters Worte
wörtlich genommen- Das unschuldige Bttrgermädohen hat gieh
emanoipirt. Man sieht sie schreiten, marschiren, und sie sin^
ein mit allem Zubehör ausgestattetes munteres Soldatenlied.
Diese realistische Auffassung macht einer idealistisoben
Platz. Beethoven fasst das Bild Clärchens in den weitesten
Rahmen und, von der nächsten Umgebung absehend und den
dunkeln Hintergrund der Dichtung im Auge, giebt er ihm
einen düstern Zug. Clärchen, das Schicksal ihres Geliebten
ahnend, singt kein munteres Lied mehr. An die Stelle der
bisher vorherrschenden Durtonarten (B-, G- und D-dur, — nur
eine kleine Skizze hat H-moll) tritt eine Molltonart (F-moU),
und bei dieser wird geblieben. Aus den dieser Auffassung
angehörenden Skizzen ist die gedruckte Fassung hervo^e-
gangen*).
Die Composition des Liedes hat also drei Stadien durch-
laufen. Beethoven ist von einer lyrischen Behandlung der ein-
fachsten Art ausgegangen, hat dann ein dramatisch ausge-
stattetes Charakterlied aufgestellt und ist schliesslich auf eine
*) Später geschriebene, der gedruckten Form entsprechende Skizzen
finden sich in einem Skizzenheft aus dem Jahre 1810. Siehe den
Artikel XXX.
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559
symboligehe Darstellung geftlhrt worden. Man hat die Auf-
fassung, zu der Beethoven gelangt ist, getadelt und gesagt,
das Lied sei nicht einfach genug, sei zu opernmässig behan-
delt, sei für das Schauspiel viel zu sehr geschmückt u. s- w.
Wie dem nun auch sein mag: aus den Skizzen ergiebt sich,
dass die getadelte Auffassung das Resultat verschiedener Ver-
suche war und dass zu den von Beethoven verworfenen Auf-
fassungen eben diejenige gehört, aufweiche in jenen Einwürfen
als die richtige hingedeutet wird. Nach diesem £rgebnis8
kann nicht bezweifelt werden, dass Beethoven das Lied mit
Absicht so componirt hat und dass er die von ihm gewählte
Auffassung für die geeignetste hielt. Man muss das Lied
nehmen, wie es ist. Es ist ein echt Beethoven'sohes Produkt.
Ist das Lied fehlerhaft aufgefasst, so ist der Fehler in der
subjectiven Natur Beethoven's, in seiner Neigung zu charak-
terisiren und zu symbolisiren zu suchen.
Die Skizzen zum andern Liede Clärchens bieten eine Er-
scheinung, die der bei dem ersten Liede beobachteten fast
entgegengesetzt ist. Beethoven hat sich gleichzeitig mit zwei
verschiedenen Bearbeitungen getragen, und scheint ihm die
Wahl zwischen beiden nicht leicht geworden zu sein. Skizzen
zur einen Bearbeitung stehen zwischen Skizzen zur andern.
Eine von diesen Bearbeitungen ist in den Druck übei^egangen.
Von der andern Bearbeitung giebt folgende Skizze eine Vor-
stellung.
•^—^
^^ult
^rr^ ^ a=j^ :g:,rT 7 7 !;iny
4* 4
Freudvoll und leid -voll ge-dmi^ken-voll
*j^
rr^=s- | ;.r;;,3 j, | i^j' JSjiMp ^
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lan ' gen und ban - gen in
Mi^.
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^
3^
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Mm - mel-hoch
zum To - de
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560
^r M i r h> i-mr^ff^-^^^^
glücklich dl - lein
^
111 i*'! i*' r"FH?— ^ r 1 tj^
die See - le
tr-r=>
Ritamell
•ff p ^'N r r r^i
^l> ^«
le die liebt.
I
"ir? 7 i_i-
Wie man sieht, ist der darin vorkommende Refrain in anderer
Taktart derselbe, den das Lied im Druck hat. Möglich, dass
Beethoven der Bearbeitung im |-Takt zuletzt deswegen den
Vorzug gegeben hat, weil sie einfacher ist und die Worte in
ihr nicht so oft unterbrochen werden.
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LXL
FrQlie Gon^ositioiu«.
Unter dieser üeberschrift mag von den der frflhen and
frlfhctoten 2eitBeeikoTen'« angehörenden, Idslier nidtt erwftbiH
ten Skizzen zu Compositionen eine kleine Anzahl yoi^efthrt
werden.
Um 1790 wnrde naeh einer Skizze, welche so
■4M^ J / J1«I- J^ J. J^J t
n. 8. w.
Im Arm der Lie- be
anfängt, das Lieddien von der Rnhe (Op. 52 Nr. 3) oonoipirt^).
Dass das Lied »Wer ist ein freier Mann?« sehr Mh com-
ponirt wurde, sagt sehen Wegeier (Kogr. Not S. 47). Wir
dürfen jedoch das Wort »sehr früh« niefat im engsten Sinne
nehmen. Auf einigen der Bonner Zeit angehörenden Blättern
finden sich Skizzen, von denen eine, deren Oberstimme so
Vier männliche Stimmen
n. 8. w.
ir- TTi .1"^ j I m
T^-
Wer, wer ist ein frei - er Mann
beginnt, mit der gedruckten Bearbeitung nichts gemein hat
Eine Annäherung an die gedruckte Form ist bei dieser ab-
gebrochenen
*) Üeltzen's GFedicht erschien zuerst im Gföttinger Musenalmanach
für das Jahr 1788.
36
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562
C"J'Jlf' rUJLU.j l f"J'J' l J.JM>>
3Z
W. IV.
und bei dieser Skizze
fj \ r f\-Tj7\7.r} f nr f jij j ^
z^M^Uf * ''
uir rnnm^'tH'^
^
r T J I r r) |T^^
y fg
^fe
sichtbar. Pfeffers Gedicht erschien zuerst mit einer CJompo-
sition von C. F. G. Schwenke im Vossisohen Musenalmanach
far 1792. . Seinem Inhalte nach kann das Gedicht durch die
französische Revolution hervorgerufen worden sein. Auf Grund
jener Jahreszahl und des früher Erwähnten können obige Skiz-
zen nur in die Zeit zwischen Ende 1791 und November 1792
fallen. Auffallend ist die Aehnlichkeit einiger Stellen in Beet-
hoven's Composition mit einigen Stellen in Schwenke's Com-
position, so dass man nicht umhin kann, einen Einfluss der
letzteren auf die erstere anzunehmen. So beginnt z. B.
Schwenke's Composition
Ernst
^
W=^^
^^^^f riTTTif J j Jp
U. 8. W.
ff^'er ist ein freier Mann ?
mit einer Wendung, die Beethoven ganz ähnlich später an-
bringt. Beethoven's Composition ist in zwei autographen Be-
arbeitungen vollständig vorhanden. Beide weichen etwas von
einander ab und gehören der ersten Wiener Zeit an. Eine
Bearbeitung stimmt mit der gedruckten Form überein.
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563
.; Frühconoipirt wurde ferner das Flohlied (Op. 75 Nr. 3).
Der früheste Entwurf da2u
s
<s war einmal ein Kdnig
j i j^j i jjjji^ i i ^
QJ-H l f f
ff I J ^ j'
iA^\i^iü^ m "• ^:
m
£
Anfang
wird das
Ende
kann der Handschrift nach 1790 oder später, aber aus dem
ferrunde nicht vor 1790 geschrieben worden sein, weil der Text
(in 6oethe*s »Faust. Ein Fragment«) erst in jenem Jahre ge-
druckt wurde. Ein später, der Handschrift nach gegen 1800
geschriebener Entwurf
Es war einmal ein König
tu
U. 8. W.
sfe
m
Chonts
"^ ^ ^ -» t^ -g^ -e^
? ~1
^^
t-fnnt I p =i=a^=pg=j^
^
knüpft an jenen Entwurf an und stimmt an einigen Stellen
mit der gedruckten Bearbeitung überein. Wie man sieht, ist
ein »Chorus« darin angebracht, jedoch fehlt die Spielerei des
Knickens, wie sie der Druck bringt.
36*
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564
Als irllhe, lAngst vor dem Jahre 1800 entstandene Ckm^
Positionen nennen wir naeh vorhandenen Skisien noeb die
Melodien des achten und zwölften von den i. J. 1803 eraehie-
neuen sif51f; G^ntfetlttBeiL.
jsnct' okuBr Zum. nsnaig: tust enaan ctBr mr itpusobbob
versehenen Ciaviersonaten darf wohl als eine MerkwArdigkett*
betraiditet werden. Hier ist de.
p-i^irrTrn^^s r >ij r'r ri
^
irr ffifi I
s^
ft-r-^3 i M i.J i ^ m
jLSr"Lr-^:^f^jjrf[r-&fffi|
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r^^ l ^^lrJ^|f ^^fj' i
C£f J'J3
4 3 ' iJ ' j
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^
1
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565
~7Ti SJ5r
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g'j.iJ^ctJifl'-Mj.j^ i J'tma' i J j^
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566
f f f | M ^ r ff,f r'f ff|
tili liivLAimi Llj i ^
^
i-4
1
t==r.
*:
«
^
^
üebereinstimmendes mit der gedruckten Form bietet die Skizze
genagf«-4Anfang und Ende des ersten Theils des Sonatensatzes
sind im Wesentlichen festgestellt. Aber auch Abweichendes
kommt vor. (In der Vorzeichnung hat man sich ein l? hinzu-
zudenken.) > Das Hauptmotiv und die im 2. Takt eintretenden
begleitenden Accorde setzen in der Skizze auf guten Takt-
theilen ein, correspondiren also insofern rhythmisch miteinander.
Im Druck hingegen hat das Hauptmotiv bei seinem ersten Ein-
tritt einen Auftakt, die Begleitungsfigur eine Vorpause bekom-
men. Die Mitte fällt auf den ersten Blick durch ihre Ver-
schiedenheit vom Druck auf. Im Druck herrscht das melo-
dische Wesen, in der Skizze Passagenwerk vor. Wenn man
jedoch die harmonische Grundlage dieses Passagenwerks auf-
sucht, so wird man finden, dass dieser im Druck verwendete
Bassgang
^Ä
^
rr ^ t r
IBZ
^^
m
darin versteckt ist.
Das Blatt, auf dem die Skizze vorkommt, enthält eine
Randbemerkung
noch ein halbes Jähr in dem C, — [Contrapunkt] und
er kann arbeiten was er wül
Digitized by
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567
und ausserdem Entwürfe zu dem ungedruekten Liede »Dein
Silber schien dureh Eichengrlln«. Letztere entstanden früher,
als die Sonatenskizze. Jene Bemerkung klingt, als wenn sie
aus Joseph Haydn's Munde kftme. Gewiss sind es Worte
eines Andern, die Beethoven angehen.
Hier mag denn aueh des Verhältnisses gedacht werden,
welches sich zwischen den ersten sechs oder sieben Takten
einer der frühesten Bonner Zeit angehörenden Skizze
^Presto. Sif^onia.
j>^v i 1 /j I r &r7ffT^
^m
r J ^ i r r tf
und dem Anfang des ersten Allegro's (in £s-moll) in dem
zweiten der i. J. 1785 componirten drei Ciavierquartette be-
obachten Ifisst. Beide Stücke haben in verschiedener Tonart
im Wesentlichen dasselbe Anfangsthema. Wahrscheinlich hat
Beethoven jenes ursprünglich für einen Symphoniesatz be-
stimmte Thema später eben so wissentlich benutzt, wie es bei
einigen aus jenen Ciavierquartetten in die Ciaviersonaten Op. 2
Nr. 1 und 3 hinübergenommenen Themen und Gängen ge-
schehen ist. An einer Stelle des Blattes, welches die obige
Skizze enthält, macht Beethoven die Notiz: s^macht zusammen
4 r. und 3 g,« üeber den Ort, wo das geschrieben wurde, ist
nicht zu zweifeln.
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Lxn.
Skizzen zu den Variationen Op. 120
finden sich an versohiedenen Orten und meistens auf losen
Bogen und Blättern, und was diese Vorlagen enthalten, ist
nur geeignet, Einzelheiten aus dem Verlauf der Arbeit vor
Augen zu legen.
Die ältesten von den vorhandenen Skizzen
Var I 4 stimmig
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Var 2 vollstimmig
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Var 3
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etc.
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569
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sind mit Bleistift geschrieben und flüchtig hingeworfen. Man
sieht die Arbeit noch in ihrem ersten Stad